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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.11.2016, RV/6100394/2013

Beschwerde gegen die Abweisung eines Ansuchens um Nachsicht gem. § 236 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende V und die weiteren Senatsmitglieder Richter R, O und Q, über die Beschwerde des A, in B, vertreten durch die  C, in D, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , betreffend die Abweisung eines Ansuchens um Nachsicht gem. § 236 Bundesabgabenordnung (BAO) in der Sitzung am  zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Anbringen vom (welches lt. Anbringen vom als Nachsichtsansuchen zu verstehen ist) wurde seitens des Beschwerdeführers (Bf) A der Vorschlag unterbreitet, dass von dem dem Finanzamt (erg. aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme als Geschäftsführer) zugesprochenen Betrages von € 190.994,56 20% beglichen werden, wobei die Zahlung innerhalb von zwei Monaten ab Annahme erfolgen würde.

In der Begründung wurde zunächst auf die Entstehungsgeschichte der Fa. E GmbH (kurz GmbH), deren geschäftsführender Gesellschafter der Bf gewesen war, verwiesen. Weiters wurde die wirtschaftliche Entwicklung dieser Firma, sowie die entstandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, einschließlich der Entwicklung der Finanzamtsschulden, dargestellt.Hingewiesen wurde auch auf die damalige Pfändung durch das Finanzamt sowie die im Konkursverfahren erfolgte Abtretung dieser Pfandrechte.Auf die Punkte 1-4 dieses Antrages und der dort ausführlicheren Darstellung wird verwiesen.

Die nunmehr ausgesprochene Haftung des Bf könne in keiner Weise nachvollzogen werden, zumal der Bf absolut keine Möglichkeit sehe, diesen Betrag in irgendeiner Weise abdecken zu können.

Auf die weitere unter Punkt 5. a) erfolgte Darstellung der persönlichen und familiären Verhältnisse, der Bf werde im nächsten Jahr 70 Jahre alt, sowie dem schlechten, auch durch die Haftungsinanspruchnahme verursachten gesundheitlichen Zustand (Erschöpfungszustand), wird verwiesen.

Unter Punkt 5. b) wurde zur wirtschaftlichen Lage des Bf ausgeführt, dass er aufgrund persönlicher Haftungen gegenüber der F infolge der Insolvenz Beträge in Höhe von € 470.000,-- sowie € 78.981,40 zu übernehmen hatte. Dafür würden vorerst nur die Zinsen abgedeckt. Die Bank habe sich zu dem auf der Liegenschaft des Bf (Haus in G) pfandrechtlich abgesichert.

Aus der GmbH schulde der Bf auch gegenüber der H (kurz I) einen Betrag von € 81.000,-- der seit mit monatlichen Raten von
€ 500,-- abgedeckt werde.

Da der Bf durch die Insolvenz mittellos dagestanden hat, hat ihm sein Bruder
€ 60.000,-- geliehen, worauf in absehbarer Zeit keinerlei Zahlungen geleistet werden können.

Sein Haus in G werde derzeit vermietet und werde daraus mit seiner Frau der Lebensunterhalt bestritten. Er und seine Frau wohnen selbst derzeit in M, wo ihnen von einer Schwiegertochter unentgeltlich eine Wohnung eingeräumt wird.

Zum Einkommen wurde ausgeführt, dass der Bf eine monatliche Pension in Höhe von netto € 1.944,60 erhalte, die Mieteinkünfte werden mit monatliche brutto
€ 2.600,-- (netto € 800 bis € 1000,--) angegeben.
Es ergebe sich ein Familieneinkommen von ca. € 2.900,--.
Erwähnt wurde auch, dass seine Gattin eine monatliche Pension in Höhe von
€ 189,-- bezieht.

Daraus ergebe sich die Situation, dass der Bf aufgrund der vorhandenen Schulden Privatkonkurs anmelden müsste.

Die Tätigkeit als Finanzberater würde er aufgrund des gesundheitlichen Zustandes demnächst beenden müssen. Ein langfristiges Einkommen sei daraus jedenfalls nicht zu erwarten.

