Antrag auf Herabsetzung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf, Adr, vertreten durch V., Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom betreffend Säumniszuschlag,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 425,62 wegen verspäteter Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung 04-06/2016 fest.
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO. Das Versäumnis betreffe die Einkommensteuervorauszahlung für das 2. Quartal 2016 und sei deshalb zu Stande gekommen, weil die Finanzverwaltung, gegensätzlich zu den üblichen Gepflogenheiten, für das 2. Quartal keine Benachrichtigung des Vorauszahlungsbetrages übermittelt habe. Dadurch sei dem Beschwerdeführer das initiale Element des standardisiert implementierten Zahlungsverkehrs in der Ablauforganisation fremdbestimmt und unbemerkt entzogen worden. Der Rückstand sei selbstverständlich nach Bemerken der Säumnis sofort beglichen worden. Den Beschwerdeführer treffe für die Zahlungsverzögerung somit kein grobes Verschulden. Vielmehr handle es sich um eine außerhalb seines Einflussbereiches initiierte Störung seiner Ablauforganisation. Der Beschwerdeführer sei als sehr sorgfältiger und gewissenhafter Arzt und Unternehmer bekannt, der bestrebt sei, alle Finanzamtszahlungen pünktlich zu leisten.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab.
Der Vierteljahresbetrag 04-06/2016 sei seit dem Ergehen des Jahresvorauszahlungsbescheides vom bekannt gewesen. Die Fälligkeit sei vom Abgabepflichtigen selbst wahrzunehmen bzw. es sei Sorge zu tragen, dass die Überweisung rechtzeitig beim Finanzamt einlange. Der Erklärung keine Zahlungsaufforderung (Buchungsmitteilung) erhalten zu haben, sei entgegenzuhalten, dass dieses Schriftstück lediglich Erinnerungsfunktion besitze bzw. ausschließlich als Serviceleistung der Abgabenbehörde verstanden werden könne.
Dagegen wurde mit Eingabe vom , ergänzt mit Schreiben vom , Beschwerde erhoben und im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass in den letzten 12 Jahren ein einziger Säumniszuschlag festgesetzt und nach der Berichtigung der zugrunde liegenden Umsatzsteuer 2005 wieder gutgeschrieben worden sei. Demnach habe zum damaligen Zeitpunkt keine wirklich schuldhafte Säumnis seitens des Abgabepflichtigen vorliegen können. Dies sei ohne große persönliche permanente Sorgfalt und ohne regelmäßige Kontrolle dieser Sorgfalt bei den Mitarbeitern und weiters ohne Achtung vor Gesetzen und Respekt vor Behördenterminen und Fristen nicht möglich gewesen.
Somit habe der Abgabenpflichtige in 12 Jahren bei rund 260 Zahlungen fast € 600.000 an Abgaben pünktlich an das Finanzamt abgeführt. Nach demnach mehr als einem Jahrzehnt sorgfältigster Steuerzahlungen und Wahrnehmung der entsprechenden Termine, habe die Abgabenbehörde nun ihre Vorgehensweise geändert, wonach Abgabepflichtige mit Onlinezugang erstmals im 2. Quartal 2016 keine Buchungsmitteilungen und Zahlscheine mehr erhalten würden. Der Abgabepflichtige habe wohl solch einen FinanzONLINE-Zugang, was ihm mangels persönlicher Notwendigkeit der Nutzung dieses Zugangs gar nicht mehr so richtig bewusst gewesen sei. Er habe diese Änderung nicht wirklich mitbekommen und zum ersten Mal in mehr als einem Jahrzehnt einen Zahlungstermin übersehen, weil die Abläufe nicht wie bisher gewohnt gewesen seien.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Es liege grobes Verschulden iSd Gesetzes vor, da der Beschwerdeführer seit vielen Jahren (das Abgabenkonto bestehe seit September 1992) die vierteljährliche Einkommensteuervorauszahlung leiste, deren Fälligkeitstage durch das Einkommensteuergesetz (§ 45 Abs. 1 und Abs. 2 EStG) bestimmt werden und nicht durch Buchungsmitteilungen.
Die bloße Verständigung über die quartalsmäßige Einkommensteuervorauszahlung durch das Finanz-Online-System bilde lediglich einen Service der Finanzverwaltung, welchem kein normativer bzw. rechtlich bindender Charakter zukomme.
