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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 19.08.2016, RV/7102853/2011

Sicherheitszuschlag zum Betriebsergebnis eines Heurigen-Buffetts

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder Berichterstatter, Beisitzer2 und Beisitzer3 in der Beschwerdesache NN, vertreten durch pwb WIRTSCHAFTSPRÜFUNGS- UND STEUERBERATUNGS GMBH, Wolfholzgasse 1, 2.Stock, 2345 Brunn am Gebirge, gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren zur Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2006, 2007 und 2008, Einkommensteuer 2006, 2007 und 2008, Umsatzsteuer 2006, 2007, 2008 und 2009 sowie Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Juli 2010 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung A. zu Recht erkannt und B. beschlossen:

A. Erkenntnis:

1. Der Beschwerde wird, soweit sie
1.a. die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren über Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2006, 2007 und 2008 und
1.b. den Bescheid betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum Juli 2010 bekämpft,
Folge gegeben.
Die Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

B. Beschluss:

1.Die Beschwerde wird, soweit sie die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2007 und 2008 bekämpft, gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

2. Die Beschwerde wird, soweit sie den nach Ergehen der Umsatzsteuer-Festsetzungen für September und Dezember 2009 erlassenen Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2009 bekämpft, gemäß § 261 Abs. 1 lit. a BAO als gegenstandslos erklärt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) aus den weiter unten angeführten Gründen unzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

I. Beim  Beschwerdeführer (Bf), der bis zur Einstellung seiner Tätigkeit im Jahr 2011 (dann Fortführung der Tätigkeit durch die einen Weinbau betreibende Ehegattin) ein Heurigenrestaurant = Buschenschank als Einzelunternehmen führte, wurde gemäß Auftrag/Bescheid des Finanzamtes vom (Kenntnisnahme durch den Abgabepflichtigen) hinsichtlich der Abgaben vom Umsatz und Einkommen der Jahre 2006 bis 2008 eine Außenprüfung (§ 147 Abs. 1 BAO) sowie hinsichtlich des Zeitraumes 01/2009 bis 07/2010 eine Umsatzsteuer-Nachschau (§ 144 BAO) veranstaltet, die mit Niederschrift vom und Prüferbericht vom  abgeschlossen war, worin hinsichtlich der getroffenen Feststellungen Folgendes zu lesen ist:

Niederschrift (NS)

"1. Feststellungen zu den Grundaufzeichnungen

Tageslosungsausdrucke - Kassa Mettler Toledo
die Ausdrucke sind teilweise nicht mehr lesbar, da es sich um Thermopapier handelt.

Umsätze werden am Tagesende aus dem Speicher gelöscht
Lt. vorgelegter Bedienungsanlage Mettler Toledo gibt es folgende Möglichkeiten:
S. 52 - Aufruf Menü "Endumsätze" > Nach Ausdruck (z.B. Endumsatz) kann der Umsatz gelöscht werden.
S. 53 - Aufruf Menü "Endumsätze" > Auswahl eingeben >> nicht löschen oder löschen aller Umsätze
>> können nicht mehr elektronisch vorgelegt werden.

Elektronisches Journal
wurde nicht vorgelegt, lt. Bedienungsanleitung S. 55 ist es möglich dieses zu löschen.

Einzelausdrucke Tageslosungen
sind möglich, wurden aber nicht über den gesamten Prüfungszeitraum (Anm.: gemeint ist der geprüfte Zeitraum) vorgelegt (Kassa im gesamten Prüfungszeitraum verwendet).

Rechnungsblöcke
Die Ausgangsrechnungen wurden nur im Prüfungsjahr 2006 laufend nummeriert, 2007 und 2008 nicht.

Grundaufzeichnungen Schnaps, Bier und Zigaretten
Im Jahr 2008 wurden Schnaps- und Biereinnahmen beim Buffetbetrieb erklärt. Grundaufzeichnungen wurden keine vorgelegt. Ebenso keine Grundaufzeichnungen Zigaretten-Einnahmen vorgelegt.

Fehlende Nummern bei Tageslosungsausdrucke
2006:
[Die Stellungnahme des Abgabepflichtigen], dass man anhand der Uhrzeit sehen könnte, dass keine Nummern fehlen, konnte nicht nachvollzogen werden, da die Ausdrucke nicht lesbar waren (Thermopapier).
Nrn. 38 bis 40 befinden sich zwischen den Nummern 284 und 285?
2007: Nr. 415 wurde gelöscht nach Preisänderung lt. Stellungnahme des Abgabepflichtigen; lt. Bedienungsanleitung S. 7, 33 und 34 erfolgen Preisänderungen ohne Löschung; lt. Ausdruck v. Nr. 414 Umsatz gelöscht um 22:40, lt. Ausdruck Nr. 416 v. , c um 22:53
2008: Nummer 481 fehlt - Nr. 480 Umsatz gelöscht um 21:57, Nr. 482 lt. Ausdruck c um 23:04
>> Uhrzeitlücke

Rohaufschläge
>> Die Rohaufschläge Buffet entsprechen nicht den im Zuge der Außenprüfung (AP)festgestellten Einzelrohaufschlägen (Einzelrohaufschläge Buffet im Durchschnitt 221%).
>> Die Rohaufschläge Kaffee entsprechen nicht den festgestellten Einzelrohaufschlägen und den spartenüblichen Rohaufschlägen für Kaffee (Einzelrohaufschläge Kaffee 884% bis 974%).
>> Grundaufzeichnungen für Eigenverbrauch und Schwund wurden nicht vorgelegt.

2. Erlöszurechnung aufgrund festgestellter Tageslosungsdifferenzen

Im Zeitraum 2006 bis 2008 wurden die Tageslosungen laut Kassaausdrucken mit den erklärten Tageslosungen lt. Aufzeichnungen verglichen. Dabei wurden Differenzen festgestellt. diese werden den Einnahmen Buffet zugerechnet.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Text
2006
2007
2008
Einnahmen netto lt. Erkl
58.005,81
70.686,37
79.214,31
Einnahmen netto lt. AP
66.483,68
72.358,05
79.497,52
Diff. Einnahmen netto lt. AP
8.477,87
1.671,68
283,21
+/- Gewinn
8.477,87
1.671,68
283,21
+/- USt
847,79
167,17
28,32

3. Schätzung gem. § 184 BAO - Sicherheitszuschlag

Aufgrund der festgestellten Grundaufzeichnungsmängel und der festgestellten Einzelrohaufschläge wird ein Sicherheitszuschlag auf die Einnahmen Buffet und Kaffee verhängt.

Zur Berechnung des Sicherheitszuschlages wurden die Gewichtung und teilweise Rohaufschläge eines vom Steuerberater bekannt gegebenen Vergleichsbetriebes sowie die im Zuge der AP festgestellten Einzelrohaufschläge herangezogen.

Daraus ergeben sich folgende Sicherheitszuschläge:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
 
 
 
Nachschau
zeiträume
Buffet
 
2007
2008
2009
1-7/2010
Zuschlag netto
 
6.000,00
12.000,00
16.000,00
10.000,00
+/- Gewinn
 
6.000,00
12.000,00
16.000,00
10.000,00
+/- USt
 
600,00
1.200,00
1.600,00
1.000,00
 
 
 
 
 
 
Kaffee
2006
2007
2008
2009
1-7/2010
Zuschlag netto
650,00
440,00
160,00
350,00
1.070,00
+/- Gewinn
650,00
440,00
160,00
350,00
1.070,00
+/- USt
130,00
88,00
32,00
70,00
214,00

4. Korrektur Umsatzsteuer Ausstecken v. -

Die Einnahmen vom (o.a.) Aussteckzeitraum wurden irrtümlich auf dem Konto "Sonstige Erlöse" mit 20% USt versteuert.
Im Zuge der AP erfolgt die Korrektur der USt im UVA- Zeitraum 09/2009.

