Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.11.2016, RV/7100464/2016

SZ, Einwendungen gegen die Abgabenfestsetzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat in der Beschwerdesache G, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts- Partnerschaft, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StNr. betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel hat am einen Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen erlassen und dazu ausgeführt:

Von den nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten werden gemäß § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) Säumniszuschläge mit jeweils 2 % festgesetzt.

Abgabe                              Frist       Betrag in Euro  Säumniszuschlag in Euro
Glücksspielabgabe 01/2012 57.201,87   1.144,04
Glücksspieiabgabe 02/2012 51.915,11   1.038,30
Glücksspieiabgabe 03/2012 56.162,62   1.123,65
Glücksspieiabgabe 04/2012 40.414,63   808,29
Glücksspielabgabe 05/2012 50.629,41   1.012,59
Glücksspielabgabe 06/2012 40.518,84   810,38
Glücksspieiabgabe 07/2012 42.886,46   857,73
Glücksspielabgabe 08/2012 29.699,43   593,99
Glücksspielabgabe 09/2012 36.973,34   739,47
Glücksspielabgabe 10/2012 54.234,46   1.084,69
Giücksspielabgabe 11/2012 51.486,87   1.029,74
Glücksspielabgabe 12/2012 53.506,14   1.070,12
Summe: € 11.312,99
Diese Säumniszuschläge sind bis zu entrichten."

**********

Mit Beschwerde vom wurden die Glücksspielabgabebescheide für Jänner 2012, Februar 2012, März 2012, April 2012, Mai 2012, Juni 2012, Juli 2012, August 2012, September 2012, Oktober 2012, November 2012 und Dezember 2012 vom sowie die Bescheide über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlagen betreffend die
für Jänner 2012, Februar 2012, März 2012, April 2012, Mai 2012, Juni 2012, Juli 2012,
August 2012, September 2012, Oktober 2012, November 2012 und Dezember 2012
festgesetzten Glücksspielabgaben, jeweils zugestellt am angefochten und dazu ausgeführt:

"SACHVERHALT

Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum 2012 über die Domain w für Kunden die Möglichkeit eröffnet, im Internet Glücksspiele zu spielen. Die Beschwerdeführerin verfügt über kein „land based business“. Die Beschwerdeführerin hat ihren Sitz in Y und betreibt von dort aus ihr Unternehmen. Das Angebot der Beschwerdeführerin, im lnternet Glücksspiele zu spielen, kann aber nicht nur über das lnternet, sondern auch über Mobiltelefone angenommen werden. Die Nutzung des Glücksspielangebots der Beschwerdeführerin kann zudem nicht nur über standortfeste Geräte, sondern auch über mobile Geräte, etwa bereits erwähnt, Mobiltelefone, Tablet-Computer und Notebooks erfolgen. Aus den Gründen der mobilen lnanspruchnahme des Angebots der Beschwerdeführerin über das lnternet und vor allem wegen der Möglichkeit der Nutzung des Angebots der Beschwerdeführerin über mobile Geräte ist es -
siehe dazu näher unter Punkt 3 - unmöglich den physischen Aufenthaltsort des Kunden
(lnland/Ausland) festzustellen.

Zur Nutzung des Glücksspielangebotes der Beschwerdeführerin muss sich der Kunde
(User) zunächst bei der Beschwerdeführerin registrieren lassen. lm Zuge des Registrierungsprozesses hat der Kunde insbesondere seinen Wohnort (Adresse und Staat) bekanntzugeben.

lst ein Kunde einmal registriert, so kann er das gesamte Glücksspielangebot von jedem
hierfür geeigneten technischen Gerät und - sofern ein entsprechender Zugang in technischer Hinsicht besteht - von jedem Ort in Anspruch nehmen. Der Kunde kann somit das Glücksspielangebot ohne weiteres über sein Mobiltelefon, über einen Internetzugang an
seinem Arbeitsplatz, über WLAN-Netze Dritter sowie im öffentlichen Raum als auch in
Lokalen, beispielsweise Internet-Cafes in Anspruch nehmen, und zwar innerhalb sowie außerhalb von Österreich.

Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beschwerdeführerin nimmt der Kunde an den von der Beschwerdeführerin über ihre domains angebotenen Glücksspielen am Sitz der Beschwerdeführerin, somit in Y teil.

Für die Beschwerdeführerin ist es aus mehreren Gründen, die in der Folge noch darzulegen sein werden - unmöglich - festzustellen, ob sich der Kunde, wenn er an Glücksspielen der Beschwerdeführerin teilnimmt, in Österreich oder außerhalb von Österreich aufhält.
Diese Frage ist aber für die Frage der Glücksspielabgabenpflicht von entscheidender
Bedeutung, weil nur die „Teilnahme vom Inland aus“ die Verpflichtung zur Entrichtung der Glücksspielabgabe begründet.

VERFAHRENSGANG

Die Beschwerdeführerin hat für die beschwerdegegenständlichen Zeiträume die Jahresbruttospieleinnahmen jener Kunden bekannt gegeben, die sich mit österreichischer Adresse bei der Beschwerdeführerin registriert hatten. Zusätzlich wurden die Jahresbruttospieleinnahmen in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen mit jenen Kunden bekanntgegeben, die über eine österreichische lP-Adresse gespielt haben.

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel hat mit den bekämpften
Bescheiden die Glücksspielabgaben alleine auf Basis der von der Beschwerdeführerin
nach Vorliegen einer österreichischen Registrierungsadresse gemeldeten Jahresbrutto-
spieleinnahmen festgesetzt.

BESCHWERDE GEGEN DIE GLÜCKSPIELABGABENBESCHEIDE
Gesetzlicher Anknüpfungspunkt Glücksspielabgabenschuld „Teilnahme vom Inland aus“

Nach § 57 Abs 2 GSpG sind für Ausspielungen in Form elektronischer Lotterien (§ 12a
GSpG) [ausgenommen VLT] Glücksspielabgaben zu entrichten, wenn die Teilnahme an
ihnen vom lnland aus erfolgt.
Schuldner der Glücksspielabgabe ist niemals der Kunde, sondern - bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses - der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Vermittler oder Veranstalter des Glücksspiels.

Wie bereits der UFS, Außenstelle Wien, in seiner Entscheidung RV/1071-W/12 vom
hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „Teilnahme vom lnland aus” für den Bereich der nicht dem Glücksspielgesetz unterliegenden Wetten ausgesprochen hat, lassen sich den Materialien zu § 33 TP 17 Abs 2 GebG idF BGBl l 54/2010 keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Wetten, die online abgeschlossen werden, von dem im Gebührenrecht allgemein bestehenden territorialen Anknüpfungskonzept abgehen wollte. Die tatbestandliche „Teilnahme vom Inland aus“ ist daher wie im offline-Bereich zu beurteilen, nämlich nach dem physischen Aufenthaltsort des Kunden. Gleiches gilt per analogiam für den Bereich der Glücksspielabgabe.

Unmöglichkeit, den physischen Aufenthaltsort des Kunden festzustellen:

lm Folgenden wird die Unmöglichkeit, den tatsächlichen Aufenthaltsort des Kunden im
Zeitpunkt der Spielteilnahme festzustellen, näher dargestellt. Dies ist deshalb bedeutsam,
weil nach dem Gesetzeswortlaut genau dies, nämlich die Feststellung des physischen
Aufenthaltsortes des Kunden, erforderlich wäre. Weil dies - weder für den Anbieter von
online-Glücksspielen, noch für die Abgabenbehörde (!) - möglich ist, behilft sich die
Abgabenbehörde - unzulässigerweise - mit der Registrierungsadresse als „lndizienbeweis" für den Aufenthaltsort des Kunden.

Für die Beschwerdeführerin ist es unmöglich den physischen Aufenthaltsort des Kunden
bei der Teilnahme am Glücksspiel festzustellen. Die zur Feststellung des Aufenthaltsortes
des Kunden denkbaren Verfahren sind entweder technisch ungeeignet, nicht praktikabel,
rechtlich unzulässig oder nicht zuverlässig.
Da der Kunde das Angebot der Beschwerdeführerin über das lnternet annimmt, wäre -
jedoch bloß theoretisch - die Anknüpfung an die lP-Adresse des Kunden zur Ermittlung
des physischen Aufenthaltsortes des Kunden denkbar. Die Anknüpfung an die
lP-Adresse des Kunden ist jedoch keine taugliche Methode zur Feststellung des Aufenthaltsortes des Kunden (UFS Wien GZ RV/1071-W12 vom mwN). Zur Untauglichkeit über die IP-Adresse den physischen Aufenthaltsort des Spielers zu ermitteln und die Untauglichkeit der lP-Adresse als lndizienbeweis für den physischen Aufenthaltsort des Spielers wird auf die weiteren Ausführungen verwiesen.
Im Übrigen sind lP- Adressen auch deshalb zur abgabenrechtlich relevanten Feststellung
des Aufenthaltsortes des Spielers der Kunden der Beschwerdeführerin untauglich, weil
die Beschwerdeführerin diese Daten speichern müsste, damit diese Daten der Kunden zu
„Aufzeichnungen“ und sonstigen Unterlagen werden, die für die Abgabenerhebung
maßgeblich sind. Diese sind nach § 132 Abs 1 BAO zumindest für 7 Jahre, soweit sie
anhängige Verfahren betreffen, auch darüber hinaus von dem Abgabenpflichtigen auf
zubewahren. Nun hat allerdings der EuGH mit seinem Urteil vom in den verbundenen Rechtssachen C-293/12 und C-594/12 ausgesprochen, dass die Speicherung
von elektronischen Kommunikationsdaten sowie lP-Adressen nur dann zulässig ist, wenn
dies erforderlich ist, um der Begehung schwerer Straftaten vorzubeugen oder diese
aufzuklären. Nach Ansicht des EuGH handelt es sich bei der Speicherung von
lP-Adressen und anderen elektronischen Kommunikationsdaten, welche einen Rückschluss auf den Aufenthaltsort des Nutzers zulassen, um einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre, der nur dann mit Art 7, 8 und 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art 8 EMRK in Einklang steht, wenn er durch besondere öffentliche lnteressen gerechtfertigt und auf das notwendigste Maß beschränkt ist, um die mit der Speicherung der Daten verbundenen Eingriff in die Privatsphäre erfolgten Ziele zu erreichen. Die Erhebung von Wettgebühren und Glücksspielabgaben vermag einen derart massiven Eingriff in die Privatsphäre nicht zu rechtfertigen.