Auf die weiteren Ausführungen betreffend der zu erwartenden Quote im Abschöpfungsverfahren, sowie einer durch Unterstützung der Kinder des Bf möglichen Darlehensaufnahme wird verwiesen.

In weitere Folge wurde das Angebot der 20 % Entrichtung des Abgabenbetrages (Haftungsbetrag iHv. € 190.994,56), unter Anrechnung der bereits vom Finanzamt durch Pfändung zugeflossen Beträge, unterbreitet.
Auf die aufgrund der Pfändung dargestellten bestehenden Probleme, wird verwiesen.

Es werde daher um wohlwollende Prüfung und ehest baldige Erledigung unter Rechtsmittelverzicht bei einer Einigung ersucht.

In dem an den Bf gerichteten Vorhalt des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurde festgestellt, dass dieses Ersuchen keine Angabe zum Wert der Liegenschaft in G enthält.

Um einen außergerichtlichen Ausgleich in Höhe von 20% annehmen zu können wurde der Bf um Vorlage folgender Unterlagen ersucht:

Aufgliederung der besicherten und unbesicherten Verbindlichkeiten einschließlich der Darstellung und Bewertung der Besicherungen sowie Tilgungsvereinbarungen.

Aktueller Vermögensstatus (Aktivvermögen) und Vorlage des Bewertungsgutachtens für die Liegenschaft in G. Der Vermögensstatus könne mit beiliegendem Vermögensverzeichnis bekanntgegeben werden.

Mitteilung ob eine Veräußerung der Liegenschaft beabsichtigt ist und Bekanntgabe, in wessen Gewahrsam sich der Rangordnungsbeschluss für die beabsichtigte Veräußerung derzeit befindet.

Zustimmungserklärung der anderen Gläubiger (jedenfalls der Hauptgläubiger).

Im Antwortschreiben des Bf vom wurde klargestellt, dass der Antrag als Antrag gem. § 236 BAO zu verstehen ist.
Verwiesen wurde auch auf die Bestimmung des § 235 BAO, wonach bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit von Einbringungsmaßnahmen Abgabenschuldigkeiten sogar von Amts wegen gelöscht werden können.

Zum Haus in G (mit zwei Einlagezahlen) wurde ein aktueller Grundbuchsauszug vorgelegt. Es handle sich um ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus. Auf die bestehenden Schulden bei der F wurde wiederum verwiesen.

Verwiesen wurde auch auf ein angefordertes Bewertungsgutachten einer renommierten Immobilienfirma, aus dem ersichtlich ist, dass der Verkehrswert der Liegenschaft auf € 650.000,-- geschätzt wurde. Hinzugefügt wurde, dass dieser Verkaufswert nur bei einem geordneten Verkauf zu erzielen sei. Im Falle eines Notverkaufs müsste mit deutlichen Abschlägen gerechnet werden.

Auf die Ausführungen zum Rangordnungsbeschluss wird verwiesen.

Es sei somit davon auszugehen, dass von den Gläubigern nur die Bank als halbwegs gut besichert bezeichnet werden kann, die andere Gläubigerin sowie das Finanzamt würden nach Abzug von Spesen nach menschlichem Ermessen nicht zum Zug kommen.

Vorgelegt wurde ein aktueller Vermögensstatus.Auf die weiteren Ausführungen betreffend der aufgrund der wirtschaftlichen Lage notwendigen Tätigkeit für eine J Vermögensberatung, welche er aufgrund der Insolvenz der GmbH und des Gesundheitszustandes des Bf nicht aufrechterhalten werden können wird - Einnahmen daraus für die Zukunft nicht zu erwarten seien – wird verwiesen.

Ebenso wird auf die Ausführungen zum Gesundheitszustand (Punkt 6.) verwiesen.

An eine freiwillige Veräußerung der Liegenschaft ist seitens des Bf nicht gedacht, weil die Söhne signalisiert hätten, am Erwerb des Hauses Interesse zu haben.