Umsatzsteuervoranmeldung lt. AP:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
9/09
steuerbarer Umsatz
13.638,70
20% USt
37,92
10% USt
13.600,78
Vorsteuer
795,64
Zahllast
572,02

6. (richtig: 5.) Eigenverbrauchgem. § 1 Abs. 1 Z 2 UStG 1994

Im Nachschauzeitraum 2009 und 1-7/2010 wurde bisher noch kein Eigenverbrauch angesetzt. Dies erfolgt nun im Zuge der AP wie folgt.
Aus verwaltungsökonomischen Gründen erfolgt die Festsetzung für das Jahr 2009 im UVA-Zeitraum 12/2009 und für den Zeitraum 1-7/2010 im UVA-Zeitraum 7/2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
12/09
7/10
Eigenverbrauch lt AP
4.036,74
2.704,87
10% USt
403,67
270,49

Prüferbericht

Unter Hinweis auf die im Bericht angeführten Textziffern 1 und 2 (dort wird auf die oben wiedergegebene NS jeweils Bezug genommen) begründete das Prüfungsorgan die Empfehlung der Verfahrenswiederaufnahme und die Erlassung neuer Abgabenbescheide mit den oben zitierten, im Bericht nahezu wortgleich formulierten und ziffernmäßig dargestellten Feststellungen.

II. Das Finanzamt nahm die Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2006, 2007 und 2008 gemäß § 303 Abs. 4 BAO (id damals gF) wieder auf und erließ, den Prüferfeststellungen folgend, neue Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für diese Jahre sowie Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Zeiträume 09/2009, 12/2009 und 7/2010.  Hinsichtlich Umsatzsteuer 2009 erging sodann am  ein Jahresbescheid, der mit der via FinanzOnline eingereichten Erklärung übereinstimmte.

III. Gegen die oben angeführten Wiederaufnahme- und Abgabenbescheide, nicht jedoch gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2009, erhob der Bf innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist  am Berufung (nunmehr Beschwerde).

In der Begründung ist zu lesen:

"Tz 1 Tageslosungen

Die Prüferin verglich die Tageslosungen laut Kassaausdrucken mit den erklärten Tageslosungen laut Aufzeichnungen und stellte hierbei Abweichungen fest.
Unser Mandant erklärte für den Zeitraum bis in Summe (auch in einer Summe ausgewiesen) einen Betrag von Euro 2.284,27. Die Prüferin war der Ansicht, dass dieser Betrag nicht stimmt, da für jeden einzelnen Tag ein eigener Abrechnungsbon vorliegt. Sie summierte nunmehr die Summe der Abrechnungsbons der genannten Tage und gelangte so zu einem Betrag, der um euro 8.477,87 höher war. Dies ist jedoch nicht richtig. Aus den Abrechnungsbons ist ersichtlich, dass aufgrund eines nicht gefahrenen Tagesabschlusses (Vermerk "Bericht abgebrochen") erst am letzten Tag () sämtliche Tage zusammengezählt wurden. Die Bons liegen der Berufung in Kopie bei.

Die von der Prüferin angesetzten Tageslosungen sind auch nach logischen Kriterien undenkbar, da die durchschnittlichen Tageslosungen im Aussteckzeitraum 16.09.- Euro 747,00 betrugen und sich nach der BP für die Tage 16.09. bis ein durchschnittlicher Tagesumsatz von Euro 1.812,00 ergäbe. Der (für 16.09. bis ) angesetzte Bruttoumsatz von Euro 2.284,27 ist daher richtig und die Feststellungen der BP sind falsch.

Weiters wurde am ein Umsatz von Euro 724,12 erklärt, die Summe des Tippstreifens ergibt Euro 1.949,38; es handelt sich jedoch - wie der Prüferin erläutert wurde - nicht um einen nicht erklärten Umsatz, sondern um einen Tippfehler (falsche Eingabe) in das Kassensystem; bei täglicher Verwendung des Systems sind Fehler immanent und es handelt sich um den einzigen Fehler im gesamten Jahr 2006. Unsere Mandantin hat den Fehler offen auf dem der BP zur Verfügung gestellten Beleg bereits unmittelbar nach Ausdruck im Jahr 2006 vermerkt.

Es verbleibt daher im gesamten Jahr 2006 eine Umsatzdifferenz aufgrund irrtümlicher Fehlerübertragung von den Tippstreifen in die Bücher von Euro 501,85 brutto bei einem gesamten Nettoumsatz von 58.444,44, somit um rund 0,78%.

2007:

Am hat sich unser Mandant bei der Übertragung von den Grundaufzeichnungen in die Zusammenfassung um Euro 420,26 geirrt, am wurde aufgrund eines Tippfehlers beim Eintippen in das Kassensystem auf dem Kassenstreifen Euro 1.445,61 statt richtig Euro 730,39 ausgewiesen, unser Mandant hat dies auf dem Beleg vermerkt.

2008:

Wie 2007

Zusammenfassend daher zu den Tageslosungsdifferenzen:

- Die Tageslosungen sind aus den lückenlos vorgelegten Kassenbons der Registrierkasse leicht nachvollziehbar.
- Die Fehleintragungen unseres Mandanten in die täglichen Losungszusammenfassungen führten zu folgenden nicht erklärten Umsätzen:
2006 = 501,85; 2007 = 420,26; 2008 = 283,21

Der in diesem Zeitraum erklärte Umsatz beträgt Euro 209.747,00, dh die - jederzeit nachvollziehbaren - erzielten Umsätze 210.952,00, in Umsatzdifferenz rund 0,5%. Die Schätzung aufgrund dieser Umsatzdifferenz ist nicht zulässig, da vollständige Aufzeichnungen vorliegen, die bloß zusammengerechnet werden müssen.

Tz 2 Sicherheitszuschlag

Als Begründung für die Verhängung des Sicherheitszuschlages wurden
1. Grundaufzeichnungsmängel und
2.abweichende Einzelrohaufschläge zu den erklärten Rohaufschlägen

angegeben. Die Sicherheitszuschläge wurden für Umsatz und Gewinn gleichermaßen festgesetzt.

Diese Methode ist nicht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies mehrfach, z.B. im Erkenntnis 92/14/0014 bestätigt. Es ist auch nicht möglich, dass Umsatz und Gewinn bei einem Heurigenbuffet gleich sind, da zumindest der Wareneinsatz bei einer Berechnung eines Mehrergebnisses in Abzug gebracht werden muss. Abgesehen von der grundsätzlichen Berechtigung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, der wir widersprechen, ist daher die Berechnungsmethode rechtswidrig.

Ad 1. Grundaufzeichnungsmängel (Anm. BFG: BP-Feststellung im Folgenden kursiv)

- Tageslosungsausdrucke Mettler Toleldo nicht gut lesbar:
Laut Schreiben des Waagenerzeugers Mettler Toledo vom ist für Waagendrucker (dieser Marke) Thermopapier zwingend erforderlich, da diese auf dem Prinzip des Thermotransferdruckes basieren (Bestätigung liegt bei). Unserem Mandanten ist nicht zumutbar, zusätzlich Kopien anzufertigen. Er kann sich als sorgfältiger Kaufmann auf die Entwicklung von Experten verlassen. Zudem war es der BP sehr wohl möglich, sämtliche Tippstreifen mit den aufgezeichneten Losungen zu vergleichen, daher ergibt sich zwingend, dass die Ausdrucke hinreichend lesbar waren.

- Umsätze werden gelöscht:
Laut Schreiben Mettler Toledo werden die jeweils ältesten Transaktionen überschrieben, wenn die Speicherfunktion voll ist. Nur bei Vorliegen einer Waagenschnittstelle, welche unserem Mandanten nicht zur Verfügung stand, können die Daten ausgelesen werden. Es ist daher eine nachhaltige Verspeicherung der Daten technisch nicht möglich. Es wurde daher ordnungsgemäß ein Vollausdruck aller Tagesabrechnungen erstellt.

- Elektronisches Journal:
Vor Abfrage eines Journals (nachträglich nicht rekonstruierbar, da wie angeführt Daten überschrieben werden) muss vom Programmhersteller ein gesonderter Abfragecode vergeben werden. Unser Mandant hatte diesen Abfragecode im Prüfungszeitraum nicht, erst anlässlich der intensiven Befassung mit dem Kassensystem für die BP wurde dieser angefordert. Laut Mettler Toledo ist nicht mehr eruierbar, wann der Abfragecode weitergegeben wurde. Wie bereits erwähnt, gibt es jedoch einen Vollausdruck der Tageslosungen.

- Einzelausdrucke Tageslosungen:
Diese wurden laut BP nicht für den gesamten Prüfungszeitraum vorgelegt. Diese Feststellung ist unrichtig, die Ausdrucke liegen für den gesamten Zeitraum vor und können auf Wunsch gerne vorgelegt werden, sie lagen der BP vor.

