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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.10.2016, RV/2100126/2014

Zurücknahmeerklärung von Wiederaufnahmeanträgen nach nicht ordnungsgemäßer Mängelbehebung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Zurücknahmeerklärung (§ 85 Abs.2 BAO) der Anträge vom  auf Wiederaufnahme der Verfahren zur Einkommensteuer 2004 und 2007 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Vorlageantrag vom legte das Finanzamt X (FA) dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) das Rechtsmittel der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf) vom gegen den Bescheid des FA vom über die „Zurücknahme/Gegenstandsloserklärung“ des Antrages der Bf vom auf „Wiederaufnahme der Veranlagungen der Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2007“ zur Entscheidung vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hatte das FA die Wiederaufnahmeanträge der Bf vom gemäß § 85 Abs.2 BAO für zurückgenommen erklärt, weil die Bf einem mit befristeten Mängelbehebungsauftrag des FA „nicht vollinhaltlich entsprochen“ habe.

Mit verfahrensleitendem Bescheid vom hatte das FA der Bf - unter Androhung der Rechtsfolge einer Zurücknahme des Anbringens bei Fristversäumung - den Auftrag erteilt, bis nachfolgend angeführte Mängel „Ihrer Eingabe vom “ zu beheben:

Formgebrechen gemäß § 85 Abs. 2 BAO

 Fehlen eines Inhaltserfordernisses gemäß § 303a BAO, und zwar:

o Die Bezeichnung der Umstände (§ 303 Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird, sind zu wenig konkretisiert und schlüssig dargelegt.(Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln zur Lagermiete)

o Die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages notwendig sind fehlen.

o Die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren notwendig sind fehlen.“

Am brachte die Bf einen Schriftsatz beim FA ein, der unter Punkt I. die „Berufung gegen den Bescheid - Zurücknahme/Gegenstandsloserklärung vom mit folgender Begründung enthielt:

„1. Meine Wiederaufnahmeanträge vom (Beilage ./1), betreffend die Kalenderjahre 2004 und 2007 wurden vom Finanzamt X am Bescheid mäßig erledigt (Beilage ./2 und Beilage ./3).

2. Gegen die Bescheide vom wurde von mir am das Rechtsmittel der Berufung erhoben (Beilage ./4).

3. Am wurde von mir auf Grund der aus dem Bescheid vom erhaltenen Erkenntnisse wiederum ein neuerlicher Antrag auf Wiederaufnahme zur Einkommensteuererklärung für die Jahre 2004, 2007 und 2008 gestellt (Beilage ./4).

4. Die im Bescheid vom (Beilage ./5) angeführten Mängel wurden vom Finanzamt X schon am (Beilage ./6) mittels Bescheid bemängelt und von mir am (Beilage ./7) sowie am (Beilage ./8) behoben. Der Bescheidausfertiger vom Finanzamt X hat die Unterlagen von meinem Buchhalter am persönlich erhalten.

5. Im vom Finanzamt X abgehaltenen Verfahren zur Wiederaufnahme zur Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2007 wurden von mir sämtliche Anfragen und Mängelbehebungsaufträge am , , , , , , , , , und ausführlich beantwortet sowie die Unterlagen übergeben. Das Finanzamt X hat daraufhin die Bescheide vom erlassen, die von mir mittels Berufung bekämpft wurden.

6. Das Finanzamt X hat am , weiters zweimalig am und am (Beilage ./9, ./10 und ./11) Bescheide an mich nicht ordnungsgemäß an meinen Zustellbevollmächtigten bzw. somit nicht rechtskräftig an mich zugestellt.

7. Das bestätigt das Finanzamt X auch direkt, da das Finanzamt X nach meiner Beschwerde und meinen weiteren Anträgen vom (Beilage ./12) den jetzt bekämpften Mängelbehebungsauftrag an meinen Zustellbevollmächtigten erstmals seit September 2010 in diesen Causen wieder rechtskräftig zugestellt hat.

8. Meine Anträge vom (Beilage ./12) wurden vom Finanzamt X bis dato weder beantwortet noch darüber entschieden.

9. Aus vorher erwähnten Entscheidungen, Verfahrensmängel vom Finanzamt X und meinen dazugehörigen Berufungen und weiteren Anträgen ist der Bescheid vom Finanzamt X vom ein weiterer Verfahrensmangel, der von mir am (Beilage ./13), innerhalb offener Frist, richtig und vollständig beantwortet wurde. Auch deswegen, da die vom Finanzamt X am angesprochenen Mängel zur Behebung von mir am klar und eindeutig beantwortet wurden und vom Finanzamt X mit den Bescheiden vom bereits gewürdigt worden sind.

10. Es kann nicht sein, dass das Finanzamt X, zum erlassenen Bescheid vom gemäß meinem Antrag vom , gegen welchen auch Berufung erhoben wurde und wo über die Berufung noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, am (an mich erstmalig rechtskräftig zugestellt), einen Mängelbehebungsauftrag mit der selben Mängelbehebung erlässt, über welche das Finanzamt am schon Bescheid mäßig entschieden hat.

11. Mit dem Mängelbehebungsauftrag vom und mit dem dazugehörigen Bescheid vom (Faschingsbeginn) widerspricht sich das Finanzamt X selbst. Zumal auch noch diese wiederholte und willkürlich gestellt Frage nur den Wiederaufnahmeantrag zur Einkommensteuererklärung 2007 betrifft und dieser Antrag vom Finanzamt X am Bescheid mäßig erledigt wurde.

