Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2017, RV/2100540/2016

Unternehmereigenschaft von KöR

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/15/0023. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache

Röm.-kath. Stadtpfarrpfründe St., vertreten durch K & E Wirtschaftstreuhand GesmbH, Hofgasse 3, 8010 Graz , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer 2005-2009 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Fortgesetztes Verfahren zu -G/12 nach Aufhebung durch den -6 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes

Sachverhalt (soweit entscheidungswesentlich)

Nach den unwidersprochenen Angaben des steuerlichen Vertreters hat die Bf, die Pfarrpfründe zum heiligen A in X ab 2004 umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten an den in ihrem Alleineigentum stehenden Kanzlei- Seminar- Besprechungs- Pastoral- und Nebenräumen durchgeführt. Die Umbaukosten beliefen sich auf insgesamt 1.051.341,18,- Euro + USt.

Der Gebäudekomplex besteht aus dem rund 555 m2 großen Pfarrheim sowie weiteren vermieteten Wohnungen (Ausmaß 29% der Gesamtfläche die lt. Betriebskostenaufstellung an 2 Praktikanten, einen Mesner und die Kirchenbeitragsstelle vermietet werden).

Laut verbindlichem Mietangebot wurde ab Juli 2005 das Pfarrheim (Größe rund 609 m2) an die Stadtpfarrkirche St in X um 645,- Euro/Monat (inklusive Betriebskosten von 619,05 Euro) vermietet.

Verfahrensgang

Die Bf. wurde zunächst erklärungsgemäß, d.h. mit allen erklärten Umsätzen unter vollem Vorsteuerabzug veranlagt.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung stellte das Finanzamt fest, dass ein Teil der Gebäude an die Stadtpfarrkirche St in X vermietet wurde.

Das Finanzamt beurteile Pfarrpfründe und Stadtpfarrkirche wirtschaftlich betrachtet als eine Unternehmenseinheit, nahm das Verfahren betr. Umsatzsteuer 2005-2009 wieder auf und erfasste in den hier angefochtenen Bescheiden betreffend Umsatzsteuer 2005 – 2009 die Einnahmen aus der Vermietung an die Stadtpfarrkirche nicht als steuerbare Umsätze und kürzte die Vorsteuern aliquot (nach m2 Nutzfläche).

In der dagegen erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) wandte sich die Bf. gegen die Beurteilung als wirtschaftliche Einheit und erhob nach der abweisenden Entscheidung des UFS, die auf Antrag der Referentin im Senat getroffen wurde, Beschwerde beim VwGH, der die Berufungsentscheidung des UFS wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufhob.

Für dieses Verfahren steht aufgrund des oben erwähnten Erkenntnisses des VwGH fest, dass die Bf. und die Mieterin (die Stadtpfarrkirche St in X) zwei unterschiedliche Körperschaften öffentlichen Rechts (KöR) sind, die miteinander Geschäfte machen können. Strittig ist ausschließlich, ob die Miethöhe den Anforderungen des VwGH an eine unternehmerische Tätigkeit einer KöR genügt.

Im nunmehr fortgesetzten Verfahren ist daher die Befassung des Senates gem. § 272 Abs 2 Z 2 BAO nicht erforderlich, weil das BFG die Beschwerde ausschließlich anhand der Vorgaben des VwGH zu beurteilen hat.

Rechtslage

§ 2 (3) UStG 1994: Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets

- Wasserwerke,

- Schlachthöfe,

- Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie

- die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.

Das BFG hat erwogen

Der VwGH hat im Beschwerdefall am , 2013/15/0222-6 zu Recht erkannt, dass die höchstgerichtliche Rechtsprechung für die Vermietungstätigkeit einer KöR eine Untergrenze für Mietentgelte im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit abgeleitet hat.

Das BFG muss nunmehr im fortgesetzten Verfahren prüfen, ob diese Untergrenze erreicht ist.

Das Höchstgericht hat dazu unter Verweis auf die Erkenntnisse und festgestellt, dass eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszinssatz oder gegen Ersatz der Betriebskosten nicht ausreicht, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 zu begründen (-6).

Bereits mit der im Erkenntnis zitierten Entscheidung des hat das Höchstgericht festgestellt, dass die - auch vom Entlehner nach § 981 ABGB zu bestreitenden - "mit dem ordentlichen Gebrauch verbundenen Kosten" (Hinweis Würth in Rummel2, § 1090 ABGB, Rz 3) kein derartiges Entgelt sind.

