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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.01.2017, RV/2100639/2014

Verlängerte Verjährungsfrist für nicht erklärte ausländische Kapital- und Mieteinkünfte (hier: Schweiz)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Rein & Schreck Steuerberatung GmbH, Grazerstraße 13, 8230 Hartberg, über die Beschwerden vom sowie vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom bzw. betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2007 zu Recht erkannt: 

1. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 wird - im Umfang der Beschwerdevorentscheidung - teilweise Folge gegeben.

Die Einkommensteuer 2003 wird mit € 1.687,42 festgesetzt (Berechnung siehe BVE vom ).

2. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob für die von der Abgabenbehörde mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommenen Abgabenfestsetzungen die verlängerte Verjährungsfrist von 10 Jahren anwendbar ist oder nicht.

Die Bf. (geb. 1937) bezog in den Streitjahren in Österreich nichtselbständige Einkünfte von der Pensionsversicherungsanstalt iHv. rund € 8.100,-- bis 8.500,--.

Mit Eingabe vom erstattete die Beschwerdeführerin (Bf.) durch ihren steuerlichen Vertreter eine Selbstanzeige mit folgendem – auszugsweise wörtlich wieder gegebenen – Wortlaut:

Darlegung der Verfehlung:
[Die Bf.] hat Sparbücher und Wertpapierbesitz in der Schweiz. Die aus dieser Veranlagung stammenden Zinserträge wurden in Österreich nicht der Versteuerung unterzogen.
Die
Einkünfte einer in der Schweiz vermieteten Wohnung wurden in der Schweiz erklärt, hätten jedoch in Österreich ebenfalls unter Progressionsvorbehalt angesetzt werden müssen. Dies hätte zu einer höheren Besteuerung der in Österreich bezogenen Pension geführt. (…)

Herkunft der Kapitalien:
Herr G, der Stiefvater unserer Mandantin, verstarb am und vererbte sein gesamtes Vermögen, das neben Geld aus einem Doppelbauernhaus mit Landwirtschaft in der Schweiz bestand, an [die Bf.] und an seinen Stiefsohn HG.
Das Doppelbauernhaus wurde geteilt. Die Ländereien des Bauernhofes wurden nach und nach abverkauft.
In dem [der Bf.] zugeteilten Bauernhaus befinden sich zwei
Wohnungen. Eine Wohnung wird von [der Bf.] privat verwendet und eine Wohnung wurde vermietet.

Die nun in der Beilage ausgewiesenen Kapitalien von 2002 iHv. € 279.770,93 bis von € 185.485,79 stammen einerseits aus der Erbschaft nach G und aus dem Abverkauf der Liegenschaften der Bauernwirtschaft.

Verkürzter Betrag:
Schweizer
Einkünfte – Progressionsvorbehalt in Österreich
Die Mieterträge aus der Vermietung der
Wohnung wurden jährlich in der Schweiz versteuert. Diese hätten allerdings in Österreich unter Progressionsvorbehalt angesetzt werden müssen.(…)

Zinserträge:
Die Zinserträge für die Jahre 2002 bis 2012 liegen noch nicht vor. Es wurden allerdings bei der Raiffeisenbank Waldkirchen… die Zinserträge angefordert.

(…) [Die Bf.] führte in den Jahren 2002 bis 2012 keine österreichische Einkommensteuer ab, weil sie davon ausging, dass sie durch die Abgabe von Steuererklärungen in der Schweiz und durch die Entrichtung der Schweizer Quellensteuer auf die Zinserträge sämtlichen steuerlichen Pflichten nachgekommen sei; erst auf Grund der öffentlichen Diskussion über die Nachversteuerung von österreichischem Vermögen in der Schweiz (Steuerabkommen mit der Schweiz) kontaktierte sie einen österreichischen Steuerberater. (…)

