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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2016, RV/3100011/2016

Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des großen Pendlerpauschales

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf über die Beschwerden vom  und  gegen die Bescheide des Finanzamtes ABC vom und betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 und 2011 zu Recht erkannt: 

I.) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II.) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.) Der Bf (Beschwerdeführer) ist in A1 wohnhaft und arbeitet in C bei der Firma AG2

Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurde das Pendlerpauschale nicht gewährt, weil dieses bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt worden sei.

2.) Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, in der laufenden Lohnverrechnung sei lediglich das kleine Pendlerpauschale herangezogen worden. Es werde aber die Zuerkennung des großen Pendlerpauschales beantragt, da die Wegzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln laut Berufungsentscheidung UFSG, RV/0311-G/08 vom nicht zumutbar sei.

Folgende Wegzeiten würden sich bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen dem Wohnort A, Straße6 und der Arbeitsstätte in C, Straße3 3 ergeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von
bis
Verkehrsmittel
Zeit
Dauer
Straße1, A
Haltestelle Straße2
Zu Fuß
06:00-06:03
03 min
Haltestelle Straße2
A1 Bahnhof
XXX Bus
06:03-06:35
32 min
A1 Bahnhof
Bahnhof C
ÖBB VC 111
06:42-07:38
56 min
Bahnhof C
AG
Zu Fuß
07:38-07:58
20 min
Gesamtdauer
 
 
7:58-06:00=1 std 58 min
 

Die Alternativvariante berechne sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von
bis
Verkehrsmittel
Zeit
Dauer
Straße1, A
Haltestelle Straße2
Zu Fuß
06:00-06:03
03 min
Haltestelle Straße2
A1 Bahnhof
XXX Bus
06:03-06:35
32 min
A1 Bahnhof
Bahnhof G
ÖBB VC xyx
06:42-07:28
46 min
Bahnhof G
Haltestelle C, Straße3
BN Bus
07:30-07:53
23 min
Haltestelle C
AG
Zu Fuß
07:53=7:55
2 min
Gesamtdauer
 
 
7:55-06:00=1 std 55 min
 

Für die Heimfahrt werde ca. dieselbe Fahrtdauer benötigt. Dies entspreche einer täglichen Gesamtfahrtzeit von 3:50 Stunden. Mit dem PKW könne die Fahrzeit auf ca zwei Mal 45 Minuten (Gesamtfahrdauer 1,5 Stunden) verkürzt werden. Es werde daher die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales beantragt.

3.) In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde ausgeführt, wenn die Benützung eines Massenverkehrsmittels nicht zumutbar sei, stehe das große Pendlerpauschale zu. Bei einer Wegstrecke ab 60 km müssten 2,5 Stunden Wegzeit (einfache Fahrstrecke) überschritten werden.

4.) Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht vom wurde ergänzend noch vorgebracht, für die Zumutbarkeit einer Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sei auch relevant, wie das Verhältnis Wegzeit und Normalarbeitszeit sei. Als entfernungsunabhängigen Richtwert für Dienstnehmer in Vollbeschäftigung sehe der UFS eine tägliche Wegzeit von drei Stunden pro Tag (90 Minuten je Fahrtrichtung) als Obergrenze der Zumutbarkeit an. Ferner sei die Entscheidung des UFSW RV/3242-W/09, zu berücksichtigen.

5.) Am erging der Einkommensteuerbescheid 2011. Auch in diesem Bescheid wurde dem Bf das große Pendlerpauschale nicht gewährt. Begründend wurde ausgeführt, laut Routenplaner betrage die Fahrzeit von der Arbeitsstätte zur Wohnung mit dem PKW 48 Minuten, die Strecke weise eine Länge von 70,3 km auf. Die Wegzeit bei Benützung des Massenbeförderungsmittels betrage, wobei für die Strecke von der Wohnung bis D die Benutzung des PrivatPkw einzurechnen sei, 88 Minuten (Wohnung A1 bis D: Fahrzeit 9 Minuten mit dem PKW, D bis C, Straße4: Bahn, Tram inkl Fußweg: 79 Minuten). Da die Wegzeit für die einfache Strecke nicht mehr als 90 Minuten betrage bzw. nicht länger als höchstens dreimal so lange wie mit dem PKW dauere, sei das Massenbeförderungsmittel zumutbar. Es stehe nur das kleine Pendlerpauschale zu, welches bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt worden sei.

