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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2017, RV/7100885/2016

Arbeitskräftegestellung durch Ordensgemeinschaft

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2017/13/0007. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7100885/2016-RS1
Der Tatbestand der Arbeitskräftegestellung [§ 99 Abs 1 Z 5 EStG] ist bezogen auf das Vertragsverhältnis zwischen der Bf und der Gestellerin aufgrund der klaren Vereinbarung (entgeltliche Gestellung einer Ordenskraft, die im Organismus der Bf unter ihrer Weisung 40 Wochenstunden arbeitet, Anspruch auf Urlaub, Zeitausgleich) jedenfalls erfüllt. Auf den Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen Gesteller und Arbeitskraft [angeblich unentgeltliche Arbeitsleistung im Rahmen der Ordenszugehörigkeit] kommt es dazu nicht an.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Donau Wirtschaftsp- u Steuerber GmbH, Lehargasse 1, 1060 Wien , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes FA vom , betreffend Haftung für Einkommensteuer nach § 100 Abs 2 EStG für die Zeiträume 2010-2013 sowie über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes FA vom , betreffend Haftung für Einkommensteuer nach § 100 Abs 2 EStG für die Zeiträume 2006-2009 zu Recht erkannt: 

I.1. Die angefochtenen Bescheide für die Zeiträume 2006 bis 2009 werden ersatzlos aufgehoben.

I.2. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen einer GPLA Prüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die Beschwerdeführerin (Bf.) eine Mitarbeiterin in der Verwaltung beschäftigte, welche im Rahmen eines Ordensgestellungsvertrages von der X-Orden mit Sitz in Deutschland überlassen worden war. Die Bf. legte der Kontrollmitteilung den Gestellungsvertrag vom bei, in dem eine Vergütung von € 2.350,60 monatlich vereinbart wurde. In einer Aufstellung zur Gestellungsleistung der Schwester A. B. sei zudem ersichtlich, dass diese im Zeitraum vom bis zum beschäftigt gewesen sei und es zu regelmäßigen Erhöhungen (1-4 % jährlich) der Vergütung gekommen sei. Die Überweisung des Gestellungsgeldes erfolgte nachweislich (Kontoauszüge vorgelegt) nicht an Frau B. selbst, sondern direkt an die Gemeinschaft der Missionsschwestern. Diese bestätigte mit Schreiben vom , dass Schwester A. B. ihrer Ordensgemeinschaft angehöre und für die Alterssicherung der Schwester eine Rückstellung von € 2.864,59 jährlich gebildet werde. Zudem führte die Vertreterin der Gemeinschaft aus, dass es sich bei der X-Orden um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handle, die von der gesetzlichen Rente befreit sei. Die Bf. legte zudem auch eine „Bestandsaufschlüsselung“ vom bei, in der mehrere beschäftigte Arbeitnehmer aufgelistet sind und ersichtlich ist, dass der Empfänger des Gestellungsgeldes die X-Orden war.

Mit Schreiben vom wurde die Bf. informiert, dass eine Nachschau gemäß § 144 BAO zur Feststellung der Einkommenssteuerpflicht im Zeitraum 01/2010 – 05/2014 veranlasst wurde. Diesbezüglich erging am ein Vorhalt an die Bf, in dem auf eine Einkommensteuerpflicht gemäß §§ 98 - 100 EStG für die überlassene Arbeitskraft hingewiesen und um Stellungnahme ersucht wurde.

Gemäß § 98 Abs 1 EStG unterliegen Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung der beschränkten Einkommensteuersteuerpflicht.

Gemäß § 99 Abs 1 Z 5 EStG wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug (Abzugssteuer) erhoben, u.a. bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften.

Gemäß § 100 Abs 1 EStG beträgt die Abzugssteuer 20 %, sofern die Abzugssteuer vom Leistungsempfänger getragen wird, unterliegt auch diese der der Abzugssteuer.

Gemäß § 100 Abs 2 EStG ist der Schuldner der Abzugssteuer der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs 1. Der Schuldner dieser Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99.

