Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 22.11.2016, RV/7103435/2012

Vorsteuerabzug zu gewähren - Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes erfüllt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Ri. und die weiteren Senatsmitglieder XXX im Beisein der Schriftführerin Sf. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Writzmann & Partner GmbH, Wassergasse 22-26/1, 2500 Baden, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA Wien 1/23 vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2009 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid für das Jahr 2009 wird abgeändert.
Die Umsatzsteuer beträgt: Gutschrift -5.349.434,49

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) handelt es sich um eine Zweigniederlassung einer in Deutschland ansässigen Goldscheideanstalt mit Schwerpunkt auf Ankauf von sogenanntem Industriegold; d.h. Goldgranulat mit einem Feingehalt von 99,99 % welches im Unterschied zu Anlagegold nicht punziert ist. Die hier gegenständliche, in Wien seit Jänner 2008 gelegene, Betriebsstätte ist im Bereich Ankauf von Gold und Edelmetallen tätig. Die angekaufte Ware wird zur Be- und Verarbeitung nach Deutschland weitergeleitet. Geschäftsführer der Bf. ist Herr XX..

Bei der Bf. fand ab eine Außenprüfung (AP) gemäß § 147 Abs. 1 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer für den Zeitraum 1/2009 bis 9/2009 statt.

Eine (Schluss)-Besprechung wurde am abgehalten. Der formale Prüfungsabschluss mit Ausfertigung der Niederschrift erfolgte mit Datum .

Die infolge der AP getroffene Feststellung betraf die Frage der Anerkennung der Vorsteuern aus den Rechnungen für Lieferungen von Goldgranulat der Firma B.GmbH (in der Folge B.GmbH) an die Bf.
Es wurden Vorsteuern aus Lieferungen im Zeitraum Jänner bis April 2009 nicht anerkannt und die geltend gemachten Vorsteuern um einen Betrag iHv Euro 3.660.553,40 gekürzt.

In der Niederschrift vom führte die AP zum Sachverhalt u.a. aus:

Der Geschäftskontakt zur B.GmbH habe sich nach Auskunft des Geschäftsführers der Bf. aus einer Vorsprache des Vertreters der B. GmbH, einem Herrn HM, ergeben. Dieser habe am in den Räumlichkeiten der Bf. vorgesprochen und angeboten Edelmetalle verkaufen zu können. Der Vertreter der B.GmbH habe Kopien von Dokumenten wie Gewerbeschein und Firmenbuchauszug vom sowie von seinem Reisepass vorgelegt. Der Geschäftsführer der Bf. schloss daraus, dass dies nicht der erste Besuch bei einem Unternehmen in der Branche gewesen sein konnte. Der Vertreter der B.GmbH habe nicht den Eindruck vermittelt in der Branche sehr bewandert zu sein, da er während der Verhandlungen immer wieder habe Rücksprache halten müssen. Die Geschäftsführerin der B.GmbH, Frau V., sei in der gesamten Zeit der Geschäftsbeziehung nicht aufgetreten. Am sei eine Lieferung von 100 kg Silbergranulat mittels Geländewagen mit einem Schweizer Kennzeichen erfolgt. Bei späteren Lieferungen seien Fahrzeuge mit Slowakischen Kennzeichen verwendet worden. Der Geschäftsführer der Bf. gab an, dass ihn dies zwar misstrauisch gemacht hätte, er jedoch nicht wegen Abgabenbetrugs sondern in Richtung Geldwäsche überlegt habe. Er habe angenommen, dass die Ware aus Beständen aus dem ehemaligen Ostblock stammte. In dieser Annahme sei er durch das Auftreten von Slowaken bei den Lieferungen bestärkt worden. Um sich im Hinblick auf Geldwäsche abzusichern, habe die Bf. auf Zahlungen auf ein inländisches Bankkonto bestanden. Es sei tatsächlich auch nur auf das inländische Bankkonto der B.GmbH bei der Bank Austria überwiesen worden.

Bei der ersten Lieferung sei eine weitere Lieferung von 5 kg Goldgranulat zu einem Preis von „Kitco -3%“ vereinbart worden. Dies bedeute den aktuellen Goldkurs verringert um 3% Abschlag. Die Lieferung sei am nächsten Tag erfolgt. Der Vertreter der B.GmbH habe in einer späteren Aussage angegeben, dass er einen Spielraum von bis zu -6% unter dem Kurswert gehabt habe. Erkundigungen der AP hätten ergeben, dass üblicherweise bei Industriegold Abschläge von 0,5 – 1% gehandelt werden. Das Geschäft der Bf. sei daher als lukratives Geschäft beurteilt worden.
Die AP habe auch festgestellt, dass Goldgranulat als Halbfertigprodukt bei der Goldscheidung am österreichischen Markt keine übliche Handelsform darstelle. Ohne chemische Analyse könne der Feingoldgehalt nicht sofort beurteilt werden und es erübrige sich der aufwändige Scheidevorgang. Es sei daher eigentlich als unsinnig zu beurteilen, dass Gold in dieser Form einer Scheideanstalt angeboten werde, da bereits ein Scheidevorgang vorausgegangen sein musste. Als Abnehmer kämen für diese Form von Gold eher Schmuckerzeuger und Juweliere in Betracht.

Es sei für die Bezahlung der Lieferungen vereinbart worden, dass diese erst nach Analyse des genauen Goldgehalts erfolgen könne; somit entweder aufgrund eines vorliegenden Zertifikates oder nach eigener Analyse durch die Bf. bzw. deren Zentrale. Auf die Frage nach der Herkunft des Goldes sei der Bf. mitgeteilt worden, dass dieses aus dem Osten und auch aus der Schweiz stamme. Ursprungsnachweise seien nicht vorgelegt worden.

In der Folge sei es zu wöchentlichen Goldlieferungen gekommen. Die Bf. sei angerufen und gefragt worden, ob Interesse an einem Ankauf bestünde. Die Menge als auch der Preis seien dabei meist fixiert worden.

Am habe der Vertreter der B.GmbH einen aktuellen Firmenbuchauszug beigebracht, woraus die Sitzverlegung der B.GmbH als auch die 5%-Beteiligung des Herrn HM ersichtlich gewesen seien. Der Geschäftsführer der Bf. habe den Vertreter der B.GmbH direkt angesprochen, ob die bezahlte Umsatzsteuer auch an das Finanzamt abgeführt werde und sei ihm dies bestätigt worden.

Nach Ansicht der AP hätten bei der Bf. Zweifel und Bedenken an der Rechtschaffenheit des Geschäftspartners bestanden und habe beim Geschäftsführer das Bestreben bestanden, diese Zweifel bei der deutschen Zentrale auszuräumen.

Zu diesem Zeitpunkt hätten bereits eine Silberlieferung (ca. 100 kg) und fünf Goldlieferungen (ca. 60 kg) stattgefunden.
Bei der folgenden Lieferung über 25 kg Gold sei erstmalig eine Analyse über den Feingoldgehalt vorgelegt worden. Der Vertreter der B.GmbH habe in einer Aussage dazu angegeben, dass der Geschäftsführer der Bf. den Goldgehalt aufgrund des Klanges des Granulats hätte erkennen können.
Aus den Konten der Bf. sei ersichtlich gewesen, dass die Bezahlung der Lieferungen meist einen oder einige Tage nach der Lieferung erfolgt sei. Teilweise sei auch am gleichen Tag die Zahlung erfolgt.

Am habe die steuerliche Vertretung der Bf. bestätigt, dass die Rechnungen der B.GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigen. Aus dem Wortlaut dieser Bestätigung schließe die AP, dass die Bf. erhebliche Zweifel am Geschäftspartner gehabt habe.  Am teilte der Geschäftsführer der Bf. der Zentrale in Deutschland per E-Mail mit, dass er die Geschäftsräumlichkeiten der B.GmbH besucht hatte. Er habe in einem kleinen Büro den Vertreter der B.GmbH angetroffen und mit ihm gesprochen. Ein Loomis-Mitarbeiter habe eine Lieferung von der Firma CB gebracht. Der Behälter sei in der Folge bei der Bf. angeliefert worden.
Die Bf. habe am erstmals die Gültigkeit der UID-Nummer der Lieferantin abgefragt und sei diese bestätigt worden.
In den folgenden Wochen hätten sich die angelieferten Mengen kontinuierlich gesteigert. Es seien zwischen Dezember 2008 und April 2009 durchschnittlich 50 – 70 kg Goldgranulat pro Woche geliefert worden.

Am sei der steuerliche Vertreter der Lieferantin kontaktiert und ersucht worden, Auskünfte die UVA’en betreffend zu erteilen. Die UVA für November 2009 (gemeint 2008) sei in Kopie am per E-Mail übermittelt worden. Eine weitere Kopie dieser UVA mit Eingangsstempel des zuständigen FA vom sowie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vom gleichen Tag seien dem Geschäftsführer der Bf. durch die Lieferantin übergeben worden. Der Bescheinigung sei zu entnehmen gewesen, dass am durch das zuständige FA bestätigt worden sei, dass auf dem Abgabenkonto der Lieferantin keine fällige Abgabenforderung bestanden habe. Tatsächlich habe an diesem Tag keine fällige Abgabenforderung bestanden, da die Lieferantin bis zu diesem Tag keine Umsatzsteuer gemeldet hatte und die eingebrachte UVA 11/2008 einen Überschuss ausgewiesen habe. Auffällig sei nach Ansicht der AP gewesen, dass mit dieser UVA weder innergemeinschaftliche Erwerbe noch Einfuhrumsatzsteuer erklärt worden seien. Demnach hätte das gesamte Gold aus dem Inland stammen müssen, was aber der Vermutung des Geschäftsführers der Bf. über die Herkunft des Goldes entgegengestanden sei. Der Geschäftsführer der Bf. hätte aufgrund seiner Funktion im Landesgremium der WKO und als Betriebsstättenleiter der Bf. (eine von fünf oder sechs Firmen, die den Edelmetallmarkt im Inland weitgehend unter sich aufteilen) wissen müssen, dass die Lieferantin, die B.GmbH, diese Mengen Edelmetall nicht im Inland unbemerkt hätte an- und verkaufen können.

Wie die bei der Lieferantin durchgeführte Außenprüfung ergeben habe, stammten deren beanspruchte Vorsteuern ausschließlich aus Scheinrechnungen. Zudem hätten allein die Lieferungen an die Bf. im November ca. Euro 5.589.000,00 betragen, somit mehr als die in der UVA angegebenen 20%-igen Umsätze (4.455.540,32).

