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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.12.2016, RV/5100613/2008

Getränkeumsätze und Umsätze aus der Erbringung von Prostitutionsleistungen sind dem Nachtklubbetreiber und nicht den Prostituierten zuzurechnen

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/15/0026. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerden der Bf KG, Adresse, vertreten durch Dkfm. Martin Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Linzerstraße 36, 4320 Perg,  vom und vom
gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr
vom   betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005
und vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2006 (St.Nr. 51) nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Berufungswerberin (nunmehrige Beschwerdeführerin, im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) war während des beschwerdegegenständlichen Zeitraumes eine Kommandit-Erwerbsgesellschaft (KEG) und wurde inzwischen zu einer Kommandit­gesellschaft (KG). Sie betreibt in H ein Nachtlokal mit Barbetrieb unter dem Namen P. In den beschwerdegegenständlichen Jahren waren Personengesellschafter (Mitunternehmer) Herr J und Herr G.

Im Jahr 2005 wurde bei der Bf. eine Außenprüfung durchgeführt.

Anlässlich der Umsatzsteuerprüfung wurde in der Niederschrift über die Schluss­besprechung vom in Tz. 1 festgestellt, dass die Bf. rund ein Drittel der Einnahmen als umsatzsteuerpflichtig behandelt habe und die restlichen zwei Drittel nicht versteuert wurden, da die Prostituierten diese Einnahmen bekommen hätten und ihnen diese Umsätze zuzurechnen seien.
Der von der Betriebsprüfung ermittelte Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:
Laut Niederschrift mit Herrn G. vom kostet eine Stunde 150.- €. Davon bekommt die Bf. 50.- €. Sämtliche Bankomatabrechnungen laufen über das Geschäftskonto der Bf. Laut Herrn G. werden über die Getränke Stricherllisten mit Wochentag und Datum geführt. Weiters wird eine Liste mit Wochentag, Datum und den Namen der einzelnen Mädchen geführt, worauf deren Konsumation sowie Verbrauchsmaterial (Kondome) ersichtlich sind. Herr G. gibt an, die Getränke würden an die Mädchen verkauft werden und dann von diesen kassiert. Dies dürfte aus gewerberechtlichen Gründen so angegeben worden sein.
In der Niederschrift vom hat eine Prostituierte angegeben, ihr Dienstgeber sei M (Herr G.), sie sei mit 9 Stunden pro Tag von 21.00 bis 6.00 Uhr beschäftigt. Sie wohne in Linz, würde vom Lokaltaxi abgeholt und wieder heimgebracht. Der Kunde habe Leistung und Getränke immer an die Kellnerin bezahlt (gemeint ist Frau S, die Lebensgefährtin von Herrn G.).
In der Niederschrift vom gibt S an, es existiere eine Liste der anwesenden Mädchen, auf denen vermerkt werde, wie viele Gäste welches Mädchen hatte. Bezahlt werde im Vorhinein, das Mädchen erhalte das Geld und sie erhalte ungefähr 30%. 1 Stunde koste 150.- € für Zimmermiete. Mietverträge gebe es keine.

Die Ansicht der Betriebsprüfung, wonach eine Aufteilung der von den Bordellkunden erbrachten Entgelte nicht zulässig ist, wurde wie folgt begründet:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 unterliegen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unter ­nehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt,der Umsatz­steuer. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung ist es unzulässig, Leistungen, die wirtschaftlich zusammengehören und eine Einheit bilden, für umsatzsteuerliche Zwecke in Einzelleistungen zu zerlegen.
Die Leitung des Betriebes besteht in erster Linie darin, den Verkehr mit Prostituierten zu ermöglichen. Dies ist daraus ersichtlich, dass die Bf. ihre Werbung unter Hinweis auf diese Leistungen betreibt (s. diverse Zeitungsannoncen sowie Website im Internet).
Die Bf. organisiert den gesamten Geschäftsablauf, gibt die Öffnungszeiten vor, trifft die Arbeitseinteilung, beschafft die Getränke und Kondome und führt die Werbung durch. Sie organisiert die Kreditkartenabrechnungen, die über das Geschäftskonto der Bf. laufen. Nach den vorliegenden 
Niederschriften sind fixe Preise vereinbart, wobei die Bf. einen Teil davon an die Mädchen weitergibt. Die Zimmer werden den Mädchen nicht für einen bestimmten Tagesmietsatz unabhängig von deren erbrachten Leistungen zur Verfügung gestellt, sondern es werden von der Bf. Aufzeichnungen geführt, anhand derer die Leistungen der Mädchen kontrollierbar sind. Mietverträge existieren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 98/13/0047, festgestellt, dass die Leistung der Abgabepflichtigen (dort GmbH) darin bestand, dem Leistungsempfänger die Gelegenheit zum Verkehr
mit Prostituierten zu verschaffen. Dabei ist die Konsumation bei derartigen Betrieben – gleichgültig ob der Betrieb als Bordellbetrieb im engeren Sinn oder als Animierbetrieb angesehen wird – regelmäßig Teil der Hauptleistung, um dem Betreiber entsprechend höhere Einnahmen zu sichern. Eine Aufteilung des vom Kunden erbrachten Entgelts auf mehrere  Leistungen ist ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um voneinander unabhängige Leistungen handelt.
Es sind daher die gesamten erzielten
Prostitutionsentgelte zu versteuern. Die zugerechneten Beträge wurden vom Steuerberater unter Zugrundlegung der vorhandenen Aufzeichnungen ermittelt.

Als Folge dieser Außenprüfung erließ das Finanzamt am Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Zeiträume 11/2004, 12/2004, 01/2005, 03/2005, 04/2005, 05/2005 und 06/2005.

Im Jahr 2007 wurde eine weitere Außenprüfung durchgeführt.

In der Niederschrift vom wurde ausgeführt, dass die Bf. in  H eine Bar mit angeschlossenen Zimmern betreibt, in denen Animiermädchen der Prostitution nach­gehen. Die Gäste in diesem Lokal haben zum einen die Möglichkeit Getränke zu konsumieren und zum anderen Gelegenheit zu sexuellen Handlungen mit Prostituierten.
Anschließend wurde aus der Niederschrift mit Herrn G. vom zitiert.