Konkret wurde die Bf aufgefordert nähere Informationen zu überlassenen Arbeitskräften im genannten Zeitraum zu erbringen. Zudem wurde nach dem Grund gefragt, wieso bisher keine Abzugssteuer abgeführt wurde, und um die Vorlage von Aufzeichnungen zum Entgelt für die Arbeitskräftegestellung für den Zeitraum 01/2010 – 05/2014 gebeten. Da der Vorhalt von der Bf unbeantwortet blieb, erfolgte am eine Verständigung über die bisherigen Feststellungen hinsichtlich des Nachschauauftrages. Das FA führte darin wiederholt aus, dass bei Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung ein Steuerabzug gemäß § 99 Abs 1 Z 5 EStG vorzunehmen sei. Auf Grund der nicht erfolgten Vorlage der im Vorhalt angeforderten Unterlagen wurde die Bemessungsgrundlage für die Abzugssteuern gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt. Hierfür wurden die Unterlagen, welche im Zuge der Kontrollermittlung an das FA übermittelt wurden, heranzogen. Bei Berücksichtigung einer Steuer in Höhe von 25% (§ 100 EStG) ergebe sich somit für den Zeitraum 01/2010 bis 05/2014 eine gesamte Steuerlast von € 43.677,12. Es wurde zudem nochmals der Vorhalt vom beigelegt und darauf aufmerksam gemacht, dass dieser bis zu beantworten sei, da ansonsten die Abzugssteuer in oben genannter Höhe vorgeschrieben werde.

Am ergingen an die Bf Haftungsbescheide für die Jahre 2010-2013. Darin wird ausgeführt, dass für die Vergütungen von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung ein Steuerabzug gemäß § 99 Abs 1 Z 5 EStG vorzunehmen sei. Es wird erneut auf die oben genannten Bestimmungen der §§ 98100 EStG hingewiesen, die eine beschränkte Einkommenssteuerpflicht begründen.

Auf Grund des zwischen der Bf und der Gemeinschaft der Missionsschwestern abgeschlossenen Ordensgestellungsvertrages ergebe sich daher für die genannten Zeiträume folgende Abzugssteuer:


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Zeitraum:
Jährliches Gestellungsentgelt:
Abzugssteuer (25%):
2010
€ 37.644,39
€ 9.411,10
2011
€ 38.556,00
€ 9.639,00
2012
€ 39.905,47
€ 9.976,37
2013
€ 41.102,63
€ 10.275,66
Summe
€ 157.208,49
€ 39.302,13

Die Bf sei zum Abzug verpflichtet und wurde deswegen gemäß § 99 Abs 1 EStG iVm § 202 BAO und § 224 BAO zur Haftung der Abzugssteuer herangezogen und zur Entrichtung der Beträge innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheids aufgefordert.

Daraufhin erhob die Bf mit Schriftsatz vom Beschwerde gegen die Haftungsbescheide sowie Antrag auf Aussetzung der Einhebung.

Begründend wurde ausgeführt, dass Ordensschwester A. B. für ihre Tätigkeit keinerlei Entgelt erhalte. Der Gemeinschaft der Missionsschwestern obliege die Vorsorge im Falle der Krankheit und des Alters. Somit sei Frau A. B. kein Dienstnehmer im Sinne des Einkommenssteuergesetzes und die Bestimmungen des § 99 Abs 1 Z 5 EStG seien nicht anwendbar. Am erging an die Bf. ein Ergänzungsersuchen. Darin forderte das FA die Bf. auf, die rechtlichen Grundlagen für ihr Vorbringen zu nennen und dessen tatsächliches Vorliegen nachzuweisen. Zudem wurde gefragt, aus welchem Grund die DBA Entlastungs-VO nicht angewendet wurde (§§ 2 – 4, § 5 Abs 1 Z 4, § 5 Abs 3). Falls auf ein DBA Bezug genommen werde, sei dessen Anwendbarkeit nachzuweisen (Art 4 und Art 7). Eine Aufteilung der Gestellungsvergütung sei nicht vorgesehen. Zu erläutern sei auch, weshalb keine Anwendbarkeit der §§ 8 Abs 1 iVm § 11 FinStrg hinsichtlich der Jahre 2006 – 2009 vorliege. Das FA verwies auf die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten und forderte einen Nachweis der Kündigung des Vertrages zur genannten Zeit. Das Ergänzungsersuchen wurde am nachweislich zugestellt, von der Bf aber nicht beantwortet. In der Beschwerdevorentscheidung vom erläuterte das FA, dass Schwester B. wenigstens in der Zeit ab dem unbefristet als Mitarbeiterin in der Verwaltung der Bf von der Gemeinschaft der Missionsschwestern zur Verfügung gestellt worden sei. Aus der von der Bf vorgelegten Aufstellung „Gestellungsleistung Sr. A. B.“ gehe zudem hervor, dass die Tätigkeit bereits mit begonnen habe. Das FA führte weiter aus, dass laut Rechtsprechung () bei der Überlassung von Arbeitskräften an Dritte derjenige als Arbeitgeber anzusehen sei, der die Arbeitnehmer dem Dritten überlassen hat und sie entlohnt (Überlasser) und nicht jener, der diese Arbeitskräfte in seinem Betrieb zur Arbeitsleistung einsetzt (Beschäftiger).

