Sonderausgaben: Freiwillige Weiterversicherung und Nachkauf von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., Dorf, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Spruchbestandteil.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte in seiner über Finanz online abgegebenen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 uA die Berücksichtigung der freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung für seine Ehegattin.
Über Ergänzungsersuchen des Finanzamtes (FA) vom , die beantragten Sonderausgaben (Weiterversicherung/Nachkauf/Versicherungszeiten) nachzuweisen, legte der Bf die entsprechenden Nachweise vor.
Demnach handelte es sich um Beiträge zum Nachkauf von Versicherungszeiten und zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung. Diese waren in Höhe von € 5.395,04 im Streitjahr entrichtet worden.
Am erging der Einkommensteuerbescheid 2015. Die beantragten Sonderausgaben fanden mit der Begründung keine Berücksichtigung, dass bei den beantragten Weiterversicherungen die Beiträge zur bäuerlichen SV gemäß § 39a BSVG bzw. lt. ASVG §§ 17, 76a, 77 Abs. 2, 5, 225 Abs. 1 Z. 3 nicht anerkannt werden könnten, da diese Aufwendungen laut VwGH 2/1948 steuerlich nicht absetzbar seien.
Der Bf erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 fristgerecht Beschwerde.
Zur Begründung führte er aus, dass er vor der Entscheidung, Versicherungszeiten zu kaufen, bei den verschiedensten Behörden (PVA, FA) Erkundigungen eingezogen habe. Alle Institutionen hätten ihm zu 100%-ig zugesichert, diese Nachkaufbeträge als Sonderausgaben geltend machen zu können.
"Finanzamt:
Tel. (Tel. 123) – Nachkauf ist sicher als Sonderausgaben abschreibbar.
Offizielle Zusagen PVA:
In zwei unterschiedlichen Besprechungsterminen bei den Sprechtagen in J. (November/Dezember 2015) wurden diese Zusagen – Sonderausgaben – ebenfalls gegeben.
Telefonat mit PVA – Wien Dezember 2015 – zugesichert!
Aktuelles Telefonat PVA – Wien – Fr. A. + Gruppenleitung (Gruppe – Reg.Rat S.): dieser Nachkauf an Versicherungszeiten ist 100%-tig als Sonderausgaben zu berücksichtigen! Aussage – wird täglich durchgeführt!"
Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass die geltend gemachten Ausgaben für die Weiterversicherung in der Pensionsversicherung gemäß §§ 17, 76a, 77 Abs. und 5 sowie 225 Abs. 1 Z. 3 ASVG keine Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 in der geltenden Fassung darstellen würden.
Der Bf brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein und führte begründend aus, dass nach nochmaliger Rücksprache mit der PVA (Gruppenleitung G.) keine Fälle bekannt seien, wo gleichgeartete Nachkaufzeiten nicht steuerlich geltend gemacht werden könnten.
Die PVA gebe auch nach wie vor die Information weiter, dass solche Beträge steuerlich berücksichtigt werden könnten.
Als Anlage erhalte das FA noch das Schreiben der PVA v. .
Über die Beschwerde wurde erwogen
Gegenständlich ist strittig, ob die vom Bf in der Erklärung zur Abeitnehmerveranlagung 2015 für seine Ehegattin geltend gemachten Aufwendungen zur freiwilligen Weiterversicherung und zum Nachkauf von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung als Sonderausgaben berücksichtigt werden können.
Rechtliche Beurteilung:
§ 18 Abs 1 Z 2 EStG 1988 lautet:
"§ 18. (1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind: ...
2. Beiträge und Versicherungsprämien ausgenommen solche im Bereich des BMSVG und solche im Bereich der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g) zu einer
– freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),
– Lebensversicherung (Kapital- oder Rentenversicherung), ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),
– freiwillige Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekasse,
– Pensionskasse, soweit für die Beiträge nicht eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird,
– betrieblichen Kollektivversicherung im Sinne des § 18f des Versicherungsaufsichtsgesetzes, soweit für die Beiträge nicht eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird,
– ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes.
Versicherungsprämien sind nur dann abzugsfähig, wenn das Versicherungsunternehmen Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat oder ihm die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt wurde.
Beiträge zu Versicherungsverträgen auf den Erlebensfall (Kapitalversicherungen) sind nur abzugsfähig, wenn der Versicherungsvertrag vor dem abgeschlossen worden ist, für den Fall des Ablebens des Versicherten mindestens die für den Erlebensfall vereinbarte Versicherungssumme zur Auszahlung kommt und überdies zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfallens der Versicherungssumme im Erlebensfall ein Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren liegt. Hat der Versicherte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das 41. Lebensjahr vollendet, dann verkürzt sich dieser Zeitraum auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres, er darf jedoch nicht weniger als zehn Jahre betragen.
Beiträge zu Rentenversicherungsverträgen sind nur abzugsfähig, wenn eine mindestens auf die Lebensdauer zahlbare Rente vereinbart ist.
Besteht der Beitrag (die Versicherungsprämie) in einer einmaligen Leistung, so kann der Erbringer dieser Leistung auf Antrag ein Zehntel des als Einmalprämie geleisteten Betrages durch zehn aufeinanderfolgende Jahre als Sonderausgaben in Anspruch nehmen.
Werden als Sonderausgaben abgesetzte Versicherungsprämien ohne Nachversteuerung (Abs. 4 Z 1) vorausgezahlt, rückgekauft oder sonst rückvergütet, dann vermindern die rückvergüteten Beträge beginnend ab dem Kalenderjahr der Rückvergütung die aus diesem Vertrag als Sonderausgaben absetzbaren Versicherungsprämien."
§ 18 Abs 2 EStG 1988 lautet:
"(2) Für Sonderausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 60 Euro jährlich abzusetzen."
§ 18 Abs 3 EStG 1988 lautet:
"(3) In Ergänzung des Abs. 1 wird bestimmt:
1. Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2, 3 und 5 kann der Steuerpflichtige auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.
2. Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2 920 Euro jährlich. ..."
Die Zahlungen für freiwillige Weiterversicherung und Nachkauf von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung wurden dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen.
Die Amtspartei beantragt, der Beschwerde im nachgewiesenen Umfang stattzugeben.
Die str Beträge sind daher als Sonderausgaben ohne Anrechnung auf den Höchstbetrag abzugsfähig.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Aufgrund des Vorliegens einheitlicher Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur beschwerdegegenständlichen Rechtsfrage wurde im vorliegenden Fall in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikels 133 Abs. 4 B-VG zukommt.
Berechnung der Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2015:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nsA | |
AT&S AG | 76.977,15 |
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte | -147,96 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 76.829,19 |
Pauschbetrag für Sonderausgaben | - 60,00 |
Nachkauf von Versicherungszeiten und freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung | -5.395,04 |
Kirchenbeitrag | -400,00 |
Einkommen | 70.974,15 |
Die Eínkommensteuer beträgt: | |
(70.974,15 - 60.000,00) x 0,5 + 20.235,00 | 25.722,07 |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 25.722,07 |
Verkehrsabsetzbetrag | -291,00 |
Arbeitnehmerabsetzbetrag | -54,00 |
Pendlereuro | -44,00 |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 25.333,07 |
DieSteuer für die sonstigen Bezüge beträgt: | |
0% für die ersten 620,00 | |
6% für die restlichen 10.113,04 | 606,78 |
Einkommensteuer | 25.939,85 |
Anrechenbare Lohnsteuer | -28.848,90 |
Festgesetzte Einkommensteuer | -2.909,00 |
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102819.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at