Dieser Umstand sei auch der deutschen Zentrale der Bf. aufgefallen. Im E-Mail vom sei zur UVA festgehalten „ … sieht auf den ersten Blick gar nicht schlecht aus. Theoretisch könnte der versteuerte Umsatz unseren Gutschriften November entsprechen, wenn wir annehmen, dass die letzte Gutschrift vom noch nicht verbucht war – wir haben 5.589.000 vergütet, er dagegen versteuert nur 4.455.000?..“

Wie außergewöhnlich umfangreich die Geschäftsbeziehung mit der B.GmbH gewesen sei, gehe auch daraus hervor, dass allein im Zeitraum 1-9/2009 die Lieferungen betragsmäßig größer gewesen seien als sämtliche andere Geschäftsbeziehungen (inkl. Dorotheum) zusammen. Dies obwohl die B.GmbH nur bis Ende April geliefert habe.

Einkäufe 1-4/2009 B.GmbH inkl. USt Euro 23.762.600; Einkäufe bei allen anderen inkl. USt ca Euro 15.700.000 (davon Dorotheum ca. 12.921.600).

Insgesamt habe die B.GmbH in diesem Zeitraum ca. 917 kg Goldgranulat geliefert. Damit sei die Lieferantin, selbst unter Einbeziehung sämtlicher Lieferanten des wesentlich größeren Stammhauses in Deutschland, die größte Lieferantin der Bf. gewesen – und das als absoluter „noname“.

Am sei durch die Zentrale in Deutschland der Kontaktmann bei der Polizei über die ungewöhnliche Geschäftsbeziehung in Wien informiert worden. Es sei um Überprüfung der Firma bzw. um Nennung eines Kontaktes in Wien ersucht worden. Am sei von der deutschen Steuerfahndung die Steuerfahndung in Wien kontaktiert worden und von dieser das zuständige FA.

Die letzte Anlieferung sei am erfolgt. Da aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen der Finanzbehörden die Möglichkeit der Bezahlung an die B.GmbH unklar gewesen sei, sei am nur der Nettobetrag überwiesen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Gültigkeit der UID-Nummer der Lieferantin bereits begrenzt gewesen. Nachdem am ein Sicherstellungsauftrag vorlag, sei die noch nicht bezahlte Umsatzsteuer durch Drittschuldnerpfändung am durch das FA sichergestellt worden. Die Vorsteuer iHv Euro 257.040,00 aus der letzten Rechnung sei anerkannt worden.

Die AP schloss, dass die Bf. aufgrund der o.a. Umstände hätte wissen müssen, dass die Umsätze der B.GmbH im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen Finanzvergehen standen. Nach Ansicht der AP habe es sich bei den Geschäften sowohl vom Gegenstand aber vor allem auch vom Umfang und von der Abwicklung her, um derart außergewöhnliche Geschäfte gehandelt, dass unter Beachtung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes ein Fortführen der Geschäftsbeziehung über die ersten Teillieferungen hinaus kaum möglich gewesen wäre. Allein aufgrund des Umfangs der Lieferungen im Vergleich zur übrigen Geschäftstätigkeit sei eine erhöhte Sorgfaltspflicht seitens der Bf. angebracht und zumutbar gewesen.

Die Geschäfte seien unter so dubiosen und ungewöhnlichen Umständen abgewickelt worden, dass ausreichend Verdachtsmomente bestanden hätten, um erkennen zu müssen, dass die B.GmbH kein rechtschaffener Geschäftspartner gewesen sei.

Diesen Verdachtsmomenten sei von der Bf. begegnet worden, indem immer neue und weitere Unterlagen zur Absicherung angefordert bzw. beigeschafft wurden ohne daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Die zu erwartende Sorgfalt sei nach Ansicht der AP schlicht zu Gunsten des Gewinnes vernachlässigt worden.

Insgesamt haben die Entgelte für den Zeitraum 1-4/2009 Euro 19.587.966,99 zzgl. 20% USt iHv Euro 3.917.593,40 betragen.
Die Vorsteuern seien iHv Euro 3.660.553,40 iSd § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG (ausgenommen des Vorsteuerbetrages aus der letzten Lieferung vom ) nicht anzuerkennen gewesen.

Die abziehbare Vorsteuer habe daher lt. AP Euro 2.049.752,17 betragen.

Die Unterfertigung der Niederschrift vom wurde durch die steuerliche Vertretung verweigert. Eine Ausfertigung der Niederschrift wurde übernommen.

Nach Einlangen der Jahreserklärung am wurde der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2009 am erlassen. In der Begründung wurde festgehalten, dass die Veranlagung unter Zugrundelegung der Feststellung der AP, der darüber aufgenommenen Niederschrift und des Prüfberichtes erfolge. Die Vorsteuer wurde entsprechend der Niederschrift (w.o.) nicht anerkannt.

Gegen den Bescheid vom wurde fristgerecht am das nunmehr hier vorliegende Rechtsmittel der Berufung (jetzt Beschwerde) erhoben. Es wurde die Festsetzung der Vorsteuer in ungekürzter Form beantragt. Weiters wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch den gesamten Senat beantragt.

In der Begründung des Rechtsmittels wurde nach Darstellung des (hinsichtlich der Abläufe unstrittigen) Sachverhaltes u.a. auf das Schreiben des steuerlichen Vertreters vom an den Prüfer unter Bezug auf eine persönliche Besprechung vom verwiesen. Dieses Schreiben sei noch unter der Annahme ergangen, dass die Finanzbehörde der Bf. ein „Angebot“ unterbreitet habe, lediglich den Vorsteuerabzug aus den Lieferungen vom 21.4. und zu versagen. Es sei u.a. dargestellt worden wie die deutsche Zentrale im Zusammenhang mit der sogenannten Kundenstammanlage zur Aufnahme einer Geschäftsbeziehung zu einem Neukunden vorgehe. Es würden umfängliche Informationen zum Kunden gesammelt. Obligatorisch seien Firmenbuchauszug, Gewerbeanmeldung, Bescheinigung der UID, alternativ UVA bzw. Kontaktaufnahme zum Steuerberater, Passkopien der handelnden Personen, Prüfung der UID-Nummer bei jedem Geschäft und auch Kontaktnahme zur Steuerfahndung. In Wien sei darüber hinaus noch das Unternehmen des Kunden besichtigt und sei der Vertreter der B.GmbH dort angetroffen worden. Die Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung sei eine rein informelle und könne außerhalb von Deutschland als unkonventionell betrachtet werden. Die konzernübliche Vorgangsweise sei als branchenüblich zu sehen und sei im konkreten Fall gelebt, abgewickelt und Schritt für Schritt abgehandelt worden. Diese Vorgangsweise werde seit vielen Jahren von der deutschen Steuerfahndung als ordentlich und branchenüblich angesehen ohne Bösgläubigkeit zu unterstellen.
Im Detail wurde in diesem Schreiben die Zusammenarbeit mit der österreichischen Steuerfahndung ab April 2009 dargestellt und festgehalten, dass diverseste Unterlagen zur Information der Behörde übermittelt worden seien. Es sei auch die Absprache mit der Behörde dargestellt worden, hinsichtlich Überweisung der Umsatzsteuer wenn die UID-Nummer der B.GmbH gültig wäre oder nicht. Es sei zwischen der österreichischen Steuerfahndung und der Bf. eine weitere Abwicklung der Geschäfte unter Aufsicht vereinbart worden um die B.GmbH keinen Verdacht schöpfen zu lassen und zudem die Möglichkeit der Beschlagnahme einer Lieferung zu schaffen. Es sei jedoch letztlich zu einer Sperre der UID-Nummer der B.GmbH gekommen. Die Umsatzsteuer für die letzte Lieferung vom sei nicht mehr an die B.GmbH bezahlt, sondern direkt auf deren Finanzamtskonto überwiesen worden. Der Vertreter der B.GmbH habe von der Durchführung einer weiteren Lieferung am Abstand genommen; die ins Auge gefasste Beschlagnahme von 20 kg Gold im Wert von Euro 445.000 sei somit seitens der Finanzbehörde vereitelt worden.

Es sei der Bf. bis dato nicht bekannt, in welcher Höhe die B.GmbH Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet habe, ob dieser die Berechtigung zum Vorsteuerabzug versagt worden sei oder ob es zu einer strafrechtlichen Verurteilung der Verantwortlichen gekommen sei.
Über die B.GmbH sei am Datum1 der Konkurs eröffnet und mit Datum2 nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben worden. Der Geschäftsführer der Bf. sei am und am als Zeuge zur B.GmbH einvernommen worden. Die Protokolle darüber seien der einzige Hinweis, dass im Zusammenhang mit den Goldlieferungen der B.GmbH finanzstrafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden seien.

Zum Gang des Prüfungsverfahrens sei darin u.a. festgehalten:
Am habe der Prüfer anlässlich einer persönlichen Besprechung die Eingangsrechnungen der B.GmbH hinsichtlich ihrer Form beanstandet. Diese Formfehler seien durch den Masseverwalter der Lieferantin korrigiert worden und die Rechnungen seitens der AP als ordnungsgemäß angesehen worden. Es sei dann der Bf. durch die Finanzbehörde ein „Angebot“ unterbreitet worden. Es sollten nur die Vorsteuern aus den letzten beiden Lieferungen im April 2009 aufgrund Verletzung von Sorgfaltspflichten versagt werden.

Da genau die Lieferungen, bei denen der Vorsteuerabzug hätte versagt werden sollen, unter Aufsicht der Finanzbehörde stattfanden, sei dieses Ansinnen der Finanzverwaltung durch die Bf. zurückgewiesen worden. Mit der schriftlichen Stellungnahme der steuerlichen Vertretung der Bf. vom seien die Vorwürfe aus Sicht der Bf. entkräftet worden. In den nächsten fünf Monaten sei von der AP nichts mehr zu hören gewesen.

Am sei die Bf. informiert worden, dass sich Österreich den Steuerausfall nicht leisten könne und dementsprechend die gesamte Vorsteuer aus 2009 nicht anerkannt werde. Gleichzeitig sei die Bf. aufgefordert worden, einen Termin für die Schlussbesprechung zu nennen.

In der Einladung vom für diese Schlussbesprechung sei als Indiz für das „Wissen hätte müssen“ der Bf. angegeben worden:

„- Ungewöhnliches Zustandekommen der Geschäftsverbindung
- Unüblichkeit der angebotenen Ware
- Unüblichkeit des Preises (3% und mehr Abschlag auf den KitCo bzw. LMX)
- Dadurch bedingte wirtschaftliche Unsinnigkeit
- Ungewöhnlichkeit des Umfanges (ca 165% der übrigen Umsätze, ca 800% der Umsätze ohne Dorotheum) für den Marktplatz Österreich
- immer raschere Lieferzyklen bei immer größer werdenden Mengen

- Offenbare Zweifel, die zugunsten des guten Geschäfts außer Acht gelassen wurden“

Die weiteren Vorwürfe wie
- Widersprüche hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs, unübliches Auftreten der agierenden Personen Herr HM und Frau V., zweifelhafte Herkunft der Ware (kein Ursprungszeugnis, keine Einfuhrpapiere) und offensichtlich unstimmige Angaben in vorliegenden Dokumenten
wurden in der Schlussbesprechung fallengelassen und nicht weiter thematisiert.