Gegen die Einleitung der Zwangsversteigerung durch die Gläubiger könne sich der Bf nicht wehren. Auf die alleine für die Bank erfolgreiche Befriedigungsmöglichkeit wurde wiederum hingewiesen, bzw. darauf, dass dann auch Mieteinnahmen verloren gingen.
Auf die weiteren Ausführungen zur Vermietungstätigkeit im Zusammenhang mit dem eigenen Wohnbedarf unter Punkt 8. wird verwiesen.

Eine Zustimmungserklärung der anderen Gläubiger sei nicht möglich.

Mit dem einen Gläubiger (I), bei dem monatliche Rückzahlungsraten iHv.€ 500,-- geleistet werden, sei eine Einigung über einen Nachlass nicht einfach, wobei die Ratenzahlungen ohnedies von der Vermietungstätigkeit abhängen.

Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass wenn mit dem Finanzamt keine Einigung erzielt werden könne, nur die Privatinsolvenz bleibe. Bei einem Verkauf der Liegenschaft würde nur die Bank befriedigt werden können, Mieteinkünfte würden wegfallen. Auf das hohe Alter sowie den Gesundheitszustand des Bf wurde hingewiesen.
Der Bf und seine Frau müssten dann von seinen niedrigen Pensionseinkünften – seine Frau erhalte lediglich eine monatliche Rente von € 189,-- - das Auslangen finden.

Es werde daher um wohlwollende Erledigung gebeten.

Beigelegt wurden:

Grundbuchsauszüge; Schreiben des Immobilienbüros vom ; ärztliche Bestätigung vom ; sowie aktueller Vermögensstatus.

Dieses Ansuchen um Nachsicht von Abgabenschulden iHv. € 190.994,56 wurde mit Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom abgewiesen.

In der Begründung wurde zu den Punkten 1-4 des Nachsichtsansuchens sowie der damaligen Pfändung bei der GmbH im Wesentlichen auf die Haftungsinanspruchnahme des Bf gem. den §§ 9 und 80 BAO verwiesen. Diese Haftungsinanspruchnahme wurde seitens des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) Außenstelle Salzburg mit Berufungsentscheidung vom , GZ RV/0044-S/09, im Ausmaß von € 190.994,56 bestätigt. Eine sachliche Unbilligkeit könne daher nicht erkannt werden. Zudem wurde die gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnt.

Eine persönliche Unbilligkeit wäre in einer durch die Abgabenentrichtung verursachten Existenzgefährdung verwirklicht. Das Schwergewicht der Behauptungs – und Beweislast liege nach ständiger Rechtsprechung des VwGH beim Nachsichtswerber.
Existenzgefährdung werde im Nachsichtsansuchen nicht explizit behauptet, jedoch die Möglichkeit einer Privatinsolvenz. Auf die weiteren Ausführungen dazu wird verwiesen.

Zur Beurteilung einer Existenzgefährdung ist die Einkommens – und Vermögenssituation des Bf maßgeblich. Zudem sei auch relevant, ob weitere Gläubiger vorhanden sind, zu deren Gunsten sich eine Nachsicht eventuell allenfalls auswirkt.

Zur Einkommenssituation wurde ausgeführt, dass die Pensionseinkünfte netto€ 1.944,60, die Mieteinkünfte ca. € 800,-- bis € 1.000,-- betragen, sodass sich ein Einkommen (erg. + Pension der Gattin € 189,--) in Höhe von € 2.900,-- (erg. monatlich) ergibt. Zudem beziehe er Einkünfte von der K Vermögensberatung. Dem Finanzamt wurde dafür im Jahr 2011 ein Entgelt iHv. € 75.534,07 (ohne Umsatzsteuer) bekanntgegeben (§ 109a EStG). Weitere Meldungen würden noch nicht vorliegen.