Mit Schriftsatz vom stellte die Bf den Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom an das BFG und führte aus, dass die Berechnungen in der Beschwerdevorentscheidung nicht den Tatsachen entsprechen. Der Vorwurf, dass der Ordensgestellungsvertrag zur Vermeidung von lohnabhängigen Abgaben geschlossen wurde, sei zu entkräften. Frau Schwester B. habe kein im Fremdvergleich annährend anzuerkennendes Entgelt erhalten. Die Vergütung in Form eines Schlafraumes und einer laufenden Verpflegung würde keinem fremden Dienstnehmer genügen. Zudem würde dies Frau B. auch ohne Erbringung einer Gegenleistung zur Verfügung stehen. Gemeinsam mit dem Vorlageantrag brachte die Bf. am Beschwerde gegen den Haftungsbescheid 2005, Beschwerde gegen die Haftungsbescheide für die Zeiträume 2006 – 2009, sowie einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung ein. Ausgeführt wurde wie in der Beschwerde vom , dass Frau B. die Dienstnehmereigenschaft fehle und daher die Bestimmungen des § 99 Abs 1 Z 5 EStG nicht anwendbar seien. Zudem stellte die Bf. den Antrag, die vorgeschriebene Einkommenssteuer in Höhe von insgesamt € 24.288,08 bis zur Erledigung der Beschwerde von der Erhebung auszusetzen. Am erging die Beschwerdevorentscheidung betreffend die am eingereichten Beschwerden gegen die Haftungsbescheide 2005 bzw. 2006 bis 2009. Der Beschwerde hinsichtlich des Haftungsbescheides 2005 wurde zur Gänze stattgegeben, weil die Errichtung der Bf GmbH erst mit Firmenbucheintrag vom erfolgte. Zuvor war Schwester B. offenbar direkt beim Verein N angestellt. Eine Vorschreibung der Quellensteuer komme im Veranlagungsjahr 2005 daher nicht in Betracht. Der Beschwerde gegen die Haftungsbescheide 2006 – 2009 habe nur teilweise, hinsichtlich eines Teilbetrages im Kalenderjahr 2006, stattgegeben werden können. Hinsichtlich der Haftungsbescheide der Jahre 2007 – 2009 wurde die Beschwerde zur Gänze abgewiesen. In der Begründung verwies das FA auf die bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom erläuterte erhöhte Mitwirkungspflicht der Abgabenpflichtigen. Zudem sei es ungewöhnlich bzw. widerspreche es den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass die Arbeitskraft für ihre Tätigkeit keinerlei Entgelt erhalten hätte. Die steuerliche Vertretung hätte auf die Argumente des Finanzamtes eingehen und diese mittels entsprechender Beweismittel überzeugend widerlegen müssen. Hinsichtlich des Jahres 2006 führte das FA aus, dass der Gestellungsbeginn laut Ordensvertrag mit erfolgte und eine Haftung vor diesem Zeitpunkt vorrausichtlich direkt an den Verein N zu richten gewesen wäre. Die Abzugssteuer sei daher um die ersten vier Monate des Jahres 2006 zu kürzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Bf ist eine gemeinnützige GmbH und hat zum einen "Ordensgestellungsvertrag" mit einer in Deutschland ansässigen Körperschaft des öffentlichen Rechts (Ordensgemeinschaft) abgeschlossen. Vertragsinhalt ist die Zurverfügungstellung einer Ordensschwester an die Bf zur Mitarbeit in ihrer Verwaltung in einem Tätigkeitsumfang von 100 % (40 Stunden). Hinsichtlich ihrer Dienstleistung untersteht die Ordensschwester der Geschäftsleitung der Bf und unterliegt deren Weisungen. Die Vergütung erfolgt mit einer monatlichen Pauschale, im Rahmen der Gestellung ist die Ordensschwester in der Betriebshaftpflichtversicherung der Bf versichert, Versicherung im Falle der Krankheit und des Alters obliegt der Gestellerin. Im Krankheitsfall ist das Gestellungsentgelt zwei Monate weiter zu zahlen. Die Ordensschwester hat Anspruch auf 25 Arbeitstage Erholungsurlaub, Überstunden werden in Freizeit abgegolten. Die Gestellungsvergütung beträgt im Jahr 2006 32.908,40 Euro, zahlbar in 12 gleichen Monatsraten. Die Gestellungsvergütung wurde jährlich um 2-4 % (bzw. im Jahr 2010 um 17,29 Euro pauschal) angehoben.