Die Kunden der Beschwerdeführerin müssen bei ihrer Registrierung und der Eröffnung
eines Wettkontos auch angeben, von welchem Staat aus sie sich als Kunden registrieren.
Da der Kunde aber das Angebot der Beschwerdeführerin auch dann, wenn Österreich der
Registrierungsort ist, im Ausland nutzen kann, ist der Registrierungsort des Kunden kein
tauglicher Anknüpfungspunkt für die Frage ob der Kunde vom lnland aus an dem
Glücksspiel teilnimmt.
Auch eine Frage nach dem jeweiligen Aufenthaltsortes des Kunden unmittelbar vor der
Teilnahme an einem Glücksspiel wird zu keinem richtigen Ergebnis führen, ganz abgesehen davon, dass diese Vorgangsweise nicht praktikabel und technisch kaum durchführbar wäre. Eine vor dem Glücksspiel zu beantwortende Frage nach dem aktuellen
Aufenthaltsort würde Wettkunden schlichtweg verärgern und sie erst recht verleiten irgendeine unrichtige Ortsangabe zu machen.
Ferner ist folgendes zu berücksichtigen: Der Kunde selbst hat im Zusammenhang mit
Glücksspielabgaben keinerlei Verpflichtungen und ist insbesondere auch nicht zur
Selbstbemessung und Abfuhr verpflichtet. Er wird daher die Frage nach dem aktuellen Aufenthaltsort im besten Fall wahrheitsgemäß beantworten, in zahlenmäßig nicht vernachlässigbaren Fällen aber unrichtig, sei es bewusst, weil sich der Kunde über eine
solche Frage eben ärgert, sei es unbewusst, weil der Kunde etwa mangels Grenzkontrollen im „Schengen-Raum“ gar nicht bemerkt hat, dass er sich schon im Ausland befindet. Mangels drohender Sanktionen im Fall einer unrichtigen Angabe wird die Gleichgültigkeit des Kunden hinsichtlich einer unrichtigen Ortsangabe potenziell noch verstärkt.
Eine allfällige „Falschangabe“ ist für den Kunden insgesamt, insbesondere finanzstrafrechtlich, somit sanktionslos. Für die Beschwerdeführerin besteht aber nicht einmal auf dem Zivilrechtsweg eine Chance einen Anspruch auf Ersatz eines der Beschwerdeführerin durch „Falschangaben“ des Kunden entstandenen Schadens zu verfolgen. Dies schon aufgrund der Vielzahl der potenziellen Einzelfälle und vor dem Hintergrund der auf das einzelne Ereignis heruntergebrochenen, relativ geringen Gebühren- und Abgabenbeträge. Selbst wenn diese faktischen Hindernisse für eine Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf dem Zivilrechtsweg nicht vorlagen, hätte die Beschwerdeführerin vor einem Zivilgericht wohl nur geringe Chancen zu obsiegen. Die Beschwerdeführerin wäre nämlich aufgrund der Beweislastregeln der ZPO dafür beweispflichtig, dass der Kunde seinen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Teilnahme am Glücksspiel schuldhaft falsch angegeben hat. Ein solcher Beweis wird der Beschwerdeführerin kaum gelingen!
§ 33 TP 17 Abs 2 GebG und § 57 Abs 2 GSpG knüpfen die von ihnen normierte lnlandsfiktion an den geographischen, durch Koordinaten festlegbaren Aufenthaltsort des Kunden an. Dieser Ort lässt sich mit technischen oder organisatorischen Mitteln nicht mit
Sicherheit bestimmen. ln der Weise, in der die Abgabenbehörde § 33 TP 17 Abs 2 GebG
und § 57 Abs 2 GSpG versteht, verpflichtet sie den Rechtsunterworfenen auf Dauer zu
der Aufbewahrungspflicht nach § 132 Abs 1 BAO, elektronische Kommunikationsdaten,
insbesondere lP-Adressen zu speichern. Damit unterstellt die Abgabenbehörde den
genannten gesetzlichen Bestimmungen einen unionsrechtswidrigen lnhalt, der zudem
auch Art 8 EMRK widerspricht. Eine Selbstbemessung der Wettgebühren und Glücksspielabgaben ist für die Beschwerdeführerin nicht möglich und kann auch von der Behörde nur im Schätzungswege vorgenommen werden.
Verfassungswidrige Unbestimmtheit des Tatbestandselements „Teilnahme vom
Inland aus“. Art 18 B-VG ordnet an, dass gesetzliche Bestimmungen alle wesentlichen Momente von Verwaltungsakten vorherbestimmbar zu regeln haben. Die Gesetze haben somit die wesentlichen Voraussetzungen des Handelns der Verwaltung in organisatorischer, verfahrensmäßiger und inhaltlicher Hinsicht in einer solchen Weise zu bestimmen, dass der Normadressat seine Rechtsposition bereits dem Gesetz entnehmen kann und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in der Lage sind, die Übereinstimmung der Verwaltungsakte mit dem Gesetz zu überprüfen (Fellner, SWK Heft 13/2012, 891). Vom Gesetzgeber wird daher gefordert, dass bei der Regelung von Abgabengesetzen der die Abgabenverpflichtung auslösende Tatbestand sowohl dem Grunde nach als auch der
Höhe nach bestimmt und vorhersehbar sein muss (VfGH 4035/1961).
Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur
nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung
(VfSlg. 8209/1977, 9883/1983, 12947/1991, 15447/1999). Nach dem Regelungszweck
von § 33 TP 17 Abs 2 GebG und § 57 Abs 2 GSpG soll für Wetten und Glücksspiele, an
denen vom lnland aus teilgenommen wird, eine Abgabenpfiicht bestehen. Dies setzt
zwingend die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Kunden voraus. Dies ist aber unmöglich. Es fehlt daher an der verfassungsgesetzlich geforderten Bestimmtheit.
Den hier einschlägigen Abgabentatbeständen mangelt es auch deshalb an der verfassungsrechtlichen Bestimmtheit, weil schon der Steuertatbestand selbst unklar ist. Eine Schätzung des Abgabentatbestandes „Teilnahme vom lnland aus“ ist jedoch unzulässig (VwGH Zl 2013/18/0085 vom ). Damit unterscheidet sich aber der Fall maßgeblich von jenen Sachverhalten, in denen die Abgabenbehörde zur Schätzung berechtigt ist. ln jenen Fällen, in denen eine Schätzung zulässig ist, geht es darum, dass bei einem klaren Abgabentatbestand - die Bemessungsgrundlagen geschätzt werden. Dies insbesondere dann, wenn der Abgabenpflichtige selbst seinen Aufzeichnungs- und Offenlegungsverpflichtungen nicht nachkommt und daher die Abgabenbehörde gar nicht anders als im Schätzungswege vorgehen kann. Im gegenständlichen Fall kann aber selbst
der redlichste Abgabepflichtige die Bemessungsgrundlagen gar nicht richtig und korrekt
ermitteln; auch die Abgabenbehörde kann dies nicht!
Das Legalitätsprinzip erfordert, dass eine gesetzliche Bestimmung sowohl Tatbestand als
auch Rechtsfolge (materielles Recht) regelt (Walter/Mayar/Kucsko-Stad/mayer, Bundesverfassungsrecht, Rz 573). Besonders im Abgabenrecht werden an das Legalitätsprinzip strenge Maßstäbe angelegt. Ebenso ist im Hinblick auf Art 7 MRK ein strenger Maßstab im Bereich des Strafrechts anzulegen (VfSlg 15.543).
Dass selbst nach Ansicht der Abgabenbehörden, das Tatbestandselement der „Teil-
nahme vom lnland aus“ nicht feststeht, ist im vorliegenden Fall auch deshalb verfassungsgesetzlich bedenklich, weil es sich bei den Glücksspielabgaben um Selbstbemessungsabgaben handelt. Wenn aber eine Selbstbemessungsabgabe gar nie vom Abgabenpflichtigen richtig bemessen werden kann, so wird die gesetzliche Anordnung einer Selbstbemessungsabgabe zur Farce!
Dies gilt umso mehr, als eine nicht ordnungsgemäße Selbstbemessung der Glücksspielabgaben finanzstrafgesetzlich bewahrt ist. Die vom Rechtsunterworfenen anzuwendende Gesetzesbestimmung, deren Nichteinhaltung mit (finanz) strafrechtlichen
Sanktionen bedroht ist, vom Rechtsunterworfenen aber gar nicht gesetzeskonform angewendet werden kann, widerspricht dem Grundsatz nulla poene sine lege.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis Zl 2013/16/0085 vom zunächst ausgesprochen, dass es unmöglich ist, bei online Sportwetten den Aufenthaltsort des Spielers bei jedem einzelnen Glücksspiel direkt festzustellen. Nichts anderes kann bei online - Glückspielen gelten. Ferner hat der VwGH ausgesprochen, dass die Schätzung der
Wettgebühr durch die Abgabenbehörden unzulässig ist. Dies gilt gleichfalls für die
Glückspielabgabe.
Gleichzeitig hat der VwGH jedoch in seinem Erkenntnis vom ausgesprochen,
dass die Registrierungsadresse des Spielers und die verwendete lP-Adresse einen
tauglichen lndizienbeweis zur Ermittlung des Tatbestandes „Teilnahme von lnland aus
darstellen würden. Freilich ist Voraussetzung dafür, dass Registrierungsadresse und
lP-Adresse auf das gleiche Ergebnis, nämlich „die Teilnahme vom lnland aus" hinweisen.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist dies unzutreffend, sodass mangels tauglichen
lndizienbeweises für den tatsächlichen Aufenthaltsort des Kunden durch die Registrierungsadresse oder die lP-Adresse § 57 Abs 2 GSpG verfassungswidrig ist.
Festzuhalten ist, dass für eine rechtsrichtige Bemessung der Glückspielabgaben für jedes
Glückspiel die richtige Zuordnung zum lnland oder zum Ausland erfolgen muss. Eine
exakte Ermittlung, ob an einem einzelnen Spiel vom lnland aus teilgenommen wurde oder
nicht, ist daher für den Abgabenpflichtigen von großer Bedeutung, weil beim einzelnen
Glücksspiel oftmals hohe Einsätze getätigt werden, für die daher — sofern es sich um
„lnlands-Ereignisse“ handelt, Abgabenpflicht besteht, sofern es sich um „Auslands-Ereignisse“ handelt, eben nicht. Eine bloß annäherungsweise Ermittlung des Tatestandselements „Teilnahme vom Inland aus” ist daher mit rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.
Wie bei anderen Online—Glücksspielplattformen, ist es auch bei der Beschwerdeführerin
so, dass ein Kunde die Registrierungsadresse nur bei seiner erstmaligen Registrierung
als Kunde bekannt geben muss. Zwar sehen die AGB der Beschwerdeführerin vor, dass
die Kunden auch Änderungen ihrer Wohnanschrift bekannt gegeben müssen. Allerdings
kann die Beschwerdeführerin nicht überprüfen, ob die Kunden dieser Verpflichtung,
die Wohnadresse aktuell zu halten, auch nachkommen. Da eine solche Aktualisierung der
Wohnadresse mit Aufwand verbunden ist, die Wohnanschrift in der Kommunikation
zwischen dem Kunden und der Beschwerdeführerin auch nicht verwendet wird (insbe-
sondere auch nicht für die Gewährung von Bonuszahlungen oder Auszahlungen) ist die
Aktualisierung der Wohnadresse für den Kunden mit keinerlei Vorteilen verbunden. Aus diesem Grund sehen wohl die meisten Kunden davon ab, ihre Adresse zu aktualisieren,
insbesondere wenn sie meinen, dass sie die neue Anschrift nur vorübergehend haben
werden. Die Registrierungsadresse sagt somit über den tatsächlichen Wohnsitz oder
Aufenthalt des Kunden - noch dazu im Zeitpunkt der Teilnahme am Spiel - nichts aus.
Die Registrierungsadresse ist statisch und schon deshalb ungeeignet, den physischen
Aufenthaltsort eines Online-Spielers - da ja die Bruttospieleinnahme aus jedem einzelnen
Spiel den Steuergegenstand bildet (!) - bei jedem einzelnen Spiel zu identifizieren. Im
Übrigen ist auch die lP-Adresse für eine Ortsbestimmung derart unzuverlässig, dass sie
gleichfalls als lndizienbeweis für die „Teilnahme vom Inland aus“ untauglich ist. lm Ergebnis bedeutet dies, dass das Tatbestandselement der „Teilnahme vom Inland aus“ eben garnicht festgestellt werden kann. Dass ein Abgabentatbestand bei einer Selbstbemessungsabgabe vom Abgabenpflichtigen nicht selbst ermittelt werden kann,“ ist schon deshalb verfassungswidrig, weil sich damit die Selbstbemessungsabgabe ad absurdum führt. Aber auch die Abgabenbehörde kann bei Festsetzung der Glücksspielabgabe das für die Abgabenpflicht entscheidende Tatbestandselement der „Teilnahme vom Inland" aus nicht feststellen. Dies hat zur Konsequenz, dass der Abgabenpflichtige nicht einmal überprüfen kann, ob die Abgabenfestsetzung durch die Abgabenbehörde richtig ist.

