Vorsorgemaßnahmen nach Hangrutschung kein als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigender Katastrophenschaden
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RV/7101955/2013-RS1 | Aufwendungen für Vorsorgemaßnahmen nach einer durch Starkregen verursachten Hangrutschung stellen keinen Katastrophenschaden und damit keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 34 Abs. 6 EStG 1988 dar. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache des Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Amstetten Melk Scheibbs vom , betreffend Einkommensteuer 2011 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit elektronisch eingebrachter Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 machte der Beschwerdeführer (Bf.) u.a. außergewöhnliche Belastungen für Katastrophenschäden in Höhe von 4.026,30 € geltend.
Das Finanzamt forderte ihn diesbezüglich zur Nachweisleistung auf. Der Bf. legte daraufhin folgende Unterlagen vor:
1) Schreiben der Wildbach- und Lawinenverbauung Melk vom (inkl. 2 Fotos)
Die Erläuterungen besagen im Wesentlichen, dass es aufgrund eines Starkregenereignisses im Juni 2009 unterhalb der beiden Gebäude des Anwesens Bf. zu Eintiefungen des Bachbettes und in weiterer Folge zu bestandsbedrohenden linksseitigen Rutschungsvorgängen gekommen sei. Aufgrund nicht ausreichend vorhandener Budgetmittel im Katastrophenjahr 2009 konnten die Maßnahmen nicht realisiert werden. Die Grundeigentümer Bf. hätten daraufhin nach zweijähriger Wartephase im Herbst 2011 in eigener Sache wirkungsvolle Maßnahmen zur Sicherung des Bestandes realisiert.
2) Eine Baukostenabrechnung vom über Euro 4.026,30 (für "Baustelle Hangrutschung - Sicherung") der Firma S.GmbH.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer fest, wobei außergewöhnliche Belastung nur für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder sowie für Kinderfreibeträge anerkannt wurde. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass laut Bescheinigung im Jahr 2009 ein Starkregenereignis zu Eintiefungen des Bachbetts und in weiterer Folge zu Rutschungsvorgängen geführt hätte. Maßnahmen zur Beseitigung seien zwar als förderungswürdig anerkannt worden, aber letztendlich nicht realisiert worden. Im Jahr 2011 sei dann eine Sicherung der Hangrutschung veranlasst worden. Aufgrund der zeitlichen Verschiebung könne daher nicht von einem Katastrophenschaden, sondern von Aufwendungen zur Verhinderung eines künftigen Katastrophenschadens ausgegangen werden. Daher könnten die Kosten nicht anerkannt werden.
Gegen diesen Bescheid wurde Einspruch (Beschwerde) eingelegt und begründend Folgendes ausgeführt:
"1. zeitlicher Ablauf:
2009 Unwetter - bestandsbedrohende Hangrutschung hinterm Haus
Ansuchen bei Gemeinde wg. Katastrophenschaden
Besichtigung/Begehung mit Bürgermeister und Experten der Wildbachverbauung
Mündliche Zusicherung der Schadensbehebung und Aufforderung mit der
Schadensbehebung zu beginnen. Bürgermeister will im selben Jahr keine
weiteren Baustellen mehr im Gemeindegebiet weil viele weitere + größere
Schäden im Gemeindegebiet
Experte der Wildbachverbauung meint, er könne ruhig noch heuer aktiv werden
und erst nächstes Jahr zahlen, Bürgermeister geht auf diesen Vorschlag
aber nicht ein!
Im selben Jahr auf Vorschlag des Bürgermeisters noch Erhebung wegen
Hauszufahrt, - Güterwegeabteilung des Landes zuerkennt Unwetterschäden und
Beihilfe zu Sanierung. Mittlerweile ist es Spätherbst und somit erst 2010
Sanierung Hauszufahrt möglich.
Kosten 7200,-€ - vom Land werden 3600,- € refundiert.
im Laufe des Jahres 2010 Nachfrage am Gemeindeamt wg. Sanierung der
Hangrutschung:
Auskunft: Fördersituation Land mittlerweile geändert - kein Geld
mehr „ wird nicht mehr gefördert!
daraufhin Anbotseinholungen‚.. und in weiterer Folge Sanierung auf eigene
Kosten! - im Jahr 2011 (Kosten 4000,-€)
Die Baustelle der Rutschungssanierung kann nur bei halbwegs trockenem
Wetter erreicht werden, ohne dass der Flurschaden größer ist als der
Rutschungsschaden - aufgrund der von den Baggern zugedrückten Drainagen
müssen sowieso noch neue Drainagen eingegraben werden!