6.) In der Beschwerde vom wurde ausgeführt, in der Berechnung des Finanzamtes sei die Nutzung des PrivatPkw zwischen Wohnort und Bahnhof A1 berücksichtigt worden. Dies sei nicht zulässig, da öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen würden. Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln betrage 22 Minuten.

7.) In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde dargelegt, dass die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels zumutbar sei, weil dieses zwar mehr als 90 Minuten aber weniger als die dreifache Zeit mit dem PKW benötige. Laut vorgelegter Fahrplanauskunft zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 betrage die Wegzeit bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels 105 Minuten.

8.) Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht vom wurde wortwörtlich die Entscheidung des UFS Graz vom , RV/0311-G/08 wiedergegeben und ausgeführt, eine Fahrtzeit von 90 Minuten je Fahrtrichtung bzw eine Wegzeit von mehr als 42% der Tagessollarbeitszeit gelte als unzumutbar. Ferner enthält die Beschwerde Fahrtempfehlungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus dem Jahr 2013 (Fahrtdauer zwischen 1:45 Stunden und 1:51 Stunden). Darüber hinaus wurde noch vorgebracht, sollte das Finanzamt der Meinung sein, dass der PrivatPkw zu nutzen wäre, müsste die tatsächliche Fahrzeit von 12,5 Minuten berücksichtigt werden (Fahrzeit 10 Minuten, Parkplatzsuche 0,5 Minuten, Fußmarsch Parkplatz-Zug 1 Minute, Wartezeit 1 Minute).

II.) Rechtslage und Erwägungen:

1.) Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 c EStG 1988 in der für die Beschwerdejahre geltenden Fassung stehen dem Arbeitnehmer folgende Pauschbeträge zu, wenn im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen der Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist.

Bei einer einfachen Wegstrecke von:


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2 km bis 20 km
342 Euro jährlich
20 km bis 40 km
1.356 Euro jährlich
40 km bis 60 km
2.361 Euro jährlich
Über 60 km
3.372 Euro jährlich

2.) Nach der Verwaltungspraxis liegt Unzumutbarkeit in folgenden Fällen vor:

Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit, wenn zumindest auf dem halben Arbeitsweg ein Massenbeförderungsmittel überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit verkehrt.

Unzumutbarkeit wegen dauernder starker Gehbehinderung, wenn der Behinderte eine Bescheinigung nach § 29 StVO besitzt.

Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsbeschädigung oder Blindheit im Behindertenpass.

Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit; dies ist dann gegeben, wenn folgende Wegzeiten pro einfacher Wegstrecke überschritten werden: unter 25 km 1,5 Stunden, ab 20 km 2 Stunden, ab 40 km 2,5 Stunden (vgl. Jakom/Lenneis EStG, 2010, § 16 Rz 28 ff).

Bei Ermittlung der Gesamtwegzeit ist vom schnellsten öffentlichen Verkehrsmittel auszugehen und eine optimale Kombination von Massen- und Individualverkehrsmittel zu unterstellen (zB , ).

3.) Der Verwaltungsgerichthof hat zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln Folgendes ausgeführt (Erkenntnisse vom , 2006/15/0319, vom , 2010/15/0156, vom , 2012/15/0149).

„Der Begriff der Unzumutbarkeit in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 handelt nicht von der Zumutbarkeit des Pendelns an sich, sondern davon, ob den Pendlern ein in der Benützung von Massenbeförderungsmitteln statt einer Teilnahme am Individualverkehr gelegener Verzicht auf eine Verkürzung der Fahrzeiten zugemutet werden kann (vgl. ). Dies setzt allerdings grundsätzlich einen Vergleich zwischen den Fahrzeiten im öffentlichen Verkehr und im Individualverkehr voraus. Die Spruchpraxis, die ab Erreichen einer gewissen Fahrzeitdauer eine absolute Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich mit dem Individualverkehr annimmt, entspricht damit nicht dem Gesetz. Sie würde dazu führen, dass beispielsweise auf Strecken mit sehr gut ausgebauten Eisenbahnschnellverbindungen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels "unzumutbar" wäre, selbst wenn dieses schneller als der Individualverkehr wäre. Die Notwendigkeit eines Vergleichs zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr bestätigen auch die Gesetzesmaterialien, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG herangezogen hat.

'Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen.