Der Umstand der bisherigen fristgerechten Abgabenentrichtungen sei aus fiskalischer Sicht als wünschenswert zu betrachten, diese Verpflichtung ergebe sich jedoch aus der rechtlichen Normierung entsprechender Abgaben- und Abgabenverfahrensvorschriften, unter Berücksichtigung der verwaltungs- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Vorangegangene Säumnisse bzw. wie im gegenständlichen Fall Nicht-Säumnisse seien für die Herabsetzung bzw. Unterlassung der Festsetzung des Säumniszuschlages nicht entscheidend. Relevant sei lediglich, ob grobes Verschulden zur Versäumung der Frist geführt habe.
Der Umstand der bisherigen termingerechten Entrichtung der Abgaben sei somit für die Beurteilung der Voraussetzungen insofern unbeachtlich, als die gegenständlich verspätete Entrichtung dieser Abgabe, im konkreten Fall der Einkommensteuervorauszahlung 04- 06/2016, im isolierten Kontext zu betrachten und zu bewerten ist. Eine erweiternde Interpretation des Gesetzeswortlautes des § 217 Abs. 7 BAO um die Komponente des bisherigen Abgabenentrichtungsverhaltens bleibe dem Finanzamt aufgrund dessen Eindeutigkeit verwehrt.
Dagegen richtet sich der vorliegende Vorlageantrag vom . Die Interpretation des § 217 Abs. 7 BAO durch das Finanzamt laufe dieser Bestimmung zuwider und habe keinen Anwendungsfall mehr. Das Kriterium des groben Verschuldens könne daher nicht so strikt gesehen werden wie es das Finanzamt tue.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Voraussetzung für eine Herabsetzung des mit Bescheid vom festgesetzten ersten Säumniszuschlages betreffend die Einkommensteuervorauszahlung 04-06/2016 ist im vorliegenden Beschwerdefall daher, dass hinsichtlich der verspäteten Entrichtung kein grobes Verschulden vorliegt.
Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Eine lediglich leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. Ritz, BAO5, § 217 Tz 44 mwN).
Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ) tritt bei einem Begünstigungstatbestand wie dem § 217 Abs. 7 BAO die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.
Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, hat die Büroorganisation dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (vgl. ).
Die Fälligkeitstage ergeben sich im vorliegenden Beschwerdefall aus § 45 Abs. 2 EStG 1988, wonach Vorauszahlungen zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten sind.
Die Höhe des Vorauszahlungsbetrages wurde dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom bekanntgegeben. Darin wurden auch die Fälligkeitstermine angeführt.
Für das Bundesfinanzgericht steht daher fest, dass die Wahrnehmung der Zahlungspflicht zum allgemein bekannten Fälligkeitstermin nicht mit der erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt vorgenommen wurde und deshalb ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden vorliegt. Bei einem entsprechend geführten Terminvormerk und dessen Kontrolle hätte es nicht zu einem Übersehen des Fälligkeitstermins kommen können.
Mit dem Hinweis darauf, dass "das Versäumnis deshalb zu Stande gekommen ist, da von der Finanzverwaltung, gegensätzlich zu den üblichen Gepflogenheiten, für das 2. Quartal keine Benachrichtigung des Vorauszahlungsteilbetrages an Einkommensteuer übermittelt wurde", vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, dass kein grobes Verschulden vorliegt.
Am wurde mit Wirksamkeit lediglich automatisch der "Verzicht auf Zusendung der Zahlungsanweisung" angemerkt. Darüber wurde der Beschwerdeführer mit der ersten Benachrichtigung 2016 auch informiert. Gleichzeitig ist dieser Information auch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer darauf hingewiesen wurde, dass zukünftig die Vierteljahresbenachrichtigungen und Buchungsmitteilungen elektronisch übermittelt werden, wenn der elektronischen Zustellung zugestimmt worden ist. Dies trifft auf das gegenständliche Steuerkonto. Im Übrigen bietet die Finanzverwaltung als Service auch eine E-Mail-Benachrichtigung über Eingänge in der Databox an. Dieser Service wurde vom Beschwerdeführer nicht aktiviert, obwohl er nach seinem Vorbringen (arg. “mangels persönlicher Notwendigkeit“) trotz aktivierter elektronischer Zustellung offensichtlich nicht regelmäßig die Eingänge in der Databox des FinanzOnline-Systems kontrolliert).
Der Beschwerdeführer hätte daher spätestens mit der ersten Benachrichtigung 2016 seine Ablauforganisation überdenken und erforderlichenfalls anpassen müssen.
Der Beschwerdeführer vermag sich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände weder mit dem Hinweis darauf, dass mangels persönlicher Notwendigkeit der Nutzung des FinanzOnline-Zugangs, dieser nicht mehr so richtig bewusst gewesen sei, noch mit dem Hinweis auf das bisherige Zahlungsverhalten zu exkulpieren.
Zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:
Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.3101188.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at