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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.01.2017, RV/1100317/2013

Einkommensteuerhochrechnung bei Bezug von steuerfreien Transferleistungen und ganzjährigen Einkünften aus geringfügiger Beschäftigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Gerald Daniaux in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2012 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit :
 
B GmbH
2.606,81
X GmbH 
3.586,01
Pendlerpauschale laut Lohnzettel
0,00
Pendlerpauschale laut Veranlagung
-63,00
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
5.997,82
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
-60,00
Einkommen
5.937,82
Die Einkommensteuer für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
 
Bemessungsgrundlage für den besonderen Progressionsvorbehalt:
 
Gesamtbetrag der Einkünfte
5.997,82
+ Pauschbetrag für Werbungskosten
132,00
Im Gesamtbetrag der Einkünfte enthaltene Beträge die nicht umzurechnen sind
-3.586,01
Umrechnungsbasis
2.543,81
Umrechnungszuschlag:
10.912,57
(2.543,81 X 365/ (365-296) - 2.543,81)
 
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz:
16.850,39
(16.850,39 - 11.000,00) X 5.110,00 / 14.000
2.135,39
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
2.135,39
Unterhaltsabsetzbetrag
-175,20
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00
Steuer für den Durchschnittssteuersatz
1.615,39
Durchschnittssteuersatz (1.615,39/16.850,39 X 100)
9,60 %
Durchschnittssteuersatz (9,6 % von 5.937,82)
570,03
Einkommensteuer:
 
Anrechenbare Lohnsteuer
-175,20
+0,17
Festgesetzte Einkommensteuer
395,00

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer war das gesamte Jahr 2012 bei der Firma X GmbH geringfügig beschäftigt. Zudem im Zeitraum 18.06. - 18.08. bei der B GmbH. Außerdem hat er in den Zeiträumen 01.01. - 06.04., 16.05. - 17.06., 26.08. - 09.12. und 10.12. - Transferleistungen vom Arbeitsmarktservice Österreich bezogen.

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom hat das Finanzamt unter "Beträge die nicht umzurechnen sind" - 2.534,76 € berücksichtigt. In der Begründung des Bescheides wird unter Berufung auf § 3 Abs. 2 EStG 1988 angeführt, dass der Beschwerdeführer (Bf.) im Jahr 2012 steuerfreie Einkommensersätze erhalten habe (insbesondere Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, bestimmte Bezüge als Soldat oder Zivildiener), die eine besondere Steuerberechnung nach sich ziehen würden. Dabei würden die für das restliche Kalenderjahr bezogenen Einkünfte auf den Zeitraum des Erhalts der steuerfreien Bezüge umgerechnet, so als ob sie auch während des Bezugs der Einkommensersätze weiterbezogen worden wären. Daraus werde ein Umrechnungszuschlag ermittelt der zur Berechnung des Durchschnittsersatzes dem Einkommen hinzugerechnet werde. Mit diesem  Durchschnittssteuersatz werde das steuerpflichtige Einkommen versteuert.  

Die hiergegen erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde mit Berufungsvorentscheidung vom mit der Begründung, dass bei Vorliegen von lohnsteuerpflichtigen Einkünften eine Pflichtveranlagungstatbestand für das jeweilige Kalenderjahr gegeben sei, wenn ein gleichzeitiger Bezug von zwei oder mehreren lohnsteuerpflichtigen Einkünften, bei denen der Lohnsteuerabzug gesondert versteuert worden sei vorliege als unbegründet abgewiesen.

In der Berufung (nunmehr Beschwerde) vom  beantragt der Bf. eine Neuberechnung der Einkommensteuer und führt ergänzend hierzu einen Unterhaltsbetrag für 1-6/2012 , sowie die Pendlerpauschale für 07 und 08/12012 an.

Mit 2.ter Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung stattgegeben, wobei unter "Beträge die nicht umzurechnen sind" - 2.527,85 € berücksichtigt wurden.

In dem hiergegen erhobenen Vorlageantrag führt der Bf. ohne rechtliche Ausführungen an, dass seines Erachtens die Berechnung des Umrechnungszuschlages fehlerhaft durchgeführt worden sei, was zu einer überhöhten Abgabennachforderung geführt habe. Aus der Berechnung seien die geringfügigen Einkünfte (Fa X GmbH) in Höhe von € 3.586,01 auszuscheiden. Es werde demzufolge ersucht, die Berechnung des besonderen Progressionsvorbehaltes amtswegig zu überprüfen und neu durchzuführen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Bf. begehrt, dass seine Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung bei der Firma X GmbH in Höhe von insgesamt € 3.586,01 nicht in die Umrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 miteingerechnet werden.