Nach den Gesetzesmaterialien [Erl RV zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75)] ist der Begriff der Unzumutbarkeit grundsätzlich ein relationaler Begriff ("im Vergleich zu einem Kfz"), wobei die Erläuterungen zudem eine Fahrzeit von 90 Minuten jedenfalls für zumutbar halten. Diese Zumutbarkeitsvermutung tritt zum grundsätzlich gebotenen Vergleich hinzu ("aber auch dann zumutbar, wenn ..."). Keinesfalls ergibt sich daraus jedoch ein "Umkehrschluss", wonach bei insgesamt längerer Fahrzeit die Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich mit dem Individualverkehr von Vornherein unzumutbar sei. In Fällen geringfügiger Differenz der Fahrzeiten mit dem Massenbeförderungsmittel und mit dem Individualverkehr ist nach der eindeutigen gesetzlichen Wertung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und seiner vorrangigen Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr der Verzicht auf die Benutzung des Individualverkehrs zumutbar“.

4.) Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht. Weiters wurde dem Bf vorgehalten, dass die Strecke zwischen seiner Wohnung und dem Bahnhof 4,9 km betrage und in einer Fahrtdauer 8 von Minuten (laut ARBÖ Routenplaner) bewältigbar sei. Dies bedeute, dass sich die von ihm errechnete Fahrtdauer um 27 Minuten verkürze. Unter Zugrundelegung der Angaben des Bf laut Eingabe vom würden sich folgende Wegzeiten ergeben:


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Von
Bis
Verkehrsmittel
Dauer
Straße6, A
A1-Bahnhof
Kfz
08 min
A1-Bahnhof
Bahnhof-G
ÖBB
46 min
Bahnhof G
Haltestelle C Straße3
Bus
23 min
Haltestelle C Straße3
AG1
Fußweg
2 min
Gesamtdauer
 
 
79 min

Ferner wurde der Bf darauf hingewiesen, dass seine Tätigkeitsnachweise der Monate Jänner bis Dezember 2010 und Jänner bis Mai 2011 und Juli bis Dezember 2011 vom Finanzamt an Hand des erst ab dem Jahr 2014 anzuwenden Pendlerrechners ausgewertet worden seien (vgl. Verf 46). Diese Auswertung hätte ergeben, dass in sämtlichen Monaten die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte zumutbar seien. Dem Bf stehe es frei, zu den Auswertungen Stellung zu nehmen (vgl. Vorhalt vom ).

5.) In Beantwortung des Vorhaltes wurde in der Eingabe vom vorgebracht, zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidungen sei das Urteil des UFS RV/0311-G/08 aufrecht gewesen und zu berücksichtigen, ansonsten wäre die Rechtssicherheit nicht mehr gegeben.

In der Berechnung des Bundesfinanzgerichtes vom seien für die Wegzeit Wohnung – Bahnhof A1 8 Minuten veranschlagt worden. Realistischerweise müsste für die Parkplatzsuche, das zusätzliches Verkehrsaufkommen zu den Stoßzeiten und die Wartezeit ein Zeitpolster von 6 Minuten berücksichtigt werden. Weiters sei die Wegzeit zwischen der Ankunft Bahnhof G und der Weiterfahrt mit dem Bus BN Linie BVB von 2 Minuten nicht berücksichtigt worden. Demnach würde die Wegzeit inklusive Wartezeit/Fußzeit bei 87 Minuten liegen (79+06+02).

Wie bereits im Brief von beschrieben handle es sich um eine „Alternativverbindung“. Die veranschlagten 2 Minuten, die nach Erreichen des Bahnhofes G (Ankunft 07:28) für einen Wechsel vom Bahnsteig 5 bis zur Haltestelle der Linie BVB (Abfahrt 07:30) zur Verfügung stehen würden, seien nur im Laufschritt bewältigbar und daher nicht zumutbar. Die Streckenlänge betrage ca 210 m. Bei einer Gehgeschwindigkeit von 5 km/h pro Stunde ergebe dies 2,5 Minuten.

