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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2016, RV/7102711/2013

Ausgleichsanspruch gem. § 24 Handelsvertretergesetz 1993

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb., über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes FA betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Jahr 2011 u. a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Handelsvertreter. In der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung für dieses Jahr beantragte er den Hälftesteuersatz für einen Betrag von € 143.476,28.

Mit Vorhalt vom forderte das zuständige Finanzamt (FA) den Bf. zur Darstellung der Ermittlung des Übergangsverlustes und des Veräußerungsgewinnes und weiters zur Vorlage diverser Unterlagen (Aufgabebilanz, Anlageverzeichnisses, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2011) auf. IdF übermittelte der Bf. die angeforderten Unterlagen.

Mit Bescheid vom setzte das FA die Einkommensteuer fest, ohne den Hälftesteuersatz zu gewähren:

„….Mit Schreiben vom wurde die Bestätigung der Firma B. vorgelegt, in welcher bestätigt wird, dass es sich bei der Ablöse um einen Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 24 HVertrG handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt ein Handelsvertreter durch seine laufende aktive Tätigkeit nicht den Aufbau eines eigenen Kundenstockes, sondern entsteht dieser beim Unternehmer. Im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer kommt es damit auch zu keiner Übertragung des Kundenstockes. Aus dem Wortlaut des § 24 HVertrG 1993 ergibt sich, dass der Ausgleichsanspruch nicht ein Entgelt für die Übertragung eines Kundenstockes des Handelsvertreters darstellt, sondern dass der Ausgleichsanspruch in erster Linie künftige Provisionen des Handelsvertreters abgelten soll.

Da es sich beim Ausgleichsanspruch gem. § 24 HVertrG 1993 nicht um das Entgelt für einen Kundenstock oder eine anderes Wirtschaftsgut handelt, ist der dem Handelsvertreter in Erfüllung des Ausgleichsanspruches zukommende Betrag nicht als Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich der Betriebsaufgabe anzusehen.
Somit kann der anlässlich der Auflösung des Vertragsverhältnisses gewährte Betrag nicht in die Ermittlung des gem. § 24 Abs. 2 EStG anlässlich der Betriebsaufgabe ermittelten Veräußerungsgewinnes einbezogen werden.

Mangels Vorliegens eines Veräußerungserlöses und damit eines Veräußerungsgewinnes kann daher die Tarifbegünstigung gem. § 37 Abs. 1 nicht zur Anwendung gelangen…..“

Dagegen brachte der Bf. die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung ein und wendete ein, dass im bekämpften Bescheid der gesamte im Jahr 2011 erzielte Gewinn, entgegen der Einkommensteuererklärung 2011, dem vollen Steuersatz unterzogen worden sei. Da das FA auch nicht den Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 gewährt habe, sei auch das FA davon ausgegangen, dass der Ausgleichsanspruch nicht zum Veräußerungsgewinn, sondern zum laufenden Gewinn zähle.

Da dieser Ausgleichsanspruch erst nach Betriebsaufgabe angefallen sei, sei dieser im Rahmen des Übergangsgewinnes zu ermitteln.

Der Bf. sei seit für die Firma B., also seit mehr als 7 Jahren, als Handelsvertreter tätig gewesen. Er sei am 1950 geboren und daher im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bzw. Ermittlung des Übergangsgewinnes älter als 60 Jahre gewesen. Er sei seit Beendigung seiner gewerblichen Tätigkeit ausschließlich Pensionist gewesen und habe kein Erwerbseinkommen bezogen. Somit seien die Voraussetzungen des § 37 Abs. 5 Z 3 erfüllt. Der Hälftesteuersatz für den Übergangsgewinn stehe dem Bf. somit zu.

Am erging folgender Vorhalt des FA:

Entsprechend dem telefonischen Vorhalt vom haben Sie nochmals die Möglichkeit, eine auf den Erstbescheid bezugnehmende Begründung der Berufung nachzureichen.

Im Erstbescheid wird detailliert dargelegt, weshalb es sich beim Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch gem. HVertrG um KEINEN gem. § 37 Abs 1 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn handelt.

In der Begründung der Berufung fehlt jegliches Vorbringen, warum im konkreten Fall, entgegen der ständigen Judikatur des VwGH und des UFS (zuletzt vom , RV/2262-W/08 mwN), dennoch ein mit dem Halbsatz begünstigter Veräußerungsgewinn vorliegen soll.“

Mit Schriftsatz vom („Ergänzung der Berufung bzw. Vorlageantrag“) teilte der Bf. mit, dass, da er seinen Betrieb, den er mehr als 7 Jahre als Einnahmen-Ausgaben-Rechner geführt habe, anlässlich seiner Pensionierung aufgegeben habe, vorerst, laut RZ 690 der EStRL, ein Übergangsgewinn zu ermitteln gewesen sei. Sinn des Übergangsgewinnes sei es, den Totalgewinn zu ermitteln. In diesem Totalgewinn seien sämtliche Forderungen, also auch die Forderung gegenüber der Firma B., einzubeziehen. Daher sei diese Forderung als Teil des Übergangsgewinnes zu betrachten. Da auch die Voraussetzungen des § 37 Abs. 5 EStG 1988 erfüllt seien, unterliege dieser Übergangsgewinn dem ermäßigten Steuersatz.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist, ob der dem Bf. anlässlich der Beendigung seines Handelsvertretervertrages zugeflossene Abfindungsanspruch einen „begünstigungsfähigen Aufgabegewinn“ darstellt.