An Vermögen wurde neben geringen Bankguthaben und Fahrnissen, ohne großen Wert, eine Liegenschaft in G (Einlagezahlen und genaue Adresse wurden angeführt) festgestellt.Der Wert dieser Liegenschaft wird seitens des Bf laut Gutachten einer Immobilienmakleragentur mit € 650.000,-- angegeben. Dem entgegen wurde in der an den VwGH gerichteten Bescheidbeschwerde vom der Sachwert der Liegenschaft mit € 1.372.845 angeführt, die mit Pfandrechten besicherten Verbindlichkeiten mit € 548.350,40 angegeben, sodass die Forderung des Finanzamtes jedenfalls abgesichert wäre! Auf die weiteren Ausführungen dazu wird verwiesen.

Die Leistungen aus der Pensionsversicherung gelten als beschränkt pfändbare Forderungen, sodass von der bezugsauszahlenden Stelle zwingend ein unpfändbarer Freibetrag (§ 291a ff EO), welcher sich an der familiären Situation des Bf orientiert, an den Bf auszuzahlen ist. Mit diesem Betrag werde der anzunehmende notwendige Lebensunterhalt des Bf abgegolten.

Im Nachsichtsansuchen werde nicht dargelegt, wieso genau durch die Einhebung der Haftungsschuld die Existenz des Bf gefährdet werde, sodass nur mit einer Abgabennachsicht die Existenzgefährdung abgewendet werden könnte. Dies sei jedoch aufgrund der neben den nachsichtsgegenständlichen Abgaben noch aushaftenden sonstigen Verbindlichkeiten zu verneinen.
Ein einseitiger Forderungsverzicht der Republik Österreich liege nicht im Sinne des § 236 BAO, da sich dieser allenfalls auch zu Gunsten anderer Gläubiger auswirken würde.
Auf die Ausführungen zum Insolvenzszenario wird verwiesen.

Aufgrund der dargestellten Vermögenssituation, wie dem VwGH gegenüber dargestellt, sei sogar die volle Befriedigung aller Gläubiger möglich.

Da eine Unbilligkeit nicht vorliege, sei keine Ermessensentscheidung zu treffen, bei der auch die schwierige gesundheitliche Situation zu berücksichtigen wäre.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Anbringen vom das Rechtsmittel der Beschwerde (vormals: Berufung) ein.
Darin wird eine Entscheidung im „Spruchsenat“ (im Abgabenverfahren Senatsentscheidung) beantragt.

In der Begründung wird auf die zunächst gemachten allgemeinen Ausführung zu
§ 236 BAO verwiesen, wonach für die Behörde auch die Möglichkeit eines teilweisen Nachlasses bestehe.

Auf die unter Punkt 2. gemachten Ausführungen zur unprofessionellen Vorgangsweise des Finanzamtes bei Verwertung des gegenüber der GmbH im Insolvenzverfahren bestehenden Pfandrechtes, welche somit das zugrunde liegende Haftungsverfahren betreffen, wird verwiesen.
Aus diesen Überlegungen heraus hätte das Finanzamt die Möglichkeit gehabt die sachlich unberechtigte Vorschreibung zu berücksichtigen und dem Antrag des Bf stattgeben müssen. Auf die weiteren Ausführungen in Bezugnahme auf den entscheidenden Sachbearbeiter, wird verwiesen.

Untere Punkt 3. werden wiederum Ausführungen betreffend die damalige Verpfändung des Anlagevermögens gemacht, die entgegen der Ansicht des Finanzamtes auch für zukünftige Forderungen des Finanzamtes Geltung gehabt hätte. Damit verbunden wurde wieder der Vorwurf der Verschleuderung dieses Anlagevermögens zu einem viel zu geringem Wert erhoben.
Ein Betrag von € 96.712,28 (für den die Pfändung nicht wirksam geworden wäre) abzüglich € 22.000,-- (erzielter Erlös im Insolvenzverfahren für die verpfändeten Gegenstände) hätte dem Bf nicht vorgeschrieben werden dürfen, wenn auch nach Ansicht des Finanzamtes eine Verpfändung zu Gunsten dieses Betrages vorlag und jedenfalls dieser Betrag durch die vorliegenden Pfandgegenstände mehr als gedeckt gewesen wäre.