- Rechnungsblöcke:
Es ist richtig, dass die Rechnungsbücher nur 2006 nummeriert wurden, 2007 und 2008 nicht; jedoch liegen für den gesamten Zeitraum vollständige Bücher vor, aus welchen ersichtlich ist, dass alle Seiten vollständig vorhanden sind; die fehlende Nummerierung hat daher keinen Einfluss auf die Vollständigkeit der Erlöse und diese wurden richtig erklärt. Eine Unordnungsmäßigkeit liegt daher nicht vor.

- Grundaufzeichnungen Schnaps, Bier, Zigaretten:
Die Umsätze wurden in den täglichen Zusammenfassungen der Losungen aufgeführt, jedoch keine einzelnen Aufzeichnungen für die Verkäufe Schnaps, Bier und Zigaretten geführt. Dies hat den Grund, dass diese Verkäufe nicht in der Registrierkasse erfasst werden (nur Speisen, Waagenkassa ist beim Buffet installiert); die gesamten Erlöse Rauchwaren betrugen zB im gesamten Jahr 2008 Euro 105,09, Bier und Schnaps 2008 in Summe Euro 834,65. Naturgemäß sind diese Artikel im Heurigenbetrieb von untergeordneter Bedeutung.

- Fehlende Nummern bei Tageslosungsausdrucken:
Es handelt sich hierbei nicht um eine Unordnungsmäßigkeit der Grundaufzeichnungen. Die Vorgangsweise unseres Mandanten wurde der BP dargelegt und lässt sich nochmals wie folgt darstellen: Wenn eine Preisänderung erfolgt, wird ein Testumsatz kreiert und dieser anschließend gelöscht:

2006
Die Nummern 284 und 285 betreffen die Tage 16.09. bis . Die dazwischen liegenden Nummern 38 - 40 weichen deshalb von der Nummerierung ab, da - wie unter Punkt 1 erläutert - der Bericht abgebrochen wurde. Somit wurden (für die Abbruchtage) systembedingt andere Nummern vergeben.

2007
Mit Nr. 414 wurde der Umsatz vom erfasst (um 22:40), Nr. 415 wurde aufgrund einer Preisänderung als Testumsatz erfasst und gelöscht, mit Nr. 416 wurde der Umsatz vom erfasst (und zwar aufgrund des späteren Kassenschlusses am um 00:48). Auf dem Beleg ist jeweils in der ersten Zeile der letzte vorgenommene Abschluss erfasst, daraus ist ersichtlich, dass der letzte Abschluss am erfolgt ist, somit ist auch klar, dass am kein Tagesabschluss stattgefunden hat. am , 23:13, wurde mit Nr. 417 der Umsatz vom erfasst.

2008
Dieselbe Vorgangsweise wie 2007!

Fazit: Die angebliche Unordnungsmäßigkeit basiert auf dem Fehlverständnis der Kassavorgänge, ergänzend: die erste Zeile der Abrechnungsbons markiert mit c und Datum immer das Datum und die Uhrzeit des letzten Abschlusses, sodass eine lückenlose Nachverfolgung der Umsätze ermöglicht wird.

Zusammenfassung:

Aus der Analyse der angeblichen Grundaufzeichnungsmängel verbleiben folgende Punkte:

Grundaufzeichnungen Schnaps, Bier, Zigaretten liegen nicht vor:
Erklärte Umsätze 2006 ... 133,92
Erklärte Umsätze 2007 ... 169,17
Erklärte Umsätze 2008 ... 939,74

eine Schätzung aufgrund der nicht vorhandenen Grundaufzeichnungen dieses kleinen Umsatzsegments ist nicht zulässig, da die formelle Unordnungsmäßigkeit so vernachlässigbar und aus dem Betriebsgeschehen erklärlich ist, dass keine materielle Unordnungsmäßigkeit daraus resultiert.

Abgesehen von der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Schätzung ist der Sicherheitszuschlag überschießend und entbehrt jeder wirtschaftlichen Grundlage.

In Zahlen dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Erklärte Umsätze
Sicherheitszuschlag (SZ)
SZ in %
2006
58.445,00
650,00
1,11
2007
71.060,00
6.440,00
9.06
2008
80.244,00
12.160,00
15,15


Im Nachschauzeitraum wurde ohne Feststellungen zur Unordnungsmäßigkeit bei erklärten Umsätzen von rund T€ 76 ein Sicherheitszuschlag von T€ 16, also 21%, verhängt, im Zeitraum 1-7/2010 bei erklärten Umsätzen von rund 40 T€ ein Sicherheitszuschlag ohne Feststellungen zur Unordnungsmäßigkeit von T€ 10, also rund 25%.

Zudem - wie bereits angeführt - wurde der SZ auch undifferenziert dem Gewinn hinzugerechnet (keine Berücksichtigung von Wareneinsatz), dies ist nicht zulässig.

Wir beantragen aus den obigen Gründen, aufgrund der geringen Umsatzdifferenzen, die die einzige Prüfungsfeststellung blieben, und zwar:

2006 ... 501,85
2007 ... 420, 26
2008 ... 283,21

von einer Wiederaufnahme des Verfahrens abzusehen.

Schätzungsberechtigung besteht nicht, da kein Mangel der Grundaufzeichnungen vorliegt. Die Auseinandersetzung mit der Rohaufschlagskalkulation kann daher unterbleiben.

Wir halten fest, dass sämtliche Beilagen im "Original" beigelegt werden und wir daher nach erfolgter Bearbeitung um Retournierung ersuchen.

Ferner beantragen wir eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem Berufungssenat.
Weiters beantragen wir die Stattgabe unserer Berufung (...)."

IV. Das Prüfungsorgan gab dazu eine mit datierte Stellungnahme ab; ob diese dem Bf zur Äußerung vorgehalten wurde, geht aus den Akten der belangten Behörde nicht hervor, ist aber nicht anzunehmen, da sich in den am dem UFS vorgelegten Akten kein Bezug habender Schriftsatz des Bf befindet.

In der Prüferstellungnahme ist zu lesen:

"Tageslosungsdifferenzen

Zeitraum (ZR) 16.9. bis :
Zusammengezählt wurden die Tageslosungssummen lt. Kassaausdrucken.
Dass in einem Aussteckzeitraum durchschnittlich höhere Tageslosungen erzielt werden, widerspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens und ist daher nicht unmöglich oder unlogisch.
Durch Vorlage der Einzelausdrucke zu den Tageslosungssummen hätte die Zusammenfassung der Tageslosungen glaubhaft gemacht werden können, da auf den Einzelausdrucken das Datum, die Uhrzeit und eine laufende Nummer vergeben wird. Dies erfolgte bis zum Abschluss der Außenprüfung nicht.

ZR
Differenz wurde vom steuerlichen Vertreter bestätigt (Übertragungsfehler) - dem ist nichts hinzuzufügen.

ZR
Dass es sich bei der Differenz um einen Tippfehler handelt, konnte aufgrund fehlender Einzelausdrucke bzw. vorhandener Stornos nicht glaubhaft gemacht bzw. nachvollzogen werden und wurde daher nicht anerkannt.
Vor allem die Vermerke "ca." und "irgendwo" machen deutlich, dass es sich um keine genaue, ordnungsgemäße Tageslosungsermittlung handelt.

ZR 2008
Die Aufstellung der Tageslosungssumme wird in Kopie beigelegt.
Die Differenzen wurden nicht glaubhaft aufgeklärt und daher festgesetzt.

Bei den Tageslosungsdifferenzen handelt es sich nicht, wie vom steuerlichen Vertreter behauptet, um eine Schätzung, sondern um eine Erlöszurechnung aufgrund von festgestellten Tageslosungsdifferenzen durch Addition der Tageslosungen!
(siehe Bericht Tz. 1)

Grundaufzeichnungsmängel

Thermopapier, elektronisches Journal, Umsätze gelöscht
Wie aus den Aufstellungen zu den Tageslosungsdifferenzen ersichtlich ist, konnten nicht alle Ausdrucke zur Gänze gelesen werden (erkennbar durch ?).
Gemäß § 131 BAO sind die Aufzeichnungen so zu führen, dass die Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist.