Im ebenfalls zitierten Erkenntnis des nimmt das Höchstgericht explizit zur Befolgung der Umsatzsteuerrichtlinien (Tragung der Betriebskosten gem. Rz 265 „alt“) Stellung: „Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, mit den vereinbarten Mieten würden die Betriebskosten "überdeckt", ist - ausgehend von der im Zusammenhang mit der Anlegung zivilrechtlicher Maßstäbe auch von der Beschwerdeführerin als "einhellig" bezeichneten Ansicht - daher auch im Anwendungsbereich des UStG 1994 nicht geeignet, im Sinne der in der Beschwerde beschriebenen Verwaltungsmeinung zur Bejahung des Vorliegens eines Betriebes gewerblicher Art und somit zur Berechtigung der Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Kosten der Errichtung der beiden Dorfzentren zu führen“.

Die Rechtsprechung zum Zivilrecht (zB ) geht davon aus, dass die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts der Annahme eines Leihvertrages (Bittleihe) dann nicht entgegensteht, wenn das geleistete Entgelt so niedrig gehalten ist, dass es gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht mehr ins Gewicht fällt (Würth in Rummel ABGB I³ § 1090 Rz 3; Binder in Schwimann ABGB³ V § 1090 Rz 34).

Der Charakter einer Bittleihe wird nach ständiger Rechtsprechung nämlich dadurch nicht geändert, dass für die überlassene Sache ein "Anerkennungszins" geleistet wird (; ; ; ; ; ; ; ; ). Dabei wird im Sinn der zivilrechtlichen Rechtsprechung der Entgeltcharakter etwa ab einem Verhältnis 1 : 10 zu verneinen sein ( mit Verweis auf Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 1 MRG Rz 13 mwN; ).

Im Beschwerdefall wurde für 609 m2 ein Mietentgelt von 645,- Euro/Monat (inklusive Betriebskosten von 619,05 Euro) vereinbart. Das ergibt eine Nettomiete exklusive Betriebskosten von 25,95 Euro.

Dieses Mietentgelt ist schon nach dem allgemeinen Verständnis als „Anerkennungszins“ zu verstehen.

Auch vom VwGH wurde eine entgeltliche Vermietung für den Fall verneint, in dem geringfügige Mehreinnahmen über den Betriebskosten erzielt wurden (vgl. bzw. ).

Auch erreicht das Mietentgelt der Höhe nach bei Weitem nicht die 10% des angemessenen Mietzinses, die der OGH für die Annahme eines Mietverhältnisses fordert:

Da eine genaue Vergleichsmiete naturgemäß nicht einfach zu ermitteln ist kann nach Ansicht des BFG näherungsweise der Mietpreisspiegel des Fachverbandes der Immobilen- und Vermögenstreuhänder der WKO herangezogen werden.

Für das Jahr 2007 liegt dabei die Büroraummiete im Bezirk X mit einem einfachen Nutzwert bei 4 Euro pro m2.

Tatsächlich handelt es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um neu renovierte Gebäude, die wahrscheinlich einen guten (5,9 Euro) bzw. sehr guten (6,3 Euro) Nutzwert haben. Die Räumlichkeiten werden allerdings für pastorale Zwecke genutzt, was wiederum einen Abschlag rechtfertigt. Aus diesem Grund kann für die hier angestrebten Vergleichswerte der einfache Nutzwert herangezogen werden.

Für 609 m2 pastorale Räume wären damit laut Mietpreisspiegel bei einfachem Nutzwert mindestens 2.436 Euro zu zahlen.

Die 29,95 Euro, die tatsächlich vereinbart wurden, machen rechnerisch 1,23 % der „angemessenen Miete“ aus und sind damit so weit von den vom OGH geforderten 10% entfernt, dass sich weitere Überlegungen über die angemessene ortsübliche Miete erübrigen.

Die Beschwerdeführerin übt durch die Nutzungsüberlassung der Räumlichkeiten an die Stadtpfarrkirche St in X keine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 aus. Die Beschwerde war daher wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der VwGH die Rechtsfrage im Beschwerdefall bereits beantwortet hat, ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100540.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at