Unter Punkt 4. verwies der Bf erneut auf sein Alter (demnächst 70 Jahre).Weiters wurde wiederum auf die Unterstützung der Söhne bei der zur Verfügungstellung der Quote für das Finanzamt hingewiesen. Dem Finanzamt könne auch nicht gefolgt werden wenn es behauptet, dass aufgrund des Pfändungsschutzes im Exekutionsrecht eine Nachsicht nicht in Frage käme. Unrichtig sei auch, dass ein einseitiger Forderungsverzicht der Republik sich im gegenständlichen Fall zu Gunsten der anderen Gläubiger auswirken würde. Darauf, dass die Bank mit ihren beträchtlichen Forderungen pfandrechtlich besichert ist, habe er bereits verwiesen. Daran könne keine Beitreibungsmaßnahme des Finanzamtes etwas ändern, sodass die Bank das Geld zuerst bekommt. Der zweite Gläubiger, die I, habe aber auch signalisiert, dass sie bereit sei, dem Bf entgegenzukommen, wobei an diesen bereits seit Jahren monatliche Raten bezahlt werden.

Auf die weiteren Ausführungen betreffend die durch die Pfändung des Finanzamtes verursachten Zahlungsprobleme, der Überraschungsentscheidung des Finanzamtes verbunden mit der fehlenden Aufforderung des Finanzamtes zur Vorlage von Unterlagen über die Regelung mit der I, wird verwiesen.Ebenso wird auf die weiteren Ausführungen, wonach sich „die Katze in den Schwanz“ beiße und das Finanzamt bei einigermaßen guten Willen sich mit der I in Verbindung setzen hätte können um eine einvernehmliche Regelung zu beschließen, verwiesen.

Bei richtiger Anwendung des § 236 BAO hätte daher dem Antrag des Bf zumindest weitgehend stattgegeben werden müssen und beantrage er daher die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass seinem Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten im beantragten Ausmaß von 80 % stattgegeben werde.

Zu dieser Beschwerde (vormals: Berufung) ist anzumerken, dass der Bf mit keinem Wort auf den gegenüber dem VwGH angegeben Wert der vorhandenen Liegenschaft, bzw. auf den vom Finanzamt monierten, offenbar kurzfristig eingetretenen, Wertverlust eingegangen ist.

Im Verfahren vor dem BFG wurde der Bf mit Schreiben vom aufgefordert seine aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse aufgrund des Zeitablaufes und des Umstandes, dass die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom ZX inzwischen verkauft werden konnte, bekannt zu geben.Der Bf wurde auch, unter Anführung der von ihm genannten Gläubiger, aufgefordert, die konkrete Höhe einer allenfalls jeweils mit dem Verkaufserlös erfolgten Schuldtilgung bekannt zu geben.

Nach Fristverlängerung gab der Bf am seine wirtschaftlichen Verhältnisse anhand des ausgefüllten Fragebogens bekannt.

Daraus geht hervor, dass der Bf Einkünfte als ASVG Pensionist und L (Teilzeit) bezieht. Die monatliche Höhe dieser Einkünfte wurde nicht bekannt gegeben. Sorgepflichten bestehen gegenüber seiner Gattin. Auf dem Girokonto befinde sich ein schwankendes Plus von ca. € 2.500,--.

An Vermögen bestehen im Wesentlichen 2.500 Aktien an einer Bank, div. Einzelaktien
€ 74.000,-- und (Fonds) Anteile in Höhe von € 52.000,--, sowie ein KFZ (Anschaffungspreis 2015/2016) € 40.000,--.

An Schulden bestehen gegenüber der I noch ca. € 36.000,--, welche in monatlichen Raten iHv. € 500,-- zurückbezahlt werden.

Die Höhe der monatlichen Lebenshaltungskosten wurde mit € 1.600,-- (ohne weitere Aufgliederung) bekannt gegeben.