Lt. vorgelegter Bedienungsanlage gibt es die Möglichkeit zur Speicherung (S. 55). Auch die Fa. Mettler Toledo GmbH bestätigt in ihrem Antwortschreiben vom , dass die Daten in einen Speicherbaustein geschrieben werden und diese mittels Waagenschnittstelle ausgelesen (...) und auf einem Speichermedium abgelegt werden können. Dies widerspricht somit den Ausführungen des steuerlichen Vertreters, dass die Daten aus technischen Gründen nicht gespeichert werden können.

Gem. § 131 Abs. 3  und § 132 Abs. 3 BAO gilt bei Verwendung von Datenträgern für die Führung von Aufzeichnungen sowie für die Aufbewahrung von Belegen etc., dass diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen sind, sofern dauerhafte Wiedergaben (Ausdrucke auf Papier) erstellt werden.
Diese Verpflichtung gilt auch ungeachtet des Datenspeichersystems; d. h. auch so genannte "kleine" elektronische (Registrier-)Kassen, die Daten (z.B. Umsätze) elektronisch speichern, müssen für den Fall der Erstellung dauerhafter Wiedergaben technisch in der Lage sein, diese in Form von Druckdateien oder Exportfiles zur Verfügung zu stellen.

Es liegt in der Sorgfaltspflicht des Kaufmanns, wenn er sich dazu entschließt ein Kassensystem zur Aufzeichnung seiner Umsätze zu verwenden, es in ordnungsgemäßer Form (§§ 1131, 132 BAO) zur Verfügung zu stellen.


Einzelausdrucke Tageslosungen

Es wurden der Betriebsprüfung nicht alle Einzelausdrucke zu den einzelnen Tageslosungssummen vorgelegt. Deshalb wurde auch bei der Besichtigung am gefragt, ob es noch Einzelausdrucke gibt - außer den vorgelegten gab es keine mehr lt. Auskunft derGattindesBf. Auch bei den Zwischenbesprechungen (1. Besprechung mit MS und FrauX, ) und der darauf folgenden schriftlichen Stellungnahme von NN sowie er Besprechung am mit Fr. Dr.B und FrauX und den darauf folgenden Stellungnahmen wurde auf die fehlenden Einzelausdrucke von Seiten der steuerlichen Vertretung nie eingegangen, obwohl dies in den Besprechungspunkten als Grundaufzeichnungsmangel immer angeführt wurde.


Rechnungsblöcke

Fehlende Rechnungsnummern stellen einen formellen Mangel dar.


Schnaps, Bier, Zigaretten

Die erforderlichen Grundaufzeichnungen zu den (diesbezüglichen) Einnahmen (...) konnten nicht vorgelegt werden. Eine Überprüfung der Einnahmen war daher nicht möglich.


Fehlende Nummern bei Tageslosungsausdrucke(n)

Folgende fehlende Nummern wurden festgestellt (siehe Kopien Überprüfung TL):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2006
Nr.
214-216
 
 
270
 
 
272
 
 
273
 
 
282
 
 
302
 
 
 
2007
Nr.
380
 
 
415
 
 
 
2008
Nr.
445
 
 
446
 
 
452
 
 
481
 
 
509
 
 
523

3. Sicherheitszuschlag

Die Verhängung eines Sicherheitszuschlages dient zur Abdeckung der bestehenden Ungewissheit über die vollständige Erfassung der Einnahmen.

Die Berechnung des SZ erfolgte einerseits anhand der festgestellten Einzelrohaufschläge (siehe Kopie), andererseits anhand vom Steuerberater angegebener Gewichtung und Rohaufschläge.

Ziel einer Schätzung iSd § 184 BAO ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Um dieses Ziel zu erreichen, steht die Wahl der Schätzungsmethode der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. ()."

Dem Schriftsatz angeschlossen war eine "Berechnung Sicherheitszuschlag an Hand einer Kalkulation" in Form von Excel-Tabellen für die Jahre 2006 - 2008 sowie 2009 und 1-6/2010 (zum Zahlensubstrat siehe "Beweiswürdigung").

Die Prüferin ermittelte hinsichtlich der Umsätze aus dem Verkauf von 1. Salaten, 2. Wurstwaren und 3. Gebäck auf Grundlage der vom Ansatz lt. Steuerberater abweichenden Rohaufschläge (1. = 398% versus 271%; 2. = 220% versus 178%; 3. = 275% versus 176%) entsprechend höhere kalkulierte Einnahmen und folgte hinsichtlich der übrigen Umsätze den Angaben des Steuerberaters. Während sie im Jahr 2006 den erklärten Einnahmen die aus überprüften Tageslosungen resultierenden Mehrerlöse hinzurechnete und keinen Sicherheitszuschlag vornahm, gelangte sie in den Jahren 2007, 2008 und im Zeitraum 1-6/2010 (2009 ist nicht mehr verfahrensrelevant, siehe dazu unter "Erwägungen") unter Berücksichtigung der vorgefundenen Tageslosungsdifferenzen zu einem auf volle Tausend Euro abgerundeten Sicherheitszuschlag in Höhe der auf die neu kalkulierten Umsätze verbleibenden Erlösdifferenzen. Da sich die Zuschätzung ausgehend von den erklärten Wareneinsätzen auf kalkulatorisch ermittelte Erlösdifferenzen beschränkte, unterblieb eine Gewinn mindernde Berücksichtigung von zusätzlichem Wareneinsatz: Die Prüferin nahm an, dass an Salaten, Wurstwaren und Gebäck nicht mehr verkauft (und folglich: vorher eingekauft) wurde als erklärt, sondern dass der Bf diese Speisen lediglich zu höheren als zu den vom Steuerberater (nach-)kalkulierten Preisen verkauft hatte. Die in der Tabelle ausgewiesenen "Einnahmen lt. Steuerberater" basierten auf der vom steuerlichen Vertreter erstellten (Nach-)Kalkulation an Hand eines von ihm gewählten - von der Prüferin für tauglich befundenen - Vergleichsbetriebes. Erlösdifferenzen mit Einnahmen erhöhender Wirkung ergaben sich dadurch in allen geprüften Jahren nur bei den Positionen "Wurstwaren", "Salate" und "Gebäck", und zwar mit folgenden Beträgen (links lt. BP; rechts lt. StB):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ware + RAK %
06
06
07
07
08
08
Salat BP 398 Stb 271
9056
6166
11245
7657
13081
8907
Wurst BP 220 Stb 178
3337
2700
4144
3353
4820
3900
Gebäck BP 275 Stb 176
6257
4005
7770
4973
9038
5784
Gesamt lt Kalkulation
63469
57689
78812
71635
91674
83326
Buffeteinn. erklärt
58006
58006
70686
70686
79214
79214
Erlöszurechnung
8477
 
1672
 
283
 
Diff z Kalkulation
 3015
317
6454
949
12176
4111
 
 
 
 
 
 
 
Sicherheitszuschlag
0
 
6400
 
12100
 

Das Finanzamt legte die Berufung (nunmehr: Beschwerde) dem UFS vor. Am wurde das Bundesfinanzgericht (BFG) für das Rechtsmittel zuständig.

Mit Schreiben vom übermittelte der Richter dem Bf. die vorstehend zitierte Stellungnahme des Prüfungsorgans zur Kenntnis und allfälligen Gegenäußerung. Der Bf. äußerte sich dazu vorerst nicht.