Bescheid des Finanzamtes wird als Begründung der Ablehnung angegeben, dass durch die
zeitliche Verzögerung der Sanierungsmaßnahmen nicht von einer Katastrophenschadenssanierung ausgegangen werden kann, sondern nur von einer
"Aufwendungen zur Verhinderung eines künftigen Katastrophenschadens ausgegangen“
wird!
2. inhaltliche Begründung des Einspruchs:
Dazu ist festzuhalten, dass die zeitliche Verzögerung der
Schadensbeseitigung quasi von Amts wegen verursacht wurde und
„bestandsbedrohende“ Schäden und bestehende Unterliegergefährdung
jedenfalls als Katastrophenschaden zu bewerten und zu beseitigen sind -
zumal laut Wasserbaurecht Schadensbeseitigungen nach Hochwässern binnen 3
Jahren zulässig sind!
Weiters ist jede Sanierung eines Schadens immanent eine Verhinderung eines
weitergehenden Schadens und/oder Folgeschadens, dieses Argument kann keine
Ablehnung begründen!"
Am erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung seitens des Finanzamtes mit folgender Begründung:
"Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs. 6 erster Teilstrich EStG 1988 können Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-‚ Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Als Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden sind die Kosten der Aufräumungsarbeiten, die Kosten von Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen und die Wiederbeschaffungskosten der zerstörten Sachen absetzbar (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 43).
Vorsorgekosten, somit Aufwendungen, um in Zukunft Katastrophenschäden möglichst gering zu halten oder gänzlich zu vermeiden, fallen nicht unter § 34 Abs. 6 EStG 1988 (; , 82/14/0132; , 85/14/0128; , 99/14/0001). Vorsorgekosten führen grundsätzlich auch nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 zu keiner Steuerermäßigung, weil sie in der Regel nur zu einer Vermögensumschichtung führen (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, (§ 34 Abs. 6 bis 9, Tz 2). Ebenso werden von Doralt (EStG, § 34 Tz 20) Vermögensumschichtungen mangels einer Belastung des Steuerpflichtigen nicht als außergewöhnliche Belastung angesehen. Als Belastungen sind nur solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind. Nur "verlorener Aufwand" ist berücksichtigungsfähig; soweit Aufwendungen einen Gegenwert schaffen, sind sie keine "Belastung" (siehe auch Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 34 Anm.11 und 78 unter “Wohnkosten"): Kosten für nachträglich erforderliche Bodenbefestigungen, Stützmauern und ähnliches sind keine außergewöhnliche Belastung). Im gegenständlichen Fall wurde 2 Jahre nach der nach der Hangrutschung ein Steinwurf errichtet (Rechnung: „Baustelle Hangrutschung - Sicherung“ € 4.026,30). Dass es sich dabei zweifelsfrei um eine Maßnahme zur Abwehr künftiger weitererErdrutschschäden am Grundstück in Hanglage handelt, geht auch klar aus der Stellungnahme der Gebietsbauleitung der Wildbach- und Lawinenverbauung vom hervor, in der es heißt: „Die Grundeigentümer Bf. haben daraufhin nach zweijähriger Wartephase im Herbst 2011 in eigener Sache wirkungsvolle Maßnahmen zur Sicherung des Bestandes realisiert“. Damit liegen die Erfordernisse für die Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten der Errichtung des Steinwurfes als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs. 6 EStG 1988 nicht vor. Wie oben ausgeführt, sind nach dieser Bestimmung nur die Kosten der Beseitigung des einge-tretenen Katastrophenschadens absetzbar, nicht aber Aufwendungen zwecks Abwehr künftiger Katastrophenschäden. Der unabhängige Finanzsenat (UFS) hat diese Rechtsansicht zuletzt in den Berufungsentscheidungen RV/0465-W/12 vom , RV/0617-S/11 vom und RV/0767-G/10 vom unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt."