Der Verkaufserlös (im Jahr 2015) für die dem Bf gehörende Liegenschaft betrug € YX--. Davon seine Schulden in Höhe von rd. € 829.000,-- zurückbezahlt worden. An Bankschulden wurden ca. € 548.000,--, an sonstigen Schulden wurden ca. € 90.000,-- zurückbezahlt. An das Finanzamt seien € 191.000,-- bezahlt worden. Weitere Ausgaben (Steuern, Autokauf usw.) hätten € 130.000,-- betragen. Insgesamt seien somit € 959.000,-- verausgabt worden. Auf die Ausführungen unter „Sonstiges“ in denen der Bf angibt fast sein ganzes, in den letzten 40 Jahren aufgebautes Vermögen verloren zu haben, sowie der neuerliche Hinweis auf das Fehlverhalten des Finanzamtes bei Verwertung des Pfandrechtes usw., wird verwiesen.

Nach Urgenz seitens des BFG wurden nach Fristverlängerung das monatliche Nettoeinkommen mit ca. € 3.350,-- (monatliche Raten bzw. zu erwartende Nachversteuerung bereits abgezogen) bekannt gegeben.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:

Aus dem Kaufvertrag betreffend die Liegenschaft in G vom ZX geht hervor, dass der Kaufpreis € YZ--, der Gesamtkaufpreis einschließlich Inventar € YW,-- betragen hat.

Aus den im Einkommensteuerakt des Bf vorliegenden Selbstanzeigen geht hervor, dass zusätzlich € 150.000,-- in Bar als Kaufpreis an den Bf geflossen sind. Der Gesamtkaufpreis beträgt daher € YX--.

Aus einer Vorstrafenanfrage ist ersichtlich, dass der Bf im Jahr 2015 vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien wegen Abgabenhinterziehung von Immobilienertragsteuer mit einer Geldstrafe iHv. € XZ,-- bestraft wurde.

Betreffend Verwendung des Verkaufserlöses gegenüber dem Finanzamt (€ 191.000,--) ist anzumerken, dass diese Zahlungen sich um ca. € 29.500,-- verringern, da aufgrund der vorangegangenen Pensionspfändung Eingänge iHv. von ca. € 29.500,-- vorliegen (siehe auch die erfolgten Zahlungen auf dem Abgabenkonto € 73.000,-- und € 88.459.42, welche auch als Werbungskosten 2014 und 2015 geltend gemacht wurden).

Die in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 1-8/2016 erklärten Gewinne aus selbständiger Tätigkeit betrugen ca. € 51.000,--, € 51.000,--, € 64.000,-- und € 15.000,--.
 

Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. findet Abs. 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäße Anwendung.

Zunächst ist in einer ersten Verfahrensphase der maßgebliche Rechtsbegriff der Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO näher zu untersuchen. Dabei ist der Zweck dieser Rechtsnorm zu beachten. Durch § 236 BAO soll die Möglichkeit geschaffen werden, eine im Einzelfall eingetretene und vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Strenge der Abgabenvorschriften durch Billigkeitsmaßnahmen entweder zu beseitigen oder doch zu mildern.

Strittig ist im gegenständlichen Fall das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit infolge drohender Privatinsolvenz, sodass eine Teilnachsicht von 80% des Haftungsbetrages von € ca. 191.000,-- (20 % würden entrichtet) zu gewähren wäre.

Insofern in der Beschwerde ein Vorbringen in Richtung sachlicher Unbilligkeit anklingt (Verwertung des Pfandrechtes durch das FA im Insolvenzverfahren der GmbH) ist auf die rechtskräftige diesem Verfahren zugrunde liegenden Haftungsentscheidung des UFS-Salzburg vom , GZ RV/0044-S/09, zu verweisen. Die Behandlung der gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. 2013/16/0024, abgelehnt. Eine sachliche Unbilligkeit liegt daher, wie bereits vom Finanzamt ausgeführt wurde, nicht vor, da offensichtlich ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis bei Anwendung des Gesetzes nicht eingetreten ist. Einwendungen gegen die Abgabenvorschreibung (hier Haftungsverfahren) können daher im Nachsichtsverfahren weder nachgeholt noch mit Erfolg vorgebracht werden (siehe ).

