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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.08.2015, RV/2100178/2015

Frühestmöglicher Beginn der Berufsausbildung nach Ablegung der Matura in Australien

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr. , gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum April bis September 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte am die Gewährung der Familienbeihilfe für ihre volljährige, am xx.xx.1995 geborene Tochter, ab deren Einreise nach Österreich am , da sie ab Oktober 2013 ein Studium  an der Universität beginnen werde.

Im Zuge eines Vorhalteverfahrens vor dem Finanzamt legte die Antragstellerin Nachweise über die Einreise der Tochter von Australien nach Österreich am , das Diplom (International Baccalaureate) des St. Leonard College vom und ein Stammdatenblatt der Universität  X mit Angabe der Studienrichtung Bachelorstudium Umweltsystemwissenschaften – Betriebswirtschaft vom vor.

Für den Zeitraum April 2013 bis September 2013 wies das Finanzamt den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe mit Abweisungsbescheid vom ab. In der Begründung wurde unter Zitierung des § 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) ausgeführt, dass sich die Tochter im angeführten Zeitraum nicht in Berufsausbildung befinde, da die Vorlesungen an der Universität erst im Oktober 2013 beginnen würden.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin die Beschwerde mit der Begründung, dass der Nachweis über das International Baccalaureate Diploma (= weltweit gültige Matura) erbracht und die Einreise der Tochter nach Österreich am nachgewiesen worden sei. Ab diesem Einreisezeitpunkt werde die rechtliche Gleichstellung mit österreichischen Maturanten des Geburtsjahrganges 1995 und damit als Betrachtungszeitpunkt den ehest möglichen Maturatermin dieses Jahrganges (= Mai/Juni 2013) beansprucht, da die Tochter österreichische Staatsbürgerin sei. Nach dieser Rechtsauffassung stehe der Tochter als ehest möglicher Inskriptionszeitpunkt und damit als ehest möglicher Studienbeginn das Wintersemester 2013 zu. Damit bestehe, gleichgestellt mit allen Maturanten österreichischer Staatsbürgerschaft des Maturajahrganges 2013 Rechtsanspruch auf Zuweisung der Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Matura und Studienbeginn, obwohl sich ihre Tochter – wie alle Maturanten des Maturajahrganges 2013 – derzeit nicht in Berufsausbildung befinde. Die Inskription für das Wintersemester 2013 wurde nachgewiesen.

In einem weiteren Vorhalteverfahren vor dem Finanzamt, in dem die Bf. ersucht wurde bekannt zu geben, warum sich die Tochter nicht um Studienaufnahme für das Sommersemester 2013 bemüht hatte, da die Nachfrist für die Zulassung an der Universität X erst am endete, teilte die Bf. mit, dass geplant gewesen sei, dass die Tochter zu ihrem Vater (seit in Frankreich) ziehe, dort einen Sprachkurs mache und im Herbstsemester an der Uni Lyon ein Studium aufnehme. Aus persönlichen/familiären Gründen habe sich dieser Ausbildungsplan zerschlagen und die Tochter sei am endgültig nach X zurückgekehrt. Somit sei es ihr nicht möglich gewesen innerhalb der Frist/Nachfrist ein Studium in X aufzunehmen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und führte in der Begründung aus, dass der Zeitpunkt, zu welchem eine weitere Berufsausbildung frühestmöglich aufgenommen werden kann, nach objektiven Kriterien zu beurteilen sei und eine Berücksichtigung persönlicher – in der eigenen Sphäre der Studierenden gelegenen Gründe – dabei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen sei und somit unbeachtlich bleibe.
Die Tochter der Bf. habe ihre Schulausbildung am beendet, die Zulassungsfristen für das Sommersemester 2013 an der Universität X waren vom bis bzw. die Nachfrist vom bis . Somit stelle das Sommersemester 2013 den frühestmöglichen Zeitpunkt dar, nach Bestehen der Reifeprüfung am 7.2.3013 an der Universität X das Bachelorstudium Umweltwissenschaften – Betriebswirtschaft aufzunehmen.
Auch für Kinder, die an einer inländischen Schule die Reifeprüfung erst im Rahmen einer Wiederholung im Februar ablegen, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn diese nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen werde.