Aufgrund dieser Niederschrift kam die Betriebsprüfung zu den folgenden Prüfungs ­ feststellungen:
„Unstrittig ist, dass die Bf. ein Lokal unterhält, in denen die Leistungsempfänger zum einen Getränke konsumieren können und zum anderen Gelegenheit zu sexuellen Handlungen mit  Prostituierten haben.
Nach Ansicht der Bp. erbringt die Bf. als Bordellunternehmer sowohl die
Getränke-leistungen als auch die Zimmerleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch die  Prostituierten.
Entscheidend ist, wer nach außen hin als Unternehmer den Kunden gegenüber auftritt: Die Bf.
- stellt 
Räume (Separees, Spiegelzimmer, Kaminzimmer, Whirlpool) samt entsprechender Ausstattung (Handtücher, Kondome, Duschen usw.) zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung.
- sorgt für die Organisation des Bordellbetriebes (Mieten, Betriebskosten, Gemeinde­abgaben, Steuern, Abfallentsorgung, div. Kleinreparaturen, Reinigung usw.).
- betreibt Werbung für das Etablissement (Zeitung, Internet, Firmenbus, Feuerwehrauto an der Bundesstraße)

- gibt bei den Getränken zumindest „Richtpreise“ vor (d.h. die Verkaufspreise müssen mindestens die von der Bf. kassierten Provisionen erreichen).
- gibt „Richtpreise“ bei den Prostitutionsleistungen vor (s. Niederschrift mit Hr. G. vom „…eine Stunde kostet 150 €, davon bekommt die Bf. 50 €“.
bietet dem Gast (Leistungsempfänger) in seinem Betrieb die Gelegenheit zum Erhalt von Prostitutionsleistungen bzw. die Gelegenheit zur Getränkekonsumation
- überwacht die Dauer der Zimmeraufenthalte (s. Niederschrift vom )
- hat Verträge mit Kreditkartenunternehmungen abgeschlossen
- übernimmt das Disagio bezüglich der Kreditkartenabrechnungen (zw. 6 – 8%)
- übernimmt das Inkasso bei Bezahlung mittels Kreditkarte

- wechselt teilweise Geld (s. Niederschrift vom )
hat die Strukturierung und die Überwachung der Hausordnung über
- führt den Getränkeeinkauf durch, stellt Gläser, Deko-Schmuck wie Kerzen usw. zur Verfügung
Für die Annahme einer Unternehmereigenschaft der Mädchen wäre u.a. erforderlich, dass sie ihre Geschäfte in eigenen von den Räumen der Bf. abgetrennten Räumen durchführen. Diese Räume müssten in auffallender und jeden Zweifel ausschließender Weise als Betriebsstätte des anderen Unternehmens (der Prostituierten) gekennzeichnet sein. Auch an der Außenseite des Lokals müsste ein entsprechender Hinweis auf die Doppelnatur des Unternehmens angebracht sein. In diesem Zusammenhang wird auf den von der steuerlichen Vertretung angestellten Vergleich mit dem Einkaufszentrum hingewiesen. Die eingemieteten Gewerbe­treibenden treten völlig unabhängig vom Vermieter Einkaufszentrum nach außen in Erscheinung (eigene klar gekennzeichnete und voneinander getrennte Räumlichkeiten; eigene Werbung und Werbeeinschaltungen; nach außen klar erkennbar, welche Produkte und Leistungen von den jeweiligen Gewerbetrieben angeboten werden; jeweils eigene Betriebsstruktur usw.). Es ist offensichtlich, dass die Mädchen in den betrieblichen Organismus der Bf. eingegliedert sind. Ein Gastwirt kann auch nicht umsatzsteuerlich behaupten, er serviere die Getränke und Speisen im Namen und für Rechnung des Kellners oder Koches.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse werden dem Kunden gegenüber die Getränke sowie die Prostitutionsleistungen durch die Bf. als Unternehmer erbracht. Nach außen hin tritt die Bf. selbst oder durch ihre Mitarbeiter/Gehilfen als Unternehmer auf. Im gegenständlichen Fall ist anzunehmen, dass die Bf. Mädchen „offeriere“, welche zur Getränkekonsumation animieren
bzw. sexuelle Wünsche erfüllen. Die Bf. stehe daher nicht außerhalb eines nur zwischen den Mädchen und den Gästen stattfindenden Leistungsaustausches. Dass die Leistung durch „Erfüllungsgehilfen“ erbracht wird, hindere die Umsatzzurechnung an den Betreiber nicht.“

Anschließend zitierte die Betriebsprüfung wörtlich aus dem VwGH-Erkenntnis vom , 2002/13/0104, mit welchem der VwGH in einem vergleichbaren Fall entschieden hatte.