Die belangte Behörde hat die steuerlich vertretene Bf mit Vorhalt vom explizit auf die Voraussetzungen einer Steuerentlastung nach der DBA-Entlastungsverordnung hingewiesen und ihre Rechtsansicht in den angefochtenen Bescheiden und der BVE bekräftigt. Dass die belangte Behörde vorsieht, statt 20 25 % Abzugssteuer vorzuschreiben, hat sie der Bf mit Vorhalt vom mitgeteilt und die entsprechende Vorschreibung in der BVE vom ausführlich begründet.

Die Bf hat trotz Kenntnis der Rechtsansicht der belangten Behörde und trotz ausdrücklichen Hinweises auf die Voraussetzungen für eine Befreiung keinerlei dahingehende Vorbringen erstattet oder Unterlagen vorgelegt (Nachweis der Richtigkeit der Unterlassung des Steuerabzuges, Ansässigkeitsbescheinigung des Empfängers, Erklärung über operativen Betrieb, eigene Arbeitskräfte und Betriebsräumlichkeiten, vgl. §§ 1-3 DBA-Entlastungsverordnung). Sie hat auch keinerlei Nachweis oder auch nur Hinweis dafür erbracht, dass die Abzugssteuer der Gestellerin weiterverrechnet werde.

Es kann - zumal bei Vertretung durch einen berufsmäßig befugten steuerlichen Vertreter - daher davon ausgegangen werden, dass die von der belangten Behörde angeforderten Unterlagen nicht existieren und die Steuer im Fall der rechtmäßigen Vorschreibung von der Abzugsverpflichteten getragen wird.

Der Sachverhalt und die Beweiswürdigung ergeben sich aus dem vorgelegten Akt.

Gemäß § 1 Abs 3 Z 1 KStG sind Körperschaften, die im Inland weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, mit ihren Einkünften iSd § 21 Abs 1 KStG beschränkt steuerpflichtig. Die Steuerpflicht erstreckt sich demnach (Z 1 leg.cit.) auf Einkünfte iSd § 98 EStG. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs 1 Z 3 EStG) liegen u.a. vor, wenn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , 96/14/0126, ausgesprochen hat, liegt eine Gestellung von Arbeitskräften vor, wenn ein Unternehmer (Gesteller) seine Dienstnehmer einem anderen Unternehmer (Gestellungsnehmer) zur Verfügung stellt, ohne dass zwischen dem Gestellungsnehmer und den Arbeitnehmern des Gestellers ein Dienstverhältnis begründet wird. Die Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag, die Lohnzahlung und -verrechnung sowie die Verantwortung für die Sozialversicherungsbelange des Arbeitnehmers liegen dabei typischer Weise weiter beim Gesteller (vgl. , VwSlg 4473 F/1972). Beim Gestellungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag eigener Art. Der Gesteller haftet nicht für die tatsächlichen Leistungen der von ihm gestellten Arbeitnehmer, sondern nur für ihre grundsätzliche Qualifizierung ().

Auf den Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen Gesteller und Arbeitskraft kann es dazu nicht ankommen: Der Arbeitgeberbegriff ist so auszulegen, dass Arbeitgeber nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere Person sein kann, die Vergütungen für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt (). Im Verhältnis zwischen der Bf und der Arbeitskraft liegen eindeutig die Merkmale eines Dienstvertrages (§ 47 Abs 2 EStG) vor: Die gestellte Ordenskraft arbeitet im Organismus der Bf unter ihrer Weisung 40 Wochenstunden, hat u.a. Anspruch auf Urlaub und Zeitausgleich. Diese zumindest wirtschaftliche Dienstnehmerstellung zwischen Arbeitskraft und Bf bedingt, dass das Entgelt, das die Bf an die Gestellerin leistet, nur ein solches aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung sein kann. Ob auch im Verhältnis der Gestellerin zur Arbeitskraft rechtlich ein Dienstverhältnis vorliegt, oder diese etwa im Wege einer zulässigen Drittanstellung überlassen wird und gegenüber der überlassenden Gesellschaft aufgrund ihrer Gesellschafterstellung lediglich Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, oder wie im vorliegenden Fall in einem Ordensverhältnis und damit einer Rechtsbeziehung eigener Art steht, darauf kann es für die strittige Rechtsfrage nicht ankommen.

