Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.11.2016, RV/2100972/2011

AfA von fiktiven Anschaffungskosten eines Mietobjekts (Erwerb durch gemischte Schenkung vor 8/2008)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin über die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes X . betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006 - 2009 zu Recht erkannt: 

Der Berufung wird gemäß § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Änderung der Bemessungsgrundlagen ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu ersehen, welches einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisspruches bildet. 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

 Strittig ist im anhängigen Verfahren, ob die AfA-Bemessungsgrundlage für ein der Vermietung dienendes Geschäftshaus auf Basis fiktiver Anschaffungskosten zu berechnen, oder aus dem tatsächlich vereinbarten Erwerbspreis der Liegenschaft zu ermitteln ist.

Gemäß den Feststellungen im Zuge einer durchgeführten Außenprüfung (AP) geht das FA in den angefochtenen Einkünftefeststellungsbescheiden (§ 188 BAO) davon aus, dass die Beschwerde führenden Miteigentümer (drei Geschwister) die verfahrensgegenständliche Liegenschaft im Dezember 2006 von ihrem Vater im Rahmen eines entgeltlichen Vorgangs erworben haben.

Dies zeige ein Vergleich des im Kaufvertrag vom für die Immobilie vereinbarten Kaufpreises von 1.150.000,- € mit jenem Preis, zu dem der Vater der nunmehrigen Miteigentümer das Mietobjekt im Okt.2003 in Ausübung einer im Leasingvertrag vereinbarten Kaufoption von jener Immobilienleasinggesellschaft erworben hatte, welche das Mietobjekt in den Jahren 1992/1993 als Leasinggeberin auf einem Grundstück des Vaters errichtet und über einen Zeitraum von 11 Jahren an den Vater vermietet hatte.

Der vom Vater der Bf im Okt. 2003 bezahlte Kaufpreis für das Gebäude habe mit rd. 830.000,- € - bei Annahme einer AfA von 4% p.a.- in etwa dem Buchwert der Verkäuferin (Leasinggesellschaft) im Zeitpunkt der Veräußerung entsprochen. Aufgrund der natürlichen Interessensgegensätze zwischen den damaligen, in keinem Naheverhältnis stehenden Vertragsparteien sei von einem „echten Kaufpreis zwischen Fremden“ auszugehen, der – unter Einbeziehung des Preises für das Grundstück – erkennbar auch der Eigentumsübertragung vom Vater an die nunmehrigen Miteigentümer im Dez. 2006 zu Grunde gelegen sei.

Zwei weitere, zu Kontrollzwecken durchgeführte Berechnungsmethoden (Hochrechnung der seinerzeitigen Anschaffungskosten der Leasinggesellschaft mit dem Baukostenindex; Gebäudebewertung durch einen Amtssachverständigen) hätten dieses Ergebnis bestätigt.

Da die Miteigentümer die verfahrensgegenständliche Liegenschaft demnach entgeltlich erworben hätten, sei die Bemessungsgrundlage für die GebäudeAfA aus dem im Kaufvertrag vom festgelegten Kaufpreis zu ermitteln gewesen.

In der Beschwerde gegen diese Bescheide verweist die Beschwerde führende Miteigentumsgemeinschaft/"Mitgesellschaft" (Bf) darauf, dass der Übergang der Liegenschaft in das Eigentum der Bf Ende 2006 gleichsam im Rahmen einer vorweggenommenen Nachlassregelung des zu dieser Zeit gesundheitlich bereits schwer beeinträchtigten Vaters erfolgt sei, welche die Übertragung des gesamten Liegenschaftsvermögens und mehrerer Unternehmensbeteiligungen des Vaters im Wege unentgeltlicher bzw. teilentgeltlicher Rechtsgeschäfte auf seine späteren Erben umfasst habe. Die im Dez. 2006 zur verfahrensgegenständlichen Liegenschaft vereinbarte Gegenleistung habe der auf dem Grundstück aushaftenden Hypothekarverbindlichkeit entsprochen und sei ohne Bezug zum Verkehrswert der Immobilie festgelegt worden.