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 lautet:

"Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c (u.a. Arbeitslosengeld, Notstandshilfe), Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. Die diese Bezüge auszahlende Stelle hat bis 31. Jänner des Folgejahres dem Wohnsitzfinanzamt des Bezugsempfängers eine Mitteilung zu übersenden, die neben Namen und Anschrift des Bezugsempfängers seine Versicherungsnummer (§ 31 ASVG), die Höhe der Bezüge und die Anzahl der Tage, für die solche Bezüge ausgezahlt wurden, enthalten muß. Diese Mitteilung kann entfallen, wenn die entsprechenden Daten durch Datenträgeraustausch übermittelt werden. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren des Datenträgeraustausches mit Verordnung festzulegen."

Zweck dieser Regelung - so die Erläuterungen zur Regierungsvorlage - ist es, einen rechtspolitisch unerwünschten Effekt zu beseitigen, der sich ergibt, wenn die steuerfreien Transferleistungen in einem Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) mit anderen, steuerpflichtigen Einkünften zusammentreffen. Dies könne, insbesondere im Fall saisonaler Arbeitslosigkeit, wegen der zum Teil erheblichen Milderung der Steuerprogression dazu führen, dass das Nettoeinkommen eines nicht ganzjährig Beschäftigten unter Berücksichtigung der im Wege der Veranlagung erhaltenen Lohnsteuererstattung höher sei als das Nettoeinkommen eines ganzjährig Beschäftigten.

Bestimmte steuerfreie Bezüge (Transferleistungen) neben steuerpflichtigen Einkünften lösen somit wie o.a. gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 eine besondere Berechnung (Hochrechnung) aus. Hochzurechnen sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4 EStG 1988). Die Hochrechnung betrifft aber nur jene Einkünfte, die außerhalb des Zeitraumes des Bezuges der angeführten Transferleistungen bezogen wurden ("für das restliche Kalenderjahr"). Gleichzeitig während der Zeit der Transferleistungen bezogene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind daher nicht auf einen Jahresbetrag hochzurechnen. Ebenso sind ganzjährig bezogene Pensionen sowie ganzjährig bezogene geringfügige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Hochrechnung nicht zu berücksichtigen (vgl. ; ). Siehe hierzu auch : "Zu betonen ist allerdings, dass nur die im Kalenderjahr für Zeiten vor und nach dem Arbeitslosengeldbezug bezogenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Umrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG herangezogen werden dürfen. Demgegenüber dürfen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und ganzjährig bezogene Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht hochgerechnet werden (vgl Hofstätter/Reichel, EStG-Kommentar, § 3 Tz 34 Seite 40)".; RV/0163-I/13: "Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres, sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen Einkünfte im iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Die Bestimmung soll verhindern, dass das steuerfreie Arbeitslosengeld progressionsmindernd auf die außerhalb der Zeit der Arbeitslosigkeit bezogenen Einkünfte wirkt. Das Hochrechnen von Einkünften auf einen fiktiven Jahresbetrag ist jedoch nicht geboten, wenn Einkünfte ohnedies ganzjährig bezogen werden (Jakom/Laudacher EStG, 2013, § 3 Rz 122), das steuerfreie Arbeitslosengeld entfaltet diesbezüglich keine progressionsmindernde Wirkung. Ganzjährig bezogene Einkünfte fiktiv um die in der Zeit der Arbeitslosigkeit bezogenen Teile zu kürzen und dann die restlichen, außerhalb des Zeitraumes der Arbeitslosigkeit gelegenen Bezugsteile in die Hochrechnung einzubeziehen, führt zu einer dem Gesetzeszweck des § 3 Abs. 2 EStG 1988 nicht entsprechenden Progressionserhöhung der tatsächlich außerhalb der Zeit der Arbeitslosigkeit erzielten anderen Einkünfte.".

Im vorliegenden Fall hat der Bf. im Jahr 2012 nicht ganzjährige Transferleistungen vom AMS und ganzjährig Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung erzielt. Eine ganzjährige geringfügige Beschäftigung wie hier bei der Firma X GmbH vom 01.01.- ist jedoch wie o.a. auch während und außerhalb der Bezugszeit von AMS-Transferleistungen ohne Einbeziehung in die Hochrechnung zulässig, daher sind diese Bezüge aus der Hochrechnung auszuscheiden.

Hinsichtlich der Pendlerpauschale und dem Unterhaltsabsetzbetrag war dem Beschwerdebegehren gleich wie in der BVE des Finanzamtes vom stattzugeben, weshalb sich nähere Erläuterungen hierzu aus verfahrensökonomischen Gründen erübrigen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde insgesamt vollinhaltlich stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist in gegenständlicher Rechtsangelegenheit nicht zulässig, es wird auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sowie auf die angeführten BFG und UFS Erkenntnisse verwiesen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.1100317.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at