Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2017, RV/6100217/2016

Pflichtteilsergänzungszahlung durch eine Privatstiftung - fortgesetztes Verfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger über die Beschwerde vom der Beschwerdeführerin PS , Anschrift, vertreten durch die mit Zustellvollmacht ausgewiesene Höllermeier Schaller & Partner Steuerberatung Salzburg GmbH & Co KG, 5020 Salzburg, Karl-Emminger-Straße 23 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, 5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 10 vertreten durch Mag. Dieter Lukesch, vom betreffend die Haftung für Kapitalertragssteuer aufgrund des Zuflusses der Pflichtteilsergänzung an X***Y*** (9/2012) zu Recht erkannt:

I)
Der bekämpfte Bescheid wird aufgehoben.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Dieses Erkenntnis ergeht im fortgesetzten Verfahren, nachdem das Bundesfinanzgericht (kurz BFG) über diese Beschwerde bereits einmal mit dem Erkenntnis entschieden und den bekämpften Bescheid aufgehoben hatte. Dabei wurde die Revision zugelassen, die vom Finanzamt (kurz FA) in der Folge ergriffen wurde.
Die Abgabenbehörde rügte beim Verwaltungsgerichtshof neben der falschen rechtlichen Beurteilung des Streitthemas, das BFG habe keine Feststellungen getroffen, wie hoch der Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach ist und ob die im Vergleich vereinbarte Summe durch die Höhe des Pflichtteilsanspruches gedeckt ist.

Das Höchstgericht bestätigte zwar die rechtliche Beurteilung des BFG, folgte der Abgabenbehörde aber darin, dass Ermittlungen unterblieben seien. Es hob das Erkenntnis des BFG unter Hinweis auf wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf ( ).

Im zitierten Erkenntnis führte es dazu wörtlich aus:

„Zuwendungen einer Privatstiftung sind unentgeltliche Vermögensübertragungen an Begünstigte oder Letztbegünstigte. Sie können in offener oder in verdeckter Form erfolgen und als Geld- bzw. Sachleistungen oder als Nutzungszuwendungen gewährt werden (vgl. Doralt, EStG16 () § 27 Tz 278). Sie setzen eine Bereicherung des Empfängers der Zuwendung und einen subjektiven Bereicherungswillen der Privatstiftung, der durch ihre Organe gebildet wird, voraus (vgl. Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2 II/520, Fraberger/Haslinger, ZfS 2008).

Die Einräumung der hier in Rede stehenden Nutzungsrechte an dem Nebengebäude stellt einen geldwerten Vorteil dar, der grundsätzlich Gegenstand einer Zuwendung sein kann. Soweit die Einräumung der Nutzungsrechte in Abgeltung von gerichtlich durchsetzbaren Pflichtteilsergänzungsansprüchen und damit zur Tilgung gesetzlicher Ansprüche erfolgte, war sie allerdings nicht von einem subjektiven Bereicherungswillen der Privatstiftung getragen. Insoweit liegen in der Einräumung der Nutzungsrechte an die Pflichtteilsberechtigten - entgegen der in der außerordentlichen Revision des Finanzamtes vertretenen Auffassung - auch keine der Kapitalertragsteuer unterliegenden Zuwendungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 vor. Nicht zu beurteilen ist im Streitfall, ob die Privatstiftung durch die in Abgeltung der Geldforderungen der Pflichtteilsberechtigten gewährten Sachleistungen allenfalls einen Einkommensteuertatbestand in Form eines tauschähnlichen Vorgangs verwirklicht hat.