Die vom FA herangezogene Verkehrswertermittlung hält die Bf für ungeeignet, da dem Erwerbspreis für das Gebäude im Jahr 2003 die Leasingvereinbarung mit der ehemaligen Errichtungsgesellschaft zu Grunde gelegen sei, in welcher der Verkehrswert des Gebäudes – wie bei der Übertragung im Dez.2006 - ebenfalls keine Rolle gespielt habe. Die Bedingungen der im Leasingvertrag enthaltenen Kaufoption hätten vielmehr ein Entgelt in Höhe des Barwertes der bis zum Ende der vereinbarten Grundmietzeit aushaftenden Mieten und Kautionen sowie des bei Ausübung der Option vorhandenen Kautionsguthabens vorgesehen.

Die Methode der Hochrechnung des Gebäudewertes anhand der seinerzeitigen Anschaffungskosten sei weder rechnerisch nachvollziehbar, noch durch die VwGH-Judikatur gedeckt. Im Übrigen wiesen beide im AP-Verfahren verwendeten Sachverständigengutachten Gebäudeherstellungskosten von wesentlich mehr als dem Doppelten der im Dez. 2006 vereinbarten Gegenleistung der Miteigentümer aus. Der Verkehrswert der Liegenschaft sei nach diesen Expertisen bei rd, 2,5 Millionen € bzw. 2,1 Millionen € gelegen.

In der Folge legt die Bf dem Berufungsbegehren das (zeitnähere) Gutachten des Amtssachverständigen zu Grunde, allerdings unter Vorbringen mehrerer Einwände (unrichtig ermittelter Jahresertrag, unzureichende Restnutzungsdauer, überhöhter Liegenschaftszinssatz), deren Berücksichtigung zu einem „Liegenschaftswert“ von 3,275.000,- € führen würde. In der mit 1.150.000,- € nur rd. 35% dieses Wertes erreichenden Gegenleistung komme deutlich zum Ausdruck, dass beim Rechtsgeschäft vom lediglich eine Teilentgeltlichkeit gewollt gewesen sei.

Es werde daher weiterhin eine AfA-Berechnung auf Basis fiktiver Anschaffungskosten beantragt, wobei als Bemessungsgrundlage der im Sinne der Berufungsausführungen berichtigte Verkehrswert aus dem Gutachten des Amtssachverständigen bzw. ein daraus abgeleiteter, anteiliger Gebäudeertragswert von 3.015.000,- € anzusetzen sei.

Das FA legte die Berufung - ohne eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen und ohne weitere Erhebungen - dem Unabhängigen Finanzsenat mit dem Hinweis zur Entscheidung vor, dass es im Rechtsmittel im Wesentlichen um einen „Expertenstreit (divergierende Gutachten)“ gehe. Eine darüberhinausgehende inhaltliche Stellungnahme zu den Berufungsausführungen unterblieb ebenso wie die Vorlage des in der Folge vom BFG angeforderten AP-Aktes.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I.) Das BFG legt seiner Entscheidung im anhängigen Verfahren folgenden als erwiesen erachteten Sachverhalt zu Grunde:

Mit notariellem Kaufvertrag (samt Nachtrag) vom erwarben die drei Beschwerde führenden Geschwister die Liegenschaften EZ 1234 und EZ 5678 GB xxxxx (3.842 m²) mit dem darauf befindlichen Geschäftshaus um einen Kaufpreis von 1.150.000,- € von ihrem Vater. Für die Entrichtung des Kaufpreises wurde - bis auf einen vernachlässigbaren Teil - die Übernahme einer mit der erworbenen Liegenschaft mittels Höchstbetragshypothek grundbücherlich besicherten Bankverbindlichkeit im Verhältnis der unterschiedlich hohen Miteigentumsanteile der Erwerber vereinbart. Zum Zeitpunkt der Übertragung haftete diese Bankverbindlichkeit mit einem Betrag von  1.147.758,56 € unberichtigt aus (Punkt II/3. des Kaufvertrages vom ). 