In der Niederschrift vom wurde fortgesetzt: „Unbeachtlich ist nach Ansicht der Bp. auch, dass Preise und Umfang der sexuellen Leistung zwischen Mädchen und Kunden ver­einbart werden. Es ergibt sich hierbei kein Hinweis darauf, dass der Lokalbetreiber nicht in die  Leistungsbeziehung eingeschaltet ist. Auch in anderen Branchen werden Leistungsabreden von „Gehilfen“ getroffen, ohne dass ihnen deswegen der Umsatz zugerechnet wird.
Bei der Bf. sind fast ausschließlich 
Prostituierte aus ost- oder außereuropäischen Staaten tätig, bei denen typischerweise zum einen eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vom Bordellbetreiber und zum anderen eine Eingliederung in den betrieblichen Organismus des Bordells gegeben ist, sodass eine selbständige Ausübung der Tätigkeit als Prostituierte in diesen Fällen äußerst fraglich erscheint. Es erscheint in diesem Zusammenhang auch nicht glaubwürdig und ist in der Branche absolut unüblich, dass ausländische Mädchen von sich aus ihre „Dienstorte“ aussuchen können und zu Zeiten, die sie selber festlegen, kommen und gehen (lt. Niederschrift mit einer Prostituierten vom gab diese an, dass sie mit dem „P.“-Bus von Linz nach H und nach Dienstschluss wieder retour gebracht wurde und von 21 Uhr bis 6 Uhr „arbeitet“). Aber selbst wenn die Mädchen sich ihre „Dienst­zeiten“ selbst einteilen können und selbst entscheiden können, bei welchem „Dienstort“ sie arbeiten, spricht das nicht für deren Unternehmereigenschaft. Auch Arbeitnehmer üben ihre Tätigkeit freiwillig aus und können in bestimmten Bereichen weisungsfrei gestellt sein.
Weiters erscheint es äußerst umständlich und spricht gegen die Lebenswirklichkeit, dass bei Bezahlung mit Kreditkarte zuerst von der Bf. ein Betrag in voller Höhe an den Gast ausbezahlt wird, mit dem dann anschließend das Mädchen bezahlt wird und diese wiederum einen Anteil in die Kassa des Betriebsinhabers gibt. Theoretisch könnte man sich bei solch einer Konstellation bei laufenden Lokalbesuchen von der Bf. Geld mittels Kreditkarte ausbezahlen lassen und dieses jedoch nicht (oder nur zum geringeren Teil) im Betrieb ausgeben, sondern mit nach Hause nehmen. Das Disagio übernimmt dann die Bf. und für den Gast würden sich entsprechende Zinsvorteile ergeben. Würde bei Bezahlen mit der Kreditkarte der entsprechende Betrag tatsächlich bar ausbezahlt werden, dann ergäbe sich am ein Kassaminus i.H.v. 911,87.
Ebenso erscheint es fragwürdig bzw. unglaubwürdig, dass die Mädchen sowohl bei den konsumierten Getränken als auch bei den
Postitutionsleistungen selbst kassieren. So müssten die Mädchen eigene „Kellnerbrieftaschen“ führen, um das erforderliche Wechselgeld bei der Hand zu haben. Weiters würden sie relativ große Geldbeträge während einer Nacht bei sich aufbewahren, was ebenfalls gegen die allgemeine Lebenserfahrung spricht (lt. Niederschrift mit einer Prostituierten vom hat der Kunde für Getränke und Leistung immer an die Kellnerin bezahlt, sie habe von der Kellnerin entsprechende Provisionen erhalten).

Abschließend zitierte die Betriebsprüfung wörtlich aus dem VwGH-Erkenntnis vom , 2003/13/0138, mit welchem der VwGH ebenfalls in einem vergleichbaren Fall entschieden hatte.

Als Grundlage für die Ermittlung der von der Bf. umsatzsteuerrechtlich zu versteuernden Entgelte für Zimmerleistungen bezog sich die Bp. auf die   Niederschrift mit einer Prostituierten vom sowie auf die Niederschrift mit Herrn G. vom . Die Prostituierte hatte angegeben, eine halbe Stunde koste 109 €, wovon sie von der Kellnerin 62 € erhalte. Der Gesellschafter G. hatte angegeben, eine Stunde koste 150.- € und davon bekomme die Bf. 50.- €.
Aus diesen Daten ermittelte die Bp., dass die Bf. im Schnitt 38% und die Mädchen im Schnitt 62 % bekommen hätten. Daraus wurde auf Basis der bisher erklärten Zimmerumsätze bzw. Prostitutionsumsätze eine Umsatzerhöhung im Jahr 2005 von € 70.581,84 (Ust € 14.116,37) und im Jahr 2006 von € 78.689,70 (Ust € 15.737,94) berechnet.

Die von der Bf. zu versteuernden Getränkeumsätze ermittelte die Bp. ebenfalls auf Basis der Niederschrift mit einer Prostituierten vom sowie einer Niederschrift vom .
Aus diesen Daten ermittelte die Bp., dass die Bf. im Schnitt ca. 50% der Getränkeerlöse bekommen habe. Daraus wurde auf Basis der bisher erklärten Getränkeumsätze eine Umsatzerhöhung im Jahr 2005 von € 13.736,73 (Ust € 2.747,35) und im Jahr 2006 von € 15.119,85 (Ust € 3.023,97) berechnet.

Entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt am Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Zeiträume 07/2005, 08/2005, 09/2005, 10/2005, 11/2005, 12/2005, 01/2006, 02/2006, 03/2006, 04/2006, 05/2006, 06/2006 und 07/2006.

Gegen diese Umsatzsteuer festsetzungsbescheide erhob die Bf. durch ihren Vertreter am Berufung und beantragte die Nichtfestsetzung der Umsatzsteuer bzw. die Abänderung der angefochtenen Bescheide.

Am 19.  November 2007 nahm die Bf. die Berufungen gegen die Umsatzsteuerfest­­setzungs­bescheide für die Zeiträume 11/2004, 12/2004, 01/2005, 03/2005, 04/2005, 05/2005, 06/2005 07/2005, 08/2005, 09/2005, 10/2005, 11/2005 und 12/2005 zurück.

Mit Bescheiden vom wurden die Berufungen gegen die angeführten Umsatzsteuerfestsetzungs­bescheide vom Finanzamt als gegen­standslos erklärt.

Am erließ das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr Umsatz­steuerjahres­bescheide für die Jahre 2004 und 2005.

Für das Jahr 2004 wurde die Umsatzsteuer in Höhe von 13.414,31 € festgesetzt. Als Gesamt­betrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch wurden 122.925,33 € angesetzt.

Für das Jahr 2005 wurde die Umsatzsteuer in Höhe von 37.608,79 € festgesetzt. Als Gesamt­betrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch wurden 252.252,74 € angesetzt.

In den Bescheidbegründungen wurde jeweils ausgeführt, dass hinsichtlich der Abweichungen gegenüber den Steuererklärungen auf das Ergebnis des mit der Bf. bzw. ihrem Vertreter geführten (Telefon-)Gespräches hingewiesen wird.