Mit einer weiteren Eingabe vom überreichte die Bf. der Abgabenbehörde einige Unterlagen. Aus den „Beilagen“ 1 bis 3 seien – so die Bf. – die verschiedenen, in der Schweiz erzielten Zinserträge (Festgeld/ Konten, Forderungswertpapiere, Genossenschaftsanteile) ersichtlich. Diese seien dem besonderen Steuersatz nach § 37 Abs. 8 EStG zu unterwerfen. Die Beilage 4 beinhalte die Mieterträge aus der Vermietung der Wohnung in der Schweiz. Die jährlichen Mieteinnahmen hätten CHF 9.000,-- betragen. Die bezüglichen Einkünfte würden in Österreich dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Beilage 5 beinhalte die – anrechenbaren sowie nicht anrechenbaren – Quellensteuern aus den Zins- und Genossenschaftseinkünften. Die Bf. sei davon ausgegangen, sämtlichen steuerlichen Pflichten nachgekommen zu sein, da sie in den Streitjahren jeweils in der Schweiz eine Abgabenerklärung abgegeben und die schweizerische Quellensteuer auf die Zinserträge entrichtet habe. Mangels Vorsatzes habe sie eine fahrlässige Abgabenhinterziehung begangen, die Verjährung betrage daher (nur) fünf Jahre, weshalb die „Verfehlungen vor 2008verjährt“ seien.

In den nunmehr ebenfalls vorgelegten Einkommensteuererklärungen gab die Bf. für die Streitjahre folgende Einkünfte bzw. anzurechnenden ausländischen Quellensteuern an (jeweils in €):


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2003
2004
2005
2006
2007
Ausländische Kapitalerträge, Kz 754
5.153,63
3.144,58
3.144,58
2.280,61
2.401,26
Darauf entfallende Quellensteuer, Kz 757
1,18
1,17
1,16
1,16
1,10
Steuerbefreite Aus-landseinkünfte, Kz 440
5.916,38
5.829,77
5.812,83
5.721,91
5.478,78

Daraufhin richtete das Finanzamt an die Bf. ein Ergänzungsersuchen (vom ) mit – auszugsweise – folgendem Wortlaut: „ Der österreichischen Finanzverwaltung wurden durch ihre schweizerische Zahlstelle gemäß Art. 9 des Steuerabkommens der Republik Österreich und der Schweiz Informationen über die von Ihnen bei dieser Zahlstelle unterhaltenen Konten oder Depots samt jährlichen Kontenständen übermittelt. Eine Ihrer Zahlstelle erteilte Ermächtigung zur freiwilligen Meldung stellt gem. Art. 10 des gegenständlichen Abkommens eine Selbstanzeige dar, … (…)
Fragen und benötigte Unterlagen:
Geben Sie bitte die Höhe der von Ihnen in den Jahren 2003 – 2012 erzielten
Einkünfte, die auf Schweizerischen Konten oder Depots verbucht wurden, an (…)
Belegen Sie die Richtigkeit Ihrer Angaben durch Vorlage geeigneter Unterlagen…
(…)

Mit Antwort vom übermittelte die Bf. dem Finanzamt ihre Depotauszüge für die Jahre 2008 bis 2012. Die veranlagten Gelder würden aus dem Verkauf von „ererbten Grundstücken“ stammen. Die Zeiträume vor 2008 seien mangels vorsätzlicher Handlungsweise verjährt.

Auf Grund der dem Finanzamt durch schweizerische Kontrollmitteilungen zur Verfügung stehenden Informationen standen der Bf. in den Jahren 2002 bis 2012 Kapitalien (Kapitalstände bei der Raiffeisenbank W) im Wert zwischen € 95.000,-- und € 419.000,-- zur Verfügung. Der Kapitalstand erhöhte sich zwischen und um rund € 140.000,-- (von € 279.771,-- auf € 419.651,--).