Der Vater der Bf verstarb im Juni 2007 unter Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung vom Sept. 2004, in welcher er unter anderem vorgesehen hatte, die verfahrensgegenständliche Liegenschaft seinen drei Kindern in eben jenem Beteiligungsverhältnis zukommen zu lassen, wie im Kaufvertrag vom festgelegt (75%-15%-10%). Anderes (v.a. Liegenschafts-)Vermögen hatte der Vater bereits im Dez. 2003 im Rahmen einer notariellen Pflichtteilsverzichtsvereinbarung an seine Nachkommen übertragen.

Auf der verfahrensgegenständlichen, seit 1985 im Eigentum des Vaters stehenden  Liegenschaft in bester Zentrumslage von (XY-Stadt) (Hauptstraße/ Kerngebiet) war in den Jahren 1992/1993 im Wege eines Immobilienleasingfinanzierungsmodells ein zweigeschoßiges Geschäftshaus (EG/UG) als Superädifikat der finanzierenden Leasinggesellschaft errichtet, in der Folge vom Vater der Bf angemietet und zur gewerblichen Nutzung weitervermietet worden. Im Verfahrenszeitraum war das Objekt an sechs Gewerbebetriebe vollständig vermietet (ein Installationsunternehmen und ein Handelsgeschäft im UG, zwei Gastrobetriebe, eine Trafik und ein Drogeriemarkt im EG).

Der vorliegende Immobilienleasingvertrag vom , dem „vorläufige Gesamtinvestitionskosten“ von 14.000.000,- ATS (= rd. 1.000.000,- €) zu Grunde liegen, wurde - unter Festlegung eines 15jährigen Kündigungsverzichts (180 Monate) auf Seiten des Leasingnehmers/Mieters - auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Für den Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung war eine Haftung des Mieters „für den Ausfall des Mietentgeltes zuzüglich Restwert samt Betriebskosten sowie für alle sonstigen durch die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages entstehenden Schäden“ vereinbart.

Darüberhinausgehende Regelungen zur finanziellen Abwicklung bei (vorzeitiger) Beendigung des Mietverhältnisses enthält der Leasingvertrag vom nicht. Insbesondere fehlen Vereinbarungen über eine Kaufoption.

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Vater der nunmehrigen Miteigentümer den mittlerweile auf den Liegenschaften EZ 1234 und EZ 5678 GB xxxxx befindlichen Gebäudebestand (Superädifikat) um einen (nicht näher erläuterten) Kaufpreis von 830.465,07 € von der Leasinggesellschaft.

Weitere Unterlagen zum Rechtsverhältnis zwischen der Leasinggesellschaft und dem Vater der  nunmehrigen Miteigentümer wurden dem BFG vom FA, trotz Anforderung der abgabenbehördlichen Verfahrensakten, nicht vorgelegt.

Einem vom Vater der  nunmehrigen Miteigentümer im Mai 2003 offenbar im Vorfeld des Gebäudeankaufs in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten zufolge, hatte die Liegenschaft zu dieser Zeit einen Verkehrswert von 2.499.000,- € (Sachwert 2,800.000,-€/Ertragswert 2,400.000,- €, Gewichtung 1:3). Für das Gebäude weist das Gutachten einen Sachwert von 2.260.492,- € bzw. einen Ertragswert von 1.952.660,- € aus.

In der Abgabenerklärung für 2006 legte die Bf der AfA-Bemessung für den strittigen Gebäudebestand fiktive Anschaffungskosten von 2.156.861,- € zu Grunde.

Der im abgabenbehördlichen Prüfungsverfahren vom FA beigezogene Amtssachverständige errechnete für Dez. 2006 einen Verkehrswert der Liegenschaft von 2.118.000,- € (Sachwert 2,386.000,- €/Ertragswert 2.051.000,- €; Gewichtung 1:4). Der Gebäudebestand wurde dabei mit 2.027.000,- € (Sachwert) bzw. 1.792.184,- € (Ertragswert) bewertet.

Beide Sachverständige legten ihrer Expertise eine Bodenwertverzinsung von 4% bzw. einen Kapitalisierungszinssatz von 5,5% zu Grunde.