Gegen die Umsatzsteuer bescheide für die Jahre 2004 und 2005 erhob die Bf. durch ihren Vertreter nach Verlängerung der Berufungsfrist am Berufung.
Sie beantragte die Abänderung der angefochtenen Bescheide im Sinne der eingereichten Abgabenerklärungen und beantragte gemäß § 274 Abs. 1 BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Zur Begründung führte der Vertreter aus:
Im gegenständlichen Fall sei strittig, ob die Animierdamen die Getränke im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkauften sowie die Separee-Dienste im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbrachten oder ob die Bf. diese Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbringe.
Das Finanzamt habe die fraglichen Leistungen der Bf. zugerechnet und stütze sich dabei auf eine Reihe von VwGH-Erkenntnissen, die erst in jüngerer Vergangenheit ergangen seien. Die jeweiligen Sachverhalte reichten aber weit in die 90-iger Jahre des 20. Jahrhundert zurück. Es falle auf, dass die Nachforderungen an Umsatzsteuer die jeweiligen Beschwerdeführer treffe, diese jedoch die Umsatzsteuer nicht einbehalten hätten, in der Gewissheit, dass die jeweiligen Damen als selbständige Unternehmerinnen selbst dafür verantwortlich wären. Der Bf. werde somit eine Last aufgebürdet, welche – hätte das Gesetz im Vorhinein dies so vorgesehen und nicht die Judikatur im Nachhinein so entschieden – von ihr vereinnahmt hätte werden können. So aber müsse sie eine Steuer zahlen, die sie nicht vereinnahmt habe. Dies geschehe auf Grund einer ex Post-Judikatur, die nicht berücksichtige, dass die Steuern nunmehr jener zahlen solle, der sie bisher wirtschaftlich nicht erhalten habe.

Die Betriebsprüfung habe in ihren Prüfungsfeststellungen einen Punktekatalog erstellt, wonach die Bf. als Bordellunternehmer sowohl die Getränkeleistungen als auch die Zimmer­leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch die Prostituierten erbringe. Entscheidend sei, wer nach außen hin als Unternehmer dem Kunden gegenüber auftrete.
Zu den einzelnen Punkten nahm der Vertreter wie folgt Stellung:

- Nach Ansicht der Bp. stelle die Bf. Räume (Separees, Spiegelzimmer, Kaminzimmer, Whirlpool) samt entsprechender Ausstattung (Handtücher, Kondome, Duschen usw.) zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung.
Dazu führte der Vertreter aus: Der am befragte Gesellschafter der Bf. habe angegeben, dass die Bf. nur Zimmer an die Mädchen vermiete. In diesen Preisen seien auch Handtücher, Leintücher und die Benützung der Dusche inkludiert. Die Zurverfügungstellung geschehe immer nur an die Damen. Kein Gast könne direkt bei der Bf. ein Zimmer buchen. Es würden ausschließlich die Damen entscheiden, ob und welches Zimmer sie mit ihren Gästen benutzen würden. Die Bf. trete niemals in direkte Verhandlungen mit den Gästen der Damen. Sobald sich eine Dame mit einem Gast einige, schließe sie mit diesem einen Vertrag über die weitere Vorgangsweise bzw. über die von ihr gegenüber dem Gast zu erbringenden Leistungen. Sie buche dann bei der Bf. ein Zimmer ihrer Wahl, wofür sie danach die vereinbarte Miete zu entrichten habe.

- Die Bf. sorge für die Organisation des Bordellbetriebes (Mieten, Betriebskosten, Gemeinde­abgaben, Steuern, Abfallentsorgung, div. Kleinreparaturen, Reinigung usw.).
Dazu führte der Vertreter aus: Die Bf. sorge nicht für die Organisation des Bordellbetriebes, sondern dafür, dass die Zimmer so ausgestattet seien, dass sie von den Damen überhaupt gemietet werden konnten. Abfallentsorgung, Kleinreparaturen usw. würden der Bf. als Zimmer­vermieterein zufallen. Das sei aber kein Hinweis auf eine Organisation, weil solche Vorrichtungen jeder Hausbesitzer zu gewärtigen habe.

- Die Bf. betreibe Werbung für das Etablissement (Zeitung, Internet, Firmenbus, Feuerwehr­auto an der Bundesstraße)
Dazu führte der Vertreter aus: Die Bf. biete den Damen, die bei ihr Zimmer mieteten, an, für diese auch Werbung zu betreiben. Solche Gemeinschaftswerbungen seien auch z.B. für den Park H in unmittelbarer Nachbarschaft bekannt, wo dort situierte selb­ständige Unternehmen in einen gemeinsamen Werbetopf einzahlen, dieser gemeinsame Topf vom Vermieter verwaltet werde und damit ein gemeinsames Flugblatt aussende.

- Die Bf. gebe bei den Getränken zumindest „Richtpreise“ vor (d.h. die Verkaufspreise müssten mindestens die von der Bf. kassierten Provisionen erreichen).
Dazu führte der Vertreter aus, dass solche „Richtpreise“ aus vielen Branchen bekannt seien. Diese würden z.B. oft als „unverbindlich empfohlener Verkaufspreis des Herstellers“ bezeichnet. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Bf. für ein bestimmtes Getränk einen bestimmten Erlös erzielen wolle.

- Die Bf. gebe „Richtpreise“ bei den Prostitutionsleistungen vor. Laut Niederschrift vom habe der Gesellschafter G. angegeben, dass eine Stunde 150 € koste, wovon die Bf. 50 € bekomme.
Dazu führte der Vertreter aus, dass die Bf. als Wirtschaftssubjekt für ihre Zimmer-vermietung nur dann die gewünschten Mieten erzielen könne, wenn auch die Damen ihre selbständigen Leistungen nicht unterpreisig verkauften.

- Die Bf. biete dem Gast (Leistungsempfänger) in seinem Betrieb die Gelegenheit zum Erhalt von Prostitutionsleistungen bzw. die Gelegenheit zur Getränkekonsumation.
Dazu führte der Vertreter aus, dass die Bf. von der Zimmervermietung an die Damen und dem Getränkeverkauf lebe. Für die Zimmervermietung sei es nötig, dass ein Gast in diesen Räumen Prostitutionsleistungen erhalten könne, sonst könnte an die Damen nicht vermietet werden und es gebe keine Mieteinnahmen.

- Die Bf. überwache die Dauer der Zimmeraufenthalte (Niederschrift vom )
Dazu führte der Vertreter aus, es sei allgemein üblich, dass die Miete für die Zimmer von einem zeitlichen Element abhänge. Werde von einer Dame eine bestimmte Dauer einer Zimmermiete abgerufen, so könne daraus kein weiteres Indiz gewonnen werden.