Eine ähnliche Problematik, wie im Anwendungsbereich des § 57 Abs 2 GSpG, besteht im
Umsatzsteuerrecht im Zusammenhang mit der Festlegung des Leistungsortes bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen. Dort trifft der Gesetzgeber allerdings eine klare
gesetzliche Regelung und bestimmt den Leistungsort mit dem Wohnsitz, dem Sitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsempfängers, soweit die Leistungen an einen
Nichtunternehmer erbracht werden. lm Umsatzsteuerrecht werden eine Vielzahl von
unterschiedlichen Kriterien normiert, nach welchen in Abhängigkeit der Leistungsart und
der technischen Einrichtung, über die die Leistung erbracht wird, der Leistungsort vermutet wird. Ferner werden jene Kriterien normiert, mit denen die Vermutung des Leistungsortes widerlegt werden kann. Die umsatzsteuergesetzliche Regelung sowie das
Regelungskonzept sind insoweit klar. Sollte die Behörde bescheidmäßig eine unrichtige
Entscheidung über den Leistungsort treffen, kann der Rechtsunterworfene dagegen mit
Beschwerde vorgehen und den Gegenbeweis antreten. lrn Anwendungsbereich des § 57
Abs 2 GSpG hingegen gibt es keine klare gesetzliche Regelung und Anknüpfung des
Tatbestandselementes „Teilnahme vom lnland aus", weder die Behörde noch der Steuerpflichtige kann einen Beweis über dieses Tatbestandsmerkmal erbringen.

Statische Registrierungsadresse kein taugliches Mittel, den physischen Aufenthaltsort des Kunden bei der Spielteilnahme festzustellen

Die Kunden der Beschwerdeführerin müssen bei ihrer Registrierung und der Eröffnung
eines Spieler-Accounts ihre Wohnanschrift bekannt geben. Eine Überprüfung dahingehend, ob die vom Kunden angegebene Wohnanschrift korrekt ist, erfolgt - in Übereinstimmung mit den Regularien der Maltesischen Aufsichtsbehörde (MGA) - nur dann, wenn ein Kunde innerhalb von 24 Stunden die Auszahlung von in Summe mehr als EUR 2.000,- verlangt. Tatsächlich haben nur 0,9% aller Kunden seit 2011 eine Auszahlung von mehr als EUR 2.000,— innerhalb von 24 Stunden verlangt, sodass auch nur von 0,9% der Kunden die Wohnanschrift überprüft wurde.
Da der Kunde aber das Angebot der Beschwerdeführerin auch dann, wenn Österreich der Registrierungsort ist, im Ausland nutzen kann, ist die Registrierungsadresse des Kunden
kein taugliches Indiz dafür, dass der Kunde vom lnland aus an dem Glücksspiel teilnimmt.
Stellt man ausschließlich auf die Registrierungsadresse ab, bedeutet dies, dass der
Kunde mit österreichischer Registrierungsadresse jedes Glücksspiel vom lnland aus spielt.
Dies ist vor dem Hintergrund, dass ein ganz wesentlicher Teil der Jahresbrutto-
spieleinnahmen der Beschwerdeführerin aus Glücksspielen generiert wird, die über mobile Endgeräte gespielt werden, undenkbar.

Eine laufende Überprüfung der Registrierungsadresse aller Kunden erfolgt durch die
Beschwerdeführerin nicht, weil die Beschwerdeführerin die Registrierungsadresse auch nicht für die Kommunikation mit dem Kunden benötigt. Die Kunden können daher ohne
jeden Nachteil eine unrichtige Registrierungsadresse verwenden. Nicht zuletzt weil die
Verwendung einer unrichtigen Registrierungsadresse für den Kunden keine nachteiligen
Konsequenzen hat, aktualisieren Kunden die Registrierungsadresse nicht, wenn sie umziehen.

Ferner ist zu berücksichtigen: Der Kunde selbst hat im Zusammenhang mit Glücksspielabgaben keinerlei Verpflichtungen und ist insbesondere auch nicht zur Selbstbemessung und Abfuhr verpflichtet. Er wird daher bei der Registrierung die Wohnanschrift im besten Fall wahrheitsgemäß beantworten, in zahlenmäßig nicht vernachlässigbaren Fällen aber unrichtig, sei es bewusst, sei es unbewusst. Mangels drohender Sanktionen im Fall einer unrichtigen Angabe wird die Gleichgültigkeit des Kunden hinsichtlich einer unrichtigen Registrierungsadresse potenziell noch verstärkt.

Registrierungsadresse als unzulässiger lndizienbeweis

Die Registrierung des Kunden mit einer inländischen Wohnanschrift kann nicht als lndizienbeweis für die „Teilnahme vom Inland aus“ herangezogen werden.
Der lndizienbeweis will Tatsachen beweisen, die nicht Bestandteil des gesetzlichen
Tatbestandes sind (sogenannte „Hilfstatsachen“), aus denen aber unter Zuhilfenahme der
Erfahrung auf das Vorhandensein eines im gesetzlichen Tatbestand enthaltenen Tatbestandes geschlossen werden kann. Der lndizienbeweis ist nur möglich, wenn verschiedene, im konkreten Fall gegebene Lebensumstände bewiesen werden, die alle via Erfahrungssatz auf‘die eigentliche Hauptsache hindeuten, gleichsam wie eine Menge von
Pfeilen, die alle auf einen Punkt zeigen. Ein lndizienbeweis ermöglicht, aufbauend auf
erwiesenen Hilfstatsachen, mit der Hilfe von Erfahrungssätzen und logischen Operationen den Schluss auf die beweisbedürftige rechtserhebliche Haupttatsache.