In der Folge erließ das Finanzamt am (zunächst) den Einkommensteuerbescheid für 2003. In diesem wurde zum einen der „ungeklärte Vermögenszuwachs auf dem Schweizer Konto“ iHv. € 140.000,-- im Schätzungswege als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst. Zum anderen wurden die Mieteinkünfte progressionserhöhend berücksichtigt und die Kapitaleinkünfte (Zinsen) der besonderen Besteuerung gemäß § 37 Abs. 8 EStG unterzogen. Die ausländische Kapitalertragsteuer wurde – soweit möglich – angerechnet. In der Begründung führt das Finanzamt aus: „Die der schweizerischen Zahlstelle von Ihnen erteilte Ermächtigung zur freiwilligen Meldung Ihrer Konten und Depots stellt (…) eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG dar. Dadurch ist der Tatbestand der Abgabenhinterziehung in objektiver Hinsicht nachgewiesen. In subjektiver Hinsicht ist auf Grund der Tatsache, dass die Einnahmen aus Kapitalvermögen bisher nicht erklärt wurden und deren Höhe Ihnen aber bekannt war, davon auszugehen, dass Sie eine Verkürzung an Einkommensteuer ernstlich für möglich und billigend in Kauf genommen haben. Damit ist vorsätzliches Handeln gegeben und der Tatbestand der Abgabenhinterziehung erfüllt. Da es sich im gegenständlichen Fall daher um hinterzogene Abgaben handelt, beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO zehn Jahre…

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom brachte die Bf. vor, der Vermögenszuwachs stamme aus einer Liegenschaftsveräußerung im Jahr 1997, „deren Zahlungen teilweise noch 2003 geflossen“ seien. Zur Frage, ob eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vorliege, wird Folgendes ausgeführt: Die Bf. habe ihre ausländischen Einkünfte in der Schweiz erklärt und die Schweizer Quellensteuer auf die Zinserträge entrichtet. Sie hätte binnen drei Jahren einen Antrag auf Refundierung der Schweizer Quellensteuer stellen können und dabei einen Betrag von € 1.802,59 refundiert bekommen. Da die Versteuerung in Österreich gemäß § 37 Abs. 8 EStG eine Steuer von € 1.287,23 ergebe, sei ersichtlich, dass die Bf. durch das Unterlassen des Antrages einen Vermögensnachteil iHv. ca. € 516,-- erlitten habe. Die steuerliche Auswirkung lediglich des Progressionsvorbehaltes belaufe sich auf € 923,--. Durch die Versteuerung ihrer Mieteinkünfte in der Schweiz sei die Bf. davon ausgegangen, alle steuerlichen Obliegenheiten erfüllt zu haben. Das Bestehen eines Progressionsvorbehaltes in Österreich sei ihr vom Schweizer Steuerberater nicht mitgeteilt worden. Sie selbst habe einen solchen nicht für möglich gehalten, was ihr als im Steuerrecht nicht versierter Pensionistin nicht vorwerfbar sei. Durch die Abgabe von Steuererklärungen in der Schweiz, die durch einen Schweizer Steuerberater erstellt wurden, sei die Bf. ihrer Meinung nach allen steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen. Sie habe nie beabsichtigt, in Österreich Steuern zu hinterziehen bzw. dies auch nicht ernstlich für möglich gehalten. Ein Vorsatz iSd. § 8 Abs. 1 FinStrG könne daher nicht angenommen werden.

Am ergingen die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007, in denen die Schweizer Mieteinkünfte progressionserhöhend angesetzt und die ausländischen Kapitalerträge der Steuer nach § 37 Abs. 8 EStG unterworfen wurden (unter Berücksichtigung der anrechenbaren Quellensteuer). Die Begründung der Bescheide entspricht jener des Einkommensteuerbescheides 2003.

Dagegen brachte die Bf. mit Eingabe vom Beschwerde ein. Die Ausführungen, aus welchen Gründen eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung nicht vorliege, sind im Wesentlichen ident mit jenen, welche die Bf. schon in ihrer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 erstattet hat. Dadurch, dass sie in der Schweiz keine Refundierung der (35%-igen) Quellensteuer beantragt habe und dieser Rückforderungsanspruch inzwischen verjährt sei, habe die Bf. sogar einen Vermögensnachteil erlitten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 gerichteten Beschwerde insoweit statt, als die (geschätzten) gewerblichen Einkünfte iHv. € 140.000,-- außer Ansatz gelassen wurden. Zur Frage der Anwendbarkeit der verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben verwies die Abgabenbehörde auf die Begründung im Erstbescheid. Die fehlende Refundierungsmöglichkeit der Schweizer Steuer ändere nichts an der Verkürzung der österreichischen Einkommensteuer. Da der Bf. der Bezug der Kapital- und Mieteinkünfte in der Schweiz bewusst gewesen sei und sich der Vorsatz nur auf dieses Wissen, und nicht auf die konkrete steuerliche Auswirkung hinsichtlich der Höhe des Abgabenanspruches beziehe, sei von vorsätzlichem Handeln auszugehen. Die Festsetzung sei daher innerhalb der verlängerten Verjährungsfrist erfolgt und die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen. In der Folge ergingen am – mit derselben Begründung – auch hinsichtlich der Einkommensteuer 2004 bis 2007 (abweisende) Beschwerdevorentscheidungen.