Unterschiedliche Einschätzungen der Sachverständigen betrafen vor allem den Wert des Grundstücks (Gutachten 2003: 100,- bzw. 120,- €/m²; Gutachten 2006: 75,- €/m² abzüglich 10% Bebauungsabschlag), die Restnutzungsdauer des Gebäudebestandes (Gutachten 2003: 69 Jahre; Gutachten 2006: 49 Jahre) und die Höhe der Bewirtschaftungskosten bei der Ertragswertermittlung (Gutachten 2003: 12% der Jahresmieterlöse; Gutachten 2006: 18,5% der Jahresmieterlöse).

II. Der Absetzung für Abnutzung (AfA) bei nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gebäuden sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Wurde ein solches Gebäude vor dem unentgeltlich erworben, bildet der gesamte Einheitswert für den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem unentgeltlichen Erwerb die maßgebliche Bemessungsgrundlage. Auf Antrag sind in diesem Fall die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes als AfA-Bemessungsgrundlage heranzuziehen (§ 16 Abs. 1 Z.8 lit.a und lit.b EStG 1988 idF vor SchenkMG 2008, BGBl I Nr. 2008/85).

Als fiktive Anschaffungskosten ist jener Betrag anzusetzen, den der Empfänger im Falle einer entgeltlichen Übertragung für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Empfanges hätte aufwenden müssen (§ 6 Z 9 EStG 1988). Dieser orientiert sich im Allgemeinen am Verkehrswert der Liegenschaft.

Entgeltlich ist ein Rechtsgeschäft, bei dem nach dem Willen der Parteien eine Leistung um der Gegenleistung willen erbracht wird. Die eine Zuwendung ist durch die andere bedingt, es soll ein wirtschaftlicher Ausgleich erzielt werden. Bei den unentgeltlichen Rechtsgeschäften wird eine Zuwendung aus Freigebigkeit, das heißt (ganz oder teilweise) ohne Gegenleistung, gemacht.

Eine unentgeltliche Übertragung ist nicht nur bei einer (reinen) Schenkung, sondern auch bei einer gemischten Schenkung anzunehmen. Eine solche setzt voraus, dass der Kaufpreis aus privaten Motiven unter dem tatsächlichen Wert liegt. Entscheidend ist, dass die Vertragsparteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten, dass sie sich des Charakters der Leistung als (teilweise) unentgeltlich bewusst waren sowie, dass beide die (teilweise) Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben. Dabei gilt grundsätzlich das Prinzip der subjektiven Äquivalenz (vgl. z.B. ; , 2001/13/0211; , 97/15/0021; , 90/14/0102).

III. Im anhängigen Verfahren geht das BFG aufgrund der festgestellten privaten Verhältnisse der Vertragsparteien im zeitlichen Umfeld der zu beurteilenden Übertragung von einer gemischten Schenkung und damit von einem unentgeltlichen Erwerb durch die nunmehrigen Miteigentümer im Dez. 2006 aus.

Einerseits belegen beide im abgabenbehördlichen Verfahren verwendete Sachverständigengutachten ein deutliches Abweichen der vereinbarten Gegenleistung vom Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Übertragung an die nunmehrigen Miteigentümer.

Anderseits spricht die Übereinstimmung der Rechtsnachfolger (samt Beteiligungsausmaß) in der als Kaufvertrag bezeichneten Übertragungsurkunde vom mit den Anordnungen des Vaters zur verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in der letztwilligen Verfügung vom August 2004 für dessen unentgeltlichen Zuwendungswillen. Eine entsprechende Absicht auf der Empfängerseite wird im Rechtsmittel glaubhaft dargetan.

Der offensichtlich an die Höhe der aushaftenden Hypothekarschuld angelehnte „Kaufpreis“ lässt erkennen, dass die Vereinbarung einer Gegenleistung auf die für eine Eigentumsübertragung notwendige Zustimmung des Kreditinstitutes zu einem Schuldnerwechsel abzielte und erklärt zugleich, weshalb die Übertragung nicht gänzlich ohne Gegenleistung erfolgt ist.