Am habe eine als „Schlussbesprechung“ titulierte Besprechung im Finanzamt stattgefunden. Teilnehmer waren der ständige steuerliche Vertreter sowie ein weiterer herangezogener Steuerberater, der Geschäftsführer der Bf. sowie der Vertreter der deutschen Zentrale und zwei Vertreter der Finanzverwaltung. Die Bf. hatte bei dieser Besprechung den Eindruck, dass der Finanzverwaltung die Usancen der Branche nicht bekannt gewesen seien. Es sei beispielsweise wieder als unüblich bezeichnet worden, dass das Gold in Plastikbehältern transportiert worden sei. Tatsächlich habe es sich um die standardmäßig verwendeten Behältnisse des Unternehmens Loomis, das auf derartige Transporte spezialisiert ist, gehandelt. Viel schwerer habe allerdings der Umstand gewogen, dass das Begehren der Bf. verweigert worden sei, telefonisch das Unternehmen XY. zu kontaktieren, um den Ankaufspreis für Industriegold mit dem Reinheitsgrad 99,99 zu erfragen. Hintergrund dieses Antrages sei gewesen, dass die Finanzbehörde während der AP, aber auch in der Niederschrift behauptete, dass die Preisfindung der Bf. für den Ankauf des Goldes nicht branchenüblich gewesen sei. Dies hätten Erhebungen bei anderen Marktteilnehmern ergeben. Wer diese „Marktteilnehmer“ gewesen seien, sei nicht bekanntgegeben worden.

Die steuerliche Vertretung habe zu dieser Besprechung am eine schriftliche Stellungnahme abgegeben.

Im März 2011 sei seitens der AP eine Niederschrift über die Schlussbesprechung an den steuerlichen Vertreter postalisch übermittelt worden. Da diese Niederschrift die Argumentation der Bf. nicht berücksichtigt, sondern lediglich eine Wiederholung der im April 2010 getätigten Vorwürfe beinhaltet habe, zudem auch der Umstand der Vereitelung der Beschlagnahme von Gold durch die Finanzbehörde verschwiegen wurde, sei die Unterzeichnung verweigert worden. Die Niederschrift habe auch keinen Hinweis auf die in der Besprechung vom gestellten Beweisanträge (z.B. Auskunft über Goldankaufspreis bei XY. und Begehr auf Akteneinsicht in die Steuerakte der B.GmbH betreffend USt 2008 und 2009) enthalten.

Während der gesamten AP sei der Bf. die Einsichtnahme in diese Akten mit der Begründung verweigert worden, dass dieses Verfahren nichts mit der AP und den steuerlichen Folgen bei der Bf. zu tun hätte. Trotzdem habe sich die Behörde auf Ermittlungsergebnisse bezogen, die für die Bf. nicht überprüfbar gewesen seien.

Die Behörde habe das Parteiengehör verletzt. Man habe der Bf. vor Abhaltung der Schlussbesprechung kundgetan, dass sich die Republik Österreich den Steuerausfall nicht leisten könne und deshalb jedenfalls der Vorsteuerabzug bei der Bf. versagt würde. Auch habe sich die Finanzbehörde auf Informanten bezogen, die nicht näher spezifiziert worden seien.

Im Rechtsmittel wurde u.a. weiter ausgeführt, dass die Bescheide mangelhaft begründet seien. Es werde darin lediglich auf die Niederschrift verwiesen. Diese enthielte zwar im Sachverhalt eine Aufzählung an Vorkommnissen, jedoch in der Schlussfolgerung nur die Feststellung, dass die Geschäfte unter „dubiosen und ungewöhnlichen“ Umständen abgewickelt worden wären, ohne diese Umstände näher zu konkretisieren. Es fehle die Darstellung aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt sei, dass gerade der festgestellte Sachverhalt vorliege und was die Behörde veranlasst habe, ein Beweismittel dem anderen vorzuziehen. ( und ). Beispielsweise habe die Finanzbehörde dem Geschäftsführer der Bf. zugebilligt, dass er über langjährige Erfahrung in der Branche verfüge. Es wäre daher naheliegend gewesen, dessen Ausführungen hinsichtlich der branchenüblichen Abwicklung der Geschäfte eher Glauben zu schenken, als anderen Auskunftspersonen, denen es an dieser Erfahrung fehlte. Dass die Beamten der AP selbst über diese Erfahrung nicht verfügten, habe sich in der Einladung zur Besprechung vom gezeigt. Aus dieser sei ersichtlich gewesen, dass den Beamten beispielsweise der Unterschied zwischen Industriegold und Bruchgold ebenso fremd gewesen sei, wie die Funktionsweise der „KitCo“. Auch der Umstand, dass der Transport von Gold in „Plastikbehältern“ laut Auffassung der Finanzbehörde verdächtig sein sollte, habe nicht für deren Branchenkenntnis gesprochen. Die Niederschrift lasse offen, warum den Aussagen des Geschäftsführers der Bf. kein Glauben geschenkt worden sei.

Es fehle an der Schlussfolgerung der Behörde in welchem Bereich die Sorgfaltspflicht nicht eingehalten worden sei. Stattdessen werde jede von der Bf. getroffene Maßnahme zur Wahrung der – auch von der AP eingeforderten erhöhten – Sorgfaltspflicht als Indiz für die Schlechtgläubigkeit der Bf. angesehen: „Es sei beispielsweise in der Branche nicht üblich Unbedenklichkeitsbescheinigungen anzufordern oder in Umsatzsteuervoranmeldungen Einsicht zu nehmen.“
Damit wäre es dem Steuerpflichtigen aber überhaupt nicht möglich erhöhten Sorgfaltspflichten nachzukommen. Er stünde somit vor der Entscheidung, ob ihm Sorglosigkeit vorgeworfen oder unterstellt werde, dass er erhöhte Sorgfaltsmaßnahmen nur setze, weil er ohnehin von der Steuerhinterziehung gewusst hätte, sich aber formal richtig verhalten wollte.

Unverständlich sei auch, weshalb die Auffassung vertreten werde, dass zwischen den durch die B.GmbH in der UVA 11/2008 gemeldeten Umsätzen und den Eingangsumsätzen der Bf. eine Differenz von 1 Million Euro bestanden habe. Der in der Niederschrift genannte Betrag habe sich auf den Bruttobetrag der im November getätigten Einkäufe bezogen; in der UVA seien die Nettobeträge angegeben gewesen. Die Belege seien der Behörde vorgelegen, sodass der Kalkulationsirrtum der AP nicht erklärbar sei. Es zeige aber mit welcher Sorglosigkeit die AP im Rahmen der Prüfung agiert habe. Der Bf. sei keine Möglichkeit eingeräumt worden den Vorwurf der AP, die Geschäftsabwicklung sei unüblich, zu widerlegen. Weder der Sachverhaltsfeststellung noch der Bescheidbegründung sei zu entnehmen gewesen, dass es auf Ebene der Vorlieferanten zu einer Umsatzsteuerhinterziehung gekommen sei. Dies sei aber für die Versagung des Vorsteuerabzuges iSd § 12 Abs. 1 Z 1 vorletzter und letzter Satz UStG unabdingbar.

Die Bf. nahm zum Vorwurf der unüblichen Preisfestsetzung u.a. wie folgt Stellung: Nicht jedem Eigentümer von Gold sei es aufgrund der Börsenbedingungen möglich direkt an den Warenbörsen zu verkaufen. Die Goldpreise an den gängigen Edelmetallbörsen seien nicht einheitlich. Ein einheitlicher Börsen-Goldkurs zu dem außerbörslich gehandelt werde, bestehe nicht. Im Fall der Bf. sei das Gold an Zwischenhändler veräußert worden, ohne es an einem öffentlichen Markt anzubieten. Man habe sich am Börsenkurs orientiert, jedoch Abschläge vorgenommen. Auch für KitCo gelte, dass er nur eine Orientierungshilfe für den Ankaufspreis für Gold darstelle. Ein Abschlag von KitCo sei bei Goldankäufen normal. Ein entsprechend zu niedriges Ankaufsangebot würde beim Verkäufer allenfalls dazu führen, sich einen anderen Kunden zu suchen. Der Markt an möglichen Ankäufern sei in Österreich überschaubar. Im gesamten Verfahren der AP sei nicht dargelegt worden, weshalb der von der Bf. bezahlte Preis zu niedrig gewesen sein sollte und warum der branchenübliche Abschlag nur 0,5 – 1% sein sollte. Ein Vergleich mit anderen Unternehmen sei von der AP nicht vorgelegt worden. 

Die Behörde stellte in der Niederschrift fest, dass Goldgranulat in Form von Industriegold keine handelsübliche Form darstelle, blieb aber schuldig darzustellen, warum dies ein Indiz für die Bösgläubigkeit des Verkäufers sei. Dabei übersehe sie, dass das angekaufte Gold nach Deutschland zur Hauptniederlassung transportiert worden sei und dort Verwendung fand. Industriegold sei in Deutschland handelsüblicher Standard. Diese Spezifikation werde sogar explizit in den deutschen Umsatzsteuerrichtlinien genannt.

Die Bf. habe darauf vertrauen können, dass die B.GmbH ihren Abgabenverpflichtungen vollständig nachgekommen sei, da diese zunächst am (aufgrund Eingangsstempel des FA) die UVA 11/2008 eingereicht habe und im Anschluss mit gleichem Datum eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA ausgestellt worden sei.

Nicht nachvollziehbar sei die Aussage der Behörde in der Niederschrift, dass das gesamte Gold aus dem Inland hätte stammen müssen, da in der UVA 11/2008 weder EUSt noch innergemeinschaftliche Erwerbe gemeldet worden seien. Die EUSt werde z.B. von jenem Unternehmen geschuldet, das zum Zeitpunkt der zollrechtlichen Anmeldung über die Ware verfügungsberechtigt sei. Dies könne sowohl der Verkäufer als auch der Einkäufer sein. Handle es sich z.B. um Waren aus der Schweiz und werden diese im Namen des Schweizer Verkäufers nach Österreich eingeführt, schulde dieser die EUSt. Die sich an die Einfuhr anschließende Lieferung an den Abnehmer sei in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. Auch der Ankauf von Gold von Privatpersonen aus dem Inland oder übrigen Gemeinschaftsgebiet würde nicht in der österreichischen UVA aufscheinen. Demzufolge sei die Feststellung, dass das Fehlen von innergemeinschaftlichen Lieferungen oder EUSt auffällig sei, nicht korrekt. Aus dem konkreten Inhalt der fraglichen UVA könne kein „Wissen-Hätte-Müssen“ der Bf. abgeleitet werden.

Die Schlussfolgerung der AP, dass die Anforderung einer UVA per se bereits das Misstrauen der Bf. beweisen würde und dies als Beweis dafür anzusehen wäre, dass die Bf. hinsichtlich der B.GmbH schlechtgläubig gewesen sei, sei absurd.