Im vorliegenden Fall kann die „Teilnahme vom lnland aus“ im Zeitpunkt der
Wett-Spielteilnahme unmittelbar nicht festgestellt werden. Aber auch die mittelbare
Feststellung über einen lndizienbeweis ist nicht möglich. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass alle Kunden mit einer österreichischen Registrierungsadresse nur vom lnland aus an
den Wetten und am Glücksspiel teilnehmen, dies schon aufgrund der Tatsache, dass
auch der österreichische Kunde vom Ausland das lnternet und das Spieleangebot der Beschwerdeführerin nutzen kann und insbesondere auch, weil gerade die Nutzung mobiler Endgeräte die Nutzung im Ausland noch wahrscheinlicher macht.
Wesentlich ist auch, dass der lndizienbeweis mit keiner Beweismaßreduktion verbunden
ist. Die Abgabenbehörde ist nicht berechtigt, eine nicht im gesetzlichen Tatbestand
enthaltene Lebenstatsache zum lndizienbeweis zu erklären und dem Abgabenpflichtigen
den Gegenbeweis zu überbinden, der dem Abgabenpflichtigen von vornherein nicht gelingen kann, weil der Gegenbeweis auf die unmittelbare im gesetzlichen Tatbestand
enthaltene Tatsache nicht gelingen kann. Der Abgabenpflichtige kann höchstens die
Grundlage für den lndizienbeweis erschüttern, nämlich dadurch, dass er nachweist, dass
die Registrierungsadresse eben keinen tauglichen Hinweis darauf liefert, dass der Spieler
alle Glücksspiele vom lnland aus spielt. Dass die Registrierungsadresse als lndizienbewels für eine Teilnahme am Glücksspiel vom lnland aus jedenfalls untauglich ist, wurde
bereits ausgeführt. lm Ergebnis führt die Untauglichkeit der Registrierungsadresse als
lndizienbeweis für den Teilnahmeort dazu, dass das Tatbestandselement „Teilnahme
vom lnland aus" mit technisch machbaren, wirtschaftlich vertretbaren und rechtlich zulässigen Maßnahmen gar nicht festgestellt werden kann.
Auch ist die belangte Behörde verpflichtet darzulegen, warum und aufgrund welcher Erfahrungssätze sie meint, dass die Registrierungsadresse einen lndizienbeweis für die Teilnahme am Glücksspiel vom lnland aus darstellt. Dies hat sie nicht getan.

Die Registrierungsadresse ist als statisches Element völlig ungeeignet, um bei einer
Spielteilnahme im Internet, und erst Recht bei Verwendung von mobilen Endgeräten den
physischen Aufenthalt des Spielers zum Zeitpunkt der Spielteilnahme festzustellen.

Die österreichische Web-Analyse (ÖWA) hat eine Statistik herausgegeben, aus der sich
ergibt, dass der Anteil der lnternet-Nutzung mit mobilen Betriebssystemen in Österreich
im März 2015 bei 37,6% lag. Nur 12 Monate zuvor, im März 2014 lag der Anteil der mobilen Internetnutzung erst bei 27,1%, im März 2013 bei 15% und im März 2012 bei bloß 6,8%. Die mobile lnternet—Nutzung weist eine ungeheure Steigerungsrate auf.

Bei der Beschwerdeführerin liegt der mit mobilen Endgeräten erzielte Sportwetten-Umsatz mittlerweile bei über 48% (Mai 2015) nach 37,8% im Jahr 2014, 32,6% im
Jahr 2013 und 19,7% im Jahr 2012. Bei Live-Sportwetten liegt der Umsatz aus mobil
abgeschlossenen Sportwetten sogar bei 52,3% (Mai 1015). Der mobile Anteil bei den
Neuregistrierungen ist von 2,1% im Jahr 2012 über 11,4% im Jahr 2013, 28,5% im Jahr
2014 auf 38,2% im Mai 2015 gestiegen. Ähnliche Wachstumsraten weist der mobile Anteil bei Casino 8 Games auf. Dort ist der Anteil des mobile erzielten Stakes von 3,1%
im Jahr 2012 auf 12,9% im Jahr 2013, auf 18,9% im Jahr 2014 und mehr als 29% im Jahr 2015 gestiegen. Aus alldem kann man ersehen, dass der Anteil der über mobile Endgeräte erzielten Einsätze und Umsätze stark steigt.

Nach einer Untersuchung der Statistik Austria (im Zeitraum April-Juni 2014) nutzten 66%
der Frauen und 74% der Männer, die in den vergangenen drei Monaten das lnternet
genutzt haben, das lnternet unter Verwendung von Laptop, Smartphone oder Tablet
außerhalb von Arbeit oder Haushalt. In der Altersgruppe der 16-24 Jährigen liegt der
Prozentsatz jener, die das lnternet in den vergangenen drei Monaten einmal mobil genutzt haben bei 90% oder mehr, in der Altersgruppe der 25-34 Jährigen bei mehr als
80%. lm Einzelnen heißt es dort: 70% der lnternetnutzerinnen und Internetnutzer gaben
an, das Internet auch außerhalb des Haushalts oder der Arbeit über tragbare Geräte
(Laptop, Tablet, Mobiltelefon, Smartphone oder andere mobile Geräte) zu nutzen. Den größten Anteil an lnternetnutzerinnen und lnternetnutzern „unterwegs“ findet man bei den unter 35-Jährigen: 93% der 16- bis 24-Jährigen haben dies getan, bei den 25- bis
34-Jährigen waren es 84%. Bei genauerer Betrachtung der verwendeten mobilen Geräte
waren es 38% der Internetnutzerinnen und Internetnutzer, die einen Laptop oder ein
Tablet zum Surfen außerhalb des Haushalts oder der Arbeit verwendeten, 65% haben ein Mobiltelefon bzw. Smartphone zu diesem Zweck in Anspruch genommen.

Es ist daher auszuschließen, dass alle Kunden mit inländischer Registrierungsadresse,
die mobile Endgeräte oder Laptops verwendet haben, vom lnland aus an den Spielen und
Wetten teilgenommen haben. Die Lebenserfahrung zeigt doch, dass mobile Endgeräte auch im Ausland verwendet werden. Daher besteht eine mit an Sicherheit grenzende
Wahrscheinlichkeit dafür, dass Kunden mit inländischer Wohnadresse, die bei der
Spielteilnahme mobile Endgeräte verwendet haben, zumindest teilweise auch vom Ausland aus gespielt haben. Jedenfalls besteht kein valider Erfahrungssatz dass alle Kunden, die mit inländischer Wohnadresse registriert sind, nur vom Inland aus an den von der Beschwerdeführerin angebotenen online Wetten und Glückspielen teilnehmen.
Dass die Registrierungsadresse kein tauglicher lndizienbeweis für die Teilnahme am
Glücksspiel vom lnland aus darstellt, ergibt sich auch daraus, dass die Spieler keine
homogene Gruppe darstellen, deren einzelne Mitglieder sich gleichartig verhalten.

Wesentlich ist auch, dass es für die Glücksspielabgabe dem Grunde und der Höhe nach
auch vom Ausgang der Spiele - also Gewinn/Verlust - und zwar bei jedem einzelnen
Spiel abhängt. Verliert nämlich der Kunde bei einem Auslandsspiel, das zu Unrecht dem Inland zugeordnet wird, kommt es - obwohl der Kunde im Ausland spielt - bei der Beschwerdeführerin zu einer Erhöhung der inländischen Bruttospieleinnahmen und damit zu einer ungerechtfertigten Abgabenpflicht.
Eine unrichtige Zuordnung von Glücksspielen mit hohen Einsätzen zum lnland/Ausland
ist vor dem Hintergrund der damit für den Glücksspielanbieter verbundenen Abgabenpflicht daher unsachlich. Die lnhomogenität der Kunden und ihres Spielverhaltens macht einen Indizienbeweis des Teilnahmeortes über die Registrierungsadresse unzulässig, weil es eben keinen Erfahrungssatz gibt, dass Kunden mit inländischer Registrierungsadresse Online-Glückespiele immer oder auch nur in einem bestimmten Ausmaß vom lnland aus spielen? Jedenfalls ist die Registrierungsadresse hinsichtlich des physischen Aufenthaltsorts des Spielers im Zeitpunkt der Spielteilnahme dermaßen ungenau, dass sie nicht als lndizienbeweis dienen kann.
Die unrichtige Zuordnung von Kunden zur Inlands/Auslandsteilnahme durch die Abgabenbehörde hat auch wettbewerbsverzerrende Auswirkungen auf die  Beschwerdeführerin gegenüber anderen Glücksspielanbietern hat. Bei jedem Glücksspielanbieter gibt es einige wenige Kunden, die einen Großteil des Umsatzes bzw der Bruttospieleinnahmen ausmachen (High Roller). Wird nur aus der Gruppe der High Roller aufgrund der bestehenden Unsicherheit bei der Zuordnung des Spielers zur Inlands/Auslandsteilnahme ein Spieler falsch zugeordnet, wird ein großer Abgabenbetrag entweder fällig oder eben nicht.
Wird ein Spieler aus der High Roller Gruppe zu Unrecht dem lnland zugewiesen, erleidet
die Beschwerdeführerin gegenüber einem Mitbewerber einen Wettbewerbsnachteil, im
umgekehrten Fall erfährt die Beschwerdeführerin einen Wettbewerbsvorteil.
Schließlich ist festzuhalten, dass die Abgabenbehörden bis zum VwGH-Erkenntnis
2013/16/0085- wenngleich im Wege der Schätzung - bis zu 16% an pauschalem Abschlag auf die Bemessungsgrundlage zugelassen haben, weil eben lndizien dafür vorlagen, dass in diesem Prozentsatz die Bruttospieleinnahmen auf „Auslands-Spiele" entfallen. Dass der VwGH - nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu recht - das Schätzungsverfahren nunmehr für unzulässig erklärt hat, kann allerdings nicht dazu führen, dass die Glücksspielabgabe auf Basis der inländischen Registrierung ohne jeden Abzug festgesetzt wird, also gar kein Auslandsspiel mehr vorliegt, obwohl jedenfalls nach der bisherigen Verwaltungspraxis Indizien für „Auslands-Spiele" vorliegen.