Dies sei auch der Grund warum die erste Tabelle für die Wegzeit laut Brief vom heranzuziehen sei. Es würden sich daher folgende Zeiten ergeben:


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Von
Bis
Verkehrsmittel
Zeit
Dauer
Straße6, A
A1-Bahnhof
PKW
06:28-06:42
14 min
A1-Bahnhof
Bahnhof-C
ÖBB VC xyx/VB
06:42-07:38
56 min
Bahnhof C Feld
AG1
Fußweg
07:38-07:58
20 min
Gesamtdauer
 
 
 
100 min

Weiters wurde ausgeführt, die Zuhilfenahme des Pendlerrechners für die Jahre 2010-2013 sei nicht zielführend, da der aktuelle Fahrplan des Pendlerrechners nicht mit dem genannten Zeitraum übereinstimme. Der Railjet halte erst seit in A1.

6.) Den in der Vorhaltsbeantwortung vom gemachten Einwendungen ist Folgendes zu erwidern:

6.1.) Insoweit der Bf immer wieder auf die Berufungsentscheidung des UFS Außenstellen Graz vom , RV/0311-G/08 verweist, ist darauf hinzuweisen, dass dieser keine Bindungswirkung zukommt. Gleiches gilt für die vom Bf ebenfalls zitierte Entscheidung vom , UFSW RV/3242-W/09. Das Bundesfinanzgericht ist lediglich an die Rechtsprechung der Höchstgerichte gebunden.

Entscheidend ist sohin, dass der Begriff der Unzumutbarkeit auch nach den Gesetzesmaterialien grundsätzlich ein relationaler Begriff ("im Vergleich zu einem Kfz") ist, wobei die Erläuterungen zudem eine Fahrzeit von 90 Minuten jedenfalls für zumutbar halten. Keinesfalls ergibt sich daraus jedoch ein "Umkehrschluss", wonach bei insgesamt längerer Fahrzeit die Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich zum Individualverkehr von Vornherein unzumutbar sei (vgl. ).

Die Rechtsansicht des Bf (vgl. Beschwerde vom , Vorlageantrag vom , BFG-Akt, S. 10 und 57 ff), wonach die tägliche Wegzeit von drei Stunden pro Tag (90 Minuten je Fahrtrichtung) jedenfalls als Obergrenze der Zumutbarkeit anzusehen sei, findet in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs keine Deckung. Gleiches gilt für die weiteren Ausführungen, eine Wegzeit von mehr als 42% der Tagessollarbeitszeit sei grundsätzlich unzumutbar.

6.2.) Im Beschwerdefall beträgt die Strecke vom Wohnort des Bf (A1, Straße6) zur Arbeitsstätte 70,3 Kilometer und kann mit dem PKW in einer Fahrzeit von 48 Minuten bewältigt werden. Diese vom Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2011 vom getroffenen Feststellungen wurden vom Bf nicht bestritten.

Im Einkommensteuerbescheid 2011 vom wurde die Wegzeit bei Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels bei kombinierter Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel (Park & Ride Variante) mit 88 Minuten errechnet. Diese Berechnung des Finanzamtes hat der Bf im erstinstanzlichen Verfahren nur entgegen gesetzt, dass die Berücksichtigung der Benützung des PrivatPkw für die Strecke Wohnung Bahnhof A1 nicht zulässig sei, weil ein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung stehe (vgl. Berufung vom , BFG-Akt, S. 55) bzw für die genannte Strecke die tatsächliche Fahrzeit von 12,5 Minuten (Fahrzeit 10 Minuten, Parkplatzsuche 0,5 Minuten, Fußmarsch Parkplatz-Zug 1 Minute, Wartezeit 1 Minuten, laut Finanzamt nur 9 Minuten) zu berücksichtigen sei (vgl. Vorlageantrag vom , BFG-Akt, S. 59).

Dies bedeutet aber, dass der Bf im Schriftsatz vom noch die Ansicht vertreten hat, dass die vom Finanzamt vorgenommene Ermittlung der Wegzeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Erreichen des Arbeitsplatzes lediglich um 3,5 Minuten zu korrigieren sei und demnach bei 91,5 Minuten liege. Von einer Unzumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels kann bei einem derart geringfügigen Überschreiten einer zumutbaren Fahrzeit von 90 Minuten aber nicht ausgegangen werden.