In den (inhaltlich identen) Vorlageanträgen vom 5. bzw. wiederholt die Bf. im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Sie sei damals nicht von einem österreichischen Steuerberater vertreten gewesen, weshalb auch der in der Beschwerdevorentscheidung enthaltene Hinweis ins Leere gehe, es wäre Sache ihres inländischen Beraters gewesen, sie über den Progressionsvorbehalt aufzuklären.

Im Vorlagebericht an das BFG führt das Finanzamt hinsichtlich der subjektiven Tatseite der unterstellten Abgabenhinterziehung aus, das Vermögen der Bf. stamme aus einer Erbschaft aus dem Jahre 1980. Daraus würden seit damals in der Schweiz Mieterlöse sowie Zinserträge erwirtschaftet. Die Bf. sei in der Schweiz von einem Steuerberater vertreten gewesen, weshalb es unglaubwürdig erscheine, dass sie seit dem Erbanfall mit diesem niemals über die steuerliche Behandlung ihrer Einkünfte in Österreich gersprochen haben will, zumal ja ihr Wohnsitz immer in Österreich gewesen sei. Es sei ihr bewusst gewesen, dass sie ihre Einkünfte im Inland nicht offengelegt habe. Sie habe es daher für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass durch ihr Verhalten Steuern hinterzogen worden sind.

In Erwiderung auf den Vorlagebericht der Abgabenbehörde erstattete die Bf. eine ergänzende Stellungnahme vom , in welcher – auszugsweise wörtlich – vorgebracht wird wie folgt: „(…) Weiters ist (…) keinesfalls davon auszugehen, dass unserer Mandantin bewusst war, dass sie Einkünfte in Österreich nicht offengelegt hat. Vielmehr war sie mit gutem Grund der Meinung, dass ihre österreichische Pension ohnehin durch Lohnsteuerabzug (im konkreten Fall fiel auf Grund der Höhe der Pension keine Lohnsteuer an), die Zinsen in der Schweiz durch den Abzug der 35%-igen Kapitalertragsteuer und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Schweiz durch Abgabe einer Steuererklärung in der Schweiz ordnungsgemäß versteuert waren. Für eine mit dem zwischenstaatlichen Steuerrecht nicht vertraute Person ist eine solche Annahme zweifellos denkmöglich und den Lebensumständen entsprechend. (…) Der Hinweis auf die Beratung durch den Schweizer Steuerberater hinsichtlich Steuerpflicht in Österreich geht im übrigen völlig ins Leere, da lt. Angabe unserer Mandantin ihr Schweizer Steuerberater die Einkommensteuererklärung für die Eidgenössische Steuerverwaltung hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Schweiz erstellte und keinerlei Beratung über eine Steuerpflicht in Österreich jemals erfolgt ist. Es sei daher dahingestellt, ob ein Schweizer Steuerberater überhaupt verpflichtet ist, über eine etwaige Steuerpflicht zu beraten. Daraus jedoch eine Unglaubwürdigkeit, wie in der Stellungnahme angeführt, abzuleiten, wird ausdrücklich zurückgewiesen. (…)“.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Außer Streit steht, dass die Bf. in den beschwerdegegenständlichen Jahren in der Schweiz einerseits diverse Kapitalerträge sowie andererseits Mieteinkünfte (aus der Vermietung einer Wohnung) bezogen, diese aber in Österreich steuerlich nicht erklärt hat. Mit den angefochtenen Bescheiden hat das Finanzamt die ausländischen Einkünfte erstmals der inländischen Besteuerung unterzogen: Die Schweizer Zinserträge wurden der besonderen Besteuerung des § 37 Abs. 8 EStG unterworfen, die Mieteinkünfte neben ihren nichtselbständigen Einkünften progressionserhöhend berücksichtigt.