In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung vor dem Senat des BFG wurde ausgeführt:

Die steuerliche Vertretung übergab dem Vorsitzenden eingangs der Verhandlung einen mit "Aktenvermerk zur mündlichen Verhandlung über die Berufung/Beschwerde vom " bezeichneten Schriftsatz, in welchem zu lesen ist:

"Ad Tageslosungsdifferenzen:

Zeitraum (ZR) bis :
Das Mettler Kassensystem wurde auf Anraten des Programmherstellers so gehandhabt, dass jeweils nach Ende eines Tages bzw. vor Erfassung des Umsatzes am nächsten Tag die Summen gelöscht wurden. Dies erfolgte deshalb, da der Speicher der Registrierkasse auf 7.400 Positionen beschränkt war und das System bei Überschreiten dieser Anzahl die Umsätze überschreibt. Um dies zu vermeiden, empfahl der Vertreter der Fa. Mettler, gleich den Tagesausdruck vorzunehmen und dann die Summen zu löschen. Das erfolgte auch, das heißt, die Tageslosung wurde ausgedruckt und aufbewahrt und dann die Summen gelöscht. Auf dem Kassastreifen ist das ersichtlich durch den Vermerk 'Umsatz gelöscht, Umsatzebene 1'. Die Kassastreifen sind für den Prüfungszeitraum vollständig vorhanden.
An wenigen Tagen im Prüfungszeitraum, und so im (o. a.) ZR, wurde vergessen, die Summen zu löschen und daher wurde die Tageslosung des vorangegangenen Tages wieder dazu summiert. Die von der Betriebsprüfung (BP) festgestellte Summe in Höhe von Euro 10.762,14 resultiert daher aus folgenden Beträgen: Tageslosung 16.09. zuzüglich TL 16.09. und 17.09. zuzüglich TL 16.09., 17.09. und 18.09., zuzüglich TL .09. 18.09 und 19.09. zuzüglich 16.09., 17.09., 18.09., 19.09. und 20.09. Die Losungsstreifen liegen der Beschwerde bei.
Die Zusammenfassung der Tageslosungen 09/2006 liegen diesem Schriftstück nochmals bei (Beilage 1). Der gesamte Umsatz (ohne Kaffee, Schnaps, Zigaretten) betrug im September 2006 Euro 11.950,94. Der durchschnittliche Tagesumsatz betrug (nur für die 16 Öffnungstage gerechnet) Euro 7446,93. Dies entspricht auch dem durchschnittlichen Umsatz des gesamten Jahres. Aufgrund des Missverständnisses betreffend die auf den Losungsstreifen angezeigten Summen gelangt die Prüferin daher zu einem Umsatz pro Tag, der Euro 22.152,42 beträgt, also rund das Dreifache eines durchschnittlichen Tagesumsatzes. Allein aufgrund dieser Tatsache in Zusammenhang mit der Losungserfassung und der oben beschriebenen Handhabung und Kennzeichnung der Losungsstreifen ist evident, dass die Prüferfeststellung nicht stimmt.
Ergänzend dürfen wir hinzufügen, dass dies die größte Feststellung im Prüfungszeitraum ist.

ZR :
Nach Nachkontrolle der Tageslosungserfassungen wurde nunmehr festgestellt, dass auch in diesem Fall kein nicht erfasster Umsatz vorliegt. Die Hinzurechnung der BP für diesen Tag beträgt Euro 430,26, da auf dem Kassastreifen 1.032,61 steht, aber nur 612,35 erfasst wurden. Die Differenz ist jedoch genau der Umsatz des Vortages, der in gleicher Weise wie im Zeitraum 16.09. bis nicht gelöscht wurde und daher nochmals dazu addiert wurde. Die Kassastreifen liegen bei. (Beilage2).
Der Fehler am besteht auch nicht: laut beiliegendem Kassastreifen ist der Umsatz am Euro 687,89, und dieser Umsatz wurde erklärt (Beilage 3).
Damit verbleibt keine Feststellung für 2007.

ZR 2008:
Hier stellt die BP eine Differenz von Euro 283,21 fest. Wir vermuten, dass das Missverständnis wie in 2006 und 2007 wieder vorliegt, wissen jedoch nicht, an welchem Tag die Umsatzdifferenz sein soll.

Fazit Tageslosungsdifferenzen: Nach Berücksichtigung der obigen Fakten verbleiben für den gesamten Prüfungszeitraum keine Differenzen.

Ad Grundaufzeichnungsmängel

Thermopapier, Speicherung, Einzelausdrucke TL, Rechnungs-Blöcke: mündliche Erläuterung; fehlende Nummern: Erläuterung (der Gattin des Bf).

Ad Sicherheitszuschläge:
- Umsatz und Gewinn gleiche Höhe ist denkunmöglich und eine unzulässige Schätzungsmethode (siehe Beschwerde).
- Kalkulation bringt falsche Ergebnisse, da diese an Hand von Einzelrohaufschlägen erfolgt.
- Einzelrohaufschläge sind Feststellungen für bestimmte einzelne im Betrieb verkaufte Artikel, wobei vom Wareneinsatz und dem feststehenden Preis ein Rohaufschlag ermittelt wird. Die BP ermittelt Einzelrohaufschläge für bestimmte Waren und dividiert dann die Summe der Erlöse (pro Artikel 1 Zählmenge). Deshalb wird die Gewichtung der Artikel gar nicht berücksichtigt und diese Methode führt zwangsläufig zu falschen Ergebnissen.
- Beispiel: Die BP hat den Rohaufschlag für Salate und Süßes pauschal mit 359% berechnet (laut Kalkulation Steuerberater 271% ohne Süßes, wurde nicht kalkuliert und [ist] zu vernachlässigen, [da] Handelsware und niedrige Rohaufschläge). Hierbei wurden von der BP willkürlich 12 Artikel kalkuliert, die ermittelten Rohaufschläge lagen bei diesen Artikeln zwischen 88% und 727%. Abgesehen davon, dass die Kalkulation nicht stimmt, weil nur die rohe Ware, aber keine Zutaten berücksichtigt wurden, kann bei so großen Differenzen von Rohaufschlägen keine bloße Summierung der Artikel erfolgen, bei der keine Mengen berücksichtigt werden, weil das immer zu komplett falschen Ergebnissen führen muss.
- Beispiel für eine richtige Kalkulation von Salat (Rechnungen für Waren sind jeweils angeführt):
ø Maissalat: Portion 30 dkg Salat
ø Einkauf 3 kg Zuckermais (Pfeiffer , 1863482) netto 3,95
ø Nettoeinwaage 2,6 kg pro Dose
ø WES Mais pro Portion (8,6 Portionen pro Dose) daher 0,45 Euro
ø Zutaten pro Dose (8,6 Portionen)
 ♦ 1/4 Rahm (Einkauf Pfeiffer, w. o.) 5 kg, Euro 9,8, daher 0,49€
 ♦ 1/4 Mayonnaise (Einkauf Metro, , 6645) 9 kg 18,09, daher 0,50€
 ♦ Salz, Pfeffer , Schnittlauch pro Dose 0,5€
 ♦ Summe Zutaten/Dose daher 1,49€, pro Portion daher 0,17€
 ♦ Summe WES netto gesamt pro Portion 0,62€
 ♦ VKP netto 1,81€, Rohaufschlag daher 191%
ø Der Durchschnitt der Rohaufschläge für Salate beträgt [laut BP] 500%! (Auswahl willkürlich, keine Zutaten, keine Nettoeinwaage berücksichtigt, Angaben [der Gattin] des Mandanten zu Einkauf pro Portion [wurden] nicht berücksichtigt)

Ähnliche Kalkulationsprobleme auch bei anderen Artikeln, daher Kalkulation Sicherheitszuschlag unrichtig, zudem keine Schätzungsberechtigung."

Die steuerliche Vertretung führte aus wie in den bisherigen Schriftsätzen im Rechtsmittelverfahren und verwies auf die oben zitierte Äußerung.

Die Amtsvertretung gab bekannt, dass aus den Unterlagen hervorgehe, dass die Zustellung der Prüfer-Stellungnahme an die Partei am veranlasst worden sei. Daraufhin händigte der Berichterstatter im Senat diese Stellungnahme der Gattin des Beschwerdeführers (nochmals) und den Laienrichtern (erstmals) aus.

Steuerliche Vertretung:

"Ich möchte grundsätzlich auf die Kassenhandhabung eingehen.

Jeden Tag nach Abschluss der Kassa wurde ein Zettel ausgedruckt, auf dem alle Umsätze vermerkt waren. Dies machten wir auf Vorschlag des Vertreters der Fa. Mettler-Toledo, auch dass danach die Eingaben gelöscht werden sollten, weil die Speicherkapazitäten nicht ausreichend wären und die Eingaben irgendwann automatisch gelöscht würden.

Die (Der) Bf. hat an manchen Tagen vergessen, die Umsätze zu löschen. Dies war aber nur an wenigen Tagen des Streitzeitraumes der Fall.

Am ist z. B. der gesamte Umsatz vom 16., 17., 18. und 19. [ergänze: 9.2006] zusammengerechnet mit dem Umsatz vom 20. [9.] aufgeschienen; dieser wurde dann aber versehentlich nicht gelöscht und wurde somit immer wieder zum nächsttägigen Umsatz dazugerechnet.

Die Prüferin rechnete die Umsätze vom 16., 17., 18. und 19. und 20. zusammen und hat damit die Umsätze mehrfach erfasst."

Prüfungsorgan:

"Laut meinen Aufzeichnungen habe ich ab diesem Zeitraum einzelne Beträge."