Im Fall der Arbeitskräftegestellung wird die Einkommensteuerpflicht beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (§ 99 Abs 1 Z 5 EStG), wobei der volle Betrag der Einnahmen der Abzugsteuer unterliegt (§ 99 Abs 2 Z 1 EStG). Ein Betriebsausgabenabzug (§ 99 Abs 2 Z 2 EStG) ist im vorliegenden Fall nicht möglich, weil die Nettobesteuerung iSd § 99 Abs 2 Z 2 EStG nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraussetzt, dass die betreffenden Ausgaben dem Schuldner der Einkünfte vor dem Zufluss der Einkünfte schriftlich mitgeteilt werden ( mwN).

Tatbestände, welche die Bf vom Steuerabzug befreiten, liegen nicht vor: Die Voraussetzungen der §§ 99 Abs 3, 99a liegen offensichtlich nicht vor. Eine Befreiung nach der DBA-Entlastungsverordnung (BGBl III 2005/92 idF BGBl II 2006/44) kommt aufgrund deren § 5 Abs 1 Z 4 nicht in Betracht: Bei Arbeitskräftegestellung ist eine Entlastung an der Quelle nur dann möglich, wenn entweder konzerninterne Personalüberlassung vorliegt, oder das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart auf Antrag einen Entlastungsbescheid erteilt (§ 5 Abs 3 leg.cit.). Ein solcher Bescheid liegt nicht vor.

Dass eine konzernmäßige Verbindung (§ 15 AktG) zur Gestellerin besteht, wurde nicht nachgewiesen, die nicht näher erläuterte "Verbindung zur _N" über einen "Wirtschaftsvorstand, der am ehesten mit einem Aufsichtsrat zu vergleichen" wäre (Schreiben der Bf vom , ON 2), ist unzureichend. Alleingesellschafterin der Bf ist ein inländischer Verein, eine einheitliche Leitung oder ein beherrschender Einfluss der Gestellerin ist nicht zu erblicken. Darüber hinaus fehlen trotz ausdrücklichen Vorhalts durch die belangte Behörde sämtliche Nachweise, die nach § 3 DBA-Entlastungsverordnung für eine Befreiung vom Steuerabzug erforderlich wären.

Ob das Besteuerungsrecht an den Gewinnen der Gestellerin aus der Gestellung nach Art 7 DBA Deutschland dem Ansässigkeitsstaat zusteht und nicht Österreich, ist für den Steuerabzug nach § 99 unbedeutend. Das zwischenstaatliche Steuerrecht schließt grundsätzlich nicht aus, dass vorerst ein Steuerabzug vorgenommen wird und eine Entlastung erst im Wege der Rückerstattung erfolgt (Loukota, vwt 3/2007, 29). Ist nach der DBA-Entlastungsverordnung ein Steuerabzug vorzunehmen, so kann die Entlastung nur nachträglich im Wege der Erstattung erwirkt werden (Jakom/Marschner, EStG 2016, § 99 Rz 43). Die von der belangten Behörde in der BVE vorgenommene Reduktion bereits der Abzugssteuer um 30 % ist gesetzlich somit nicht gedeckt.

Ob allenfalls der Gestellerin die Befreiung des § 5 Z 6 KStG zugute kommt und das Entgelt bei ihr nach § 21 Abs 2 Z 3 KStG iVm § 45 Abs 2 BAO steuerfrei wäre, kann aufgrund der obigen Ausführungen nicht im Verfahren betreffend den Steuerabzug geprüft werden. Dafür steht die Möglichkeit der Veranlagung offen (§ 102 Abs 1 Z 3 EStG).

Die Höhe der Abzugssteuer beträgt 20 % (§ 100 Abs 1 EStG). Der Feststellung der belangten Behörde, dass die Steuer vom Schuldner übernommen wird, ist die Beschwerde nicht entgegengetreten. Damit unterliegt dieser Vorteil ebenso der Abzugssteuer, weshalb rechnerisch 25 % der Bemessungsgrundlage als Abzugssteuer festzusetzen sind.

Schuldner der Abzugssteuer ist der Empfänger der Einkünfte, der Schuldner der Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Abzugssteuer (§ 100 Abs 2 EStG). Dass im Fall der nicht vorschriftsmäßigen Kürzung der Einkünfte die Abzugssteuer ausnahmsweise dem Empfänger der Einkünfte vorzuschreiben "ist", stellt keine zwingende Bestimmung dar, sondern eröffnet eine ermessensgetragene "ausnahmsweise" Abweichung von der Regel des Haftungsbescheides (vgl zur ähnlichen Regel betreffend KESt ; ). Die belangte Behörde konnte zurecht die Abzugsverpflichtete belangen.