Dagegen wendet sich nun die Bf. mit der Begründung, es sei hinsichtlich der Jahre 2003 bis 2007 bereits Verjährung eingetreten. Die verlängerte Verjährungsfrist (von 10 Jahren) sei in ihrem Fall nicht anwendbar, da ihr eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung nicht vorgeworfen werden könne.

Nach § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben hingegen 10 Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO).

Die verlängerte Verjährungsfrist von 10 Jahren gilt unabhängig davon, ob eine Bestrafung zulässig ist oder - wie im Beschwerdefall aufgrund einer Selbstanzeige - nicht (vgl. ).

Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO). Die strittigen Abgabenansprüche betreffend die zu veranlagende Einkommensteuer 2003 bis 2007 sind gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorzunehmen war, entstanden.

Die verlängerte Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben des Veranlagungszeitraumes 2003 endet mit Ablauf des Kalenderjahres 2013, die des Veranlagungszeitraumes 2004 mit Ablauf des Kalenderjahres 2014, die des Veranlagungszeitraumes 2005 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015, die des Veranlagungszeitraumes 2006 mit Ablauf des Kalenderjahres 2016 und die des Veranlagungszeitraumes 2007 mit Ablauf 2017.

Im Falle des Vorliegens von hinterzogenen Abgaben ist die Erlassung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide entsprechend den dargestellten gesetzlichen Bestimmungen – von der Bf. unbestritten - innerhalb der Verjährungsfristen erfolgt: Der Einkommensteuerbescheid 2003 wurde im Dezember 2013 erlassen, die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007 ergingen jeweils im Februar 2014.

Damit ist entscheidungswesentlich, ob eine Abgabenverkürzung stattgefunden hat. Wenn - wie im gegenständlichen Fall - eine das Vorliegen der Abgabenhinterziehung aussprechende Entscheidung der Strafbehörde nicht vorliegt, hat die Abgabenbehörde bzw. das überprüfende BFG festzustellen, ob Abgaben nach § 33 FinStrG hinterzogen wurden (vgl. ).

Im Beschwerdefall ist die objektive Tatseite des § 33 Abs. 1 FinStrG unstrittig erfüllt: Die Bf. hat unter Verletzung der ihr nach § 119 BAO obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch das Nichterklären der Schweizer Kapital- sowie Mieteinkünfte im Inland eine Verkürzung von Abgaben bewirkt. Strittig ist die Erfüllung der subjektiven Tatseite, das Vorliegen einer vorsätzlichen Handlung.

Vorsätzliches Handels beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (zB ; sowie ). Dabei genügt es von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; oder ). Die Abgabenbehörde muss dabei den Bestand der Tatsache nicht "im naturwissenschaftlichen-mathematisch exakten Sinn" nachweisen, wenn eine Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet bzw. in Frage stellt (vgl. ).

„Bedingter Vorsatz“ (dolus eventualis), der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, dh. als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist bzw. dessen Eintritt in Kauf nimmt ( und 0136, oder , mwN).

Die Bf. wendet im Wesentlichen ein, sie habe ihre Mieteinkünfte in der Schweiz erklärt und für ihre Zinserträge Schweizer Quellensteuer entrichtet. Daher habe sie angenommen, alle ihre steuerlichen Obliegenheiten erfüllt zu haben. Über das Bestehen eines Progressionsvorbehaltes in Österreich sei sie von ihrem Schweizer Steuerberater nicht informiert worden; sie selbst habe einen solchen als steuerlich nicht versierte Pensionistin nicht für möglich gehalten. Zum damaligen Zeitpunkt sei sie auch nicht durch einen österreichischen Steuerberater vertreten gewesen. Durch die Unterlassung der Rückforderung der Schweizer Quellensteuer habe sie zudem einen erheblichen Vermögensnachteil erlitten.