§ 37 Abs. 1 und 5 EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr geltenden Fassung lauten:

(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für

- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5),

- Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6), soweit diese vorrangig den Verlust aus anderen Holznutzungen und sodann einen weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderer Waldnutzung angefallen sind, übersteigen,

- Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38)
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

[…]

(5) Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:

1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.

2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.

3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.

§ 24 Handelsvertretergesetz, BGBl 88/1993, lautet:

(1) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit

1. er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,

2. zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und

3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

(2) Der Ausgleichsanspruch besteht auch dann, wenn das Vertragsverhältnis durch Tod des Handelsvertreters endet und die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1. der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 darstellen, hiezu begründeten Anlass gegeben haben oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann, oder

2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder

3. der Handelsvertreter gemäß einer aus Anlass der Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffenen Vereinbarung mit dem Unternehmer, die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überbindet.

(4) Der Ausgleichsanspruch beträgt mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich.

(5) Der Handelsvertreter verliert den Ausgleichsanspruch, wenn er dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte geltend macht.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Bf. habe zum seinen Betrieb aufgegeben. Er habe vorher den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt, durch die Betriebsaufgabe sei es zu einem Wechsel auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 gekommen. Da der Beschwerdeführer das 60. Lebensjahr vollendet gehabt und seine Erwerbstätigkeit eingestellt habe, seien für den Übergangsgewinn die Voraussetzungen für den Hälftesteuersatz iSd § 37 Abs. 5 EStG 1988 gegeben gewesen.

Der Verwaltungsgerichthof hat im Erkenntnis vom , 2006/15/027 (unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 97/13/0195), den Erlös aus dem Ausgleichsanspruch nicht dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn des Handelsvertreters zugerechnet und ausgesprochen, aus dem Wortlaut des § 24 HVertrG 1993 ergebe sich, dass der Ausgleichsanspruch nicht ein Entgelt für die Übertragung eines Kundenstocks des Handelsvertreters darstelle, sondern dass der Ausgleichsanspruch in erster Linie künftig entgehende Provisionen des Handelsvertreters abgelten solle. Da es sich beim Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG 1993 nicht um das Entgelt für einen Kundenstock oder ein anderes Wirtschaftsgut handle, sei der dem Handelsvertreter in Erfüllung des Ausgleichsanspruchs zugekommene Betrag nicht als Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsaufgabe anzusehen.

Die „Aufgabe des Betriebes“ im Sinne des § 24 EStG liegt vor, wenn sich im Rahmen eines einheitlichen Vorganges in einem Zuge mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit der Betriebsinhaber sich des Betriebsvermögens entweder begibt oder es in sein Privatvermögen überführt (vgl. ). Die Bestimmung des § 24 EStG 1988 soll die im Zuge einer Betriebsaufgabe aufgedeckten stillen Reserven begünstigen und setzt einen Gewinn voraus, welcher sich aus der Aufgabe des Betriebes ergibt. Die Ausgleichszahlung nach § 24 HVertrG 1993 kann nicht unter diese Bestimmung eingereiht werden, weil es sich nicht um einen besonderen, sich aus der Betriebsaufgabe ergebenden Gewinn handelt. Im Beschwerdefall fehlt es somit an einem übertragenen Wirtschaftsgut.

Der Bf. zeigt in der Beschwerde nicht auf, worin im Konkreten die von ihm mit angenommene Betriebsaufgabe bestanden hat. Nach Ansicht des BFG kann allerdings dahin gestellt bleiben, ob insbesondere im Vertrag mit dem Unternehmen über die Vermittlung von Geschäften als Handelsvertreter die wesentliche Betriebsgrundlage gelegen gewesen ist und die Beendigung dieses Vertrages als Betriebsaufgabe zu werten ist. Das Entstehen des Ausgleichsanspruches iSd § 24 HVertrG 1993 ist nämlich jedenfalls erst die Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits in den Erkenntnissen vom , 94/13/0005, und vom , 94/14/0053, zum Ausdruck gebracht, dass Zahlungen, die im Aufgabezeitpunkt noch nicht als Forderungen bestehen, nicht zum Übergangsgewinn zählen. Ist der Tatbestand, der das Entstehen einer Forderung auslöst, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb veräußert bzw. aufgegeben ist, hat die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden.

Der Ausgleichsanspruch stellt nach einhelliger verwaltungsgerichtlicher Judikatur (vgl. ; ; , ) einen Teil des laufenden Gewinnes dar und ist daher als solcher auch nicht steuerbegünstigt.

Die vorliegende Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision:

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt gegenständlich kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102711.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at