Die Bf. stelle jedoch die Frage, welche Schlüsse das zuständige Finanzamt aus der offenbar am abgegeben UVA der B.GmbH gezogen habe. Es müsse dem FA der Geschäftszweig des Unternehmens sowie die seitens der Behörde behauptete Betrugsanfälligkeit der Branche bekannt gewesen sein. Es verwundere daher warum die B.GmbH nicht zur Abgabe monatlicher UVA aufgefordert worden sei und die Entstehung der von der B.GmbH gemeldeten Vorsteuerguthaben nicht in Zweifel gezogen worden sei. Bei entsprechender Sorgfalt des zuständigen Finanzamtes wäre es im April 2009 zu keiner Lieferung mehr gekommen, da der Schwindel hätte aufgedeckt werden müssen. Die Daten der UVA hätten weitere Untersuchungen des FA nach sich ziehen müssen.

Im Hinblick auf Bedenken hinsichtlich der europarechtskonformen Anwendung der Bestimmung des UStG wurde u.a. ausgeführt, dass der EuGH im Zusammenhang mit Steuerbetrug entschieden hat, dass das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich nicht dadurch berührt werde, dass in der Lieferkette ein anderer Umsatz mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. Der Vorsteuerabzug sei nur dann zu verweigern, wenn der Leistungsempfänger wusste oder zumindest hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Ob ein Unternehmer von den betrügerischen Handlungen wissen musste, ist anhand objektiver Kriterien zu prüfen. Der EuGH hat mit einer Ausnahme selbst keine Feststellungen getroffen, welche Maßnahmen ein Unternehmer im Konkreten zu treffen hat, um sich nicht dem Vorwurf des „Wissen hätte Müssen“ auszusetzen. Die eine Ausnahme hat sich auf die Feststellung bezogen, dass dann hinreichend Verdachtsmomente entstehen, sofern der zu entrichtende Preis niedriger ist, als der am freien Markt erwartbar zu erzielende niedrigste Preis. Diese Vermutung könne jedoch widerlegt werden.

Mit Schreiben der Finanzverwaltung / Fachbereich des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde zum Rechtsmittel der Bf. die Stellungnahme der AP vom übermittelt.

Im Schreiben des Fachbereichs wurde u.a. zu den Bedenken der Bf. ausgeführt und dargelegt, dass nach der Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG der Vorsteuerabzug auch außerhalb jener Szenarien die gemeinhin als „Karusselbetrug“ bekannt sind ausgeschlossen ist, wenn die entsprechenden Voraussetzungen zum Abzug nicht gegeben sind. Die Behörde zählte in diesem Schreiben nochmals die wesentlichen Punkte auf, die im Prüfungsverfahren und bei der Schlussbesprechung Thema waren und die dazu geführt hätten, die Gutgläubigkeit des Leistungsempfängers anzuzweifeln und festzustellen, dass der Abnehmer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht beachtet habe.

Den verdächtigen oder ungewöhnlichen Begleitumständen der Lieferungen sei seitens der Bf. dahingehend begegnet worden, dass formale Nachweise abverlangt und abgelegt worden seien. Die Verdachtsmomente hätten dadurch jedoch nicht zerstreut werden können.

In der beiliegenden Stellungnahme des Prüfers vom wurde auf einzelne Punkte des Rechtsmittels Bezug genommen.

U.a. hielt der Prüfer fest, dass die ursprüngliche Absicht der AP, die Vorsteuer der letzten beiden Rechnungen abzuerkennen, nicht als „Angebot“ aufzufassen gewesen wäre. Es habe sich schlicht um die vorläufige rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch die AP gehandelt. Diese Beurteilung sei nach Einbeziehung des Fachbereichs, was zu einer mehrmonatigen Prüfungsunterbrechung geführt hätte, geändert worden. Dies sei der Bf. schriftlich mitgeteilt und im Rahmen einer Schlussbesprechung auch ausführlich besprochen worden. Dem Ansinnen der Bf. während der Besprechung bei der Fa. XY. anzurufen und vermeintlich Gold anzubieten um gewissermaßen Scheinverhandlungen zu führen, sei die AP nicht gefolgt, da derart gewonnene Erkenntnisse nach Art einer bedenklichen „Bespitzelung“ problematisch zu verwerten wären.

Zu den inhaltlichen Ausführungen hielt die AP u.a. fest, dass die Grundlage für die Feststellungen die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts gewesen sei. Der Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs sei nicht nachvollziehbar, da im gesamten Prüfungsverfahren sowohl gegenüber den Firmenverantwortlichen als auch der steuerlichen Vertretung mit allen Informationen offen umgegangen worden sei, soweit keine Verletzung berechtigter Interessen Dritter gegeben gewesen sei. Dem Vorwurf der Verwendung geheimer Beweismittel fehle es an der Grundlage. Zitierte Niederschriften und Beweise und Erkenntnisse aus dem in engem Zusammenhang stehenden Verfahren bei der B.GmbH befänden sich, soweit sie in das gegenständliche Verfahren eingeflossen sind, im Arbeitsbogen und bestehe aus Sicht der AP kein Grund diese nicht einzusehen. Eine Kopie des Berichts über die Prüfung bei der B.GmbH werde der Stellungnahme beigelegt.Durch die AP sei die Preisgestaltung (3% Abschlag auf KitCo) überprüft worden. Die Schwierigkeit dabei seien die Enge des österreichischen Marktes und die Ungewöhnlichkeit der angebotenen Ware gewesen. Wie die Bf. richtig vermutet habe, stammte eine diesbezügliche telefonische Auskunft von Herrn BJ. Es habe sich aber um keine Geheiminformation gehandelt, sondern sei diese Information glaublich in einer Besprechung mit dem Geschäftsführer der Bf. erwähnt worden. Die Abschläge bei der Preisgestaltung erschienen der AP deshalb als fragwürdig, da es sich um 99,99% reines Goldgranulat gehandelt habe und die Bf. doch mit einiger Sicherheit von der Reinheit des Materials, entgegen der z.B. unklaren Zusammensetzung von Bruchgold, hätte ausgehen können (Anscheinsprobe sowie Sofortanalyse durch den Geschäftsführer vorausgesetzt). Reines, punziertes Gold (wie Barren, Goldmünzen) weise im Detailhandel eine Preisdifferenz zwischen Ein- und Verkaufspreis von etwa 3%, teilweise darunter, auf. Da die gegenständlichen Mengen jedoch ein Vielfaches (teilweise Anlieferungen von über 50 kg) betragen haben, wäre davon auszugehen gewesen, dass die Spannen geringer gewesen seien. Die tatsächlich aber höher angesetzten Spannen seien nach Ansicht der AP nur aufgrund des Risikos gerechtfertigt, welches der Ankäufer in der Person des Verkäufers erblicke (Risiko der Geldwäsche, zweifelhafte Herkunft der Ware etc.). Der Hinweis der Bf., dass die marktdominierende XY. noch höhere Abschläge ansetze, sei daher nicht angezweifelt, sondern wie im Bericht angeführt, zur Kenntnis genommen worden. Diese Firma stehe auch vor dem gleichen Problem, was die Risikoeinschätzung der Lieferanten betreffe. Die B.GmbH konnte dort ebenso wie bei der Fa. K jeweils eine Testlieferung platzieren.

Mit Schreiben vom und nach Einsichtnahme (Oktober 2012) in den vollständigen Akt der AP brachte die steuerliche Vertretung eine Ergänzung zum Rechtsmittel ein.

Darin wurde u.a. ausgeführt, dass der Bf. nicht mitgeteilt worden sei, dass die Behörde offensichtlich selbst davon ausgegangen sei, dass die Bf. sämtliche Maßnahmen ergriffen hatte, die einem ordentlichen Geschäftsmann zugemutet werden könnten. Andernfalls wäre in der Anfrage an den internen Fachbereich vom (Beantwortung datiert mit ) in der Sachverhaltsbeschreibung nicht davon die Rede gewesen, dass seitens der Bf. erhebliche Vorsorgeüberprüfungen – insbesondere auch Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes, Kontaktaufnahme mit dem Steuerberater der B.GmbH – vorgenommen worden seien und bei der Bf. keine Verletzung der Sorgfaltspflicht hätte festgestellt werden können.

Zum Zeitpunkt der Anfrage seien sämtliche Fakten hinsichtlich der Geschäftsanbahnung sowie der –abwicklung bekannt gewesen, sodass sich die Frage stellt, was den Meinungsumschwung der AP bewirkt haben könnte. Die Beantwortung ergebe sich aus dem E-Mail des Prüfers vom : „ … habe Ende der vorigen Woche endlich die Stellungnahme des bw. FB USt wegen Rechnungsmängel und ev. Konsequenzen bekommen, leider nicht ganz das was ich mir erhofft hatte. Die einzige Möglichkeit bei der Bf. den Vorsteuerabzug zu versagen läuft darauf hinaus, nachzuweisen, dass Herr M. „ ..wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen … „ stand.
Meine Frage in diesem Zusammenhang: Hast du oder die Steufa in dieser Causa Erhebungen über andere Marktteilnehmer, Branchenusancen, rechtliche Rahmenbedingungen etc vorgenommen v.a. im Hinblick auf Ursprungszeugnisse? Im Regelfall würde ich ja bei der WKO nachhaken, das Problem ist halt, dass M. auch noch Fachgruppenobmann in der WKO ist. Hast Du Kontakt zu Ansprechpersonen anderer Marktteilnehmer (z.B. XY. etc) über die ich das auf kurzem Weg abklären könnte?

Ob seitens der AP Kontakt mit XY. aufgenommen worden sei, sei nicht bekannt. Es müsse aber vorausgesetzt werden, dass entweder kein Kontakt hergestellt worden sei, was zweifelhaft erscheine, oder XY. habe bestätigt, dass keine unübliche Vorgangsweise seitens der Bf. vorgelegen sei. Andernfalls würde sich die AP hinsichtlich der Gepflogenheiten im Goldhandel auf die Aussagen des Marktführers stützen und nicht auf Aussagen von Personen mit zweifelhaftem Ruf oder einer Person von der die AP angenommen habe, keine Ahnung vom Goldhandel zu haben. Erst vor diesem Hintergrund sei zu erklären, warum sich der Prüfer geweigert habe, den üblichen Goldankaufspreis bei XY. zu erfragen. Dieser liege nämlich unstrittiger Weise unter dem seitens der Bf. angebotenen Preis, sodass der Vorwurf eines zu niedrigen Ankaufspreises in sich zusammenfalle. Warum eine ad-hoc Erkundung beim Marktführer eine bedenkliche „Bespitzelung“ darstellen sollte bleibe vor dem Hintergrund, dass eine solche Erkundung im E-Mail vom durch den Prüfer selbst angeregt worden sei, grotesk.