Die Abzugssteuer nach § 99 EStG ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer (vgl. dazu auch § 4 Abs 2 lit a Z 3 BAO). Das Recht auf Festsetzung der Abzugssteuer hängt somit von der Verjährung des Rechts auf Festsetzung der Jahreseinkommensteuer ab (vgl zur KESt).

Die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer beträgt grundsätzlich fünf Jahre (§ 207 Abs 1 BAO). Die Jahre 2010-2014 betreffend wurden aktenkundig im Jahr 2014 Verfolgungshandlungen gesetzt, die Bescheide ergingen innerhalb der Verjährungsfrist. Die Jahre 2006-2009 betreffend sind erste außenwirksame Handlungen durch einen Vorhalt vom aktenkundig und somit nach Eintritt der Verjährung. 

Die zehnjährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben ist nicht anwendbar. Ausreichende Hinweise dafür, dass die Nichtabfuhr der Abzugssteuer nicht bloß fahrlässig, sondern mit einem auf Abgabenverkürzung gerichteten Vorsatz erfolgt wäre, finden sich nicht mit der nötigen Sicherheit. Weder hat die belangte Behörde dahingehende Ermittlungen vor Bescheiderlassung getätigt, noch wird die erforderliche Abgabenhinterziehung - als notwendiges Tatbestandsmerkmal für den Nichteintritt der Verjährung - in den angefochtenen Bescheiden erwähnt, geschweige denn begründet. Auch wurde seitens der Abgabenbehörden bis zur Nachfrage des BFG am kein Finanzstrafverfahren eingeleitet bzw. die Finanzstrafbehörde erst am verständigt.

Erst die BVE geht näher darauf ein, dass der gewählte Gestellungsvertrag dazu gedient habe, lohnabhängige Abgaben zu vermeiden. Ob die Geschäftsführung an die steuerliche Vertretung herangetreten sei, um das genannte Ziel umzusetzen, oder ob der Vorschlag hierzu von der steuerlichen Vertretung selbst stammte, sei weder nachvollziehbar noch maßgeblich. Es komme nämlich nicht darauf an, dass der Abgabepflichtige selbst die Abgabe hinterzogen habe. Der steuerliche Vertreter habe die maßgeblichen Bestimmungen der DBA-Entlastungsverordnung gekannt und bewusst nicht angewendet. Auch die mangelnde Mitwirkung der Bf wird ins Treffen geführt.

Das BFG sieht in den vom Finanzamt lediglich in einem Vorhalt vom  implizit geäußerten Vermutungen keinen hinreichenden Anlass, dem Vorwurf der Abgabenhinterziehung weiter nachzugehen, denn zum Beweis eines auf Abgabenhinterziehung gerichteten Vorsatzes bedürfte es sehr wohl einer Feststellung dahingehend, dass entweder der Bf bei Abschluss des Gestellungsvertrages die Abzugsverpflichtung bewusst gewesen wäre, oder der steuerliche Vertreter der Bf die Gestaltung empfohlen hätte oder der steuerliche Vertreter den vollen Sachverhalt gekannt hat, was sich aus der Übernahme der Buchhaltung und Bebuchung des Kontos "6210 Gestellungsleistung Ordensleute" nocht nicht zweifelsfrei ableiten lässt. Die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Intention der Bf, Lohnnebenkosten zu sparen, lässt für einen Vorsatz auf Verkürzung der Abzugssteuer nach § 99 EStG nichts gewinnen, zumal diese nicht als Lohnnebenkosten im engeren Sinn angesehen werden können. Auch die Nachlässigkeit, mit der die Behörde den behaupteten Strafanspruch verfolgt (eineinhalbjährige diesbezügliche Untätigkeit nach Bescheiderlassung), spricht gegen dessen Vorliegen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Für die Frage, ob es zur Subsumption eines Rechtsverhältnisses unter den Tatbestand der Arbeitskräftegestellung nur auf den Gestellungsvertrag oder auch auf das Verhältnis zwischen Gesteller und Arbeitskraft ankommt, fehlt eine Rechtsprechung des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Blasina in BFGjournal 2017, 227
Schmidjell-Dommes in SWI 2017, 442
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100885.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at