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der ergänzenden Begründung, dass ihre Tochter nach österreichischem Schulrecht ihre Schulausbildung nicht vor Mai/Juni 2013 abschließen hätte können. Das gleiche Recht für alle Maturanten des gleichen Geburtsjahrganges werde eingefordert. Bei ihrer Tochter handle es sich nicht um einen Wiederholungstermin der Matura, sondern habe sie durch ihre Ausbildung in Australien vorzeitig maturiert und man könne sie rechtlich nicht auf eine Stufe mit österreichischen Maturarepetenten stellen.
Weiters wurde darauf hingewiesen, dass bei Studienantritt im April 2013 mehrere relevante Vorlesungen / Einführungsveranstaltungen als wichtige Basis für das weitere Studium nicht verfügbar gewesen wären und somit ein ordentlicher, anderen gleichgestellter Studienstart nicht möglich gewesen wäre, sondern eine deutliche Benachteiligung dargestellt hätte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) idgF haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Als frühestmöglicher Zeitpunkt ist nach der Rechtsprechung des unabhängigen Finanzsenates (UFS) jener Zeitpunkt anzunehmen, in dem (hier: nach Beendigung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes) die Inskription der gewählten Studienrichtung vorgenommen werden kann. Wird diese nicht vorgenommen, erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe (FB) ( RV/0060-G/04; RV/0369-G/05).
Auch ein nach den studienrechtlichen Vorschriften möglicher Quereinstieg in ein gewähltes Studium mit der Möglichkeit, bereits in diesem Semester (zB Sommersemester 2003) mit der Berufsausbildung zu beginnen und auch Prüfungen ablegen zu können, ist der frühestmögliche Zeitpunkt im Sinne der lit. e. Wird erst zu einem späteren Zeitpunkt (zB Wintersemester 2003/2004) mit der Berufsausbildung begonnen, besteht kein Anspruch auf FB (s ).
Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn noch nicht feststeht, welche Berufsausbildung gewählt und dadurch mit der Berufsausbildung erst im Herbst 2007 begonnen wird, obwohl der Präsenzdienst bereits im März 2007 beendet wurde und daher bereits mit Beginn des Sommersemesters 2007 die Berufsausbildung möglich gewesen wäre ( ).
Das alleinige Streben, mit einer bestimmten Berufsausbildung zu beginnen, ohne diese Absicht – aus welchen Gründen immer – in die Tat umzusetzen, erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Bezug der FB (s u vgl. ).
Der frühestmögliche Zeitpunkt ist jener, in dem das Kind die Möglichkeit hat, mit der Ausbildung zu beginnen oder diese fortsetzen kann. Persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe, die verhindern, dass mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen oder diese fortgesetzt wird, sind unbeachtlich und gewähren keinen Anspruch auf FB (vgl. Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 132).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kann diese Rechtsprechung im Zusammenhang mit einem abgeleisteten Präsenz- oder Zivildienst analog auf den hier zu beurteilenden Fall angewendet werden, da die Entscheidungen auch den „frühestmöglichen Zeitpunkt“ betreffen.

Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass das Gesetz einen Anspruch für die Gewährung der Familienbeihilfe an den frühestmöglichen Beginn des Studiums nach Ablegung der Reifeprüfung anknüpft. Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung bereits ausführlich dargelegt hat, war der frühestmögliche Zeitpunkt iSd § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 das Sommersemester 2013 an der Universität X. Diese Bestimmung nimmt weder Bezug auf andere Maturanten des Geburtsjahrganges der Tochter der Bf. noch auf den Maturatermin in Österreich. Wie die Bf. selbst vorbringt, habe sich aus persönlichen/familiären Gründen die angestrebte Ausbildung der Tochter in Frankreich zerschlagen. Persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe, die verhindern, dass mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird, sind aber – wie oben ausgeführt - unbeachtlich und gewähren keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Auch ist es im gegenständlichen Fall ohne Bedeutung, dass der Maturatermin nach österreichischem Schulrecht erst im Mai/Juni 2013 angesetzt war. Die Tochter der Bf. erwarb nach eigenen Angaben die „weltweit gültige Matura“ am und hatte somit die Möglichkeit innerhalb der Nachfrist zur Zulassung an der Universität X zu inskribieren, was aber – aus persönlichen Gründen - verabsäumt wurde. Da eine Erstinskription an der Universität im Sommersemester ohne weiteres möglich ist, wird nicht davon ausgegangen, dass ein Studienbeginn im Sommersemester mit Nachteilen am Studienbeginn  oder auch für das Fortkommen im Studium zusammenhängen könnte, vielmehr hätte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die Tochter der Bf. auf Grund der Erlangung der vorzeitigen Reifeprüfung am den Vorteil gehabt, ein Semester vor den Absolventen des österreichischen Maturajahrgangs 2013 das Studium zu beginnen und dementsprechend auch früher erfolgreich zu beenden.

Da die Voraussetzungen zur Gewährung der Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 nicht vorliegen, war wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Beschwerde war auf Grund der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 ex lege abzuweisen, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100178.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at