Unmöglichkeit, den physischen Aufenthaltsort des Kunden über lP-Adressen
festzustellen:

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis 2013/16/0086 die Ansicht vertreten, auch die
lP-Adresse könnte einen lndizienbeweis für die Teilnahme vom lnland aus darstellen.
Dies ist aus folgenden Überlegungen heraus unrichtig:
a) Da der Kunde das Angebot der Beschwerdeführerin über das Internet annimmt, wäre
jedoch bloß theoretisch - die Anknüpfung an die lP-Adresse des Kunden zur Ermittlung
des physischen Aufenthaltsortes des Kunden denkbar. Die Anknüpfung an die
lP-Adresse des Kunden ist jedoch keine taugliche Methode zur Feststellung des Aufenthaltsortes des Kunden. Insbesondere kann die lP-Adresse ein lndiz für einen "falschen" Aufenthaltsort vermitteln, weil der Kunde beispielsweise über einen lnternetzugang das Angebot der Beschwerdeführerin nutzt, der über ein Firmennetzwerk hergestellt wird, welches inländische lP-Adressen „vergibt“, selbst wenn sich der Nutzer im Ausland befindet (und umgekehrt). Eines der renommiertesten Geo-Lokalisationsservices, MaxMind, gibt an, dass selbst dieses Service eine Fehlerrate von bis zu 53% bei der richtigen Zuordnung der Geo-Lokalisation einer lP-Adresse zu einer bestimmten Stadt aufweist.

Auch in Grenzregionen steigen Personen oftmals, obwohl sie sich physisch noch im
Ausland befinden, über ein österreichisches Netz und damit mit einer Österreichischen
lP-Adresse in das lnternet ein. Auch umgekehrte Fälle kommen selbstverständlich vor.

Zudem ist es ganz einfach, mit einer lP-Adresse im Internet „aufzutreten“, die keine
Rückschlüsse auf den Nutzer bzw. seinen Aufenthaltsort zulässt. Hierfür stehen eigene
Proxyserver für lP-Adressen zur Verfügung (zB www.hidemyass.com/proxy-listi). Ein
Nutzer des Glücksspielangebots der Beschwerdeführerin kann daher etwa durch Nutzung eines solchen lP-Proxy-Servers seinen Aufenthaltsort „verschleiern“. Dies mit der
Konsequenz, dass in Abhängigkeit davon, welche lP-Adressen der Proxy-Server dem
Kunden zuordnet eine Abgabenpflicht der Beschwerdeführerin begründet wird, oder eben
nicht. Es stehen VPN-Dienste zur Verfügung, welche erlauben, dass sich ein User frei
aussuchen kann, mit welcher „nationalen" IP-Adresse er im lnternet auftreten möchte. So ist möglich, obwohl der User nicht von Österreich aus in das lnternet einsteigt, mithilfe
eines VPN-Dienstes mit österreichischer IP Adresse aufzutreten.

So heißt es etwa auf http://www.vpndienste.org/land/oesterreich/: „ Es gibt zahlreiche
VPN-Anbieter die einen oder mehrere VPN-Server in Österreich besitzen. [....] Nachdem man einen Account bei einem VPN-Provider angelegt und die Clientsoftware installiert hat, kann man die Verbindung zu einem Server in Österreich aufbauen. Von nun an surft man mit einer österreichischen lP-Adresse durchs Internet und kann den Betreibern sämtlicher Online-Streams vortäuschen, sich in Österreich zu befinden.

Ein aktueller Bericht von Global Web lndex weist etwa aus, dass 15-25% aller Web-User
in Europa Proxy-Server oder andere Dienste verwenden, die einem Kunden eine andere
lokale lP-Adresse zuordnen, als er sie bei Verwendung des lnternets ohne den
Proxy-Server bzw. die angesprochenen Dienste hätte. Hier ist auch festzuhalten, dass die
Verwendung eines Proxy-Servers vom Kunden nicht jedes Mal neu eingestellt werden
muss, sondern als Einstellung beibehalten werden kann und oft auch wird, sodass dann jede Internet-Nutzung über diesen Proxy-Server und damit über eine "verfälschte" IP-Adresse" abläuft.

Die lP-Adresse eines Spielers stellt auch deshalb kein hinreichend belastbares lndiz für
den Aufenthaltsort des Kunden bei der Teilnahme am Online-Glücksspiel dar, weil Kunden das Angebot der Beschwerdeführerin oftmals über virtual private networks (VPN), wie sie von Unternehmen und Konzernen verwendet werden, in Anspruch nehmen. Bei einer
solchen Nutzung wird eine einheitliche lP-Adresse verwendet, wodurch der Eindruck
erweckt wird, der Kunde würde sich dort aufhalten, wo der central routing point liegt.
Tatsächlich kann sich der Kunde aber in einem anderen Staat aufhalten, als in jenem, in
dem sich der central routing point befindet. Durch die Nutzung von VPN's kann sich somit
ein Kunde „hinter einer lP-Adresse" verstecken.
g) Schließlich werden neue VPN/Proxy-Services angeboten, die auf einer geänderten
Technologie basieren (peer-to-peer-Technoiogy), bei der mehrere Rechner gleichberechtigt vernetzt sind, sodass ein Rechner die von anderen Rechnern im Netzwerk angebotenen Funktionen, Ressourcen, Dienstleistungen und Dateien nutzen kann, und anders als beim Internet, kein zentraler Server besteht. Durch diese Technologie werden lnternetnutzer durch den Computer eines anderen Nutzers „durchgeroutet“ und erhalten so die lP-Adresse dieses Computers. Diese Technologie funktioniert auch grenzüberschreitend, so dass sich beispielsweise ein Kunde aus dem Ausland beim Online-Glücksspiel durch einen in Österreich lokalisierten Computer „durchrouten“ lassen kann. Dadurch tritt dieser Kunde mit einer österreichischen IP-Adresse auf, obwohl sich der Kunde bei der Teilnahme am Glücksspiel physisch außerhalb von Österreich aufhält.
Da nach den bisherigen Entscheidungen der Abgabenbehörden der physische Aufenthalt
des Kunden für die Frage der Abgabenpflicht entscheidend ist, wird also eine Abgabenpflicht begründet, die mangels physischen Aufenthalts des Kunden in Österreich in Wahrheit nicht besteht.

Eine weitere Unmöglichkeit, den Aufenthalt des Kunden zu bestimmen, resultiert aus der
Tatsache, dass die Kunden der Beschwerdeführerin die von der Beschwerdeführerin
angebotenen Glücksspiele auch über mobile Endgeräte, insbesondere über Smartphones nutzen können. Die Einwahl mit Smartphones in ein Datennetz kann aber - aus verschiedensten Gründen - in ein Netz eines anderen Staates erfolgen, als jenem, in dem
sich der Smartphone-Nutzer aufhält.

Ferner wird eine nicht mit dem tatsächlichen, physischen Aufenthaltsort des lnternetusers
übereinstimmende lP-Adresse vergeben, wenn Dial-up-lnternet, Wireless lnternet Access
Devices, WiFi Hotspots, POP oder mobile Datenzugänge verwendet werden oder ein load
balancing („Umleitung von Datenvolumen in andere Netze zum Ausgleich von Überlasten“) stattfindet. Ferner wird bei einem Roaming über die Verwendung einer österreichischen SlM-Karte im Ausland stets eine österreichische lP-Adresse vergeben, obwohl die SlM-Karte nicht in Österreich verwendet wird. SlM-Karten werden in allen Smartphones und vielen l-pads, Tablets und Laptops verwendet.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die lP-Adresse keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für die „Teilnahme am Glücksspiel vom Inland aus“ darstellt. Es bestehen erhebliche Unsicherheiten bei der Festlegung des physischen Aufenthaltsortes über eine lP-Adresse. Damit steht fest. dass kein logisches Denkgesetz oder ein Erfahrungssatz besteht, wonach eine „österreichische“ lP-Adresse bedeutet, dass sich der Internet-User bei der Teilnahme am Spiel tatsächlich physisch in Österreich aufhält. Ein vom Kunden bloß fiktiv und nicht in der Realität herbeigeführter scheinbarer Aufenthalt im lnland bei der Teilnahme am Glücksspiel begründet bei Abstellen auf die lP-Adresse die Abgabenpflicht der Beschwerdeführerin - vor dem Hintergrund der gebotenen Rechtsstaatlichkeit ein entschieden abzulehnendes Ergebnis!

Dazu kommt, dass die  IP-Adresse als Beweismittel schon deshalb ausscheidet, weil sie
nach der Judikatur des EuGH nur für Zwecke, die hier nicht vorliegen, etwa der Vermeidung schwerer Strafhandlungen, gespeichert werden darf.

Unionsrechtswidrigkeit der Wettgebühr und der Glücksspielabgabe

Die Glücksspielabgabe verletzt aber auch das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gemäß Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das („MwStSystRL“) und ist
daher unionsrechtswidrig. Dies aus folgenden Gründen:

(a) Nach Art. 135 Abs. 1 lit i) der MehrwertsteuersystemRL haben die Mitgliedsstaaten
Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen
und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedsstaat festgelegt werden, von der Umsatzsteuer zu befreien.

(b) Der österreichische Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 1 Z 9 lit d) aa) UStG Umsätze aus
Wetten sowie aus Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 1 GSpG von der Umsatzsteuerpflicht
ausgenommen, soweit die Umsätze nicht durch Ausspielungen mit Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG) sowie mit Video Lottery Terminals erzielt werden.