Unzutreffend sei die Feststellung der AP, dass die Aberkennung der Vorsteuer aus den letzten beiden Rechnungen schlicht die vorläufige rechtliche Würdigung der Sachverhalts gewesen sein solle. Einer schlichten Würdigung stehe die „taktische“ Überlegung einer Aktennotiz vom entgegen: „Conclusio – FA 1/23 wird den Vorsteuerabzug aus den beiden letzten Rechnungen vom 22.4. und 28.4. wg § 12 (1) Z1 aberkennen. Im Fall eines RM könnte Gesellschaft u.U. mit Verböserung rechnen, da bereits zuvor Indizien dafür sprechen, dass man bewusst in Kauf nahm, dass die USt nicht abgeführt wurde.

Eine derartige taktische Überlegung, dass man von einem RM aufgrund einer Verböserungsmöglichkeit Abstand nehmen würde, habe nichts mehr mit einer schlicht rechtlichen Würdigung zu tun. Außerdem sei aus der Aktenlage nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse nach dem gewonnen worden seien, die zu einer anderen Rechtsauffassung geführt hätten.
Die Bf. sei in einer Besprechung vom über die beabsichtigte Vorsteuerkürzung informiert worden und habe dazu am eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Aufgrund dessen habe der Prüfer nochmals am beim Fachbereich angefragt, ob die Versagung des Vorsteuerabzuges der letzten beiden Rechnungen trotz der Argumente der steuerlichen Vertretung aufrecht zu erhalten sei.

Zur Feststellung, dass die Vorgangsweise unüblich gewesen wäre, da Zahlungen vor einer genauen Überprüfung des Feingehaltes geleistet worden seien, sei auf den durch die AP nicht berücksichtigten Teil der Beschuldigtenaussage des Herrn HM verwiesen. Dieser habe am u.a. ausgesagt: „Zu Beginn der Geschäftsbeziehung … wurde das Goldgranulat geliefert und einige Tage später, nach Überprüfung des Reinheitsgehaltes in Deutschland, wurde der Geldbetrag auf das Konto … überwiesen. …“.Demzufolge sei das Geld zunächst nicht ohne Kontrolle überwiesen worden, sondern erst nach Aufbau einer gewissen Kundenbeziehung.

Weiters habe Herr HM hier ausgesagt: „Einmal erinnere ich mich, das wir verunreinigtes Granulat geliefert haben und trotzdem gleich unser Geld bekamen. Herr M. hat es gleich am Klang erkannt und auf der Rechnung … mit Vorbehalt … vermerkt. Wir bekamen jedoch trotzdem unser vereinbartes Geld überwiesen. Als sich einige Tage später herausstellte, dass tatsächlich verunreinigtes Granulat geliefert wurde, hat uns Herr M. angerufen und wir vereinbarten, dass die nächste Lieferung um die Verunreinigung billiger sein muss.“Demzufolge sei der Vorwurf zurückzuweisen, dass die Bezahlung des Goldes ohne Überprüfung von statten gegangen sei.

Da zu dieser Rechtsmittelergänzung keine Stellungnahme der Finanzbehörde vorlag, wurde das Schreiben im Dezember 2015 dem zuständigen Fachbereich zur Stellungnahme übermittelt. Die diesbezügliche Antwort des Fachbereiches des Finanzamtes langte am beim Bundesfinanzgericht (BFG) ein.

Es wurde u.a. dargelegt, dass es sich bei der Anfrage des Prüfers um die Abklärung gehandelt habe, ob eine Versagung des Vorsteuerabzuges aufgrund eines formellen Rechnungsmangels, eines falschen Ausstellungsdatums, möglich sei bzw. ob dieser Mangel trotz des zwischenzeitigen Konkurses der Rechnungsausstellerin B.GmbH noch sanierbar sei. Zu diesem Zeitpunkt seien wesentliche Zeugen- und Beschuldigteneinvernahmen noch nicht vorgelegen. Es sei intern vorgesehen, dass sich ein Prüfer rechtliche / fachliche Unterstützung des Fachbereiches hole. Es sei dann üblich, dass der Prüfer in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich den betreffenden Sachverhalt ausleuchte um festzustellen, ob die Zweifel an der Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen berechtigt seien. Es sei Aufgabe des Fachbereichs, die rechtliche Würdigung zu liefern. Es sei eine reine Unterstellung der Bf., dass die Stellungnahme des Fachbereichs vom Februar 2010 zu einem Meinungsumschwung geführt hätte. Richtig sei, dass der Prüfer nicht von Anfang an in Richtung „wissen hätte müssen“ ermittelt habe. Es sei die Ermittlung des Sachverhalts noch im Gange gewesen und gewisse Aspekte seien erst im Laufe dieser Ermittlungen und teilweise aufgrund der Einvernahmen ans Licht gekommen.

Die Prüfung des FA 1/23 bei der Bf. sei aufgrund vorhergehender Maßnahmen des FA Z. eingeleitet worden. Das gesamte Prüfungsverfahren sei durch laufende Zusammenarbeit des Prüfers mit den Beamten und dem Betrugsbekämpfungskoordinator geprägt gewesen.

Den Anschuldigungen in Bezug auf taktische Überlegungen werde seitens der Abgabenbehörde entschieden entgegengetreten. Der Vermerk vom sei vom Prüfer nach einer Besprechung angefertigt worden, in welcher anscheinend darüber gesprochen worden sei, welche Rechnungen nicht anzuerkennen wären. Bereits in dieser Besprechung dürfte darüber diskutiert worden sein, ab wann ein „Wissen hätte müssen“ nach Ansicht des Prüfers bzw. der übrigen nicht genannten Besprechungsteilnehmer vorgelegen sei. Der Vermerk des Prüfers, dass ein Rechtsmittel zu einer Verböserung führen könne, da bereits zuvor Indizien dafür (Aberkennung des Vorsteuerabzuges) sprechen, könne so interpretiert werden, dass in dieser Besprechung keine endgültige Würdigung getroffen worden sei. Aus diesem Vermerk sollten keine darüber hinausgehenden Schlüsse gezogen und keine taktischen Überlegungen des Finanzamtes interpretiert werden.

Aus dem Mail vom des Prüfers an den Fachbereich des Finanzamtes gehe hervor, dass in einer Besprechung vom mit dem bundesweiten Fachbereich angeregt worden sei, zumindest die Vorsteuer aus den letzten beiden Rechnungen zu versagen. Darüber seien die Bf. und deren steuerliche Vertretung in einer Besprechung vom 27.4. informiert worden. In weiteren Besprechungen im Mai und Juni sei die Würdigung des seitens des Prüfers ermittelten Sachverhaltes abgeschlossen worden und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der steuerlichen Vertretung vom seien die Feststellungen wie im Bericht und der Niederschrift dargestellt auf Basis objektiver Gründe getroffen worden.

In einer weiteren „ergänzenden Stellungnahme“ vom wies die Abgabenbehörde zum Thema „Wissen hätte müssen“ der Bf. über Malversationen der B.GmbH nochmals und wie schon in früheren Stellungnahmen auf Auffälligkeiten im Sachverhalt bzw. auf objektive Umstände hin.
Die Abgabenbehörde komme bei Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes und bei Betrachtung der objektiven Umstände zum Schluss, dass die Bf. bei entsprechender Sorgfalt von der Einbeziehung der konkreten Umsätze in einen Umsatzsteuerbetrug hätte wissen müssen. Da sie die auf einen Umsatzsteuerbetrug deutenden Verdachtsmomente unbeachtet gelassen habe, könne dies im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH als „wissen hätte müssen“ interpretiert werden. Der Vorsteuerabzug sei daher zu versagen.

Der Bf. wurden die genannten Stellungnahmen der Abgabenbehörde vom 23.2. und mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis übermittelt.

In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung wurde u.a. niederschriftlich festgehalten.Der Geschäftsführer der Bf. brachte zur Anschauung Verpackungsmaterial mit, das für die Lieferung von Goldgranulat üblich ist. Es handelte sich dabei um Plastikbehälter in verschiedenen Größen. Aus den vorgelegten 500 g Goldgranulat bzw. Silbergranulat war zu ersehen, dass das Volumen im Verhältnis zum Gewicht nicht sehr groß ist. Daraus war zu ersehen, dass auch für große Mengen, wie z.B. 20 – 25 kg Granulat, der Behälter nur ca. 30 cm hoch und ca. 20 cm im Durchmesser sein muss. Der Geschäftsführer stellte dar, dass das Goldgranulat bei Lieferung durch Sichtkontrolle, durch haptische Kontrolle und auch durch chemische Überprüfung getestet wird. Mit dem chemischen Test kann man zumindest den Feingehalt bis zu 980 feststellen. Aufgrund der Erfahrung sei es möglich festzustellen, ob hochwertiges Granulat vorliege, nicht jedoch ob es sich um Granulat mit 999 Feingehalt handle. Detailanalysen werden in Deutschland durchgeführt. Zur Geschäftsbeziehung mit der Firma B.GmbH gab der Geschäftsführer an, dass ihm der Verkauf von Edelmetallen angeboten worden war. Er bestätigte nochmals, dass von Granulat aus dem Ostblock, aber auch aus Österreich und der Schweiz die Rede war. Im Jahr 2008 war ein derartiger Handel nicht ungewöhnlich, da durch die beginnende Wirtschaftskrise der Goldmarkt für Investoren interessant wurde. Es wurde auch Granulat aus den Ostblockländern angeboten, da dieses nicht mehr nur in den dortigen Ländern verwertet wurde. Zum Preisnachweis wurden Ausdrucke des KitCo aus den Zeiträumen 2008 und 2009 und aktuell sowie die An- und Verkaufspreise der XY. vorgelegt. KitCo abzüglich 3% war damals wie heute ein marktüblicher Preis für Industriegold. Gefragt, ob ein Angebot KitCo abzüglich 6% angenommen worden wäre, wurde geantwortet, dass dies als unseriöses Angebot eingestuft und daher abgelehnt worden wäre. Die B.GmbH hatte der Bf. gegenüber erklärt, dass der österreichische Markt aufgrund der Nähe zur Slowakei für sie interessant gewesen sei. Zum Thema Sorgfaltsmaßnahmen führte der Geschäftsführer u.a. aus, dass die Kontaktnahme zur Steuerfahndung in Deutschland eine übliche Vorgangsweise ist. Zur Absicherung werde immer wieder bei der Steuerfahndung nachgefragt, ob gegen Kunden etwas vorläge. Dies war auch der Grund, warum die Bf. schließlich auch Kontakt zur Steuerfahndung in Wien aufnahm. Es ist für die Bf. auch üblich mit den Steuerberatern der Kunden zu kommunizieren. Das Geschäft mit dem Dorotheum läuft üblicherweise anders. Dieses liefere meist Bruchgold das in Wien eingeschmolzen und nach Deutschland zur Analyse geliefert wird. Danach erfolgt die Abrechnung. Wird Gold angeboten, das erst analysiert werden muss, werden für die Kunden „Goldkonten“ geführt und auf diesen An- und Verkauf verbucht. Für die B.GmbH wurde ein solches Konto nicht geführt, da hier der Ankauf sofort erfolgte und auch der Preis vor der Lieferung bereits festgelegt war.