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen:

Dass die Bf. als „im Steuerrecht nicht versierte Pensionistin“ gutgläubig der Auffassung gewesen wäre, ihre Schweizer Einkünfte seien in Österreich nicht zu versteuern und müssten nicht erklärt werden, ist realitätsfremd. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass Einkünfte jeder Art zu erklären bzw. versteuern sind. Von diesem Kenntnisstand kann auch bei einer Pensionistin ausgegangen werden. Spätestens seit der öffentlichen Diskussion um die „Steuer-CD“ in Deutschland im Jänner 2006 (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Steuersünder-CD) ist der Umstand, dass Erträge ausländischer Veranlagungen auch im Inland zu versteuern sind, in das allgemeine Bewusstsein gerückt.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass derjenige, der über ein größeres Vermögen verfügt, von der potenziellen Steuerpflicht anfallender Erträge weiß. Die Bf. erbte bereits im Jahr 1980 (!) – gemeinsam mit dem Stiefsohn des Verstorbenen - von ihrem Stiefvater neben Geld ein Doppelbauernhaus mit Landwirtschaft in der Schweiz. Die Ländereien wurden nach und nach abverkauft, das Gebäude wurde geteilt. Im der Bf. zugeteilten Bauernhaus befinden sich zwei Wohnungen. Eine Wohnung verwendet die Bf. privat, die andere wird vermietet (s. Selbstanzeige vom ). Für das Geld wählte die Bf. in der Schweiz verschiedene Veranlagungsformen (Festgeld, Forderungswertpapiere, Genossenschaftsanteile). Sie hat ihr Geld also nicht bloß auf einem Sparbuch liegen gelassen, sondern ihr Vermögen gezielt auf verschiedene Anlageformen verteilt. Laut Schweizer Kontrollmitteilung wiesen die Wertanlagen der Bf. bei ihrer Schweizer Bank in den Streitjahren folgende – beträchtliche - Kapitalstände auf (in €):


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2003
2004
2005
2006
2007
279.771,--
419.651,--
271.402,--
212.548,--
164.991,--

Die Bf. war daher im Umgang mit Geld- und Vermögens- bzw. verschiedenen Anlagemöglichkeiten sehr wohl vertraut. Bereits im Rahmen der Abwicklung der Erbschaft im Jahr 1980 musste sie mit einem berufsmäßigen Parteienvertreter zu tun gehabt haben. Dabei werden zwangsläufig auch steuerliche Fragen (Erbschaftssteuer, Einkommensteuer des Verstorbenen) angesprochen. Im Hinblick auf die Größenordnung der Erbschaft (das Schweizer Vermögen wirft immerhin jährlich Erträge ab, welche in den angefochtenen Jahren der Höhe nach in etwa ihrer inländischen Pension entsprechen) erscheint es unglaubhaft und auch nicht im Einklang mit der Lebenserfahrung, dass die Bf. seit dem Erbanfall nicht mit jemandem – zB dem zweiten Erben oder einem steuerlichen Vertreter – über die aus dem geerbten Vermögen erwirtschafteten Einkünfte gesprochen bzw. einschlägige Erkundigungen eingeholt haben will. Gerade im Zuge der Veranlagung des Vermögens, das neben Geld auch aus einer größeren Liegenschaft bestand, stellen sich (auch) steuerliche Fragen.

Soweit die Bf. daher vorbringt, ihr sei die Steuerbarkeit und damit die Hinterziehung nicht bewusst gewesen, ist zu entgegnen, dass diese Angaben realitätsfremd sind. Da die Bf. in der Lage war, sich um die Veranlagung ihres Vermögens zu kümmern bzw. sich diesbezüglich entsprechend beraten zu lassen, musste sie auch in der Lage gewesen sein, sich über die Versteuerung zu informieren. Bereits das Unterlassung einer ihr nach ihren persönlichen Verhältnissen zumutbaren Erkundigung über die Versteuerung stellt ein Verschulden dar, das das Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums ausschließt (; 390/73).