- Die Bf. habe Verträge mit Kreditkartenunternehmungen abgeschlossen
- Die Bf. übernehme das Disagio bezüglich der Kreditkartenabrechnungen (6 – 8%)
- Die Bf. übernehme das Inkasso bei Bezahlung mittels Kreditkarte

Dazu führte der Vertreter aus, dass es nicht bekannt sei, dass Kredit­karten­unter­nehmungen mit einzelnen Damen einen Vertrag abgeschlossen hätten bzw. abschließen würden. Weil die Damen selbst keine Verträge mit Kredit­karten­unter­nehmungen abgeschlossen hätten, bedienten sie sich der Bf., die dafür von den Damen ein Entgelt (Disagio) erhalte, welches der Einfachheit halber in der Zimmermiete inkludiert sei.

- Die Bf. wechsle teilweise Geld
Dazu führte der Vertreter aus, dass die Bf. aus der Zimmervermietung über Bargeldbestände verfüge und dadurch in der Lage sei, jemanden Geld zu wechseln. Daraus sei kein Indiz zu erblicken, dass die Leistungen aus der Prostitution der Bf. zuzurechnen seien.

- Die Bf. habe die Strukturierung und die Überwachung der Hausordnung über
Dazu führte der Vertreter aus, dass es der Bf. als Zimmervermieterin zustehe, dass die von ihr an die Damen vermieteten Zimmer ihrem Gebrauch nach der Hausordnung auszurichten seien.

- Die Bf. führe den Getränkeeinkauf durch, stelle Gläser, Deko-Schmuck wie Kerzen usw. zur Verfügung
Dazu führte der Vertreter aus, dass die Bf. Provisionen aus dem Getränkeverkauf verlange, um ihre Unkosten zu decken. Die Zurverfügungstellung von Gläsern, Deko-Schmuck wie Kerzen usw. lasse sie sich mit den Zimmermieten und den Provisionen aus dem Getränke­verkauf abgelten.

Der Ansicht der Bp., wonach es für die Unternehmereigenschaft der Mädchen erforderlich wäre, von der Bf. abgetrennte Räume zu haben, entgegnete der Vertreter, dass die Geschäfte der Mädchen auch in gemieteten Räumen ausgeübt werden könnten. Die Bf. habe als Hauptmieter des gemieteten Gebäudes die Voraussetzungen geschaffen, dass dort die Prostitution ausgeübt werden dürfe. Die Ausübung selbst sei den Damen vorbehalten und diese könnten die dafür geeigneten und ausgestatteten Räume mieten.

Der Ansicht der Bp., wonach diese Räume in auffallender und jeden Zweifel ausschließender Weise als Betriebsstätte des anderen Unternehmens (der Prostituierten) gekennzeichnet sein müssten und auch an der Außenseite des Lokals ein entsprechender Hinweis auf die Doppelnatur des Unternehmens angebracht sein müsste, entgegnete der Vertreter, dass dieser Hinweis widersprüchlich und nicht geeignet sei, die strittige Frage zu klären.

Der Vertreter widersprach auch der Aussage der Bp., wonach nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dem Kunden gegenüber die Getränke sowie die Prostitutionsleistungen durch die Bf. als Unternehmen erbracht würden. Das Finanzamt schreibe das Erkenntnis des , fast wortwörtlich ab, lasse aber keinen schlüssigen Beweis darüber erbringen, warum die Damen nicht als selbständige Unternehmerinnen tätig sein sollten. Es ergebe sich der Eindruck, dass das Finanzamt sich bei der Befragung des Herrn  G. in der Fragestellung nach diesem VwGH- Erkenntnis gerichtet habe.
Die Bf. könne ihre Aussagen buchhalterisch untermauern, die Gegenmeinung des Finanz­amtes habe keine Beweise, sondern stütze sich nur auf Vermutungen, die der VwGH in den oben angeführten Erkenntnissen anführe.
Das Finanzamt möge dartun, wie es erkenne, dass fast ausschließlich  Prostituierte aus ost- oder außereuropäischen Staaten tätig seien. Auch die allgemeine Aussage, wonach diese typischerweise persönlich und wirtschaftlich vom Bordellbetreiber abhängig seien, wäre vom Finanzamt zu beweisen. Das Finanzamt habe die Aussage des G in der Niederschrift vom , wonach die Mädchen kommen und gehen könnten, wann sie wollten, nicht gewürdigt und habe mit dieser Pauschalaussage Stimmung gegen die Bf. gemacht.
Mit der Aussage „ Es erscheint in diesem Zusammenhang auch nicht glaubwürdig und ist in der Branche absolut unüblich, dass ausländische Mädchen von sich aus ihre „Dienstorte“ aussuchen können und zu Zeiten, die sie selber festlegen, kommen und gehen..“  täusche das Finanzamt ein nicht vorhandenes Wissen vor und halte dieses Wissen gleichzeitig für nicht glaubwürdig. Das Finanzamt irre hier aber und die Aussage des G werde von seinen Branchenkollegen bestätigt.
Zu den Aussagen betreffend die Bezahlung mit Kreditkarte verwies der Vertreter auf die Aussage des G in der  Niederschrift vom , wonach der Gast den Betrag bar ausbezahlt erhalte und dies der Gast auf einem Beleg unterschreibe. Dies könne anhand von Belegen nachvollzogen werden. Der vom Finanzamt ermittelte Fehlbetrag von 911,87 könne nicht nach­vollzogen werden und werde in Frage gestellt.
Zur Aussage, wonach es fragwürdig bzw. unglaubwürdig sei, dass die Mädchen sowohl bei den konsumierten Getränken als auch bei den Prostitutionsleistungen selbst kassierten, führte der Vertreter aus: Die buchhalterischen Unterlagen bestünden u.a. aus Belegen „Tages­losungen vom…“. Darin sind angeführt: „Mädchen - je namentlich bezeichnet“ „Getränke- zu jedem Mädchen Art, Anzahl, Einzelpreis von Getränken“, „Euro-Getränke - Gesamtpreis Getränke“, „Zimmer Pool - Zeiteinheit, wie oft, Einzelpreis“, „Euro-Zimmer - Gesamtbetrag“, „Euro gesamt“. Die Umsätze pro Mädchen bewegten sich von der Höhe und der Anzahl her in einer Größenordnung, bei welcher weder eine Kellnerbrieftasche noch größere mathematische Fähigkeiten notwendig seien.
Die Aussage einer Prostituierten vom , wonach der Kunde für Getränke und Leistung immer an die Kellnerin bezahlt habe, ist der Aussage der Bf. entgegen zu halten. Die Prostituierte habe dabei möglicherweise Kreditkartenumsätze genauer dargestellt und es sei der Eindruck entstanden, dass sie mit einem Kunden zum Zwecke der Liquiditätsbeschaffung zu einer Kellnerin gegangen sei.
Zum VwGH- Erkenntnis vom , 2003/13/0138, bemerkte der Vertreter, dass sich der VwGH äußerst unbestimmter Begriffe wie „Kundenerwartung“ und „… wird allgemein angenommen…“ bediene. Der konkrete Sachverhalt im gegenständlichen Fall stelle sich aber anders dar. Nicht die Bf. offeriere die Mädchen, sondern sie biete diesen Mädchen die Gelegenheit, ihre Geschäfte mit den Kunden in den von der Bf. vermieteten Zimmern zu erbringen.