Seitens der Abgabenbehörde wurde nochmals betont, dass sich für sie bereits seit der Anforderung der UVA 11/2008 der Lieferantin durch die Bf. am der Verdacht erhärtet hatte, dass die Bf. „Wissen“ über die Umsatzsteuerhinterziehung haben musste. Daraus folgte, dass die Vorsteuer der Monate 1-4/2009 (aus den Rechnungen der B.GmbH) nicht anerkannt wurde. Der Prüfer merkte an, dass ihm die Vorkommnisse um die B.GmbH und die dort gesetzten Prüfungsschritte erst im Rahmen der von ihm bei der Bf. durchgeführten Prüfung bekannt geworden seien. Die Zuteilung zur USO-Prüfung war auf Anregung des FA Z. erfolgt. Es bestand Kontakt zum dortigen Prüfer. Er war informiert, im Hinblick auf etwaige Umsatzsteuerhinterziehung zu prüfen. Zum E-Mail vom gab der Prüfer an, dass die Angaben gegenüber dem Fachbereich seinen ersten Eindruck nach Prüfungsbeginn darstellten. Formell waren die Rechnungen aufgrund der falschen Datumsangabe nicht korrekt. Aufgrund der Anregung durch den bundesweiten Fachbereich zu Beginn 2010 wurden der vorliegende Sachverhalt und die ergänzend gesammelten Unterlagen im Hinblick auf das Vorliegen von Umsatzsteuerhinterziehung und „Wissen müssen“ geprüft.

Über die Beschwerde wurde entschieden

In § 12 Abs. 1 UStG 1994 ist das Recht des Unternehmers auf Vorsteuerabzug geregelt. Demnach kann der Unternehmer die von einem anderen Unternehmer in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Das Recht auf Vorsteuerabzug entfällt, wenn die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt wird, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
Es ist jedoch für das Recht auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung, ob die Umsatzsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus entrichtet wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH leitet dieser die Versagung des Vorsteuerabzuges aus dem allgemeinen Verbot missbräuchlicher Praktiken ab. Er hält jedoch auch fest, dass die Versagung des Rechts auf Vorsteuer abzug eine Ausnahme vom Grundprinzip darstellt. Es obliegt folglich den zuständigen Steuerbehörden, die objektiven Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, rechtlich hinreichend nachzuweisen (vgl. EuGH C-285/11).

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die Bf. von Umsatzsteuerhinterziehungen ihrer Lieferantin „wusste oder wissen musste“ und daher der Vorsteuerabzug zu verwehren war.

Der Bf. wurde in Folge einer ab November 2009 bis März 2011 für die Monate 1 – 9/2009 durchgeführten Außenprüfung (AP) der Vorsteuerabzug aus Rechnungen der B.GmbH für Lieferungen von Goldgranulat im Zeitraum 1 – 4/2009 aberkannt. Insgesamt wurde daraus für das Jahr 2009 eine Vorsteuer iHv Euro 3.660.553,40 nicht anerkannt.

Dies wurde in der Niederschrift zur Schlussbesprechung vom sowie im weiteren Verfahren damit begründet, dass die Bf. „wusste oder wissen musste“, dass das liefernde Unternehmen, die B.GmbH, an Umsatzsteuerhinterziehungen beteiligt war.
 

Aufgrund des in der Folge dargestellten, der Entscheidung zugrunde zu legenden, Sachverhalts war festzustellen:
Die Geschäftsbeziehung der Bf. mit der B.GmbH begann im Oktober 2008 und dauerte bis April 2009. Die B.GmbH trat durch ihren Vertreter, Herrn HM, im Oktober 2008 an die Bf. heran und bot ihr die Lieferung von Edelmetallen an. Der Vertreter gab gegenüber dem Geschäftsführer der Bf. an, dass es sich bei der Ware um Bestände aus dem Ostblock, der Slowakei, der Schweiz aber auch aus Österreich handle. Es wurden beim Erstbesuch Kopien des Gewerbescheins sowie des Firmenbuchauszuges mit Stand sowie eine Kopie des Reisepasses des Vertreters der B.GmbH vorgelegt. Im November 2008 wurde ein aktueller Firmenbuchauszug beigebracht, woraus die Sitzverlegung der B.GmbH sowie der Status des Vertreters der B-GmbH als Minderheitsgesellschafter ab ersichtlich waren. Nach der am Tag des Erstkontakts erfolgten ersten Lieferung von 100 kg Silbergranulat wurde der Bf. die Lieferung von 5 kg Goldgranulat zu einem Preis von „KitCo abzüglich 3%" angeboten. Die Bf. nahm das Angebot an und es kam in den folgenden Monaten zu Lieferungen von bis zu 60 kg Goldgranulat pro Lieferung. Für die Anlieferung der Ware wurden Fahrzeuge mit Slowakischen bzw. Schweizer Kennzeichen verwendet. Für die Bezahlung wurde vereinbart, dass diese erst nach Analyse des Goldgehalts erfolgen wird. Die Vorlage eines Zertifikates oder die Analyse durch die Bf. wäre erforderlich. Ein Zertifikat wurde durch die B.GmbH nur einmal beigebracht.
Um sich gegen etwaige Probleme im Hinblick auf Geldwäsche durch die B.GmbH abzusichern, erfolgte die Bezahlung der Lieferungen durch die Bf. nur mittels Überweisung auf ein österreichisches Bankkonto der B.GmbH. Die Bezahlung erfolgte zu Beginn der Geschäftsbeziehung einen Tag oder einige Tage nach erfolgter Lieferung, später aber auch am Lieferungstag. Die Lieferungen des Goldgranulats fanden wöchentlich nach telefonischer Anfrage der Lieferantin statt. Die Menge und der Preis wurden meist schon zu diesem Zeitpunkt fixiert. Im November 2008 erkundigte sich die Bf. bei der Lieferantin, ob diese die an sie bezahlte Umsatzsteuer an das Finanzamt abführe und wurde ihr dies bestätigt. Die Eingangsrechnungen wurden von der steuerlichen Vertretung der Bf. im November als zum Vorsteuerabzug berechtigend beurteilt. Ebenfalls im November 2008 besuchte der Geschäftsführer der Bf. unangekündigt die Firmenräumlichkeiten der Lieferantin und traf dort den ihm bekannten Vertreter der B.GmbH an. Es handelte sich um ein kleines Büro. Während seines Besuches konnte er eine Lieferung der Firma Loomis (Spezialtransporte) von der Firma CB (Edelmetalle) an die B.GmbH beobachten. Die Ware (Goldgranulat) wurde später an die Bf. geliefert. Am fragte die Bf. erstmals die Gültigkeit der UID-Nummer der Lieferantin ab und wurde diese bestätigt. Diese Abfragen wurden auch bei den folgenden Lieferungen durchgeführt. Anfang Jänner 2009 wurde der steuerliche Vertreter der Lieferantin kontaktiert und ersucht Auskunft über die UVA‘en zu geben. Die UVA für November 2008 wurde am 15.1. per E-Mail übermittelt und nochmals versehen mit dem Eingangsstempel des zuständigen Finanzamtes vom . Die B.GmbH brachte zudem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vom bei. Es gab E-Mails der Bf. mit deren Zentrale in Deutschland betreffend diese UVA. Darin wurde festgestellt, dass die mit der UVA gemeldeten Umsätze nicht mit den im November durch die Bf. vergüteten Beträgen übereinstimmten. Wie sich im Laufe des Verfahrens herausstellen sollte, resultierte die Differenz aber aus dem Vergleich der Brutto- mit den Nettobeträgen. Die Meldung war daher diesbezüglich als korrekt zu beurteilen. Am informierte die Zentrale der Bf. in Deutschland die Steuerfahndung in Deutschland über die Geschäftsbeziehung und fragte nach, ob gegen die Firma B.GmbH etwas vorläge. Die deutsche Steuerfahndung kontaktierte die Steuerfahndung in Wien. Dadurch wurde Ende April 2009 auch das zuständige Finanzamt über die Tätigkeit der B.GmbH informiert. Die letzte Lieferung der B.GmbH an die Bf. erfolgte am und wurde nur noch der Nettobetrag an die B.GmbH überwiesen. Die Umsatzsteuer wurde direkt auf das Finanzamtskonto der Lieferantin überwiesen. Die UID-Nummer der Lieferantin war zu diesem Zeitpunkt begrenzt. Dies hätte so nicht erfolgen sollen, da zwischen der Finanzbehörde und der Bf. vereinbart war, weitere Geschäfte unter Aufsicht abzuwickeln um die Möglichkeit einer Beschlagnahme einer Lieferung zu haben. Durch die Sperre der UID nahm die B.GmbH von einer weiteren, für den , geplanten Lieferung Abstand und war eine Beschlagnahme der angekündigten 20 kg Goldgranulat nicht mehr möglich. Die Umsatzsteuer aus der letzten Rechnung vom 28.4. wurde durch Drittschuldnerpfändung sichergestellt.

Die AP bei der Bf. fand auf Anregung des FA Wien Z. aufgrund der bei der B.GmbH bereits seit April 2009 laufenden AP statt. Der für die Prüfung der Bf. zuständige Prüfer war über die B.GmbH, wie dann in der mündlichen Senatsverhandlung vorgebracht wurde, insoweit informiert, um bei der Bf. im Hinblick auf etwaig mögliche Umsatzsteuerhinterziehung zu prüfen. Aus der Aktenlage war ersichtlich, dass die AP bei der Bf. am am Sitz der Bf. begonnen wurde. Am meldete der Prüfer in einem E-Mail an den internen Fachbereich der Abgabehörde, u.a. dass die Bf. erhebliche Vorsorgeüberprüfungen die Lieferantin betreffend vorgenommen hatte. Der Prüfer hielt fest, dass bei der Bf. keine mangelnde Sorgfaltspflicht hatte festgestellt werden können. Als einziger Mangel wurde angeführt, dass die Rechnungen des Jahres 2009 einen Fehler im Rechnungsdatum aufwiesen. Er stellte die Frage, ob trotz Konkurs der Bf. die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung bestünde oder ob aufgrund des formalen Mangels der Vorsteuerabzug versagt werden könnte. Angemerkt wird, dass die Rechnungen im Laufe der Prüfung durch den Masseverwalter der B.GmbH korrigiert wurden. Der Prüfer berichtete in diesem E-Mail auch über die durch die B.GmbH gesetzten Malversationen im Zusammenhang mit dem Goldgranulathandel und die Tatsache, dass die B.GmbH die der Bf. in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht abgeführt hatte.