Dass die Bf. ihren Behauptungen zufolge zum damaligen Zeitpunkt noch keinen österreichischen Steuerberater hatte, vermag daran nichts zu ändern. Es wäre ihr jederzeit frei gestanden, sich eines inländischen Beraters zu bedienen. Es ist aber auch anzunehmen, dass einem Schweizer Berater die steuerlichen Konsequenzen bei Vorliegen von Einkünften aus verschiedenen Staaten bekannt sind. Zumindest sollte es ihm auf Grund seiner Fachkenntnis möglich sein, sich entsprechend zu informieren. Das Vorbringen der Bf. ist als reine Schutzbehauptung zu werten, denn selbst bei fehlender Kenntnis der steuerlichen Folgen des Bezuges mehrerer Einkünfte aus verschiedenen Staaten, wäre es an der Bf. bzw. ihrer steuerlichen Vertretung gelegen, in Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht den Sachverhalt der (inländischen) Abgabenbehörde gegenüber zur Gänze mitzuteilen. Widrigenfalls trägt der Abgabepflichtige das Risiko eines Rechtsirrtums. Entschuldbar ist ein Irrtum, wenn der Pflichtige ohne jedes Verschulden, also auch ohne Verletzung einer Sorgfaltspflicht, in einer Handlungsweise weder ein Finanzvergehen noch ein darin liegendes Unrecht erkennen konnte (zB ). Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liegt aber bei der Bf. nicht vor, weil sie bei Anwendung der erforderlichen Sorgfaltspflicht entsprechende Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme ihrer ausländischen Kapital- und Mieteinkünfte in der inländischen Abgabenerklärung einholen hätte müssen.

In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des , sowie die Entscheidung des , zu verweisen, denen nahezu ident gelagerte Sachverhalte wie dem gegenständlichen Beschwerdefall zugrunde lagen.

Wenn in der Beschwerde schließlich vorgebracht wird, die Bf. habe einen Vermögensnachteil erlitten, da sie die Schweizer Quellensteuer nicht fristgerecht rückgefordert habe, so geht auch diese Argumentation ins Leere: Einen Vermögensnachteil hat die Bf. allenfalls bei isolierter Betrachtung nur der Kapitalerträge zu verzeichnen, da die Schweizer Quellensteuer einen höheren Satz aufweist als die österreichische. Bei Betrachtung aller Jahre (in denen eine Deklaration der ausländischen Einkünfte im Inland unterlassen wurde) hat die Bf. jedoch unter Berücksichtigung ihrer – neben den Kapitalerträgen bezogenen - Mieteinkünfte insgesamt jedenfalls einen finanziellen Vorteil (durch Steuerersparnis) erzielt. Durch die dargelegte Handlungsweise hat sie in Kauf genommen, dass auf Seiten der österreichischen Steuerverwaltung ein Steuerausfall eintritt, und damit eine die allgemeine (inländische) Verjährungsfrist verlängernde Abgabenhinterziehung zu verantworten. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob ihr in der Schweiz tatsächlich ein Rückforderungsanspruch zugestanden wäre oder nicht.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist daher davon auszugehen, dass die Bf. hinsichtlich der (jahrelangen!) wahrheitswidrigen Nichtangabe ihrer ausländischen Einkünfte, die zum Einen aus (verschiedensten) Kapitalerträgen, sowie zum Anderen aus Mieterträgen bestanden, mindestens mit Eventualvorsatz gehandelt hat. Die Würdigung aller Sachverhaltselemente führt zu dem Schluss, dass die Bf. eine Steuerverkürzung zumindest billigend in Kauf genommen hat. Allein dadurch, dass die oa. Schweizer Erträge – mutmaßlich seit den 80-er-Jahren – im Inland gar nicht deklariert wurden, ist bereits ein bedingter Vorsatz anzunehmen (vgl. nochmals zB , mwN).

Das Finanzamt konnte daher im Ergebnis zu Recht vom Vorliegen hinterzogener Abgaben iSd. § 207 Abs. 2 BAO ausgehen, weshalb die Erlassung der strittigen Bescheide jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt ist.

Die Beschwerden waren daher diesbezüglich abzuweisen.

Zur Revision:

Da sich das BFG bei der vorliegenden Entscheidung auf die zitierte Rechtsprechung stützen konnte, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

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