Am erließ das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr den Umsatz­steuerjahres­bescheid für das Jahr 2006.
Für dieses Jahr wurde die Umsatzsteuer in Höhe von 25.88,81 € festgesetzt. Als Gesamt­betrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch wurden 208.292,79 € angesetzt.

Die Bf. erhob durch ihren Vertreter gegen den Umsatzsteuer bescheid für das Jahr 2006 am Berufung. Sie beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne der eingereichten Abgabenerklärung und beantragte gemäß § 274 Abs. 1 BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Zur Begründung wiederholte der Vertreter im Wesentlichen sein Vorbringen, welches er bereits in der Berufung gegen die Umsatzsteuer bescheide für die Jahre 2004 und 2005 vorgebracht hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufungen dem Unabhän­gigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor. Die Abgaben­behörde beantragte die Abweisung der Berufungen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die von der Bf. behaupteten Abläufe und Gestaltungen völlig gekünstelt wirkten.

Da die Berufungen am noch unerledigt waren, waren sie vom Bundes­finanz­gericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

In der mündlichen Verhandlung am führte der Amtsvertreter aus, dass die beschwerdegegenständliche Rechtsfrage bereits durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt sei. Der Betreiber des beschwerdegegenständlichen Etablissements (Bordells) sei daher als der Unternehmer anzusehen, dem die Umsätze zuzurechnen seien. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachte Darstellung der Abläufe erscheine vollkommen unglaubwürdig. Es werde insbesondere behauptet, dass bei Kreditkartenzahlung ein Entgelt zuerst in bar zurück an den Gast ginge, vom Gast an den Bordellbetreiber und von diesem dann weiter an die Dame. Dies erscheine völlig unglaubwürdig, weshalb das Finanzamt die Ansicht vertrete, dass der Bf. diese Umsätze zuzurechnen sind und insofern die Bescheide richtig seien.

Der Vertreter der Bf. behauptete hingegen, dass die Darstellung der Bf. keineswegs unglaub­würdig sei, sondern dass es sich dabei nur um eine persönliche Einschätzung handle. Ein Sachverhalt habe sich auf eine bestimmte Weise ereignet oder nicht. Es wäre an der Finanz­verwaltung gelegen, den von ihr behaupteten Sachverhalt zum Beispiel durch weitere Zeugen­einvernahmen zu beweisen. Ergänzend verwies er auf ein Informationsblatt über die Besteuerung von Prostituierten und übergab ein Exemplar dem Richter. Nach diesem Informations­blatt (zur § 99 Besteuerung) seien mit dem Betrag von monatlich € 250 alle einkommensteuer-, lohnsteuer- und umsatzsteuerrelevanten Belange abgedeckt. Herr F vom Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr habe diese Beträge kassiert. Diese Inkasso­tätigkeiten könnten einerseits durch Zeugenaussagen belegt werden, andererseits müssten beim Finanz­amt selbst diesbezügliche Unterlagen vorhanden sein.

Der Vertreter der Bf. beantragte deshalb die Einvernahme des Herrn F als Zeugen.

Der Richter verkündete daraufhin den folgenden Beschluss, dass der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn F abgewiesen wird.
Zur Begründung verwies er darauf, dass zwischen der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Umsätze der Bf KG und der Besteuerung der Prostituierten nach § 99 EStG kein Zusammenhang bestehe.
Der Vertreter der Bf. entgegnete, dass das Informationsblatt ausdrücklich auch umsatz­steuer­rechtliche Belange enthalte.
Der Richter ergänzte deshalb, dass hier strittig sei, wem die Umsätze zuzurechnen seien. Es gebe auch Prostituierte, die selbständig tätig seien. In dem Informationsblatt gehe es nur um die Besteuerung nach § 99 EStG. Daraus ergebe sich, dass nur beschränkt Steuerpflichtige betroffen seien, also Ausländerinnen, welche ihren ständigen Wohnsitz nicht in Österreich hätten.
Der Vertreter der Bf. ergänzte, dass er für die Damen nicht vertretungsbefugt sei. Er kenne deren Umsatz­steuerbescheide nicht. Soweit sie diese Regelung mit den Pauschalbeträgen von 250,00 € beansprucht hätten, sei sie auch umsatzsteuerrelevant. Die Bf. sei deshalb davon ausgegangen, dass auch die umsatzsteuerrelevanten Angelegenheiten erledigt gewesen seien. Er kenne den Erlass vom bezüglich der ertragssteuer­lichen Beurteilung von Sexdienstleistungen. Darin stehe ausdrücklich, dass es auch für Öster­reicherinnen gelte und dass immer eine Einzelfallbeurteilung gemacht werden müsse. In umsatzsteuerlicher Hinsicht vertrat der Vertreter die Ansicht, dass mit dem einfachen Inkasso die Behörde kundgetan habe, dass damit umsatzsteuerrelevant vorgegangen werden solle. Das Unternehmen habe sich darauf verlassen können.

Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, des Vorbringens des Bf. sowie den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am .

Zur Würdigung des Vorbringens des Bf. im Einzelnen wird auf die Ausführungen in den Erwägungen verweisen.