Zur persönlichen Unbilligkeit ist auszuführen, dass diese dann gegeben sein kann, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers gefährden. Dies läge auch schon dann vor, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögen möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme (siehe ).

Wie aus dem Akteninhalt festzustellen ist, hat sich die wirtschaftliche Situation des Bw gegenüber der Darstellung im ursprünglichen Ansuchen infolge Veräußerung seiner Liegenschaft grundlegend geändert.
Entgegen dem vom Bf im Nachsichtsverfahren angegeben Wert der Liegenschaft von
€ 650.000,-- (Anm. laut Bewertungsgutachten einer renommierten Immobilienfirma), konnte diese um € YX-- verkauft werden.Wie den aktuellen, vom Bf bekannt gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen zu entnehmen ist, war es dem Bf danach möglich sämtliche Schulden (Bank, Finanzamt und sonstige) zurückzuzahlen, sodass vom Verkaufserlös – abzüglich sonstiger Ausgaben – mehr als € WZ verblieben. Dem bestehenden Vermögen (Aktien und Fondsanteile) iHv. mehr als € 100.000,-- stehen Schulden iHv. € 36.000,-- gegenüber, welche in monatlichen Raten - aus dem Einkommen - abgestattet werden. Das monatliche Nettoeinkommen (bereits um allfällige Steuernachzahlungen und der Raten für die Schulden bereinigt) beträgt ca. € 3.350,--, dem monatliche Ausgaben für Lebenshaltung iHv. ca. 1.600,-- gegenüberstehen. Dem Bf und seiner Gattin verbleiben daher netto noch ca. € 1.750,-- monatlich zur weiteren Verwendung.

Dem Bf war es durch den Liegenschaftsverkauf daher möglich die Abgabenschulden gegenüber dem Finanzamt, wie auch die Schulden gegenüber den anderen Gläubigern (Anm. welche insgesamt höher waren), zu entrichten. Bereits aufgrund der vorangegangenen Pfändung der Pension des Bf konnten Beträge iHv. ca. € 29.500,-- seitens des Finanzamtes eingebracht werden.
Eine Gefährdung der Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers durch die Einhebung der Abgaben liegt daher nicht vor. Mit dem Liegenschaftsverkauf war die vom Bf angegebene Gefahr einer Privatinsolvenz nicht mehr gegeben.
Der Bf weist sowohl Vermögen, welches die noch vorhandenen Schulden übersteigt, als auch ein für die Lebenshaltungskosten mehr als ausreichendes monatliches Nettoeinkommen auf.
Aufgrund dieser wirtschaftlichen Verhältnisse liegt keine im Einzelfall vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Strenge vor, die durch Billigkeitsmaßnahmen zu beseitigen, bzw. wie beantragt, zumindest teilweise zu mildern wäre.

Eben so wenig kann von einer Verschleuderung von Vermögen ausgegangen werden, konnte der Bf seine Liegenschaft gegenüber dem prognostizierten Wert von€ 650.000,-- doch um € YX-- verkaufen. Diesbezüglich wurde seitens des Bf auch kein Vorbringen erstattet.

Demnach kommt auch die vom Bf beantragte Teilnachsicht nicht in Betracht.
Auf die übrigen Einwendungen des Bf braucht, aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse infolge des Verkaufs der Liegenschaft, nicht eingegangen werden.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass aufgrund der ständigen Rechtsprechung des VwGH im gegenständlichen Fall eine Unbilligkeit in der Einhebung der Abgaben von ca. € 191.000,-- im Sinne des § 236 BAO nicht vorliegt.

Der Beschwerde kommt somit keine Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, weil sie, aufgrund der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur Annahme einer Unbilligkeit und auch aufgrund der Gesetzlage, infolge der festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.6100394.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at