Amtsvertretung:

"Das kann man dann auch beim 23. und 24. behaupten. Warum muss ich jeden Tag löschen, wenn ich drei oder vier Tage speichern kann?"

Gattin des Bf:

"Der 23. und 24. waren ein Wochenende, wo die Umsätze steigen. Danach fallen sie wieder ab."

Laienrichter Agneter:

"Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Umsätze am Dienstag höher sind als am Wochenende."

Steuerliche Vertretung:

"Am habe ich genau den gleichen Fall. Da ist auch an einem Tag der Tagesabschluss nicht gemacht worden. Das macht aber nicht so viel aus.
Am 3. Mai wurde kein Abschluss gemacht, sodass die Umsätze am 4. und 5. Mai höher waren."

Prüfungsorgan:

"Ich kann nur sagen, was ich heruntergelesen habe."

Berichterstatter:

"Was spricht gegen die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens (der bf. Partei)?"

Prüfungsorgan:

"Am wurde ein Umsatz von € 1.867,-- gemacht. Ich glaube, vom Umsatz her kann man das nicht so umlegen. Es gibt mehrere Beispiele, so z. B. den 13. Mai."

Steuerliche Vertretung:

"Der 1. Mai war ein Feiertag."

Prüfungsorgan:

"Am gab es auch 299 Kunden."

Gattin des Bf:

"Zwischen 30. Juli und wurden ebenfalls keine Löschungen durchgeführt.

Zum Punkt 'Grundaufzeichnungen - Thermopapier':
Das war damals eine gängige Papierart. Auch die Fa. Hofer hat dieses verwendet.

Es hat niemand damit gerechnet, dass es eine paar Jahre später nicht mehr lesbar sein wird.

Sicherheitszuschläge:
Ich verweise auf meine Berufungsausführungen. Die Art der Kalkulation erfolgte durch eine sogenannte Einzelrohaufschlagskalkulation. Bei bestimmten Artikeln wurde ein Einzelrohaufschlag festgelegt. Dies wurde bei vielen Artikeln gemacht. Es wird damit eine Gewichtung der einzelnen Waren nicht berücksichtigt. Zwischen den einzelnen Artikeln gab es eine Differenz zwischen 88% und 800%.

Die von der BP vorgenommene Schätzungsmethode ist daher meiner Meinung nach hier nicht zulässig."

Prüfungsorgan:

"Grundsätzlich obliegt es der Abgabenbehörde, welche Schätzungsmethode sie vornimmt. Ich habe mir einzelne Produktgruppen angesehen und auch gewichtet. Eine Schätzung ist naturgemäß immer ungenau, aber ich habe auch den Vergleichsbetrieb, der von der steuerlichen Vertretung genannt wurde, berücksichtigt."

Steuerliche Vertretung:

"Die Einzelrohaufschläge stimmen ebenfalls nicht. Es wurde nur der Preis genommen, aber nicht berücksichtigt, was man an Zutaten braucht (Beispiel: Maissalat).

Bei der Prüferin liegt der Aufschlag bei 400%. Wir sind unter Berücksichtigung der Zutaten auf einen Aufschlag von 191% gekommen."

Prüfungsorgan:

"Ich verweise noch einmal darauf, dass eine Schätzung nie genau sein kann. Ich habe viele Waren durchgerechnet, aber den Rohaufschlag nicht immer berücksichtigt."

Die Gattin des Bf. brachte dazu das Beispiel "Maissalat". Sie benötige dazu u. a. Rahm Mayonnaise und Kräuter.

Steuerliche Vertretung:

"Als Basis für den Endpreis wurde der Preis des fertigen Produktes genommen. Da muss ich beim Wareneinsatz schon alles berücksichtigen, um auf den Preis des fertigen Produktes zu kommen. Wir haben die Kalkulation vorbereitet, indem wir gesagt haben, welchen Rohaufschlag wir bei welchen Produkten nehmen. Mir erscheint es so, dass die Prüferin nur zwei oder drei Salate herausgegriffen hat."

Prüfungsorgan:

"Ich habe mir einfach diese Speisen ausgesucht und kalkuliert. Ich habe nicht geschaut, wo mehr oder weniger herauskommt."

Nach Schluss der Beweisaufnahme und Beratung des Senates verkündete der Vorsitzende den Beschluss des Senates, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.

Beweiswürdigung

Hinzurechnung nicht erfasster Erlöse

Der Beschwerde führenden Partei ist es nach Überzeugung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gelungen, die vermeintlichen Losungsdifferenzen sowie die vermeintlich Chronologie-widrigen  bzw. fehlenden Tageslosungsnummern an den weiter oben angeführten Tagen - sieht man von den durch die Beschwerde führende Partei bestätigten Summierungsdifferenzen (2006: 501,85; 2007: 420,26; und 2008: 283,21; 2009 ist infolge erklärungsgemäßer Veranlagung der Umsatzsteuer nicht mehr verfahrensgegenständlich) ab - aufzuklären. Die Amtspartei hat dem nicht konkret widersprochen. Es erscheint daher schlüssig, von jeweils pro Jahr und insgesamt bloß geringfügigen Losungsverkürzungen auszugehen, zumal die Außenprüfung diesbezüglich keine weiteren Feststellungen getroffen hat. Kassenfehlbeträge wurden nicht nachgewiesen, abgesehen von den Warengruppen Gebäck, Salate und Wurst gelangte die BP zu keinen abweichenden kalkulatorischen Feststellungen.
Hinsichtlich der dem Bf. vorgeworfenen Aufbewahrungs- bzw. Aufzeichnungsmängel betreffend die - wie vom Bf. behauptet - geringfügigen und jedenfalls bei einem Heurigen-Betrieb untypischen Umsätze aus dem Verkauf von Schnaps, Bier und Zigaretten hat sich die Außenprüfung auf Vermutungen über nicht erfasste Umsätze beschränkt und keine tatsächlichen Verkürzungen festgestellt; Gleiches gilt für die Annahme, dass nicht aufgezeichneter Eigenverbrauch vorlag, aber nicht erklärt wurde. Dass das Wareneingangsbuch nicht oder nicht ordnungsgemäß geführt worden wäre, hat die BP nicht festgestellt.

Sicherheitszuschläge

Die Befugnis, derartige Zuschläge vorzunehmen, setzen nach der RSpr des VwGH voraus, dass
- solche Aufzeichnungsmängel vorliegen, die ein Verkürzungspotential wahrscheinlich machen bzw. nicht ausschließen; und
- zumindest irgendwelche Feststellungen über nicht verbuchte Umsätze oder Einkäufe getroffen wurden.
Ersteres ist wohl der Fall (keine Grundaufzeichnungen über den Eigenverbrauch, kein Ansatz von Eigenverbrauch im unterjährigen Zeitraum 2010), Letzteres jedoch - abgesehen von den geringfügigen Summierungsfehlern - nicht, sodass eine Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde in Form von Sicherheitszuschlägen davon abhängt, ob und in welchem Ausmaß Kalkulationsdifferenzen bei einzelnen Warengruppen festgestellt worden sind. Auch hier vermag die Amtspartei das BFG nicht zu überzeugen, hat doch die Ehegattin des Bf. - zuletzt unwidersprochen - eine nachvollziehbare Kalkulation der Warengruppe Salate an Hand ihrer oben wiedergegebenen beispielshaften Berechnung des Rohaufschlages für das Büffetangebot Maissalat geliefert, wobei sie die davon deutlich abweichende Prüferkalkulation (im Durchschnitt 221% und im Einzelfall bis zu 400% anstatt der für Maissalat ermittelten 191%) mit Grund beanstandet hat. Eine andere Gewichtung und die Beseitigung der Kalkulationsmängel (Zutaten; willkürliches Herausgreifen einzelner Warengruppen) konnte das Finanzamt dem nicht entgegen setzen. Insbesondere hat es in der mündlichen Verhandlung verabsäumt zu beantragen, die Rohaufschläge bei den übrigen Warengruppen auf andere Weise neu zu kalkulieren als von der Gattin des Bf. beispielhaft dargestellt, und zudem nicht vorgebracht, welche von den Erklärungen abweichenden Kalkulationsergebnisse in jedem einzelnen Fall bei entsprechender Gewichtung aller Zutaten und Umsatzmengen resultieren würden. Die Sicherheitszuschläge erweisen sich daher - abgesehen von der fehlenden Grundtatsache konkret festgestellter erheblicher Verkürzungen - als nicht schlüssig ermittelt.