In Würdigung dieser Umstände hält das BFG die Voraussetzungen für einen unentgeltlichen Erwerb durch die  nunmehrigen Miteigentümer im Dez. 2006 für erwiesen. In Hinblick auf eine entsprechende Geltendmachung in der Abgabenerklärung der Bf  für 2006 ist eine Berechnung der AfA von fiktiven Anschaffungskosten für das zur Gänze der Erzielung von außerbetrieblichen Vermietungseinkünften dienende Geschäftsobjekt in Anwendung des § 16 Abs. 1 Z.8 lit.b EStG 1988 idF vor BGBl I Nr. 2008/85 daher zulässig.

Bei der Höhe der AfA-Bemessungsgrundlage geht das BFG aufgrund der Ausführungen der Bf im Rechtmittel davon aus, dass diese die Ansätze des von ihr im AP-Verfahren vorgelegten SV-Gutachtens aus dem Jahr 2003 nicht mehr aufrecht erhält, wenn sie bei ihren (abweichenden) Berechnungen das „zeitnähere Gutachten“ des Amtssachverständigen heranzieht.

Einen vom Gutachten des Amtssachverständigen abweichenden Ansatz begehrt die Bf bei der Berechnung des Liegenschaftsreinertrages, indem sie - ohne nähere Begründung - vom Durchschnittswert der in ihren Abgabenerklärungen ausgewiesenen Mieterlöse der Jahre 2007-2009 ausgeht.  

Der Verkehrswertermittlung auf Basis des Ertragswerts einer Liegenschaft liegt der Gedanke eines nachhaltig erzielbaren Ertrages zu Grunde. Die Nachhaltigkeit gebietet es, auch die Zukunftsaussichten in die Bewertung einfließen zu lassen (vgl. Jakom, EStG Kommentar, §16 Rz 39, u.a. mit Verweis auf ).

Aus der im anhängigen Verfahren zu beurteilenden Liegenschaft wurden vom Vater der nunmehrigen Miteigentümer in den Jahren 2004 - 2006 leicht rückläufige Mieterlöse erzielt. Der jährliche Durchschnittsmieterlös erreichte in diesen Jahren 161.996,- € (2006 hochgerechnet auf vier Quartale). 

In den fünf Jahren nach der Übergabe weisen die Abgabenerklärungen der Bf einahmenseitig einen steten und deutlichen Aufwärtstrend aus (2009 mit einer außerordentlichen, offenbar nicht nachhaltigen Einnahmensteigerung).

Die Höhe der erklärten Einnahmen der Jahre 2004 - 2009 erfuhr in zwei abgabenbehördlichen AP-Verfahren keine Korrektur. 

Vor dem Hintergrund der angeführten Erlösentwicklung erscheint eine Berücksichtigung positiver Zukunftsaussichten bei der Verkehrswertermittlung der zu beurteilenden Liegenschaft dem Grunde nach vertretbar und auch der im RM als Ausgangswert für die Ertragswertermittlung gewählte Ansatz, dem eine Steigerung der Jahresmieterlöse gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2004-2006 von 6,65% zu Grunde liegt, als angemessen.

Demgegenüber errechnet das Gutachten aus dem Jahr 2003 den Ertragswert der Liegenschaft auf Basis des im Mai 2003 erzielten Mieterlöses. Allein der zeitliche Abstand zum Bewertungszeitpunkt Dez.2006 legt hier einen gewissen Anpassungsbedarf nahe, der durch den bis dahin tatsächlich erzielten Erlösanstieg erhärtet wird.

Der (geringfügig unter dem Gutachten ex 2003 liegende) Ausganswert im Gutachten des Amtssachverständigen ist bezüglich der vermieteten Fläche nicht nachvollziehbar (Differenz zur Gesamtnutzfläche des Gebäudebestandes auf Seite 1 des Gutachtens). Eine Abweichung ergibt sich auch zur Flächenberechnung im Gutachten aus dem Jahr 2003 und jener im Rechtsmittel. 

Da die Ausganswerte der Ertragswertermittlung in beiden Gutachten bereits deutlich hinter den bis zur verfahrensgegenständlichen Übertragung tatsächlich erzielten Mieteinnahmen zurückbleiben, erscheinen diese weniger plausibel begründet, als der im Rechtsmittel gewählte Ansatz.