Dem revisionswerbenden Finanzamt ist aber dahingehend beizupflichten, dass das Bundesfinanzgericht keine Feststellungen zur Höhe der Pflichtteilsergänzungsansprüche getroffen hat. Derartige Feststellungen wären aber notwendig gewesen, um überprüfen zu können, ob die - im Wege eines Vergleichs erfolgte - Einräumung der in Rede stehenden Nutzungsrechte in den gesetzlichen Pflichtteilsergänzungsansprüchen überhaupt Deckung findet. Die in Abgeltung solcher Geldforderungen erfolgende Einräumung der Nutzungsrechte stellt nämlich nur insoweit keine Zuwendung im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 dar und unterliegt nur insoweit nicht der Kapitalertragsteuer, als sie in der gesetzlichen Verpflichtung der Privatstiftung zur Auszahlung der Pflichtteilsergänzungsansprüche wurzelt. Der Abschluss eines Vergleichs kann nicht die Möglichkeit bieten, unentgeltliche, aufgrund des Stiftungszwecks geleistete, steuerpflichtige Zuwendungen der Steuerpflicht zu entziehen, indem sie dem Titel einer vorgeblich bestehenden gesetzlichen Verpflichtung unterstellt werden. Dies wäre der Fall, wenn aufgrund des Vergleichs Vermögensübertragungen stattgefunden hätten, deren Summe den gesetzlich zustehenden Pflichtteilsergänzungsanspruch des jeweils Berechtigten übersteigt.

Um feststellen zu können, ob es sich bei den geleisteten Vermögensübertragungen nicht zumindest teilweise um steuerpflichtige Zuwendungen iSd § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 handelt, hätte das Bundesfinanzgericht somit Feststellungen bezüglich der exakten Höhe der gegen die Mitbeteiligte gerichteten gesetzlichen Pflichtteilsergänzungsansprüche treffen müssen. Da es diese Feststellungen in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, hat es die angefochtene Entscheidung mit Rechtswidrigkeit belastet.“

Daraufhin erließ das BFG einen mit datierten Beschluss und trug dem Finanzamt unter Hinweis auf die von Zorn in RdW 2016, 284 aufgezeigten Aspekte auf, die fehlenden Ermittlungen nachzuholen und der Beschwerdeführerin Gelegenheit zum Parteiengehör zu geben. Dem kam die Abgabenbehörde nach, legte das Ergebnis mit Schreiben vom an das BFG vor und führte ergänzend aus, dass nunmehr keine Bedenken gegen eine gänzliche Zuordnung des Vergleichsbetrages zum Pflichtteilsergänzungsanspruch bestünden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Dieses Erkenntnis basiert auf dem bereits im Erkenntnis dargestellten Sachverhalt, der in den Akten des Finanzamts und des Bundesfinanzgerichts abgebildet und unbestritten ist. Auf ihn wird verwiesen.

Ergänzend kam im Zuge der Ermittlungen zutage:

Die Empfängerin der strittigen Zahlung war Alleinerbin. Weder sie noch andere Personen hatten vor dem Tod des Stifters von diesem Schenkungen erhalten. Die Zuwendungen aus der Stiftung beschränkten sich auf EUR 54.852,61 (2007) an die Alleinerbin und EUR 55.257,21 (2006) und EUR 223.894,15 (2007) an andere Personen.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch errechnete sich laut Klage mit EUR 2.927.125,65. Im Vergleichswege zugestanden wurde schlussendlich ein Geldbetrag von EUR 1.900.000,00.

[...]

Damit steht fest, dass die gesamte Vergleichssumme im errechneten und eingeklagten Pflichtteilsergänzungsanspruch Deckung fand. Gegenstand des gerichtlichen Streitverfahrens war ausschließlich dieser Anspruch. Es handelte sich deshalb dabei zur Gänze um die Abgeltung von gerichtlich durchsetzbaren Pflichtteilsergänzungsansprüchen und damit um die Tilgung gesetzlicher Ansprüche (zur Beurteilung vgl. auch ).

Die Zahlung des Pauschalbetrages war nicht von einem subjektiven Bereicherungswillen der Privatstiftung getragen, weshalb keine der Kapitalertragsteuer unterliegenden Zuwendungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 vorlagen.

Der bekämpfte Bescheid war deshalb unter Anwendung der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis ausgesprochenen Regeln ersatzlos aufzuheben.

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch die diesem Erkenntnis vorangegangene höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


Anmerkung
Fortgesetztes Verfahren zu RV/6100270/2013 nach Aufhebung durch .
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100217.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at