(c) Bei der Glückspielabgabe und der Wettgebühr handelt es sich jedoch um Steuern, die in ihrer Wirkung einer Umsatzsteuer entsprechen. Da die Glückspielabgabe direkt auf die
Jahresbruttospieleinnahmen - Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne (§ 57 Abs.
5 GSpG) - eingehoben wird, handelt es sich um eine Abgabe auf den Umsatz des
Glücksspielanbieters, weil es sich bei den Jahresbruttospieleinnahmen um den Umsatz
des Glücksspielanbieters handelt.
(d) Bei der Anwendung der MwStSystRL ist es Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen,
ob die streitige Abgabe geeignet ist, den Dienstleistungsverkehr in einer mit der
- Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise zu belasten, und dabei zu untersuchen, ob sie -
deren wesentliche Merkmale aufweist.
Wie der EuGH wiederholt klargestellt hat, steht Art. 401 der MwStSystRL (alt Alt 33 der
6.-RL 77/388/EWG) Abgabenregelungen, die mit der Mehrwertsteuer konkurrieren und
deren Erhebung zu einer Kumulierung mit der Mehrwertsteuer bei ein und demselben
Umsatz führt, nur dann entgegen, wenn diese Steuern oder Abgaben den Charakter von
Umsatzsteuern haben“; und sich in ihren Merkmalen nicht hinreichend von der Mehrwertsteuer unterscheiden. Die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer hat der
EUGH bereits wiederholt dargestellt. Diese Merkmale sind folgende:

Merkmal 1: Die Mehrwertsteuer gilt als ganz allgemein für alle sich auf Dienstleistungen beziehenden Geschäfte;
Merkmal 2: Sie wird proportional zum Preis dieser Dienstleistungen erhoben;
Merkmal 3: Sie wird aufjeder Stufe des Vertriebs erhoben und somit auch auf den Preis der Dienstleistungen aufgeschlagen, weshalb sie letztlich vom Verbraucher getragen wird;
Merkmal 4: Sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Dienstleistungen, weil die von einem Geschäft fällige Steuer unter Abzug der Steuer berechnet wird, die bei dem jeweils unmittelbar vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist.

Zum Merkmal 1
lm Zusammenhang mit der grundsätzlich unechten Befreiung von der Umsatzsteuer
gemäß Art 135 Abs. 1 lit i der MwStSystRL-ist es Sache der Mitgliedstaaten, den Terminus „Glücksspiel“ zu definieren und die Beschränkungen festzulegen (Art 401 MwStSystRL).
lm Bereich des Online-Glücksspiels hat Österreich generell die unechte Steuerbefreiung
umgesetzt (vgl. § 6 Abs. 1 Z 9 lit d sub—lit. aa UStG). Das bedeutet, dass sämtliche
Vorleistungen auf der Ebene des Spielveranstalters diesen nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigen. Die Erhebung einer (Glücksspiel-)Abgabe oder (Wett-) Gebühr auf den
Umsatz des Spielveranstalters mit dem Konsumenten bei gleichzeitig bestehender
unechter Steuerbefreiung von Wetten und Glücksspielen nach dem UStG, die den
Vorsteuerabzug ausschließt, stellt in ihrer rechtlichen Qualität und Wirkung eine nach
Art 401 MwStSystRL, unzulässige Umsatzsteuer dar.
Dass die Republik Österreich die Glücksspielabgabe als Ersatz für die Mehrwertsteuer
ansieht, geht auch eindeutig aus den legistischen Maßnahmen nach der Entscheidung
Linneweber (0453/02) des EuGH hervor: Aufgrund der Entscheidung in der Sache
Linneweber hat Österreich rückwirkend ab die Umsatzsteuer auf das in
Spielbanken betriebene, konzessionierte Glücksspiel mit Glücksspielautomaten (außerhalb von Spielbanken waren Automaten immer schon umsatzsteuerpflichtig) eingeführt und im gleichen Betrag die Glücksspielabgabe für diese Zeiträume den Spielbankenbetreibern gutgeschrieben. Seit 2005 unterliegen die Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten der Umsatzsteuer, wenn diese in Spielbanken betrieben werden.
(d) Der EuGH hat ausgesprochen, dass nationale Rechtsvorschriften gegen das Unionsrecht verstoßen, wenn sie die Veranstaltung oder den Betrieb von Glücksspielen und
Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken umsatzsteuerfrei
stellen, diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, hingegen nicht Anwendung findet.
Diese gemeinschaftsrechtwidrige Rechtslage bestand in Österreich bis zum Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz (ABGÄG). Rückwirkend seit sind Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Spielbanken nunmehr umsatzsteuerfrei.
Dafür wurde ebenfalls rückwirkend zum die Spielbankabgabe für Glücksspielautomaten auf 39 % gesenkt, um die Steuerbelastung der rückwirkend bestehenden Umsatzsteuerpflicht auszugleichen.
(e) Damit steht unzweifelhaft fest: Die Glücksspielabgabe stellt eine allgemeine Verbrauchssteuer auf Dienstleistungen dar.

Zum Merkmal 2

(a) Zum zweiten vom EuGH entwickelten Kriterium ist festzuhalten, dass die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe mit jener der Mehrwertsteuer in vergleichbaren Fällen - z.B. Glücksspielautomaten - ident ist. Gemäß § 57 Abs. 2 GSpG beträgt für Ausspielungen gemäß § 12a GSpG (elektronische Lotterien), an denen die Teilnahme vom lnland aus erfolgt, die Glücksspielabgabe 40 von 100 der Jahresbruttospieleinnahmen. Gemäß § 57 Abs. 5 GSpG sind die Jahresbruttospieleinnahmen die Einsätze abzüglich der ausbezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.

(b) Die Umsatzsteuerrichtlinien sehen für umsatzsteuerpflichtige Glücksspiele wie z.B. mit
Glücksspielautomaten den Bruttoertrag als Steuerbemessungsgrundlage vor. Dieser
berechnet sich aus den Einzahlungen abzüglich der ausbezahlten Spielgewinne (vgl. Rz 860 UStR 2000, § 4 Abs. 5 - zweiter Unterabsatz UStG 1994 idFd GSp -Novelle 2008,
BGBl l Nr. 54/2010). Die Glücksspielabgabe hat dieselbe Bemessungsgrundlage wie die
Umsatzsteuer, somit ist der Grundsatz der Proportionalitat in diesem Fall gegeben.
Hinsichtlich der Ausspielung „vom lnland aus“ iSd § 57 Abs. 2 GSpG ist der Vergleich
zur Bestimmung im UStG heranzuziehen, um die Reichweite der Glücksspielabgabe
und im Weiteren auch den Grundsatz der Proportionalität zu überprüfen und zu begründen.
(d) ln § 57 Abs. 2 GSpG geht das Gesetz ebenfalls von der „Teilnahme vom lnland aus",
definiert aber nicht, unter welchen Umständen dieser Tatbestand verwirklicht wird. Seit der Änderung des GSpG durch BGBl l Nr. 126/2008 verwirklicht aber eine strafbare
Verwaltungsübertretung derjenige, der Glücksspiele zur Teilnahme vom Inland aus
veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht. Es geht somit offenbar um die Veranstaltung oder Organisation von Glücksspielen im ln- oder
Ausland, bei denen Spieler im lnland Vertragspartner sind. Der Wortlaut ist so weit, dass
in allen Fällen, in denen sich der Private im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im lnland
aufhält, die Abgabe anfällt. Auf die Ansässigkeit des Privaten im Inland. kommt es hingegen nicht an. Somit sind auch Glücksspiele mit im Ausland ansässigen Spielern, die
sich im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im lnland aufhalten, tatbestandsmäßig erfasst.
(e) Problematisch ist diese Anknüpfung bei im lnternet aus dem Ausland aus veranstalteten Glücksspielen. Der Aufenthaltsort der Spieler lässt sich im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht feststellen, wenn das Spiel online abgewickelt wird.
(f) Auf die obigen Ausführungen zur Ungenauigkeit der lP-Adresse als Mittel zur Feststellung, ob sich ein Spieler im Zeitpunkt der Spielteilnahme im ln- oder im Ausland aufhält, wird verwiesen.

Zu den Merkmalen 3 und 4
(a) im UStG ist der Umsatz aus auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen den
Umsätzen aus sonstigen Leistungen zuzuordnen”, wobei sich der Leistungsort danach bestimmt, wo der Verbraucher ansässig ist bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Diese spezielle Leistungsortregelung für elektronisch erbrachte Dienstleistungen ergibt
sich auch aus dem Art 58 bzw. Art 59 iVm Anhang ll der MwStSystRL23 bzw. aus den
Durchführungsverordnungen und ab dem auch aus dem erweiterten § 258
UStG und dem neu eingeführten Art 25a UStG.

(b) Art 135 Abs. 1 lit i der MwStSystRL befreit Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Mehrwertsteuer; Beschränkungen und Definitionen werden den Mitgliedstaaten überlassen.

(c) Zu der Frage der Überwälzung auf den Verbraucher ist klarzustellen, dass jede Steuer,
die indirekt wesentlich auf den Preis des Produktes Einfluss nimmt, als notwendige
Überwälzung auf den Verbraucher anzusehen ist. Dies wird insbesondere im Schlussantrag von Generalanwalt Leger in der Rechtssache „Careda“ deutlich und entspricht der Rechtsprechung des EuGH in der Rs „Bergandi“. Die Anwendungen der Regeln ist wichtiger als ihre formale Aussage”.