In Berücksichtigung der dargestellten Umstände erachtet das BFG den von der Bf im anhängigen Rechtsmittel als Ausgangswert für die Ertragswertermittlung herangezogenen Jahresmieterlös von 172.776,- € für geeignet und zieht ihn für die Berechnung der AfA-Bemessungsgrundlage für den Gebäudebestand im gegenständlichen Erkenntnis heran.   

Im Bereich der Bewirtschaftungskosten übernimmt die Bf bei der Berechnung des Liegenschaftsreinertrages die auch der FA-Berechnung in den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegenden Wertansätze aus dem Gutachten des Amtssachverständigen, sodass sich eine nähere Überprüfung dieser zwischen den Verfahrensparteien unstrittigen Kosten für das BFG erübrigt.

Keine Veranlassung sieht das BFG für den Ansatz eines Kapitalisierungszinssatzes von 4%, mit dem die Bf in der Berufung ohne nachvollziehbare Begründung vom übereinstimmenden Kapitalisierungszinssatz der beiden Sachverständigen ( 5,5%) abweicht.

Der Hinweis auf die grundsätzliche Funktion des Kapitalisierungszinssatzes (Berücksichtigung der allgemeinen Renditeerwartung, Geldwertanpassung, Risikoerwartungen und Mobilität der Investition) ist nicht geeignet, eine solche Absenkung zu rechtfertigen, ist doch davon auszugehen, dass diese Faktoren auch von den beiden Sachverständigen berücksichtigt wurden.

Wenn die Bf den Kapitalisierungszinssatz mit der Bodenwertverzinsung gleichsetzt, so verkennt sie, dass Letztere lediglich eine Rechengröße zur Ermittlung des auf die baulichen Anlagen entfallenden Reinertragsanteiles am Verkehrswert einer Liegenschaft (mit relativ beschränkten Auswirkungen auf den Jahresrohertrag) darstellt, während im Kapitalisierungszinssatz die Rendite zum Ausdruck kommt, die ein Investor für das eingesetzte Kapital erwarten kann (vgl. Kranewitter, Liegenschaftsbewertung6, S. 92)

Da das Ertragsrisiko bei der Wahl des Kapitalisierungszinssatzes ein wesentliches Kriterium bildet, kommt bei gewerblich genutzten Liegenschaften generell ein höherer Zinssatz zum Ansatz als bei Wohnobjekten. Die Empfehlungen des Hauptverbandes der Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung sehen für Geschäftsliegenschaften, Einkaufszentren und gewerbliche genutzte Liegenschaften in sehr guter Lage mit Richtwerten von 4,5% - 9% durchwegs deutlich höhere Kapitalisierungszinssätze als für Wohn- oder Büroliegenschaften vor (vgl. Kranewitter, a.a.O. S.94ff).

Im Hinblick darauf hätte das Abweichen von den Ansätzen der beiden Sachverständigen im anhängigen Verfahren eine entsprechend nachvollziehbare, auf die Verhältnisse des zu beurteilenden Einzelfalles Bezug nehmende Begründung der Bf erfordert.

Nicht zu folgen ist dem Berufungsbegehren der Bf auch hinsichtlich einer Ertragswertermittlung auf Basis einer Gesamtnutzungsdauer des Gebäudebestandes von 80 Jahren.

Für ein Geschäftsgebäude mit Nutzungen im Handels- und Gewerbebereich erscheint eine derartige Gesamtnutzungsdauer tatsächlich unrealistisch, ist doch bei der Ertragswertermittlung auf die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Objekts abzustellen, die etwa aufgrund geänderter Wirtschaftsbedingungen (Stichwort „Entmodung“) in diesen Bereichen deutlich unter der technischen Nutzbarkeit anzusiedeln ist.

Nach anerkannter Fachliteratur ist im Allgemeinen aufgrund langjähriger Erfahrungswerte für Geschäftsgebäude mit Nutzungen wie im anhängigen Verfahren eine übliche Gesamtnutzungsdauer von nicht mehr als 50 Jahren anzunehmen. Eine wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren kommt demnach nur im Wohnbereich in Frage (vgl. Kranewitter a.a.O6, S. 74f.).

