Rechtmäßigkeit der Anwendung der Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben im Rahmen einer Abänderung nach § 295 Abs. 1 BAO
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/13/0007. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7101578/2018 erledigt.
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RV/7102541/2012-RS1 | Im Rahmen der Abänderung der Einkommensteuerbescheide einer atypisch Beteiligten kommt die Anwendung der Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben (§ 207 Abs. 2 Satz 2 BAO) nur dann zum Tragen, wenn diese nachgewiesener Maßen vorsätzlich an den Malversationen des Scheinrechnungen legenden und sohin "künstliche Verluste" erzeugenden Geschäftsführers beteiligt war. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Steuerberater, über die Beschwerde vom gegen die gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheide des FA Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2001 und 2002 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Beschwerde gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Bf. war im streitgegenständlichen Zeitraum neben der Führung eines Einzelunternehmens an der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft beteiligt.
Im Zuge einer bei vorgenanntem Unternehmen mit Prüfungsbeginn vom erfolgten, auf § 147 BAO i. V. m. § 99 Abs. 2 FinStrG beruhenden, die gesonderte Gewinnfeststellung für die Jahre 2000 bis 2007 umfassenden (Wiederholungs-)Prüfung habe - laut Punkt 3.7. der Begründung der mit datierten Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 2001 und 2002 - der Alleingeschäftsführer niederschriftlich bekannt gegeben, dass geltend gemachten - in Punkt 3.5. exakt bezeichneten - Aufwendungen der Jahre 2001 bis 2003 in realiter keine Leistungen gegenübergestanden seien, sondern diese vielmehr via Erstellung von Scheinfakturen künstlich erzeugt worden seien. In diesem Zusammenhang seien den Organen der Vorbetriebsprüfung die verrechneten Beträge - im Wege der Tätigung absichtlich falscher Angaben - soweit glaubhaft gemacht worden, so dass diese im Ausmaß von 35% Anerkennung gefunden hätten.
In Ansehung der Tatsache dass die Angaben des Geschäftsführers im Zusammenhang mit vorgetäuschten Fremdleistungen sowohl durch Feststellungen der Betriebsprüfung selbst als auch durch ein Gutachten eines beeideten Sachverständigen verifizierbar gewesen seien, sei der Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG als erfüllt anzusehen, sodass - betreffend die Ertragsteuern der mit unrechtmäßig erhöhten Verlusten "beteilten" atypisch stillen Gesellschafter - die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO zum Tragen komme.
Darüber hinaus wurde - unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auf die, die Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer der Beteiligten unmittelbar verlängernde Wirkung der in den Jahren 2005 bis 2006, respektive 2009 bis 2010 initiierten Prüfungshandlungen betreffend die (Nicht)Feststellung gemäß § 188 BAO bei der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft verwiesen.
Das Finanzamt folgte obigen Feststellungen und erließ am gegenüber der Bf. gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderte Bescheide zur Einkommensteuer für die Jahre 2001 und 2002.
In der gegen vorgenannte Bescheide erhobenen Berufung (Beschwerde) vom wurde releviert, dass der Abänderung nach § 295 Abs.1 BAO das Rechtsinstitut der Festsetzungsverjährung entgegenstehe.
Was den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 anlange, sei durch Erlassung des mit datierten Erstbescheid die (fünfjährige) Verjährungsfrist gemäß der Norm des § 209 Abs. 1 erster Satz BAO um ein Jahr, sprich sohin bis zum verlängert worden. In Ansehung der Tatsache, dass im Verlängerungsjahr 2007 seitens der Abgabenbehörde keine weitere Verlängerungshandlung gesetzt worden, sei mit Ablauf des Bemessungsverjährung eingetreten.
Was nun den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 anlange, sei anzumerken, dass durch Erlassung des Erstbescheides vom und dessen am erfolgten Abänderung, die Bemessungsverjährung um ein Jahr, sprich sohin bis zum verlängert worden sei. In Ansehung der Tatsache, dass im Verlängerungsjahr 2008 keine weiteren Verlängerungshandlungen erfolgt seien, bzw. auf der Norm des § 99 Abs. 2 FinStrG fußende Ermittlungen keine Verlängerungshandlungen darstellen, sei mit Ablauf des Bemessungsverjährung eingetreten.
