Ausschüttungen vor dem 1.1.2009 aufgrund von im Privatvermögen befindlichen Anteilen an einer Agrargemeinschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom der Bf., O.O.O geboren, StNr. X, S. wohnhaft
zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkrichen Wiener Neustadt vom , zugestellt am betreffend Abweisung des Antrages auf Rückzahlung von Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO wird stattgegeben und die mit Anbringen vom beantragte Rückzahlung vom im Jahr 2008 zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragsteuer in Höhe von € 550 gemäß § 240 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung (BAO) bewilligt.
II.
Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 des Finanzamtes Neunkrichen Wiener Neustadt vom wird stattgegeben und der ohne Antrag auf Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG erlassene Einkommensteuerbescheid ersatzlos aufgehoben.
III.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt:
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , 2013/15/0297 die Berufungsentscheidung des , miterledigt RV/3386-W/2012, mit der über die vorgenannte Beschwerde entschieden worden ist, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird für das fortgesetzte Verfahren hinsichtlich es der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhaltes auf die Ausführungen der, beiden Parteien bekannten, Berufungsentscheidung des UFS, , RV/3387-W/12, verwiesen.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
In Streit steht die Rechtsfrage, ob die Ausschüttung aus der Agrargemeinschaft A. im Jahr 2008 an die Beschwerdeführerin, deren Anteile an der Agrargemeinschaft sich im Privatvermögen befunden haben, einkommensteuerpflichtig sind.
Der VwGH hat mit dem o.a. Erkenntnis ausgesprochen, dass der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 124b Z. 162 EStG1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009 erstmals Bezüge aus Anteilen an körperschaftliche organisierten Agrargemeinschaften als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Wirksamkeit vom normiert hat. Im Detail wird zur Begründung auf das vorstehend zitierte, aufhebende Erkenntnis des VwGH verwiesen.
Bis zum unterlagen daher vermögenswerte Bezüge aller Art von körperschaftlich organisierten Agrargemeinschaften an jene Anteilsinhaber, die ihren Anteil im Privatvermögen gehalten haben, nur dann der Einkommensteuer gemäß § 2 Abs. 3 EStG, wenn sie derartige Bezüge regelmäßig wiederkehrend erhalten (z.B. jährliche Holzbezugsanspruch), sodass der Tatbestand der sonstigen Einkünfte im Sinne des § 29 Z 1 EStG verwirklicht wird.
Fallweise Ausschüttungen -wie im gegenständlichen Fall - aus Anlass eines Liegenschaftsverkaufes, waren somit – entgegen der gepflogenen Vollzugspraxis – bis Ende 2008 nicht einkommensteuerpflichtig.
Die Bf. hat im Jahr 2008 lediglich eine Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung und keine anderen einkommensteuerpflichtigen Einkünfte erhalten. Es ist daher kein Tatbestand für eine Pflichtveranlagung gemäß §§ 39 und 41 EStG vorgelegen. Die vom FA von Amts wegen durchgeführte Einkommensteuerveranlagung erfolgte daher entgegen der Bestimmung des § 41 Abs. 2 EStG. Die Bf. hat keinen Antrag auf Veranlagung der Einkommensteuer gestellt und zudem auch ausdrücklich erklärt, dass sie die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung nicht will. In ihrer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 beantragte die Bf. die Aufhebung des angefochtenen Bescheides ("Ich beantrage, die vom Amt veranlasste Veranlagung – ich habe keine beantragt – zurückzunehmen."). Ihrem Antrag auf Bescheidaufhebung war daher spruchgemäß Folge zu geben.
Es steht fest, dass die Agrargemeinschaft den Betrag von € 550 für die anteilsmäßige Ausschüttung an die Bf. zu Unrecht als KESt einbehalten hat. Da der ausgeschüttete Bezug überhaupt nicht einkommensteuerpflichtig ist, kommt auch keine Rückerstattung des durch Steuerabzug einbehaltenen Betrages im Wege einer Antragsveranlagung in Betracht, weil er auf keine zu veranlagenden Einkünfte gemäß § 46 EStG angerechnet werden kann. Die Voraussetzungen für die beantragte Rückerstattung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages von € 550 gemäß § 240 Abs. 3 BAO waren daher erfüllt.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Entscheidung folgt unter Bindung an die Rechtsprechung des VwGH im aufhebenden Erkenntnis vom , 2013/15/0297 und folgt im Übrigen der herrschenden Rechtsmeinung und ständigen Rsp. des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 27 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105042.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at