Gegen diese Entscheidung wurde ein Vorlageantrag mit folgender Begründung eingebracht:
"Zur Bescheidbegründung merke ich folgendes an:
§ 34 Abs 1 EStG 1988 Belastungen
a) das Hochwasser war außergewöhnlich
b) das Schadereignis war zwangsläufig
c) meine wirtschaftl. Leistungsfähigkeit ist mit ca 4000 € wesentlich beeinträchtigt
lt Bescheid sind Kosten für Aufräumungsarbeiten, Reperatur- und Sanierungsmaßnahmen absetzbar (Wanke EStG 1988, § 34 Anm. 43) genau solche Kosten versuche ich in meinem Lohnsteuerausgleich geltend zu machen!
Es handelt sich bei den beauftragten Arbeiten nicht um Vorsorgekosten, wie auch aus dem vorliegendem Gutachten der Wildbachverbauung NÖ zweifelsfrei zu ersehen ist!
(Zitat: Starkregenereignis im Juni 2009 Eintiefungen des Bachbettes bestandesbedrohenden linksseitigen Rutschungsvorgängen.
Zudem wäre in weiterer Folge durch die mögliche Geschiebemobilisierung die Unterlieger zusätzlich beaufschlagt worden bzw. das mögliche Schadenspotential nicht nur für die direkt Betroffenen, sondern auch für die Unterlieger erhöht worden.
Begehung vor Ort statt, es wurde die Förderungswürdigkeit festgestellt und adäquate Maßnahmenvorschläge erarbeitet.
Aufgrund nicht ausreichend vorhandener Budgetmittel nicht realisiert werden.)
Entgegen der Annahme, es handle sich bei der gegenständlichen Schadensbeseitigung um einen Steinwurf auf dem Grundstück des Geschädigten ist festzuhalten, dass die verwendeten sog. Wurfsteine als verlorener Aufwand im öffentlichen Gewässer versetzt wurden!
Es handelt sich also nicht, wie in der Bescheidbegründung angeführt, zweifelsfrei um eine Maßnahme zur Abwehr künftiger Erdrutschschäden, sondern um Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen zur Wiederherst. des ehem. Zustandes! = verlorener Aufwand, keine Vermögensumschichtung"
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Das Wort „Beseitigung“ betrifft nicht nur die Kosten für die unmittelbaren Aufräumungs- und Instandhaltungsarbeiten nach einer Katastrophe, sondern auch die Wiederbeschaffungskosten zerstörter oder verlorener Wirtschaftsgüter (Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar, zu § 34 Abs 6 bis 9 EStG, Tz 8). Vorsorgekosten, somit Aufwendungen, um in Zukunft besorgte Katastrophenschäden möglichst gering zu halten oder gänzlich zu vermeiden, fallen nicht unter § 34 Abs 6 (vgl ; ; ). Bloße Präventivmaßnahmen (wie zB Versicherungsprämien oder die Errichtung einer Stützmauer, ) sind nicht abzugsfähig.
Als Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden sind die Kosten der Aufräumungsarbeiten, die Kosten von Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen und die Wiederbeschaffungskosten der zerstörten Sachen absetzbar. Nicht der Schaden als solcher führt zu einer außergewöhnlichen Belastung, sondern erst die Kosten seiner Beseitigung (Wiesner-Grabner-Wanke, EStG, § 34 Anm. 43).
Vorsorgekosten führen grundsätzlich auch nach den allgemeinen Regeln des § 34 zu keiner Steuerermäßigung, weil sie in der Regel nur zu einer Vermögensumschichtung führen (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III C, § 34 Abs. 6 bis 8 EStG 1988, Tz 2).
Der Nachweis, der für die erfolgreiche Geltendmachung eines eingetretenen Katastrophenschadens zu erbringen ist, muss zunächst in der Weise geführt werden, dass das schädigende Ereignis tatsächlich eingetreten und der Schaden entstanden ist. Hiefür kommt alles in Betracht, was Beweiswert besitzt. In weiterer Folge ist der Nachweis über die getätigten Aufwendungen für die Beseitigung des Katastrophenschadens zu erbringen, der idR in der Vorlage entsprechender Zahlungsbestätigungen besteht (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 34 Tz 25).
Der Gesetzesbegriff Katastrophenschaden umfasst dem Grunde nach außergewöhnliche Schadensereignisse, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen.