Für die unterjährigen Umsatzsteuerzeiträume 2010 hat das Finanzamt keine Feststellungen getroffen, die eine Schätzungsberechtigung im Form eines Sicherheitszuschlages, zumal von 25%, indiziert hätten.

Im Jahr 2008 hat das Finanzamt einen Sicherheitszuschlag von rund 15% des erklärten Umsatzes (bei einer direkten Einnahmenzurechnung von netto € 283,21 oder 0,3% des Umsatzes), im Jahr 2007 einen solchen von knapp 9% des erklärten Umsatzes (bei sachlich begründeter direkter Einnahmenzurechnung von netto € 420,26 oder rund 0,75% des Umsatzes) und im Jahr 2006 einen solchen von rund 1% des erklärten Umsatzes (bei sachlich begründeter Einnahmenzurechnung von netto € 501,85 oder weniger als 1% des Umsatzes, wobei hier wie auch 2007 die von der BP ermittelten Ergebnisdifferenzen zum größten Teil aus den inzwischen aufgeklärten Fehlbuchungen resultierten) jeweils für neu kalkulierten Kaffeeumsatz vorgenommen. Zu den für eine Schätzungsbefugnis relevanten Abweichungsgrößen siehe unter "Rechtslage".

Wiederaufnahmegründe

Die Begründung der Verfahrenswiederaufnahme stützte sich auf angenommene, aber wie oben dargelegt im Wesentlichen gar nicht vorliegende Losungsverkürzungen und - in Verbindung damit - auf die vermeintlich resultierende Berechtigung zu einem Sicherheitszuschlag auf Basis von pauschal ermittelten Kalkulationsdifferenzen. Wie unter "Rechtslage" näher dargestellt, musste sich die Verfügung der Wiederaufnahme von Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer auf konkrete Sachverhalte betreffend nicht verbuchte Einkäufe und/oder Verkäufe stützen können, die für sich allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen etwa hinsichtlich vorliegender gravierender Aufzeichnungs- und/oder Aufbewahrungsmängel im Rechenwerk des Abgabepflichtigen geeignet waren, im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen, wobei das Ermessen von der belangten Behörde dahin gehend zu üben war, ob die Änderungen ein erhebliches oder nur ein geringfügiges spruchrelevantes Ausmaß darstellen. Das BFG stellt dazu fest, dass die allenfalls begründbaren Änderungen ein im Vergleich zu den Erstbescheiden vor der Verfahrens-Wiederaufnahme erhebliches Ausmaß in zusammenfassender Betrachtung des "Mehrergebnisses" der Außenprüfung selbst dann nicht erreichen, wenn die Feststellungen (sie erschöpfen sich in der Feststellung von Aufzeichnungsmängeln, die aber der mangelnden Erfahrung des Bf. mit dem Kassensystem der Fa. Mettler-Toledo geschuldet waren) - anders als hier für rechtens erkannt - allesamt zugetroffen hätten.

Rechtslage

Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach der BAO

Gemäß § 126 Abs. 1 BAO haben Abgabepflichtige und die zur Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben verpflichtende Personen jene Aufzeichnungen zu führen, die nach Maßgabe der einzelnen Abgabenvorschriften zur Erfassung der abgabepflichtigen Tatbestände dienen.
Gemäß Abs. 2 haben Abgabepflichtige, soweit sie weder nach § 124 oder § 125 zur Führung von Büchern verpflichtet sind, noch ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher führen und soweit Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Ertrag ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen und zum Ende eines jeden Jahres zusammenzurechnen.

Gemäß § 127 Abs. 1 sind gewerbliche Unternehmer verpflichtet, für steuerliche Zwecke ein Wareneingangsbuch zu führen.
Dem Wareneingangsbuch kommt für die Beurteilung der materiellen Richtigkeit der Aufzeichnungen im Sinne einer nachkalkulierenden Verprobung des Betriebsergebnisses eine besondere Bedeutung zu. Die Gegenstände sowie die Form ihrer Eintragung in das Wareneingangsbuch ergeben sich aus § 128 BAO. Fehlt es daher an Feststellungen über gravierende Mängel in der Führung des Wareneingangsbuches, spricht dies eher für als gegen die Richtigkeit der Aufzeichnungen.

Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung

§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Zur Frage formeller bzw. sachlicher Mängel von Büchern und Aufzeichnungen gibt § 163 BAO Auskunft. Gemäß Abs. 1 haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 entsprechen, die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.
Gemäß Abs. 2 liegen Gründe die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist.
Solche sachliche Unrichtigkeiten - schwerwiegende sachliche Mängel - hat die Abgabenbehörde in einem einwandfreien Verfahren nachzuweisen (). Die Begründungslast für das Vorliegen eines solchen begründeten Anlasses liegt bei der Abgabenbehörde (; , 2002/113/0227). Geringfügige Differenzen zwischen den Ergebnissen der Buchführung (bzw. des Aufzeichnungswesens) und einer Verprobung müssen unberücksichtigt bleiben. Sind aber Bücher bzw. Aufzeichnungen formell mangelhaft, so besteht zwar keine Vermutung ihrer inhaltlichen Richtigkeit, aber auch keine Vermutung ihrer sachlichen Fehlerhaftigkeit. Die Partei trifft daher auch keine Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit (Ritz5, Tz 1ff zu § 163).

Formelle Mängel von Büchern und Aufzeichnungen berechtigen nur dann zu einer Schätzung, wenn sie derart schwerwiegend sind, dass das Ergebnis der Bücher und Aufzeichnungen nicht mehr glaubwürdig erscheint.
Der VwGH hat im Einzelfall zu Recht erkannt, dass die sachliche Richtigkeit ordnungsgemäß geführter Bücher und Aufzeichnungen im Allgemeinen nur dann in Zweifel zu ziehen ist, wenn beim Umsatz das Ergebnis der Aufschreibungen um mehr als 10% von der auf allgemeinen Erfahrungssätzen aufgebauten Kalkulation abweicht.
Ritz5, § 184, Tz 9, vertritt demgegenüber die Auffassung, dass auch Abweichungen um mehr als 10% nicht stets eine Schätzungsbefugnis begründen. Maßgebend seien die Verhältnisse des betreffenden Abgabepflichtigen, zB seine Aufschlagsätze, und nicht die branchentypischen Durchschnittssätze. Daraus, dass ein Unternehmer wesentlich knapper als sein Konkurrent kalkuliere, könne sich keine Schätzungsbefugnis ergeben.

Schätzungsmethoden

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Als Schätzungsmethoden kommen unter anderem der äußere oder der innere Betriebsvergleich, eine Vermögensdeckungsrechnung, eine Überprüfung, ob die Lebenshaltungskosten im Verkehrskreis der Familie des Abgabepflichtigen gedeckt sind, die kalkulatorische Schätzung und der Sicherheitszuschlag in Betracht.

Bei einer kalkulatorischen Schätzung wird etwa ein Teilumsatz mit Hilfe eines Rohaufschlages auf einer geeigneten Basis (Wareneinsatz etc.) geschätzt. Hierbei sind nicht nur branchentypische Verhältnisse, sondern insbesondere die betrieblichen Bedingungen des betreffenden Betriebes, seine Besonderheiten und die für ihn geltenden Marktbedingungen zu berücksichtigen (Loitlsberger, JfB 1985, 94).

Die Schätzungsmethode des Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nurnachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (; 224.03.2009, 2006/13/0150; , 2009/15/0011; , 2007/13/0078).
Geringfügige Summierungsdifferenzen bieten nach Auffassung des BFG keinen Anlass dafür, Sicherheitszuschläge vorzunehmen.

Verfahrenswiederaufnahme von Amts wegen (BAO)

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann (...) von Amts wegen wieder aufgenommen werden, wenn
a) ...
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind
c) ...
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Solche Tatsachen sind zB
- ein Mangel der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.

Kann somit eine Tatsache in freier Beweiswürdigung als erwiesen angenommen werden, dann stellt sie einen Wiederaufnahmegrund dar. Es ist nicht Sache des Abgabepflichtigen, das Nichtvorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nachzuweisen, sondern Aufgabe der Abgabenbehörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind.

Wiederaufnahmegründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente.