Der Begriff „Abwälzung auf den Verbraucher“ ist eines der Merkmale der europaweit
harmonisierten Umsatzsteuer, obwohl er in der wörtlichen Definition durch die Erste
Richtlinie nicht enthalten ist. Die Mehrwertsteuer wird in dieser Richtlinie einfach als
„Verbrauchsteuer“ eingestuft, um den Gedanken zum Ausdruck zu bringen, dass sie
anlässlich der Lieferung eines Gegenstands oder der Erbringung einer Dienstleistung
geschuldet wird, nicht aber, um festzustellen, dass ihre Last auf den Erwerber oder den
Empfänger abgewälzt. wird.
Aus den Ausführungen zu Merkmal 3 und 4 lit (c) und lit (d) lässt sich ableiten, dass es über den Wortlaut des Gesetzes hinaus darauf ankommt, dass es der eingeführte Mechanismus dem Wirtschaftsteilnehmer ermöglicht, in der Beziehung zum Verbraucher den Betrag der Steuer, die er für den betreffenden Umsatz entrichtet hat, in der Weise in dem praktizierten Preis einzubeziehen oder hinzuzurechnen, dass ihn die steuerliche Belastung nicht trifft. Es ist folglich auch für die Glücksspielabgabe eine ausdrückliche Anordnung der Überwälzung auf den Verbraucher nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass Glücksspielveranstalter durch die Anwendung der unechten Umsatzsteuerbefreiung vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind. Infolgedessen durchbricht die von den Vorlieferanten in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer den „Grundsatz zur Neutralität", denn sowohl die Glücksspielabgabe als auch die USt aus Vorleistungen wird letztendlich bei den Glücksspielveranstaltern zum Kostenfaktor. Wird dennoch auf die selbe Bemessungsgrundlage wie sie der Umsatzsteuer zugrunde gelegt wird, eine Steuer, Abgabe oder Gebühr erhoben, widerspricht dies den Grundprinzipien der europaweit harmonisierten Mehrwertsteuer.
Da es sich im Zusammenhang mit der Glücksspielabgabe um eine Steuer handelt, die keine Vorstufenentlastung kennen kann, da das Einräumen einer Gewinnchance nicht auf mehrere Stufen verteilt werden kann, ist der letzte Punkt der Vorsteuerentlastung nicht wesentlich bzw. nur auf der letzten Stufe durch die unechte Befreiung in der Mehrwertsteuer unterbrochen.
Wie oben dargestellt, weist die Glücksspielabgabe die wesentlichen Merkmale einer
Mehrwertsteuer auf. Bezugnehmend auf die Rechtsprechung des EuGH-Urteils in der Rs
„Dannsk Denkavit“ (C—200/90)“ verbietet Art. 401 MwStSystRL die Einführung oder
Beibehaltung einer Steuer von der Art der in Österreich erhobenen Glücksspielabgabe
bzw Wettgebühr. Die Glücksspielabgabe verletzt das in Art. 401 MwStSystRL für die
Mitgliedstaaten normierte Verbot, Steuern, Abgaben und Gebühren einzuführen, die den
Charakter von Umsatzsteuern haben, erheblich, insbesondere, wenn man die Besonderheiten der unechten Steuerbefreiung nach dem UStG berücksichtigt.

Glücksspielabgabe als Teil des unionsrechtswidrigen Glücksspielmonopols:

Die Glücksspielabgabe ist als Teil des unionsrechtswidrigen Glücksspielmonopols selbst unionsrechtswidrig. Der österreichische Gesetzgeber hat auf Basis von Art. 10 Abs 1 Z 4 B-VG mit § 3 GSpG das Glücksspielmonopol des Bundes geschaffen. Zu den Glücksspielen zählen auch Glücksspiele, wie sie die Beschwerdeführerin über das lnternet anbietet (§ 12a GSpG). Zur Durchführung von Lotterien, insbesondere von elektronischen Lotterien ist daher eine vom Bundesminister für Finanzen erteilte Konzession erforderlich. Die einzige diesbezügliche Lizenz wurde an die österreichische Lotterien Gesellschaft mbH („ÖGL“) vergeben und im Jahr 2011 mit einer Laufzeit bis 2027 verlängert. Da während der Laufzeit einer Konzession keine weitere Konzession vergeben wird und jede Konzessionsvergabe eine lnteressentensuche durch den Bundesminister für Finanzen voraussetzt (§ 14 Abs 1 GSpG) steht fest, dass während der Laufzeit der derzeit an die ÖLG vergebenen Konzession weder die Beschwerdeführerin noch ein anderer Anbieter von Online-Glücksspielen eine Konzession zur Durchführung dieser Tätigkeit in Österreich erhalten kann.

Das österreichische Glücksspielmonopol steht, wie jedes Monopol, mit den unionsrechtlich gewährleisteten Rechten der Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) und der Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) in einem Widerspruch. Wie der EuGH mehrfach in Zusammenhang mit Glücksspielmonopolen ausgesprochen hat, sind Glücksspielmonopole
unionsrechtlich unzulässig, wenn sie nicht durch die Verfolgung von im öffentlichen lnteresse liegenden Zielen, der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit der Allgemeinheit
gerechtfertigt sind, diese Ziele in einer nicht nach der Nationalität diskriminierenden Weise verfolgt und die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im gelindesten Ausmaß vorgesehen werden, welches erforderlich ist, um die das Monopol rechtfertigenden Ziele erreichen zu können. Dies setzt zudem voraus, dass sich der Monopolist selbst kohärent zu diesen Zielen verhält, also in Übereinstimmung mit jenen beschränkenden Maßnahmen und rechtfertigenden Zielen, die mit dem Monopol verbunden sind und verfolgt werden sollen. Vereinfacht gesagt: Ein Glücksspielmonopol kann nur gerechtfertigt werden, wenn der Monopolist sein unternehmerisches Handeln und seinen Marktauftritt so gestaltet, dass diese nicht den Zielen, die der Staat mit der Schaffung des Monopols (vorgeblich) erreichen will, zuwiderlaufen.

Hinsichtlich des österreichischen Glücksspielmonopols liegen bereits zahlreiche EuGH-Entscheidungen vor, nach denen das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig ist. So hat der EuGH in der Rechtssache Pfleger festgehalten, dass Österreich nicht nachweisen konnte, dass Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen sowie Glücksspielsucht in Österreich überhaupt relevante Probleme darstellen würden. Ebenso wenig konnte Österreich zeigen, dass Kriminalitätsbekämpfung und Suchtprävention und nicht die Generierung höherer Steuereinnahmen die Gründe für das Glücksspielmonopol darstellen. Auch der enorme Werbeaufwand und die aggressive Art der Werbung des Monopolisten für Online-Glücksspiele wurde hervorgehoben.
Der EuGH hat in der Rs Pfleger auch angemerkt, dass das österreichische Glücksspielmonopol möglicherweise vor allem dazu diene, Steuereinnahmen zu erhöhen.
In der Rechtssache Gambelli hat der EuGH auf Basis früherer Rechtsprechung ausgesprochen, dass "die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit beschränkende
Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen. Beschränkende Maßnahmen müssen zur
Erreichung eines im allgemeinen lnteresse liegenden Zieles erforderlich und geeignet sein" und nicht über das hinausgehen, was zur Zielerreichung unbedingt erforderlich ist.
Wie bereits ausgeführt, vermag Österreich aber nicht in einer belastbaren und überprüfbaren Weise im öffentlichen lnteresse liegende Ziele zu nennen, welche kohärent
verfolgt werden und die zudem nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele
erforderlich wäre. Vielmehr dient das österreichische Glücksspielmonopol ausschließlich dazu, den Glücksspielmarkt von Mitbewerbern abzuschotten und Steuereinnahmen für
Österreich zu erhöhen. Die Glücksspielabgabe dient diesem österreichischen Glücksspielmonopol und ist Teil desselben. Zuletzt hat sich das LG Linz ausführlich mit der kohärenten und systematischen Verfolgung von vorgebrachten Rechtfertigungsgründen für die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das österreichische Glücksspielmonopol beschäftigt. Das LG Linz kommt - noch nicht rechtskräftig - zu der Ansicht, dass das österreichische Glücksspielmonopol die zur Rechtfertigung des Monopols vorgebrachten Gründe nicht in einer kohärenten und systematischen Art und Weise verfolgt. Das österreichische Glücksspielmonopol ist daher unionsrechtswidrig.
Nach § 57 GSpG ist die Glücksspielabgabe auf alle Bruttospieleinnahmen aus Glücksspielen zu entrichten, an denen vom Inland aus Teil genommen wird. Die Glücksspielabgabepflicht besteht auch für Anbieter von Online-Glücksspielen, die von einem anderen EU-Mitgliedsstaat aus Glücksspiele im Internet anbieten und hierfür über keine österreichische Konzession verfügen, ja über gar keine österreichische Konzession verfügen können. Die ausländischen Marktteilnehmer werden daher vom österreichischen Glücksspielmarkt regulatorisch ausgeschlossen, müssen aber Glücksspielabgaben entrichten. Das Zusammenspiel von Monopol einerseits und Glücksspielabgabenpflicht für ohne Konzession anbietende Glücksspielunternehmen zeigt, worauf es Österreich mit der Schaffung des Monopols wirklich ankommt, nämlich um Abschottung des österreichischen  Glücksspielmarktes vor Konkurrenz und der Gewährleistung eines möglichst hohen Steueraufkommens aus der Durchführung von Glücksspielen.
Die Glücksspielabgabe führt darüber hinaus zu einer Wettbewerbsbeschränkung, weil sie
Glücksspielanbieter davon abhält, im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistung in
Österreich tätig zu werden und damit mit dem einzigen österreichischen Konzessionär in Wettbewerb zu treten.

Da die Glücksspielabgabe Teil des unionswidrigen, österreichischen Glücksspielmonopols ist,sind die Bestimmungen, welche die Glücksspielabgabenpflicht für Glücksspiele,
die von einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat über Österreich
im lnternet angeboten wird, in Folge Unionswidrigkeit nicht anwendbar. Für einen Anbieter von Glücksspielen aus einem EU-Mitgliedsstaat, der durch das österreichische
Glücksspielmonopol keine Konzession für das Anbieten solcher Spiele in Österreich erhalten kann, besteht aus unionsrechtlichen Gründen keine Glücksspielabgabenpflicht.

BESCHWERDE gegen die BESCHElDE ÜBER DIE ERSTE FESTSTETZUNG von SÄUMNISZUSCHLÄGEN an das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht). Die Bescheide werden jeweils ihrem gesamten lnhalt und Umfang nach angefochten.

Unter Hinweis auf den unter Punkt l dargelegten Sachverhalt und die dort vertretene Rechtsansicht schuldet die Beschwerdeführerin die ihr bescheidmäßig und unter Punkt l dieser Beschwerde bekämpften Glücksspielabgaben nicht.

Die Beschwerdeführerin bekämpft somit die nachstehenden Bescheide über die Festsetzung erster Säumniszuschläge:

Die Beschwerde wird auf die unter Punkt l dargestellten Gründe gestützt. Da die Festsetzung der Glücksspielabgaben für Jänner 2012 bis Dezember 2012 unzulässig ist, ist auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen auf die zu Unrecht festgesetzten Glücksspielabgaben unzulässig.