Ausgaben für Ersatzbeschaffungen, die in ursächlichem Zusammenhang mit außergewöhnlichen Vermögenseinbußen stehen, können als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden. Voraussetzung ist, dass sowohl die Vermögenseinbuße selbst als auch die Ausgaben für die Ersatzbeschaffung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Zu beachten ist, dass - so wie bei allen außergewöhnlichen Belastungen - steuerfreie Versicherungs- und andere Ersatzleistungen von dritter Seite die Aufwendungen kürzen (SWK 1987, A I 201).
Es werden nicht alle tatsächlich erwachsenen Wiederbeschaffungskosten anerkannt, sondern nur die Kosten der Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen sowie Sanierungskosten bzw. Ersatzbeschaffung zerstörter Sachen.
Derartige Kosten sind dann abzugsfähig, wenn diese Sachen für die "übliche Lebensführung" benötigt werden. (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 46 d und 46e). Nicht absetzbar sind somit Kosten für die Ersatzbeschaffung von Gütern, die für die übliche Lebensführung nicht notwendig sind bzw. einem gehobenen Bedarf dienen (insbesondere "Luxusgüter").
Derartige Aufwendungen können somit nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn dem Abgabepflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung der zerstörten Wirtschaftsgüter oder deren Sanierung nicht zuzumuten ist. Sanierungs- bzw. Wiederherstellungskosten, die den in- oder ausländischen Hauptwohnsitz (Mittelpunkt der Lebensinteressen, Familienwohnsitz) betreffen, können dementsprechend grundsätzlich eine außergewöhnliche Belastung darstellen.
Eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung kommt nur dann in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen. Es können daher nur solche Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen.
Allgemein gesehen dienen der Beseitigung von Katastrophenschäden folgende (Arten von) Kosten:
Kosten für die Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen (zB Beseitigung von Wasser- und Schlammresten, Beseitigung von Sperrmüll sowie unbrauchbar gewordener Gegenstände, Raumtrocknung sowie Mauerentfeuchtung, Anschaffung (Anmietung) von Trocknungs- und Reinigungsgeräten).
Kosten für die Reparatur und Sanierung durch die Katastrophe beschädigter, aber weiter nutzbarer Vermögensgegenstände (zB bei weiter nutzbaren Wohnhäusern bzw. Wohnungen der Ersatz des Fußbodens, die Erneuerung des Verputzes, das Ausmalen von Räumen, die Sanierung der Kanalisation bzw. Senkgruben, die Reparatur bzw. Wiederherstellung von Zäunen und sonstigen Grundstücksumfriedungen, die Sanierung von Gehsteigen und Hofpflasterungen, weiters die Reparatur beschädigter PKW).
Kosten für Ersatzbeschaffungen durch die Katastrophe zerstörter Vermögensgegenstände (zB der erforderliche Neubau des gesamten Wohngebäudes oder von Gebäudeteilen, die Neuanschaffung von Einrichtungsgegenständen, die Neuanschaffung eines PKW, die Neuanschaffung von Kleidung, Geschirr). Von diesen Kosten können unter Berücksichtigung des Elements der Zwangsläufigkeit steuerlich abgesetzt werden:
Von den mit der Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen im Zusammenhang stehenden Kosten sämtliche Kosten und diese in vollem Umfang.
Die Kosten für die Reparatur und Sanierung weiter nutzbarer Vermögensgegenstände allerdings nur in dem Umfang, in dem diese Gegenstände für die übliche Lebensführung benötigt werden. Nicht abgesetzt werden können also Kosten für die Reparatur und Sanierung von Gegenständen, die nicht mehr der üblichen Lebensführung zugerechnet werden können.
Die Kosten für die Ersatzbeschaffung von Gegenständen, allerdings nur in dem Umfang, in dem Gegenstände für die übliche Lebensführung benötigt werden. Nicht absetzbar sind somit die Kosten für die Ersatzbeschaffung von Gütern, die für die übliche Lebensführung nicht notwendig sind bzw. einem gehobenen Bedarf dienen. Werden Gegenstände ersatzbeschafft, die üblicherweise zur Lebensführung benötigt werden, gehen aber die Ersatzbeschaffungskosten über einen durchschnittlichen Standard hinaus, sind diese Kosten nur im Ausmaß des üblichen Standards absetzbar. (Vgl. ÖStZ 2002, S 868 ff, sowie SWK 2002, T 151).