Das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Informationsblatt des Finanzamtes Linz musste aus den in den Erwägungen angeführten Gründen unbeachtet bleiben.

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ( Umsatzsteuergesetz 1994) ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Nach Abs. 2 Z. 1 leg.cit. wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen derart eingegliedert sind, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen, verpflichtet sind.

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 ( Umsatzsteuergesetz 1994) ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten.

Nach § 4 Abs. 3 UStG 1994 gehören nicht zum Entgelt die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten).

Entgelt ist demnach, was in einer Zweckbindung zur Erlangung der Lieferung oder der sonstigen Leistung steht. Ob der Abnehmer das Entgelt (ganz oder teilweise) dem Unternehmer direkt oder mit seinem Einverständnis oder auf sein Verlangen einem Dritten leistet, ist unbeachtlich. Der Abzug von Betriebsausgaben kommt nicht in Betracht. Bemessungsgrundlage ist das ungekürzte Entgelt. Dass der Unternehmer daraus seine Geschäftsunkosten decken muss, ist gleichgültig (vgl. Ruppe, UStG2, § 4, Tz. 10 und 17, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Erwägungen

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist strittig, ob die Animierdamen (auch als Prostituierte oder Damen bezeichnet) als selbständige Unternehmerinnen Getränke kauften und verkauften sowie Separee-Dienste erbrachten oder ob die Animierdamen diese Leistungen für das Unternehmen der Bf. (Unternehmerin im Sinne des Umsatz­ steuergesetzes) erbracht haben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in mehreren vergleichbaren Fällen entschieden.
Im Erkenntnis vom , 2002/13/0104, führt der Gerichtshof zu der auch hier strittigen Frage aus:

„Bei einem Barbetrieb mit angeschlossenen Separees besteht die Leistung des Barbetreibers nach der laut dem angefochtenen Bescheid unbestritten festgestellten Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee­besuch. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird nach der Verkehrsauffassung angenom­men, dass er zu diesem Zweck Mädchen "offeriert", welche mit den Barbesuchern die Separees aufsuchen und die sexuellen Wünsche der Gäste erfüllen. Nur durch das Angebot dieser persönlichen Dienstleistungen ist es dem Lokalbetreiber möglich, weit über dem Üblichen liegende Getränkepreise zu verlangen. Solcherart konnte im Beschwerdefall unbedenklich davon ausgegangen werden, dass die Mädchen der Beschwerdeführerin gegenüber verpflichtet waren, die Gäste sowohl zum Alkoholkonsum als auch zum Aufsuchen eines der angeschlossenen Separees zu animieren, und dafür von der Beschwerdeführerin auch zu entlohnen waren. In einer solchen Fallkonstellation kann nicht gesagt werden, dass der Lokalbetreiber (die Beschwerdeführerin) außerhalb eines nur zwischen den Mädchen und den Gästen stattfindenden Leistungsaustausches stünde, was aber Voraussetzung wäre, um das Vorliegen durchlaufender Posten bejahen zu können (vgl. Ruppe, UStG², § 4, Tz. 129; Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, § 4, Anm. 326f).

Dass der Lokalbetreiber die in der Bar angebotenen und vom Kunden entlohnten Leistungen nicht selbst (bzw. im hier vorliegenden Fall einer GmbH durch seine Organe) erbringt, sondern andere Personen als Erfüllungsgehilfen heranzieht und Teile seines Entgeltes unmittelbar an sie weitergibt, mindert die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage des Lokalbetreibers nicht.

In einem anderen vergleichbaren Fall hat der VwGH () ebenfalls entschieden, dass die „Separee-Umsätze“ der Animierdamen nicht im fremdem Namen und auf fremde Rechnung erfolgt seien. Im Einzelnen führt der VwGH dazu aus:
Schließlich führt die Beschwerdeführerin an, bei den Separee-Umsätzen habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass "beim Verkauf in Verbindung mit Separee-Diensten" Umsätze in fremdem Namen und auf fremde Rechnung enthalten seien. Die Animierdamen hätten "entsprechend den Usancen in der Branche" die Separee-Dienste im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht, weshalb die Zurechnung zur Beschwerdeführerin zu Unrecht erfolgt sei. Solcherart macht die Beschwerdeführerin geltend, in den von der belangten Behörde den Umsätzen hinzugeschätzten Beträgen seien durchlaufende Posten (§ 4 Abs. 3 UStG 1972 und UStG 1994) enthalten.
Dazu genügt es, die Beschwerdeführerin auf die hg. Erkenntnisse vom , 2002/13/0104, vom , 2003/14/0002, und vom , 2003/15/0147, hinzuweisen, in denen der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, dass bei einem Barbetrieb mit angeschlossenen Separees die Leistung des Barbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee-Besuch besteht. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert", welche mit den Barbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die Wünsche der Gäste zu erfüllen. Bei einer solchen Fallkonstellation durfte die belangte Behörde daher unbedenklich davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich sämtlicher in der R.-Bar erbrachten Leistungen wirtschaftlich deren Erbringerin ist und dass sie das Entgelt für sämtliche in der R.-Bar angebotenen Leistungen vereinnahmt hat. Aufwendungen, welche die Beschwerdeführerin durch "Entlohnung" der Mädchen getroffen habe, hat die belangte Behörde bei der Festsetzung der Körperschaft- und der Gewerbesteuer als zusätzliche Betriebsausgaben ohnehin berücksichtigt, wobei es dabei nicht darauf ankommt, ob "die Mädchen" ihre Leistungen der Beschwerdeführerin gegenüber als Dienstnehmerinnen oder als selbständig Tätige erbracht haben.“

Das Bundesfinanzgericht teilt die Auffassung des VwGH. Die Einwendungen der Bf. können nicht überzeugen. Zu den einzelnen Einwendungen der Bf. wird noch ergänzend ausgeführt:

