Vermietungstätigkeit einer KöR (Kirche)
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/15/0022. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache
Röm.-kath. Pfarrpfründe X, inX, vertreten durch K & E Wirtschaftstreuhand GesmbH, Hofgasse 3, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer 2007-2008 und Umsatzsteuer-Festsetzung 1-9/2010 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Fortgesetztes Verfahren zu -G/12 nach Aufhebung durch den VwGH am , 2013/15/0223-6 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes
Sachverhalt (soweit entscheidungswesentlich)
Das Verfahren betrifft die steuerliche Beurteilung von („Miet“)Verträgen, die zwischen der Beschwerdeführerin (Bf.), den Pfarrpfründen X und der Stadtpfarre X abgeschlossen wurden. Nach den unwidersprochenen Angaben der Bf. wurde das Pfarrhaus um insgesamt 1.292.938,73 Euro + 20% Umsatzsteuer umgebaut und vermietet. Dazu legte der steuerliche Vertreter folgende Mietverträge vor:
- Mietanbot vom betreffend Pfarrkindergarten und Pfarrräumlichkeiten: Für die 401 m2 großen Kindergartenräumlichkeiten und die 341 m2 großen Pfarrräumlichkeiten, die für seelsorgerische Tätigkeit und pastorale Dienste der Stadtpfarre X genutzt werden wird ein monatlicher Nettomietzins vereinbart, der „über den tatsächlichen Betriebskosten liegt“. Da laut Mietvertrag zum Zeitpunkt des Mietanbots noch gar keine verrechnungsfähigen Betriebskosten vorliegen, wurde vorläufig ein Nettomietzins iHv 90,- Euro vereinbart. Hinsichtlich der Höhe des Mietzinses wurde ausdrücklich keine Wertsicherung vereinbart sondern festgelegt, dass der Mietzins jährlich neu anhand der Höhe der Betriebskosten zuzüglich eines Aufschlages von ca 1,5% berechnet wird.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem UFS erläuterte die Bf, dass sie die zwischenzeitig angefallenen Betriebskosten iHv 555,- Euro ab Anfallen auch verrechnet habe.
Aktenkundig betreffen diese Verrechnungen Zeiträume ab 2008, die erst im Jahr 2009 erfasst wurden.
-Mietvertrag betreffend Geschäftsräumlichkeiten: Die Bf. vermieteten dem „Verein Weltladen“ Geschäftsräumlichkeiten im Pfarrzentrumgebäude mit einer Nutzfläche von rund 75m2 auf 5 Jahre befristet um monatlich € 375,- zuzüglich Betriebskosten.
Verfahrensgang
Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Überprüfung betr. Umsatzsteuer 2007 – 2009 sowie einer Umsatzsteuer-Nachschau 1-9/2010 beurteile das Finanzamt Pfarrpfründe und Stadtpfarre wirtschaftlich betrachtet als eine Unternehmenseinheit und beurteilte ausschließlich die Vermietung an den „Verein Weltladen“ als unternehmerische Tätigkeit. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens betr. Umsatzsteuer 2007 und 2008 erließ das Finanzamt die hier bekämpften Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 sowie den ebenfalls bekämpften Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheid 1-9/2010, in denen das Finanzamt jeweils die Einnahmen aus der Vermietung an die Stadtpfarre X nicht erfasste und die Vorsteuern entsprechend der Nutzfläche (nach m2) kürzte.
In der dagegen erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) wandte sich die Bf. gegen die Beurteilung als wirtschaftliche Einheit und erhob nach der abweisenden Entscheidung des UFS, die auf Antrag der Referentin im Senat getroffen wurde, Beschwerde beim VwGH, der die Berufungsentscheidung des UFS wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufhob.
Für dieses Verfahren steht aufgrund des oben erwähnten Erkenntnisses des VwGH fest, dass die Bf. und die Mieterin (die Pfarrkirche X) zwei unterschiedliche Körperschaften öffentlichen Rechts (KöR) sind, die miteinander Geschäfte machen können. Strittig ist ausschließlich, ob die Miethöhe den Anforderungen des VwGH an eine unternehmerische Tätigkeit einer KöR genügt.
Im nunmehr fortgesetzten Verfahren ist daher die Befassung des Senates gem. § 272 Abs 2 Z 2 BAO nicht erforderlich, weil das BFG an die Rechtsansicht des VwGH gebunden ist.
Rechtslage
§ 2 (3) UStG 1994: Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets
- Wasserwerke,
- Schlachthöfe,
- Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie
- die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.
Das BFG hat erwogen
Der VwGH hat im Beschwerdefall am , zu Zahl 2013/15/0223-6 zu Recht erkannt, dass die höchstgerichtliche Rechtsprechung für die Vermietungstätigkeit einer KöR eine Untergrenze für Mietentgelte im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit abgeleitet hat. Das BFG muss nunmehr im fortgesetzten Verfahren prüfen, ob diese Untergrenze erreicht ist.
Das Höchstgericht hat dazu unter Verweis auf die Erkenntnisse und festgestellt, dass eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszinssatz oder gegen Ersatz der Betriebskosten nicht ausreicht, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 zu begründen (-6).