Die Verfügung der Wiederaufnahme liegt im Ermessen (arg. "kann ..."). Bei Ermessensentscheidungen kommt dem Gleichheitssatz, dem Normzweck und den im § 20 genannten Kriterien Bedeutung zu. Stets hat eine Abwägung aller für die Ermessensübung relevanten Umstände zu erfolgen. Das Ziel der Wiederaufnahme, der vielfach betonte Vorrang der Rechtsrichtigkeit rechtfertigt keine nur dieses Kriterium berücksichtigende Ermessensübung.

Die Ermessensübung ist entsprechend zu begründen. Bei einer sich zu Ungunsten der Partei auswirkenden Wiederaufnahme (WA) ist in der Begründung der positiven Ermessensentscheidung darzutun, aus welchen Gründen bei der vorzunehmenden Interessensabwägung den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit gegenüber jenen der Billigkeit der Vorzug eingeräumt wurde.
In der BAO wurde durch das FVwGG 2012 eine ausdrückliche Verordnungsermächtigung (§ 3303 Abs. 3), die für die Ermessensbestimmung bedeutsamen Umstände zu bestimmen, aufgenommen. Als Vorgabe für den Inhalt einer solchen - noch nicht erlassenen - Verordnung enthält die Regierungsvorlage (2007 BlgNR 24. GP, 22) folgende Aussagen:

"Die WA dient grundsätzlich dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, dies unabhängig davon, ob sie sich zu Gunsten des Abgabengläubigers oder zu Gunsten des Abgabenschuldners auswirkt. Sie darf somit ... nur ausnahmsweise (insbesondere bei absoluter oder relativer Geringfügigkeit der Auswirkungen (...) unterbleiben."

Von zentraler Bedeutung für die Ermessensübung ist die Berücksichtigung des Zweckes der Ermessen einräumenden Norm. Zweck des § 303 ist es, eine neuerliche Bescheid-Erlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit ... der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben.

Geringfügigkeit der Auswirkungen

WA werden in der Regel nicht zu verfügen sein, wenn die steuerlichen Auswirkungen bloß geringfügig (absolut und relativ) sind. Die Geringfügigkeit ist an Hand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten (d. h. der sachverhaltsmäßig zutreffend festgestellten) Wiederaufnahmegründe und nicht auf Grund der steuerlichen Gesamtauswirkungen zu beurteilen, die infolge Änderungen auf Grund anderer rechtlicher Beurteilungen im Sachbescheid vorzunehmen wären.

Die Unterlassung der Wiederaufnahme (wegen Geringfügigkeit der Auswirkungen) ist auch zweckmäßig iSd § 20 BAO, weil die Berücksichtigung des mit der Bescheiderlassung verbundenen Verwaltungsaufwandes wegen des Grundsatzes der Sparsamkeit der Verwaltung geboten erscheint.
Nach dem Erk. des VwGH 101.07.1996, 92/15/0101, sind Auswirkungen der Wiederaufnahmegründe, nämlich Zahllasterhöhungen von öS 37, 903, 631 und 1.053 bei durchschnittlichen Umsätzen von öS 741.000 geringfügig, hingegen Gewinnerhöhungen von öS 21.765 bzw. öS 18.000 bei Gewinnen von durchschnittlich öS 253.000 bzw. Einkommen von durchschnittlich öS 400.000 nicht geringfügig. Keine Geringfügigkeit liegt nach , bei einer Umsatzsteuernachforderung von öS 32.224 und einer Einkommensteuernachforderung von öS 22.000 (beides  für 1988) vor.

Im Erk. , 90/14/0044, hat der VwGH hinsichtlich der Auswirkungen der Wiederaufnahmegründe Änderungen gegenüber den erklärten Gewinnen von jeweils unter 1% als relativ geringfügig bzw. unbedeutend gesehen. Keine bloß geringfügige Auswirkung liegt seines Erachtens vor bei einer Nachforderung an Umsatzsteuer für 1998 in Höhe von öS 2.000 bei einer erklärten Umsatzsteuer von öS 8.500 und bei einer Einkommensteuernachforderung von öS 1.500 bei einem erklärten Verlust aus Gewerbebetrieb. Weder absolut noch relativ geringfügig ist nach , eine Steuererhöhung von € 1.010,15 und eine Gewinnerhöhung von € 29.234,90 im Jahr 1999, wobei die Änderung der Einkünfte mehr als 2% betrug.
Der einschlägigen Rechtsprechung des VwGH zum Thema "Geringfügigkeit" lagen somit jeweils Sachverhalte zugrunde, die mit dem beschwerdegegenständlichen nicht vergleichbar sind.

Stellt sich die Frage, ob eine Wiederaufnahme zu verfügen ist, bei mehreren Verfahren, zB Einkommensteuer und Umsatzsteuer dreier Jahre, so ist die steuerliche Auswirkung nicht je Verfahren, sondern insgesamt zu berücksichtigen (). Stehen die dem Grunde nach (wegen formeller Buchführungsmängel) zulässigen Sicherheitszuschläge für jedes Jahr und in der Summe aller Jahre weniger als 1% der erklärten Umsätze dar, so sind die Auswirkungen auf Ebene der Umsatzsteuer geringfügig und ungeeignet, eine Verfahrenswiederaufnahme zu begründen.
Hat der Abgabepflichtige in jedem Jahr, für das die Wiederaufnahme bei der Einkommensteuer verfügt worden ist, einen Verlust aus Gewerbebetrieb erklärt, so erweisen sich die durch vertretbare Sicherheitszuschläge verursachten Auswirkungen dann als geringfügig, wenn durch sie der jeweilige Jahresverlust von durchwegs fünfstelligen Euro-Beträgen - z. B. wie hier rund 28.000, 32.000 und 20.000 - nur um jeweils wenige hundert Euro verringert wird. Auch ein solches ertragsteuerliches Änderungsergebnis erweist sich dann als bloß geringfügig und ist nicht geeignet, ohne erhebliche Auswirkungen in anderen Bereichen eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechtfertigen.

Erwägungen

Begründete Umsatzzurechnungen im Verhältnis zu den Sicherheitszuschlägen; ziffernmäßiges Feststellungssubstrat pro Jahr im Verhältnis zur Wiederaufnahme

Da die nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat des BFG begründbaren Umsatzzurechnungen sowohl in absoluter wie auch in relativer Höhe von ganz geringfügigem Ausmaß sind, erweist sich das Beschwerdebegehren, von einer Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2007 und 2008 abzusehen, als berechtigt; die Wiederaufnahmebescheide waren daher aufzuheben, der dagegen gerichteten Beschwerde war Folge zu geben.
Soweit sich die Beschwerde gegen die damit aus dem Rechtsbestand ausgeschiedenen angefochtenen Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide der Jahre 2006 bis 2008 richtet, war sie mit Beschluss für gegenstandslos zu erklären. Gleiches gilt für die Erledigung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Zeiträume 9/2009 und 12/2009 richtet; diese Bescheide waren durch erklärungsgemäße Veranlagung zur Umsatzsteuer für das Jahr 2009 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden; auch insoweit erweist sich die Beschwerde als gegenstandslos.

Wie weiter oben ausgeführt, leidet der Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 7/2010 an einer rechtlich haltbaren Begründung des Sicherheitszuschlages zu den erklärten UVA-Daten. Er war daher mit Erkenntnis aufzuheben und der Beschwerde insoweit Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ein solcher Fall liegt hier, wie aus der Relation zwischen den begründeten BP-Feststellungen und den erklärten Abgabenbemessungsgrundlagen (Umsatz und Gewinn) hervorgeht, nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Heurigenbuffett
Aufbewahrungsmängel in den Aufzeichnungen des Betriebes
Verprobung des Betriebsergebnisses durch Nachkalkulation
Kalkulationsdifferenzen und Kalkulationsmängel
Einzelrohaufschläge
Rohaufschläge im Durchschnitt
Tageslosungsdifferenzen
Aufklärung von Verbuchungsfehlern
Geringfügigkeit der verbliebenen Differenzen
Schätzungsmethode Sicherheitszuschlag
Voraussetzungen für einen Sicherheitszuschlag
Begründung und Verhältnismäßigkeit eines Sicherheitszuschlages
Wiederaufnahme im Ermessen
Grundsätze der Ermessensübung
Geringfügigkeit der Auswirkung von Wiederaufnahmsgründen
Anmerkung
Aufhebung der Wiederaufnahmsbescheide
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102853.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at