Zur Einwendung der Bf. , wonach die Bf. nur Zimmer an die Mädchen vermiete und ausschließlich die Damen entscheiden könnten, ob und welches Zimmer sie mit ihren Gästen benutzen würden:
Die behauptete kurzfristige Vermietung der Zimmer an die Prostituierten für die jeweilige Dauer der Bedienung eines Kunden spricht jedenfalls für die Eingliederung der Prostituierten in das Unternehmen der Bf. und gegen eine selbständige Ausübung der Prostitution. Sind in den Preisen auch Handtücher, Leintücher und die Benützung der Dusche inkludiert, so besteht an einer Eingliederung der Prostitutionsleistungen in das Unternehmen der Bf. kein Zweifel mehr.
Die selbständige Ausübung der Prostitution wird hingegen üblicherweise nur dann angenommen, wenn die Prostitution in eigenen Räumen der Prostituierten vorgenommen wird, welche in keiner räumlichen Verbindung zu einem Barbetrieb stehen. Ob der Gast direkt mit einem Gesellschafter der Bf., einer Kellnerin oder einer „Dame“ über die zu erbringenden Dienstleistungen verhandelt, ist unerheblich. Die Damen sind ebenso wie die Kellnerinnen für das Unternehmen der Bf. tätig.

Die Feststellung der Betriebsprüfung, wonach die Bf. die Organisation des Bordell-betriebes (Mieten, Betriebskosten, Gemeinde­abgaben, Steuern, Abfallentsorgung, div. Klein­reparaturen, Reinigung usw.) übernommen hat, bestätigt die Annahme, dass die Prostituierten keine Unternehmerinnen sind, weil ihnen das Merkmal der Selbständigkeit fehlt. Die Sorge für die Ausstattung der Zimmer und die angeführten Zusatzleistungen sind typische Beispiele für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes, welcher sich dadurch von der bloßen Vermietung und Verpachtung unterscheidet. Im vorliegenden Fall ist es ein weiterer Hinweis dafür, dass die Umsätze aus den Prostitutionsleistungen der Bf. als Unternehmerin zuzurechnen sind.

Die Werbung für das Etablissement der Bf. (in Zeitung, Internet, Firmenbus, Feuerwehr­auto an der Bundesstraße) ist selbstverständlich auch ein Hinweis dafür, dass die Prostituierten im Rahmen des Unternehmens der Bf. tätig waren. Denn ansonsten hätte die Bf. ja Werbung für die "Firmen" der Prostituierten und nicht für ihr eigenes Unternehmen (Etablissement P) gemacht.
Demgegenüber betreibt eine Werbegemeinschaft Werbung für alle und finanziert sich aus den Werbebeiträgen der einzelnen Unternehmen. In welcher Höhe die einzelnen Prostituierten in den gemeinsamen Werbetopf eingezahlt hätten und unter welchem „Firmennamen“ die Prostituierten aufgetreten seien, darüber gibt es keinen einzigen Hinweis und auch der Vertreter der Bf. hat sich in der mündlichen Verhandlung dazu nicht geäußert.

Zu den Richtpreisen für Getränke und Prostitutionsleistungen ist auszuführen, dass diese Preise für sich weder für noch gegen eine selbständige oder eine unselbständige Ausübung der Prostitution bzw. eines Getränkeverkaufes sprechen. Ausschlaggebend für die Frage, wem die Umsätze zuzurechnen sind, ist ausschließlich die Tatsache, ob die Leistungen im Rahmen des Unternehmens der Bf. erbracht worden sind oder nicht. Nach dem unstrittigen Sachverhalt erfolgten die Umsätze im Rahmen des Unternehmens der Bf.

Die Überwachung der Dauer der Zimmeraufenthalte, der Abschluss von Verträgen mit Kredit­kartenunternehmungen, die Übernahme des Disagio bezüglich der Kreditkarten­abrechnungen, die Übernahme des Inkassos bei Bezahlung mittels Kreditkarte und der festgestellte Wechsel von Geld sind weitere Hinweise dafür, dass die Prostituierten (Damen) in das Unternehmen der Bf. eingegliedert waren und daher die strittigen Umsätze der Bf. zuzurechnen sind.

Die von der Betriebsprüfung festgestellte Strukturierung und die Überwachung der Haus­ordnung, der durchgeführte Getränkeeinkauf und der zur Verfügung gestellte Deko-Schmuck (Kerzen usw.) sind nur bei unselbständig tätigen Prostituierten denkbar. Es liegen also weitere Gründe dafür vor, dass die strittigen Umsätze der Bf. zuzurechnen sind.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die von der Bf. vorgebrachten Einwendungen keine Hinweise dafür ergeben haben, dass die Prostituierten als unabhängige Unternehmerinnen tätig gewesen sein könnten. Die vorgebrachten Einwendungen haben vielmehr den von der Betriebsprüfung festgestellten Sachverhalt bestätigt.

Zu dem im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten Informationsblatt des Finanz-amtes Linz ist auszuführen, dass dieses Informationsblatt lediglich ein Auslegungsbehelf eines im strittigen Fall nicht zuständigen Finanzamtes ist.
Eine Rechtsquelle, aus der Rechte abgeleitet werden können, stellt ein solches Informations ­ blatt keinesfalls dar.
Davon abgesehen beinhaltet das Informationsblatt die Besteuerung nach § 99 EStG, also die Besteuerung der beschränkt Steuerpflichtigen. Aus dem Betriebsprüfungsbericht geht zwar hervor, dass die meisten Prostituierten Ausländerrinnen gewesen sind, es geht aber nicht hervor, ob diese inländische Wohnsitze hatten und somit unbeschränkt steuerpflichtig waren. Der Vertreter der Bf. beschränkte sich diesbezüglich auf die Aussage, dass er für die Damen nicht vertretungsbefugt sei.

Da das vorgelegte Informationsblatt weder eine Rechtsquelle darstellt noch geklärt ist, ob sein Inhalt im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist (Klärung der Frage, ob die Damen beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtig sind) musste dieses Informationsblatt bei der Beweiswürdigung unbeachtet bleiben.

Aus den angeführten Gründen waren die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Strittig war, ob die Animierdamen als selbständigen Unternehmerinnen Getränke verkauften sowie die Separee-Dienste erbrachten oder ob diese Leistungen der Bf. als Unternehmerin zuzurechnen waren. Zu dieser strittigen Frage gibt es bereits eine umfangreiche Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die in diesem Erkenntnis berücksichtigt wurde.

Es war deshalb zu entscheiden, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100613.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at