6.3.) In der Vorhaltsbeantwortung vom wurde – wie bereits dargelegt – erstmals eingewendet, dass die in der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 aufgezeigte Alternativvariante (vgl. BFG-Akt, S. 11) keine Anwendung finden könne, weil der Bf einen Gleiswechsel in G Hauptbahnhof nur laufend bewerkstelligen könne. Dies sei nicht zumutbar. Der Bf war in den Streitjahren 27 bzw. 28 Jahre alt. Der Bf hat nicht ausgeführt, dass er den Gleiswechsel nicht innerhalb von 2 Minuten bewerkstelligen kann, sondern ein Wechsel nur im Lauftempo möglich sei. Bei Benützen der Alternativroute laut Beschwerde vom würde die Wegzeit Wohnung – Arbeitsstätte selbst unter Einbeziehung der vom Bf monierten 8 Minuten laut Vorhaltsbeantwortung vom jedenfalls unter 90 Minuten liegen.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerde vom nicht zu entnehmen ist, dass die Alternativroute nicht bewältigbar bzw nicht relevant sei. In der Beschwerde vom wurde zu dieser Route kein Vorbingen erstattet.

6.4.) Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Wegzeit im Beschwerdefall nach der in der Vorhaltsbeantwortung vom dargestellten Tabelle mit 100 Minuten zu bemessen sei, wäre für den Bf nichts gewonnen. Im Streitall beträgt die Differenz zwischen der Gesamtfahrdauer pro einfache Wegstrecke zwischen Massenbeförderungsmittel (100 Minuten) und Individualverkehr (48 Minuten) zwar 52 Minuten. Bei einer derartigen Differenz ist aber nach der gesetzlichen Wertung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und seiner vorrangigen Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr der Verzicht auf die Benutzung des Individualverkehrs nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes noch zumutbar.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Bf im Vorlageantrag vom die Zeit für die Parkplatzsuche vor dem Bahnhof A1, die Gehzeit zum Bahnhof A1, die Wartezeit noch mit 2,5 Minuten bemessen hat. In der Vorhaltsbeantwortung vom wurde diese Zeit mit pauschalen Ausführungen (zu einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen zu Stoßzeiten sowie zu einem Zeitpolster) mit 6 Minuten angegeben (Differenz von 3,5 Minuten).

6.5.) Die vom Bf vorgelegten Tätigkeitsnachweise der Jahre 2010 und 2011 wurden vom Finanzamt an Hand des erst ab dem Jahr 2014 anzuwendenden Pendlerrechners ausgewertet. Diese Auswertungen haben ergeben, dass in allen Monaten die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte zumutbar waren.

Zutreffend mag sein, dass - wie der Bf auch in der Vorhaltsbeantwortung vom eingewendet hat - diese Berechnungen unrichtig seien, weil der aktuelle Fahrplan des Pendlerrechners nicht mit jenem der Beschwerdejahre übereinstimmt und auch Fahrten mit dem Railjet miteinbezogen worden sind, der erst seit in A1 hält.

An den Bf wurde im Vorhalt vom aber auch nachstehendes Ersuchen gerichtet:

„Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungsmittel und Individualverkehr zu berücksichtigen ist und „unzumutbar“ lediglich im Vergleich zu einem Kfz mehr als dreimal so langen Fahrzeiten sind, werden Sie ersucht, den Nachweis zu erbringen, dass in den Streitjahren die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels hinsichtlich der halben Fahrtstrecke vorgelegen ist.

Die Angaben bzw der Nachweis sind für jedes Jahr gesondert und für jeden Tag gesondert zu machen bzw. zu erbringen“.

Diesem Ersuchen hat der Bf nicht entsprochen, sondern (wiederum) auf „den Entscheid vom UFS GZ RV/0311-G/08“ hingewiesen. Abgesehen davon, dass diese Entscheidung – wie bereits dargelegt - keine Bindungswirkung entfalten kann, vermag dieses Vorbringen die gebotene Mitwirkung an der Sachverhaltsklärung nicht zu ersetzen. Dem Bundesfinanzgericht liegen sohin keine Nachweise vor, die eine Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels in den Beschwerdejahren belegen.

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

7.) Abschließend sei erwähnt, dass die gegenständlichen Beschwerden am beim Bundesfinanzgericht eingelangt sind. Sollte der Bf mit seinem Vorbringen in der Vorhaltsbeantwortung vom zum Ausdruck bringen wollen, das Bundesfinanzgericht habe seine Entscheidungspflicht verletzt, ist ihm zu erwidern, dass er es im Beschwerdefall unterlassen, die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zu erheben, wodurch er das Verfahren beschleunigen und verhindern hätte können, dass dieses ungebührlich lange dauert (vgl. ).

III.) Zulässigkeit einer Revision:

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt, und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100011.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at