Zusammenfassend sei aus oben angeführten Gründen der Abänderung der bekämpften Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002 der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen gestanden und seien diese aufzuheben.
Darüber hinaus werde die Anwendung der Verjährungsbestimmungen für hinterzogene Abgaben in Abrede gestellt, da bis zum Zeitpunkt 2006 nicht nach nachgewiesen worden sei, dass Hinterziehungen stattgefunden hätten, respektive habe auch das Ergebnis des bei der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft durchgeführten Vorprüfungsverfahrens einen diesbezüglichen Hinweis vermissen lassen.
In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die nunmehrigen Feststellungen der Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG einzig und allein auf der Aussage eines in Haft befindlichen Geschäftsführers fußen, dessen dringliches Ziel es gewesen sei aus nämlicher Haft entlassen zu werden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Zuständigkeit des BFG
Nach der Bestimmung des § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
2. Rechtliche Würdigung
2.1. Rechtsgrundlagen
Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 207 ff BAO der Verjährung. Gemäß § 207 Abs. 2 BAO in der zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide maßgeblichen Fassung (BGBl I 2004/57, in Kraft getreten gemäß § 323 Abs. 16 BAO zum ) beträgt die Verjährungsfrist für eine Abgabenfestsetzung "bei allen übrigen Abgaben", sohin auch den beschwerdegegenständlichen, fünf Jahre. Nach dem zweiten Satz leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist soweit eine Abgabe hinterzogen ist, sieben Jahre.
Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängern nach außen erkennbare, zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, Amtshandlungen die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Nach § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches.
2.2. Anwendung der Frist für hinterzogene Abgaben
Einleitend ist anzumerken, dass die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 vom unstrittiger Maßen keine nachvollziehbare Feststellungen, wonach die Bf. nämliche Abgaben nachweislich hinterzogen hat, respektive, vorsätzlich an der Hinterziehung derselben mitgewirkt hat, sondern diese lediglich mit den - im Verwaltungsgeschehen ausführlich dargestellten - Feststellungen der Betriebsprüfung bei der zwischenzeitig aufgelösten x GmbH & atypisch stille Gesellschaft begründet wurden.
Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, bildet eine Vorfrage gemäß § 116 Abs. 1 BAO für die Frage, ob die längere Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO anzuwenden ist (, mwN). Diese Beurteilung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkrete und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht (vgl , mwN; . 2009/16/0032, mwN; , mwN). Hingegen kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes für die Beantwortung der Frage, ob die für hinterzogene Abgaben vorgesehene längere Verjährungsfrist anzuwenden ist, nicht auf die Rechtsgrundlage der konkreten abgabenbehördlichen Prüfung an, somit insbesondere nicht darauf, ob auf dem Prüfungsauftrag auf § 99 Abs. 2 FinStrG Bezug genommen wird. Maßgebend ist lediglich, ob der für die Abgabenfestsetzung relevante Sachverhalt es zulässt, die Vorfrage, dass die festzusetzenden Abgaben hinterzogen wurden, nach Maßgabe der oben zitierten Rechtsprechung, rechtlich positiv zu beurteilen (vgl. ; ).
Vor dem Hintergrund vorstehender Ausführungen steht zwar unbestrittener Maßen fest, dass durch die Scheinfakturierungen des Geschäftsführers den atypisch Beteiligten, sprich sohin auch der Bf. "überhöhte" Verluste zugewiesen worden sind, so dass in objektiver Betrachtung eine Verkürzung der Einkommensteuer bewirkt wurde. Dessen ungeachtet, lässt - wie schon an oberer Stelle ausgeführt -, die Begründung jegliche Ausführungen in Bezug auf eine vorsätzliche (Mit)Beteiligung der Bf. an voran geführten Malversationen vermissen.