Der nächste Kontakt der AP mit der Bf. fand nach mehr als 5 Monaten erst am statt. Bei dieser Besprechung wurde der Bf. mitgeteilt, dass die AP aufgrund Rücksprache u.a. mit der Betrugsbekämpfungseinheit sowie dem internen und bundesweiten Fachbereich, zum Schluss gekommen war, dass der Vorsteuerabzug aus den letzten beiden Rechnungen der B.GmbH an die Bf. (vom 21. und ) nicht zulässig wäre. Zu diesem Zeitpunkt hätten nach Ansicht der AP die Verdachtsmomente gegen die B.GmbH so hoch sein müssen, dass von einem „Wissen müssen“ der Bf. auszugehen war. In seiner Stellungnahme vom bezog sich der steuerliche Vertreter der Bf. auf diese Besprechung. Er führte u.a. nochmals aus, dass sämtliche seitens der Bf. durchgeführten Überprüfungen (Einsicht ins Firmenbuchauszug, Einsicht in den Pass des Vertreters, UID-Abfrage, Besuch des Firmensitzes der Lieferantin, Kontaktnahme mit der steuerlichen Vertretung der Lieferantin wegen der Abgabe der UVA, etc.) der konzernüblichen Vorgangsweise entsprachen. Die Vorgangsweise sei aber auch als branchenüblich anzusehen. Sie wird seit vielen Jahren von der deutschen Steuerfahndung als ordentlich und branchenüblich verstanden. Goldgranulat, sogenanntes Industriegold, wird in den deutschen Umsatzsteuerrichtlinien als handelsübliche Form bezeichnet. Aufgrund der im Edelmetallgeschäft möglichen Zinsnachteile und Kreditrisiken sind kurze Zahlungsziele üblich. Es ist somit üblich, dass bei Edelmetallankauf der Betrag sofort fällig und bar oder per Blitzgiro zu entrichten ist. Die Abrechnung bei Handelsgeschäften erfolgt auf Vertrauensbasis, vorbehaltlich endgültiger Analyse. Im konkreten Fall war stets eine Eingangsprüfung des Granulats im Sinn einer fachkundigen Augenscheinnahme erfolgt und wurde bei den ersten Lieferungen vor der Bezahlung eine Analyse der Zentrale in Deutschland abgewartet. Bezüglich des Ankaufskurses wurde auf den täglichen Kurs der XY. verwiesen. Zur Frage des Ursprungszeugnisses wurde angegeben, dass im Goldhandel üblicherweise ein solches nicht verlangt wird. Zur Geschäftsfähigkeit des Vertreters der B.GmbH wurde darauf verwiesen, dass dieser Mitgesellschafter der Lieferantin war und sich auf die Vertretungsvollmacht der Geschäftsführung berufen hatte. Zur erfolgten Kontaktnahme mit der deutschen Steuerfahndung wurde angegeben, dass dies nichts mit einer Vorverurteilung des Kunden zu tun hatte, sondern dass dies ein Teil langjähriger Übung der Zentrale in Deutschland ist. Aus dem folgenden Kontakt mit der österreichischen Steuerfahndung (April, Mai 2009) war zu ersehen, dass die Bf. und ihre Mitarbeiter sämtliche Anfragen der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der B.GmbH prompt und zur vollsten Zufriedenheit beantworteten und um Zusammenarbeit bemüht waren.

Zur Versagung des Abzuges der Vorsteuer aus den beiden Rechnungen vom 21. und wurde noch festgehalten dass die Umsatzsteuer aus der Rechnung vom 28.4. direkt auf das Finanzamtskonto der B.GmbH überwiesen worden war, sodass ein Vorsteuerabzug zustehe. Auch die Vorsteuer aus der Rechnung vom 21.4. sei zu gewähren, da die UID-Nummer der B.GmbH zu diesem Zeitpunkt gültig war. Aus den mit der Steuerfahndung geführten Gesprächen war für die Bf. zu schließen, dass die Geschäftsabwicklung als korrekt beurteilt worden war.

Aufgrund dieser Stellungnahme der Bf. wandte sich der Prüfer neuerlich am an den Fachbereich der Behörde um zu hinterfragen, ob trotz der Argumente der Bf. die Versagung des Vorsteuerabzuges für die beiden Rechnungen vom 21.4 und aufrechtzuerhalten sei.

Mit Datum wurde der Bf. ein Schreiben der AP zur Vorbereitung der Schlussbesprechung übermittelt. Darin war schließlich festgehalten, dass man zum Schluss gekommen sei, dass aufgrund der vorliegenden Indizien die Bf. hätte „wissen müssen“ dass die Lieferungen der B.GmbH mit Umsatzsteuerhinterziehungen zusammenhingen. Es sei daher beabsichtigt die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der B.GmbH für den gesamten Zeitraum 1-4/2009 abzuerkennen.

Die Schlussbesprechung, in der die Feststellungen wie am angekündigt getroffen wurden, fand am statt. Auch zu dieser Besprechung wurde von Seiten der steuerlichen Vertretung eine umfassende Stellungnahme () übermittelt. Es wurden die bisher vorgebrachten Argumente nochmals wiederholt und u.a. ausführlich dargestellt und darauf verwiesen, dass die Bf. durch die gegenüber der B.GmbH gesetzten Schritte sorgfältig gehandelt habe. Insbesondere sei der Vorwurf der Behörde, dass die Kontaktaufnahme mit der deutschen und österreichischen Steuerfahndung als Beweis für die Schlechtgläubigkeit der Bf. anzusehen sei, nicht haltbar. Ohne die Kontaktnahme der Bf. im April 2009 hätte die Finanzverwaltung wohl die Vorgänge rund um die B.GmbH nicht näher beleuchtet.

Im März 2011 wurde der Bf. ein Schriftstück „Niederschrift über die Schlussbesprechung und Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung“ postalisch übermittelt. Mit Datum wurde mit Aktenvermerk die Unterfertigung durch die Bf. verweigert und lediglich die Übernahme bestätigt. Die Bf. begründete dies später im Rechtsmittel damit, dass keines der Argumente der Bf. im Bericht berücksichtigt worden war. Es wurden lediglich die bereits im April 2010 gegenüber der Bf. getätigten Vorwürfe wiederholt und letztlich die Vorsteuer aus sämtlichen Rechnungen der B.GmbH des genannten Zeitraums aberkannt.

Im Bericht der AP vom , der zugehörigen Niederschrift sowie den im weiteren Rechtsmittelverfahren ergangenen Schriftsätzen der Amtsbehörde war angeführt, dass die AP letztlich zur Beurteilung gelangte, dass die Bf. von den Malversationen der B.GmbH hätte „wissen müssen“. Diese Meinung beruhte auf der Beurteilung der nach Ansicht der Behörde ungewöhnlichen Geschäftsbeziehung der Bf. zur B.GmbH. Für die Abgabenbehörde stellte sich der gesamte Verlauf als dubios dar, denn ein auf dem österreichischen Markt unbekanntes Unternehmen lieferte innerhalb kurzer Zeit große Mengen an Goldgranulat an die Bf; insgesamt wurden mehr als 900 kg Goldgranulat im fraglichen Zeitraum geliefert. Die Bf. war nach Ansicht der Behörde als Goldscheideanstalt eigentlich nicht die geeignete Abnehmerin für Goldgranulat, da bereits ein Scheidevorgang vorausgegangen sein musste. Zudem würde das Goldgranulat (999 Feingehalt) als Halbfertigprodukt am österreichischen Markt keine übliche Handelsform darstellen. Die AP stellte insbesondere die Preisgestaltung der Lieferantin (aktueller Goldkurs nach KitCo abzüglich 3%, Menge und Preis vor Lieferung fixiert), die Zahlungsmodalitäten der Bf. (ein bis zwei Tage nach Lieferung zu Beginn der Geschäftsbeziehung und später auch am Tag der Lieferung) sowie den Lieferumfang und die Art der Lieferung des Goldgranulats in Plastikbehältern in Frage. Die AP beanstandete, dass der Bf. weder Zertifikate über die Analyse des Goldgehaltes noch Ursprungszeugnisse vorlagen und sich diese nur darauf verließ, dass der Vertreter der Lieferantin angab, dass das Gold aus Beständen aus der Slowakei, aus der Schweiz, aber auch aus Österreich stammte.
Die Bf. hatte nach Meinung der AP aufgrund der Geschäftsabläufe wissen müssen, dass die Umsätze der B.GmbH mit einer Umsatzsteuerhinterziehung oder mit sonstigen Finanzvergehen im Zusammenhang standen. Die Bf. hegte nach Ansicht der AP schon im November 2008 Zweifel. Sie vernachlässigte jedoch die, besonders in diesem Geschäftsbereich, zu erwartende erhöhte Sorgfaltspflicht zugunsten des lukrativen Geschäftes und des Gewinnes. Die seitens der Bf. gesetzten Vorsichts- und Prüfmaßnahmen wurden durch die Behörde im Hinblick auf die erwähnte Sorgfaltspflicht als nicht ausreichend beurteilt. Das Abfragen von formellen Daten, wie Daten aus dem Firmenbuch oder UID-Daten, wurde als ungenügend beurteilt um Verdachtsmomente zu zerstreuen. Die Verdachtsmomente hätten ausreichend bestanden, sodass bei Beachtung der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes, ein Fortführen der Geschäftsbeziehung über die ersten Lieferungen hinaus nicht stattgefunden hätte. Es wurde daher die gesamte Vorsteuer aus den Rechnungen der B.GmbH des Zeitraums 1-4/2009 aberkannt.
Im weiteren Verfahren argumentierte die Behörde gegen den ihr seitens der Bf. vorgeworfenen Meinungsumschwung, dass es sich bei der ursprünglichen Überlegung aus dem April 2010, nur die Vorsteuern aus den letzten beiden Rechnungen der B.GmbH abzuerkennen, nicht um die endgültige rechtliche Würdigung des Sachverhaltes handelte. Erst nach Vorliegen weiterer Protokolle über Zeugen- und Beschuldigteneinvernahmen konnte die Würdigung des Sachverhaltes abgeschlossen werden und wurden dann die Feststellungen, wie im Bericht der AP dargestellt, getroffen.

Grundsätzlich wurde durch das Bundesfinanzgericht (BFG) zum Sachverhalt festgehalten, dass eine Tatfrage diesbezüglich gegeben war, ob der Unternehmer vom Umsatzsteuerbetrug wusste oder wissen musste. Diese Frage war in freier Beweiswürdigung zu beurteilen. Zu prüfen war dabei, ob der Abnehmer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes beachtet hat. Dabei war auf einen objektiven Maßstab abzustellen.

Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Grundsätzlich trägt der Unternehmer die Last für das „Nichtwissen oder Nichtwissenkönnen“ der Umsatzsteuerhinterziehung. Dies jedoch nur dann, wenn gegen ihn seitens der Abgabenbehörde substantiierte Tatsachen und Umstände vorgebracht werden, die seine Gutgläubigkeit in Frage stellen.

Die Beurteilung des Sachverhaltes, der vorliegenden Unterlagen, der Vorhaltsbeantwortungen und der Angaben der Vertreter der Bf. bei der mündlichen Senatsverhandlung ergab Folgendes.