Wenn der Amtssachverständige beim verfahrensgegenständlichen Objekt von einer wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von 62 Jahren ausgeht (und damit den von Fachleuten langjährig beobachteten Maximalrichtwert um mehr als 20% überschreitet), erscheint damit eine Zeitspanne gewählt, mit welcher neben der Massivbauweise des Objekts und dessen offenbar sehr guten Infrastruktur- und Verkehrslage auch weitere Relevanzfaktoren bereits berücksichtigt sind.

Auch nach dem Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2003, auf das sich die Rechtsmittelausführungen der Bf in diesem Punkt – ohne nähere Begründung – ausnahmsweise bezieht, betrifft die 80jährige Gesamtnutzungsdauer ausdrücklich die „technische Lebensdauer“ und ist insofern als Maßstab für die Ertragswertermittlung methodisch verfehlt.

Im Ergebnis erscheinen somit lediglich die Einwendungen der Bf hinsichtlich der anzusetzenden durchschnittlichen Jahresmieterlöse  berechtigt. Aus dieser Änderung ergibt sich, bei im Übrigen unveränderter Übernahme der Ansätze aus dem Gutachten des Amtssachverständigen, ein Gebäudeertragswert von 2.199.218,- €, der - in Übereinstimmung einerseits mit der VwGH-Judikatur und der gängigen Bewertungspraxis, die dem Ertragswert bei gewerblich genutzten Liegenschaften deutliche Präferenz einräumen (vgl. z.B. nochmals Jakom, a.a.O mit Verweis auf bzw. Kranewitter, a.a.O., S.201), anderseits mit dem Rechtmittelantrag der Bf - die AfA-Bemessungsgrundlage für den verfahrensgegenständlichen Gebäudebestand darstellt.

Ein ausschließliches Abstellen auf den Gebäudeertragswert als Basis für die AfA-Berechnung rechtfertigt im vorliegenden Fall auch die geringe, im Unschärfebereich einer Schätzung liegende Differenz zwischen dem reinen Gebäudeertragswert und dem Ergebnis einer Gewichtung zwischen Sach- und Ertragswert wie im Gutachten des Amtssachverständigen. 

Bei einem AfA-Satz von 1,5% (§ 16 Abs.1 Z 8 lit.d EStG 1988) ergibt sich somit ein jährlicher Werbungskostenansatz für die strittige Gebäude-AfA von 32.352,93 €.

Die rechnerischen Auswirkungen auf die Höhe der Vermietungseinkünfte der Bf bzw. der Miteigentümer für 2006 – 2009 sind dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen.

Der vom FA im Zuge des AP-Verfahrens gewählte Ansatz zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten auf Basis des Gebäudeerwerbspreises aus dem Kaufvertrag des Vaters der nunmehrigen Miteigentümer mit der Immobilienleasinggesellschaft vom Oktober 2003 erweist sich aufgrund der aus den vorliegenden Unterlagen festgestellten Berechnungsmethode für eine allfällige Ablösesumme tatsächlich als ungeeignet, da daraus ein Konnex zum Verkehrswert des Gebäudes im Veräußerungszeitpunkt nicht zu erkennen ist. Vielmehr ergab sich dieser Wert offenbar aus der Kalkulation des Leasingunternehmens für das mit dem Vater vereinbarte Leasinggeschäft (und enthielt daher etwa die Gewinnspanne der Leasinggesellschaft). Inwieweit der tatsächlichen Berechnung des Ablösepreises weitere bzw. andere Parameter zu Grunde lagen, entzieht sich, mangels Vorlage von allenfalls im AP-Verfahren vorgelegten, weiterführenden Unterlagen durch das FA, der Kenntnis und Beurteilung des BFG.

Auch eine Ermittlung anhand Index-evaluierter, historischer Anschaffungskosten entspricht keiner in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Bewertungsmethode für fiktive Anschaffungskosten eines Mietobjekts iSd § 6 Z.9 EStG 1988. Im Übrigen fehlten auch zu dieser Kontrollrechnung im BFG-Verfahren die abgabenbehördlichen Berechnungsunterlagen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. ).

Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen, da es sich im Wesentlichen um die Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung handelte und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH ausreichend beantwortet sind.

Graz, am

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