Potentiell abzugsfähig sind somit nur die unmittelbaren Aufwendungen zur Beseitigung der Katastrophenschäden.
Nach herrschender Meinung bezieht sich § 34 Abs. 6 EStG nicht auf vorbeugende Maßnahmen, um Katastrophenschäden zu vermeiden.
Absetzbar sind nur Kosten der Beseitigung eines eingetretenen Katastrophenschadens. Aufwendungen zwecks Abwehr künftiger Katastrophen (wie zB die Errichtung einer Stützmauer, ; UFS (Wien), Senat 7, , RV/0167-W/05; einer Rückstauklappe, FLD Stmk, , B-V1-8/96) sind nicht absetzbar (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 34 Anm. 47).
Auch Doralt (EStG, § 34 Tz 78 unter "Katastrophenschäden") weist darauf hin, dass Präventivmaßnahmen vom Gesetzeswortlaut nicht erfasst sind.
Wie sich schon aus dem Wortlaut "Beseitigung" ergibt, sind Aufwendungen zwecks Abwehr künftiger Schäden nicht absetzbar (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 34 Tz 21). Auch der Verwaltungsgerichtshof verwehrt die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung bei den Errichtungskosten einer Stützmauer. Dies einerseits, weil Vorsorgehandlungen nicht der Beseitigung von Naturkatastrophen dienen und sie andererseits als Form der Vermögensumschichtung angesehen werden, die keine Belastung des Steuerpflichtigen nach sich zieht ().
Unter Aufwendungen im Sinne des § 34 EStG 1988 sind nur vermögensmindernde Ausgaben zu verstehen, also solche, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind. D.h. nur "verlorener Aufwand" ist berücksichtigungsfähig; soweit Aufwendungen ein Gegenwert gegenübersteht, sind sie keine "Belastung".
Das Bundesfinanzgericht verweist auf die Ausführungen des Finanzamts in der Berufungsvorentscheidung und die dort zitierten UFS-Entscheidungen sowie auf die folgenden Ausführungen des Finanzamts im Vorlagebericht:
" Zum erstmals im Vorlageantrag vom Bw. vorgebrachten Argument „Entgegen der Annahme, es handle sich bei der gegenständlichen Schadensbeseitigung um einen Steinwurf auf dem Grundstück des Geschädigten ist festzuhalten, dass die verwendeten sog. Wurfsteine als verlorener Aufwand im öffentlichen Gewässer versetzt wurden!" nimmt das Finanzamt wie folgt Stellung:
Wenn die 2 Jahre nach dem Starkregenereignis getroffenen Maßnahmen (nach Ansicht des Finanzamtes handelt es sich - unter Hinweis auf die Stellungnahme der Wildbach- und Lawinenverbauung - um Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Schäden für die Liegenschaften des Bw. bzw. der Unterlieger) das öffentliche Gewässer betroffen haben, kann nicht von einer Beseitigung von Katastrophenschäden des Bw. ausgegangen werden.
Eine außergewöhnliche Belastung wegen der Beseitigung von Katastrophenschäden kann
nämlich grundsätzlich nur jene Person geltend machen, die im Zeitpunkt des Schadensfalles Eigentümer des untergegangenen oder beschädigten Wirtschaftsgutes war. Bei Gebäuden (Grundstücken) ist grundsätzlich vom grundbücherlichen Eigentum im Zeitpunkt des Schadensfalles auszugehen."
Diesen Ausführungen schließt sich das Bundesfinanzgericht an. Zusätzlich wird die Berufungsentscheidungen des RV/0767-G/10, vom , RV/0465-W/12 sowie auf die BFG-Erkenntnisse vom , RV/2100944/2011 und vom , RV/2100795/2013 verwiesen.
Die vom Bf. vorgelegte Rechnung betrifft ausschließlich Aufwendungen für ein Bauprojekt zur "Baustelle Hangrutschung - Sicherung", somit handelt es sich um Vorsorgemaßnahmen.
Ein Abzug der dafür aufgewendeten Kosten als außergewöhnliche Belastung zur Beseitigung von Katastrophenschäden kommt daher nicht in Betracht.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage ist durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinlänglich geklärt und folgt das Bundesfinanzgericht dieser Judikaturlinie.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101955.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at