Die AP stützte sich bei der Beurteilung des Sachverhalts auf Ermittlungen zur B.GmbH, die ihr bereits zu Beginn der Prüfung bei der Bf. bekannt gewesen waren. Dies ging auch eindeutig aus dem am (einen Tag nach Prüfungsbeginn) an den internen Fachbereich gerichteten E-Mail des Prüfers hervor. Die AP hielt zum einen darin fest, dass die Bf. erhebliche Vorsorgeüberprüfungen die Lieferantin betreffend vorgenommen hatte und dass bei der Bf. keine mangelnde Sorgfaltspflicht hatte festgestellt werden können. Es war angeführt, dass „eine aktive Beteiligung der Firma an unlauteren Machenschaften nicht unterstellt werden kann.“ Zum anderen teilte die AP dem Fachbereich auch mit, dass bei der B.GmbH Malversationen im Zusammenhang mit dem Goldgranulathandel vorlagen und dass die B.GmbH die der Bf. in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht abgeführt hatte. Trotz der angeführten Feststellungen zur B.GmbH hatte die AP zu diesem Zeitpunkt offensichtlich keine Zweifel an der ordnungsgemäßen und sorgfältigen Vorgangsweise der Bf. Problem zu diesem Zeitpunkt war ein formaler Fehler im Rechnungsdatum und die Frage, ob dies ein ausreichender Grund für die Streichung der Vorsteuer wäre.
Ohne direkte weitere Prüfungsschritte bei der Bf. und ohne zwischenzeitige Kontaktnahme mit dieser, fand als nächstes erst 5 Monate später, am , eine Besprechung mit der Bf. statt. Bei dieser Besprechung wurde der Bf. mitgeteilt, dass man zum Schluss gekommen sei, dass man die Vorsteuer aus den letzten beiden Rechnungen der B.GmbH aberkennen werde, da die Bf. Ende April aufgrund vorliegender Verdachtsmomente hätte „wissen müssen“, dass die B.GmbH in Umsatzsteuermalversationen verwickelt war.
In der Vorbereitung auf die Schlussbesprechung und in der Schlussbesprechung im November 2010 wurde schließlich die Feststellung getroffen, dass die gesamte Vorsteuer aus den Rechnungen der B.GmbH im Zeitraum 1-4/2009 nicht anzuerkennen sei.

Die Abgabenbehörde begründete diese abschließende Entscheidung mit der bis dahin erfolgten Überprüfung des Sachverhalts auf das Vorliegen des Wissens der Bf. Die AP vertrat zuletzt auch in der Senatsverhandlung die Meinung, dass die Bf. seit ihrer im Jänner 2009 an die B.GmbH gestellten Frage nach den UVA’en hätte wissen müssen bzw. wusste, dass hier Umsatzsteuermalversationen vorlagen. Dass die Bf. im April 2009 die Steuerfahndung kontaktierte verstärkte die Vermutung der AP.
Die Bf. argumentierte dazu, dass der Kontakt zur Steuerfahndung aufgrund des im Goldgeschäft vorhandenen Risikos zu den Sicherheits- und Sorgfaltsmaßnahmen in ihrem Unternehmen, insbesondere im deutschen Stammhaus, gehörte. Dieses Argument wurde seitens der Abgabenbehörde wiederum zum Nachweis der Schlechtgläubigkeit der Bf. herangezogen.

Tatsache ist, das es sich bei der Bf. um eine Zweigniederlassung einer in Deutschland ansässigen in der Branche bekannten Goldscheideanstalt, u.a. mit Schwerpunkt auf Ankauf von sogenanntem Industriegold, handelt. Die Bf. ist eines von wenigen Unternehmen in Österreich, das u.a. mit Industriegold handelt.
Der Vorwurf der AP, dass es dubios gewesen wäre, dass eine Scheideanstalt Goldgranulat mit einem Feingehalt von 999 ankaufte ging ins Leere, da die durch die Bf. gekaufte Ware unmittelbar zur weiteren Verarbeitung oder zu weiterem Handel an das Stammhaus in Deutschland geliefert wurde. Es war nicht in Frage zu stellen, dass das Stammhaus der Bf. in Deutschland Handel mit Industriegold betrieben hat.
Auch d ie Tatsache, dass eine relativ große Menge Goldgranulat im fraglichen Zeitraum gehandelt wurde, war nicht als ungewöhnlich zu beurteilen. Wie die Bf. in der Senatsverhandlung glaubhaft darlegte, war aufgrund der beginnenden Wirtschaftskrise im Jahr 2008 der Goldmarkt für Investoren interessant geworden. Goldgranulat wurde auch aus den Ostblockländern angeboten, da dieses nicht mehr nur in den eigenen Ländern verwertet wurde. Nach den Auskünften der Lieferantin gegenüber der Bf. stammte das Granulat aus dem Ostblock (Slowakei), zum Teil aus Österreich und der Schweiz. Die im Zusammenhang mit der Lieferung durch die B.GmbH verwendeten Fahrzeuge mit Slowakischem Kennzeichen unterstrichen diese Angaben. Die Angaben der Bf. stellten sich für das BFG nicht als unschlüssig dar und waren daher nicht als auf eine Umsatzsteuerhinterziehung deutende Umstände zu verstehen.

Das weitere Indiz für einen nach Ansicht der Finanzbehörde dubiosen Geschäftsvorgang, nämlich die Zweifel der AP an der Art der Lieferung, d.h. dass das Goldgranulat an die Bf. in Plastikbehältern geliefert wurde, wurde durch die Bf. in der Senatsverhandlung widerlegt. Auch die Frage, ob das kleine Büro der B.GmbH für die nötige Lagerung einer größeren Goldmenge geeignet wäre, wurde durch die Bf. in der Senatsverhandlung beantwortet. Zur Anschauung wurden dem Senat übliche, für Edelmetallgranulat, verwendete Verpackungsmaterialien vorgelegt. Es handelte sich um Behälter aus Plastik in verschiedenen Größen. Die mitgebrachten Behälter, z.B. ca. 30 cm hoch und 20 cm im Durchmesser, würden 20 bis 25 kg Goldgranulat fassen. Aufgrund der ebenfalls vorgelegten, jeweils in Plastiksäckchen verpackten, 500 Gramm Gold- sowie Silbergranulat konnte sich der Senat überzeugen, dass das Volumen des Granulats im Verhältnis zum Gewicht gering war und daher weder große Behältnisse noch große Lagerräume für das Granulat erforderlich waren.Wenn die Bf. auch ohne Vorlage eines Zertifikates einen Ankauf vornahm, so erschien dies insofern nicht als ungewöhnlich, da durch eine Grobkontrolle, nämlich Sichtkontrolle und chemische Überprüfung, zumindest feststellbar war, ob es sich um Granulat mit einem Feingehalt von 980 Promille handelte. Die genaue Kontrolle erfolgte schließlich im Stammhaus in Deutschland. Bei Vorliegen von Unreinheiten wurde, wie sich aus den Unterlagen der Bf. feststellen ließ, bei der nächsten Lieferung ein Preisabzug durchgeführt. Die Bf. führte den Ankauf auf Basis eines Preises von KitCo (tagesaktueller internationaler Edelmetallkurs) abzüglich 3% durch. Dies stellte damals wie heute einen üblichen Preis für Industriegold dar. Zum Vergleich wurde, wie schon im Verfahren auch vor dem Senat, auf die Ankaufs- und Verkaufspreise von XY. verwiesen. Es konnte kein ungewöhnlich niedriger Ankaufpreis festgestellt werden, sondern entsprach der Preis den auf dem freien Markt erzielbaren Möglichkeiten. Eine konkrete Begründung dafür, warum der Ankaufspreis der Bf. unüblich gewesen wäre, wurde durch die AP im Verfahren nicht vorgebracht.
Die AP bezog sich auch auf die Ausführungen in Judikatur und Literatur wonach eine ungewöhnliche Geschäftsabwicklung vorläge wenn die Geschäfte bar abgewickelt werden oder die Zahlungsmodalitäten unüblich wären. Eine für die Branche unübliche Vorgangsweise war bei der Bf. nicht festgestellt gegeben. Sämtliche Zahlungen erfolgten durch Überweisung auf ein Konto der B.GmbH bei einer österreichischen Bank. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung erfolgten die Zahlungen meist ein oder zwei Tage nach Lieferung, da die Analyse des Granulats durch das deutsche Stammhaus abgewartet wurde. Dass im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehung die Zahlungen auch am Tag der Lieferung durchgeführt wurden, ließ in der Gesamtbetrachtung des Falles die Geschäftsbeziehung nicht als dubios erscheinen.

Die AP zweifelte die durch die Bf. ergriffenen Sorgfaltsmaßnahmen an und sah in der Einsichtnahme ins Firmenbuch, in der Überprüfung des Ausweises des Vertreters der B.GmbH, in der Kontaktnahme mit dem Steuerberater der B.GmbH, der Frage nach der UVA und dem Aufsuchen der Geschäftsräumlichkeiten der B.GmbH durch die Bf. sowie der Kontaktnahme zur Steuerfahndung letztlich keine Maßnahmen die die Verdachtsmomente zerstreuen hätten können. Für die Bf. handelte sich um formale Akte, die keine Schlüsse nach sich zogen, die zu einer Beendigung der Geschäftsbeziehung geführt hätten. 

Diese Vorwürfe widersprachen nicht nur der eigenen Feststellung der AP aus dem November 2009 (einem Zeitpunkt wo sämtliche Schritte der Bf. offen vorlagen) nämlich dass bei der Bf. seitens der AP keine mangelnde Sorgfaltspflicht hatte festgestellt werden können, sie wurden auch nicht durch spätere Feststellungen erhärtet. Es blieb zudem die Frage offen, welche einem Unternehmen zumutbaren Maßnahmen seitens der Bf. noch hätten ergriffen werden sollen, um deren Gutgläubigkeit zu beweisen.

Die Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände führt zum Schluss, dass die AP im Verfahren keine objektiven Umstände nachweisen konnte, die das „Wissen oder wissen müssen“ der Bf. hinsichtlich einer Umsatzsteuerhinterziehung der B.GmbH belegt hätten.

Nach Ansicht des erkennenden Senats hatte die Bf., wie auch oben dargestellt, alle zumutbaren und branchenüblichen Maßnahmen zur Überprüfung der ihr gegenüber auftretenden Lieferantin ergriffen. Es war nicht festzustellen, dass die Bf. die zu erwartenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes unterlassen hätte.

Der Senat kam daher in freier Beweiswürdigung zum Schluss, dass die Bf. nicht wusste oder hätte wissen müssen, dass die B.GmbH in Umsatzsteuermalversationen involviert war und die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer hinterzogen werden würde.

Die bisher nicht anerkannte Vorsteuer iHv Euro 3.660.553,40 wurde daher als abzugsfähig beurteilt.

Der Beschwerde war daher wie im Spruch angeführt Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Die gegenständliche Streitfrage ist in erster Linie eine Frage des Sachverhaltes bzw. der Beweiswürdigung und somit keine Frage von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
 

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7103435.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at