Nach Auffassung des BFG ist - aber ohne Nachweisführung vorsätzlichen Handelns der Bf. - die im Zuge der Maßnahme nach § 295 Abs. 1 BAO "automatisch" erfolgte Zugrundelegung der Siebenjahresfrist weder mit der betreffend die Höhe der Einkünfte resultierenden uneingeschränkten Bindungswirkung zwischen Gewinnfeststellungsverfahren und Einkommensteuerveranlagungsverfahren begründbar, noch stehen im zu beurteilenden Verfahren der die Scheinfakturen erstellende Geschäftsführer und die am Unternehmen atypisch beteiligte Bf. in einem Gesamtschuldverhältnis, mit der Folge dass auf Grund der "Einheitlichkeit des Abgabenanspruchs" jeder, wenn auch schuldloser Gesamtschuldner die dem Abgabenanspruch anhaftende Abgabenhinterziehung via Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist gegen sich gelten lassen muss (Stoll, BAO, Band 2, § 207, Seite 2172). Mit anderen Worten ausgedrückt, vermag sohin die vom Geschäftsführer zu vertretende vorsätzlich überhöhte Darstellung der Verluste eo ipso nicht die Anwendung der längeren Verjährungsfrist auf die abgeleiteten Abgaben der Bf. sprich sohin die Einkommensteuer für die Jahre 2001 und 2002 zu bewirken.
In Ansehung vorstehender Ausführungen kommt somit die verlängerte Frist gemäß § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO von sieben Jahren nicht zum Tragen und ist korrespondierend damit die Rechtmäßigkeit der Abänderung der Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 nach § 295 Abs. 1 BAO unter Zugrundelegung der Frist nach dem ersten Satz leg. cit. zu prüfen.
2.3. Konsequenzen aus den Schlussfolgerungen unter Punkt 2.2.
2.3.1. Einkommensteuer 2001
Unter Zugrundelegung der 5-jährigen Frist des § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO gelangt das BFG - aus nachstehenden Gründen - zur Überzeugung, dass der auf Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO der am erfolgten Erlassung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2001 das Rechtsinstitut der Festsetzungsverjährung entgegensteht.
Nach der Aktenlage und in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Ausführungen im Rechtsmittelschriftsatz verlängert sich die Verjährungsfrist ob der Erlassung des mit datierten Erstbescheides sowie der gemäß § 295 Abs.1 BAO erfolgten Änderungen vom sowie vom die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. Satz 1 BAO um ein Jahr, sprich sohin bis zum . In Ansehung der Tatsache, dass im Jahr 2007 seitens der Abgabenbehörde evidenter Maßen keine weitere Verlängerungshandlung erfolgte, kommt dem Einwand der Bf. wonach der am erfolgten Änderung des Einkommensteuerbescheides das Rechtsinstitut der Festsetzungsverjährung entgegengestanden ist Berechtigung zu.
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
2.3.2. Einkommensteuer 2002
Unter Zugrundelegung der 5-jährigen Frist des § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO gelangt das BFG - aus nachstehenden Gründen - zur Überzeugung, dass der auf Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO der am erfolgten Erlassung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2002 das Rechtsinstitut der Festsetzungsverjährung nicht entgegensteht.
Die Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 2002 am verlängerte die Verjährungsfrist für 2002 demgemäß bis .
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlängern abgabenbehördliche Prüfungen, deren Gegenstand Feststellungsverfahren (Feststellungsbescheide) sind, die Verjährungsfrist der von den Feststellungsbescheiden jeweils abgeleiteten Abgaben (; 98/15/0056).
Dies gilt auch für auf Erlassung solcher Feststellungsbescheide gerichtete Amtshandlungen, wie z. B . Vorhalte () oder Außenprüfungen (Ritz, BAO4, § 209 Tz 9 mit Verweis auf , 0060, 0061).
Im Jahr 2008 wurde - entgegen des im Rechtsmittelschriftsatz ins Treffen geführten Fehlens von Verlängerungshandlungen - am ein Ergänzungsersuchen des FA y an die x GmbH & atypisch stille Gesellschaft gerichtet mit dem Auftrag zur Durchsetzung des Abgabenanspruches für die Jahre 2000 bis 2007 die Anlegerprospekte und Ergebnismitteilungen für vorgenannten Zeitraum zu übermitteln. Durch diese nach außen gerichtete Amtshandlung im Feststellungsverfahren verlängerte sich die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2009.
Im Jahr 2009 erging am der Prüfungsauftrag betreffend die mit Prüfungsgegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 2000 – 2007, gefolgt von entsprechenden Prüfungshandlungen. Diese nach außen gerichtete Amtshandlung verlängerte den Eintritt der Verjährung für 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2010.