Die Beschwerdeführerin erlaubt sich nachstehende ANREGUNGEN:

Antrag auf Normenprüfung an den VfGH unter Beachtung der gegenständlichen
Ergänzung zur Beschwerde bzw. zum Vorlageantrag

Nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle
2012 (BGBl l 2012/51) ist nunmehr auch das Bundesfinanzgericht berechtigt, einen Antrag an den VfGH zu stellen, eine generelle Norm auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu
prüfen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend das Tatbestandselement
„Teilnahme vom Inland aus“ iSd § 57 Abs 2 GSpG und die verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte, in denen sich die Beschwerdeführerin verletzt erachtet, wurden bereits hinreichend in den Beschwerden dargelegt.

Ferner ist festzuhalten, dass sich der VfGH mit der Verfassungsmäßigkeit des in § 57 Abs
2 GSpG enthaltenen Tatbestandelements „Teilnahme vom lnland aus“ bislang nur vor
dem Hintergrund zu befassen hatte, dass in der zugrundeliegenden Bescheidbeschwerde
eine unrichtige Anwendung des § 184 BAO behauptet und die Ansicht vertreten wurde,
die Abgabenbehörden hätten die Abgabenschätzung unrichtig vorgenommen. Der VfGH
hat die Behandlung dieser Beschwerde mit dem Ausspruch abgelehnt, dass die unrichtige
Vornahme einer Schätzung nach § 184 BAO nur einfachgesetzliche, nicht aber verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte berührt.
Der hier gegenständliche Fall ist aber anders gelagert. Die Abgabenschätzung ist nach
dem VwGH-Erkenntnis 2013/16/0085 unzulässig. Der auf die Registrierungsadresse
gestützte Indizienbeweis für die Teilnahme am Glücksspiel vom lnland aus, ist bei Online-Glücksspielen in Wahrheit als lndizienbeweis untauglich und unzulässig. Der physische Aufenthaltsort des Spielers im Zeitpunkt der Spielteilnahme kann nicht über die
Registrierungsadresse indiziert und auch sonst nicht zuverlässig festgestellt werden.
Nicht nur die § 33 TP 17 Abs 2 GebG und § 57 Abs 2 GSpG regeln nicht einmal, worauf
es im Fall der „Teilnahme vom lnland aus“ ankommt - auf den tatsächlichen physischen
Aufenthalt, auf die Registrierungsadresse, den „elektronischen Aufenthaltsort, definiert
beispielsweise über lP-Adressen, lnternet-Einwahlpunkte, oder auf den „wirtschaftlichen“
Aufenthaltsort, also etwa den Staat, in dem die Kreditkarte oder das Bankkonto geführt
werden, über die Ein- und Auszahlungen vom/an den Spieler getätigt werden? Je nachdem welchen Anknüpfungspunkt man wählt: Die abgabenrechtlichen Auswirkungen sind enorm! Nimmt man etwa einen Spieler, mit dem hohe Bruttospieleinnahmen generiert werden, der über eine österreichische Bankverbindung Ein- und Auszahlungen tätigt (wirtschaftlicher Anknüpfungspunkt) aber über eine ausländische Registrierungsadresse verfügt, so sind diese - hohen - Bruttospieleinnahmen einmal abgabenpflichtig, einmal nicht. Ein wahres Glücksspiel! Das gleiche gilt naturgemäß hinsichtlich der Wettgebühren.
Das Gesetz selbst gibt zur Lösung keinen Anhaltspunkt! Während für den Bereich des
Umsatzsteuerrechts detaillierte Normen bestehen, nach welchen Kriterien sich der inländische Leistungsort bei elektronischen Dienstleistungen bestimmt, fehlt für die Zwecke der Wettgebühr und der Glücksspielabgabe trotz gleichen Regelungsbedarfs jede konkretere gesetzliche Determinierung. Aus den angeführten Gründen ist § 57 Abs 2 GSpG mit einer verfassungswidrigen Unbestimmtheit im Sinne des Art 18 B-VG behaftet, die der Gesetzgeber leicht lösen könnte. So hat der Gesetzgeber des § 23 Abs 13a UStG ausdrücklich normiert, dass bei elektronischen Leistungen der Wohnsitz, Sitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Leistungsempfängers den Ort der Leistung bestimmt.

Vorlage an den EuGH:

Das Bundesfinanzgericht möge die Frage, ob § 33 TP 17 Abs 2 GebG iVm § 33 TP 17 Abs
1 Z 1 GebG und § 57 Abs 2 GSpG gegen die Dienstleistungsverkehrsfreiheit (Art 49
AEUV), gegen die Niederlassungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder gegen Art 401 MwStSystRL
verstößt, dem EuGH gemäß Art 267 AEUV (vormals Art 234 EGV) zur Vorabendschei-
dung vorlegen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass das österreichische Glücksspielmonopol gegen
die primärrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit (Art 49 AEUV) sowie die
ebenfalls primärrechtlich gewährleistete Niederlassungsfreiheit verstößt (Art 56 AEUV).
Eine Glücksspielebgabe, die von einem in einem EU-Mitgliedstaat ansässigen Anbieter
von Glücksspielen in Österreich eingehoben wird, obwohl dieser Anbieter aufgrund des
bestehenden Monopols vom Erwerb einer Konzession für das legale Anbieten von
Glücksspielen in Österreich ausgeschlossen ist, stellt einen Teil eines unzulässigen
Monopols und eine unzulässige Wettbewerb-beschränkende Maßnahme dar.
Eine Regelung wie § 57 Abs 2 GSpG dient dazu, das unionsrechtlich unzulässige Monopol zu fördern und zu schützen. § 52 Abs 2 GSpG ist Teil des mit dem Glücksspielmonopol in Wahrheit verfolgten Zweckes, die Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel zu
maximieren und gleichzeitig private Anbieter vom Markt auszuschließen. Der Zweck der
Steuermaximierung vermag den Bestand eines Monopols vor dem Hintergrund der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nicht zu rechtfertigen.
Schließlich möge dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt werden, ob die
auf die auf die Jahresbruttospieleinnahmen im Sinne des § 57 Abs 2 GSpG zu zahlende
Glückspielabgabe unionsrechtlich und wirtschaftlich eine Mehrwertsteuer dar stellten, die
in dieser Form dem Art 401 MwStSystRL widerspricht.

Aus den vorgenannten Gründen stellt die Beschwerdeführerin folgende ANTRÄGE:
Der Beschwerde in Punkt l gegen die Glücksspielabgabenbescheide stattzugeben und
die bekämpften Bescheide aufzuheben;in eventu

keine Beschwerdevorentscheidung zu fällen und die gegenständliche Entscheidung gemäß § 262 Abs 2 lit a BAO unverzüglich dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht) zur Entscheidung vorzulegen; in Senatsbesetzung zu entscheiden, da der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts zu den gegenständlichen Rechtsfragen fehlt; gemäß § 274 Abs 1 Z 1 lit a BAO eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, damit die Beschwerdeführerin im Rahmen dieser die technischen Details der Abwicklung von Glücksspielen über die von ihr betriebenen Domains, insbesondere über Xi, darlegen kann. Hierfür wird als Zeugin Frau B.B., p.A. der Beschwerdeführerin, namhaft gemacht; im Sinne einer Stattgebung der gegenständlichen Beschwerde durch ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide zu entscheiden.

Der Beschwerde in Punkt II gegen die Bescheide über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen stattzugeben und die bekämpften Bescheide aufzuheben; In eventu keine Beschwerdevorentscheidung zu fällen und die gegenständliche Entscheidung gemäß § 262 Abs 2 lit a) BAO unverzüglich dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht) zur Entscheidung vorzulegen; in Senatsbesetzung zu entscheiden, da der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts zu den gegenständlichen Rechtsfragen fehlt; gemäß § 274 Abs 1 Z 1 lit a) BAO eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, damit die Beschwerdeführerin im Rahmen dieser die technischen Details der Abwicklung von Glücksspielen über die von ihr betriebenen Domains, insbesondere über Xi, darlegen kann. Hierfür wird als Zeugin Frau B.B., p.A. der Beschwerdeführerin, namhaft gemacht; im Sinne einer Stattgebung der gegenständlichen Beschwerde durch ersatzlose Aufhe- bung der bekämpften Bescheide zu entscheiden.

Die Einhebung der mit den bekämpften Bescheiden festgesetzten Glücksspielebgaben
und Säumniszuschläge bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegenständlichen
Beschwerden gemäß § 212a BAO auszusetzen."

Die Einhebung der beschwerdegegenständlichen ersten Säumniszuschläge wurde durch das Finanzamt ausgesetzt.

In der mündlichen Verhandlung verwies der Vertreter auf die Beschwerdeschrift und ergänzte, dass keine Meldung von Abgabenschuldigkeiten erfolgt sei, sondern lediglich der Behörde Bemessungsgrundlagen, soweit dies der Bf. möglich gewesen sei, mitgeteilt worden seien.

Es sei nicht zulässig eine Festsetzung von Glücksspielabgabe vorzunehmen und innerhalb der Zahlungsfrist einen Säumniszuschlagsbescheid zu erlassen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO gilt: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Abs. 2 Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Abs. 8: Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge der Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten bei deren Fälligkeit.

Die Fälligkeit der Glücksspielabgabe ergibt sich aus § 59 Abs. 3 GSpG. Die Glücksspielabgabe ist demnach jeweils am 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats fällig.

Verfahrensgegenständlich gibt es kein Vorbringen, dass dieser Zahlungsverpflichtung für die im Festsetzungsbescheid genannten Monate nachgekommen worden wäre, sondern lediglich Einwendungen gegen die Vorschreibung von Glücksspielabgabe.

Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich ().

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit; dies unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist (z.B. ; , 2002/16/0072), ob die Festsetzung rechtskräftig ist (z.B. ; , 2005/16/0240), ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (z.B. ).

Die Einwendungen der Bf. gegen die Abgabenfestsetzung sind daher im Verfahren über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen irrelevant.

Sollte der Beschwerde gegen die Abgabenfestsetzungen Erfolg beschieden sein, wäre dies nach § 217 Abs. 8 BAO für eine Neuberechnung von Säumniszuschlägen zu berücksichtigen.

Die Beschwerde war spruchgemäß abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 57 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100464.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at