Bereits mit der im Erkenntnis zitierten Entscheidung des hat das Höchstgericht festgestellt, dass die - auch vom Entlehner nach § 981 ABGB zu bestreitenden - "mit dem ordentlichen Gebrauch verbundenen Kosten" (Hinweis Würth in Rummel2, § 1090 ABGB, Rz 3) kein Entgelt für die Vermietung darstellen. Im ebenfalls zitierten Erkenntnis des nimmt das Höchstgericht explizit zur Befolgung der Umsatzsteuerrichtlinien (Tragung der Betriebskosten gem. Rz 265 „alt“) Stellung: „Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, mit den vereinbarten Mieten würden die Betriebskosten "überdeckt", ist - ausgehend von der im Zusammenhang mit der Anlegung zivilrechtlicher Maßstäbe auch von der Beschwerdeführerin als "einhellig" bezeichneten Ansicht - daher auch im Anwendungsbereich des UStG 1994 nicht geeignet, im Sinne der in der Beschwerde beschriebenen Verwaltungsmeinung zur Bejahung des Vorliegens eines Betriebes gewerblicher Art und somit zur Berechtigung der Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Kosten der Errichtung der beiden Dorfzentren zu führen“.
Die Rechtsprechung zum Zivilrecht (zB ) geht davon aus, dass die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts der Annahme eines Leihvertrages (Bittleihe) dann nicht entgegensteht, wenn das geleistete Entgelt so niedrig gehalten ist, dass es gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht mehr ins Gewicht fällt (Würth in Rummel ABGB I³ § 1090 Rz 3; Binder in Schwimann ABGB³ V § 1090 Rz 34). Der Charakter einer Bittleihe wird nach ständiger Rechtsprechung nämlich dadurch nicht geändert, dass für die überlassene Sache ein "Anerkennungszins" geleistet wird (; ; ; ; ; ; ; ; ). Dabei wird im Sinn der zivilrechtlichen Rechtsprechung der Entgeltcharakter etwa ab einem Verhältnis 1 : 10 zu verneinen sein ( mit Verweis auf Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 1 MRG Rz 13 mwN; ).
Im Beschwerdefall wurde vereinbart, dass die 401 m2 großen Kindergartenräumlichkeiten und die 341 m2 großen Pfarrräumlichkeiten zu einem Nettomietzins iHv zunächst 90,- Euro (inklusive nicht bekannter Betriebskosten) bzw. 555,- Euro (inklusive Betriebskosten) an die Stadtpfarre X vermietet werden. Laut Mietvertrag sind zum Zeitpunkt des Mietanbots noch gar keine verrechnungsfähigen Betriebskosten angefallen.
Damit wurde für insgesamt 742 m2 Nutzfläche eine Bruttomiete von 90 Euro (2007 und 2008) bzw. ab Mai 2009 eine Bruttomiete iHv 555 Euro vereinbart.
Da die Bruttomiete laut Vertrag 101,5% der Betriebskosten entspricht, verbleiben als „Nettomietzins ab Mai 2009 (erstmalige Verrechnung von 555 Euro) 5,47 Euro/Monat.
Im Jahr 2009 wurden weiters Mietentgelte aus dem Jahr 2008 iHv insgesamt 3.429,79 Euro nachverrechnet. Aus dem Vertrag ergibt sich, dass dies die angefallenen Betriebskosten plus einem Aufschlag von 1,5% sind.
Diese Mietentgelte sind schon nach dem allgemeinen Verständnis als „Anerkennungszins“ zu verstehen. Der Zuschlag von 1,5 % der Betriebskosten reicht nicht aus, um eine zivilrechtliche Vermietung anzunehmen. Eine entgeltliche Vermietung wurde vom VwGH nämlich auch für den Fall verneint, in dem geringfügige Mehreinnahmen über den Betriebskosten erzielt wurden (vgl. bzw. ).
Auch erreichen die Mietentgelte der Höhe nach bei Weitem nicht 10% des angemessenen Mietzinses, ab dessen Erreichung der OGH idR von einem Mietverhältnis ausgeht.
Da eine genaue Vergleichsmiete naturgemäß nicht einfach zu ermitteln ist, kann nach Ansicht des BFG näherungsweise der Mietpreisspiegel des Fachverbandes der Immobilen- und Vermögenstreuhänder der WKO herangezogen werden.
Für das Jahr 2007 liegt dabei die Büroraummiete im Bezirk Weiz mit einem einfachen Nutzwert bei 4,9 Euro pro m2.
Tatsächlich handelt es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um neu renovierte Gebäude, die wahrscheinlich einen guten (7 Euro) bzw. sehr guten (8,6 Euro) Nutzwert haben.
Die Räumlichkeiten werden allerdings für pastorale Zwecke bzw. als Kindergarten genutzt, was wiederum einen Abschlag rechtfertigt. Aus diesem Grund kann für die hier angestrebten Vergleichswerte der einfache Nutzwert herangezogen werden.
Für 742 m2 wären damit laut Mietpreisspiegel bei einfachem Nutzwert mindestens 3.635,80 Euro zu zahlen. Selbst die 90 Euro, von denen an sich die Betriebskosten abgezogen werden sollten, machen ohne Abzug rechnerisch nur 2,47% der „angemessenen Miete“ aus.
Ab Kenntnis der Betriebskosten wurden überhaupt nur mehr 5,47 Euro/Monat (das entspricht 0,15% der angemessenen Miete) verrechnet. Diese Beträge sind so weit von den vom OGH geforderten 10% entfernt, dass sich weitere Überlegungen über die angemessene ortsübliche Miete erübrigen
Die Beschwerdeführerin übt durch die Nutzungsüberlassung der Räumlichkeiten an die Pfarrkirche X keine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 aus. Die Beschwerde war daher wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100510.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at