In diesem Zusammenhang ist die Bf. darauf hinzuweisen, dass der in der Literatur vertretenen - und ebenso im Berufungsschriftsatz angezogenen - Rechtsansicht, dass Ermittlungshandlungen der Finanzstrafbehörde keine die Verjährung verlängernde Amtshandlung darstellen (Ritz, BAO, § 209 Tz 30 zweiter Absatz; Baldauf, UFSaktuell 2005/11-12, S 416), der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2006/15/0077 entgegen getreten ist.
Hierbei verweist das Höchstgericht in dem zitierten Erkenntnis auf seine ständige Rechtsprechung, nach der nur solche Amtshandlungen geeignet sind, die Verjährung zu unterbrechen, die von der sachlich zuständigen Abgabenbehörde (Hinweis ) zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches vorgenommen worden sind (, 0007; , 85/15/0323; , 90/15/0115). In der Folge führt das Erkenntnis aus, dass eine Unterbrechungshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO voraussetzt, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung eines Steueranspruches unternimmt (). An den Abgabepflichtigen gerichtete Vorhalte, Anfragen oder Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen unterbrechen (verlängern) die Verjährungsfrist, wobei derartige Schreiben der Abgabenbehörde nur hinsichtlich jener Abgaben Unterbrechungswirkung (nunmehr Verlängerungswirkung) zukommt, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl. Ritz BAO, § 209 Tz. 22 und 23). Die vom Bw. und der oben zitierten Literatur vertretene Rechtsansicht, dass Ermittlungshandlungen der Finanzstrafbehörde keine Verlängerungshandlungen darstellen, lässt nach dem Erkenntnis des VwGH außer Acht, dass das für die Erhebung der Einkommensteuer zuständige Finanzamt seine Eigenschaft als Abgabenbehörde iSd § 49 Abs. 1 BAO nicht dadurch verliert, dass es zugleich seine Zuständigkeit nach § 58 FinStrG wahrnimmt. Dass ein örtlich und sachlich für die Erhebung der Einkommensteuer (eines Mitunternehmers/ Mitbeteiligten) zuständiges Finanzamt mit einem Vorhalt auch eine Verfolgungshandlung iSd § 14 Abs. 3 FinStrG setzt, steht dessen Eignung als taugliche Unterbrechungshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO daher nicht entgegen.
Gleiches muss nach dem Dafürhalten des BFG wohl auch dann gelten, wenn das für das Feststellungsverfahren sachlich und örtlich zuständige Finanzamt Verfolgungshandlungen gegen einen oder mehrere Mitunternehmer setzt und dabei gleichzeitig Ermittlungshandlungen zur Feststellung des steuerlichen Gewinnes der Mitunternehmerschaft vornimmt.
Für den vorliegenden Streitfall ist überdies festzuhalten, dass die Rechtsgrundlage für die bei der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft vorgenommene Betriebsprüfung neben § 99 Abs.2 FinStrG ausdrücklich auch die Norm des § 147 BAO war. Die Abgabenbehörde trat daher - wie schon aus dem Prüfungsauftrag ersichtlich - gegenüber der nicht nur als Finanzstrafbehörde auf sondern auch als Abgabenbehörde zu Ermittlung der Bemessungsgrundlagen auf.
Im Jahr 2010 wurden, neben Abhaltung der Schlussbesprechung bei der geprüften Mitunternehmerschaft am und Erlassung eines nach Wiederaufnahme geänderten Feststellungsbescheides für 2002 am ein gemäß § 295 BAO abgeänderter Einkommensteuerbescheide für das Jahre 2002 erlassen.
Mit dieser nach außen gerichteten Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches verlängerte sich die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2011.
Korrespondierend damit ist die am auf Basis des § 295 Abs.1 BAO erfolgte Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2002 innerhalb der (mehrmals) verlängerten Festsetzungsverjährungsfrist erfolgt und war daher seitens des Verwaltungsgerichtes dem Rechtsmittel der Bf. eine Absage zu erteilen.
3. Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den obig zitierten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie, weshalb gemäß § 25a Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 Satz 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Ryda in BFGjournal 2016, 452 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102541.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at