12. Da über meine Berufung vom und über meine Anträge vom vom Finanzamt X noch nicht entschieden wurde und auf Grund den nicht rechtsrichtigen Zustellungen seit September 2010 bis Ende September 2013 in diesen Causen an mich, ergibt sich die Vermutung, dass das Finanzamt X ihre inhaltlichen unsubstantiierten und lebensfremden Fehlentscheidungen in diesen Causen mit Verfahrenstechnischen Winkelzügen kaschieren will und damit mir als Abgabenpflichtige meine Rechte willkürlich entziehen will.

Untermauert wird diese Vermutung dadurch, dass das Finanzamt X meinen Anträgen vom bis dato noch nicht nachgekommen ist, außer mit dem Bescheid vom , als Mängelbehebungsauftrag zu einen meiner Antrag, über den das Finanzamt am Bescheid mäßig bereits entschieden hat.

13. Mein Interesse an Rechtsrichtigkeit der Entscheidung überwiegt mein Interesse an der Rechtsbeständigkeit. Die Auswirkungen dadurch und die Folgen daraus können für mich nicht als geringfügig betrachtet werden.

14. Aus dem für mich irrigen Verfahrensverlauf bzw. der irrigen Abwicklungen seitens des Finanzamtes X vermute ich, dass nicht mehr alle meine Eingaben in diesen Verfahren in meinem Steuerakt vorhanden bzw. überblickbar sind. Somit lege ich sämtliche erwähnte Eingaben dieser Berufung wiederholt bei.“

Unter Anschluss eines umfangreichen Unterlagenkonvoluts zum abgabenbehördlichen Vorverfahren über die verfahrensgegenständlichen Wiederaufnahmeanträge der Bf vom , legte das FA dieses Rechtmittel mit Vorlageantrag vom dem UFS zur Entscheidung vor und beantragte dessen Abweisung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Dem anhängigen Verfahren liegt folgender verfahrensrelevanter Ablauf zu Grunde, den das BFG aufgrund der von den Verfahrensparteien vorgelegten, als unbedenklich erachteten Verfahrensunterlagen für erwiesen hält und zum Gegenstand seiner rechtlichen Beurteilung in dieser Entscheidung macht:

Die Bf (Mag.(FH) war in den verfahrensgegenständlichen Jahren mit einem unter der Bezeichnung „Kleintransporte-XY“ geführten Einzelunternehmen beim FA steuerlich erfasst.

In der abgabenbehördlichen Vertreter-Datenbank sind für die Bf seit April 2002 durchgehend steuerliche Vertreter zur Erledigung ihrer abgabenrechtlichen Verpflichtungen (incl. Zustellungsbevollmächtigung) ausgewiesen.

Bis war demnach der als Unternehmensberater firmierenden Y. als steuerlicher Vertreter der Bf mit Zustellungsvollmacht erfasst. Per erfolgte ein Wechsel der (zustellungsbevollmächtigten) steuerlichen Vertretung auf eine Gesellschaft, als deren (handelsrechtlicher) Vertreter ebenfalls Y. fungierte. Im Verlauf des anhängigen Verfahrens gab die Bf noch mehrmals Änderungen ihrer Zustellungsbevollmächtigungen bekannt.

Nach dem Verfahrensergebnis verfügten weder Y. noch die ab als steuerliche Vertreterin der Bf erfasste Gesellschaft oder eine der weiteren, im Verfahrensverlauf in Erscheinung getretenen Gesellschaften aus dem Einflussbereich des Y., im Verfahrenszeitraum über die Befugnis zur geschäftsmäßigen steuerlichen Vertretung der Bf gegenüber den Abgabenbehörden bzw. dem BFG.

Eine auf § 84 BAO gestützte, bescheidmäßige Ablehnung als steuerliche Vertretung der Bf ist in den abgabenbehördlichen Verfahrensunterlagen weder für Y., noch für eine der in das anhängige Verfahren involvierten, von ihm vertretenen Gesellschaften dokumentiert.

Tatsächlich erfüllte Y. im Verfahrenszeitraum für die Bf nicht nur die Funktion eines Zustellungsbevollmächtigten für den Empfang abgabenbehördlicher Schriftstücke, sondern erledigte u.a. Botengänge beim FA und beantwortete (zunächst als selbständiger, ab als geringfügig nichtselbständig beschäftigter) „Buchhalter“ der Bf auch Vorhalte des FA.

Am langten beim FA Namens der Bf zwei mit datierte Anträge auf Wiederaufnahme ihrer Einkommensteuer (ESt-) Veranlagungen 2004 und 2007 ein. Beide Anträge waren von Y. als Geschäftsführer der Z.- GmbH&Co KG  (FN 456789cd, FB-Löschung ) unterfertigt. Die Unterschrift der Bf scheint auf den Anträgen nicht auf.

Begründet waren die Anträge wie folgt:

Wir vertreten mit erteilter Auftrags- und Vertretungsvollmacht unsere Klientin Frau Mag. (FH) Bf.

Das sich die Bemessungsgrundlagen, wesentlich geändert haben, wird der Antrag auf Wideraufnahme des Verfahrens zur Veranlagung der Einkommensteuer 2004 gestellt. Dazu wurden Ihnen mit gesonderter Post die neue Einkommensteuererklärung 2004 und der Jahresabschluss zum übermittelt.

Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse unserer Klientin an Rechtsrichtigkeit der Einscheidung, das Interesse der Rechtsbeständigkeit. Die Auswirkungen können nicht als geringfügig betrachtet werden.

Der Antrag für das Jahr 2007 unterscheidet sich, abgesehen von der Jahreszahl, nur in der Formulierung „Das sich die Bemessungsgrundlagen, insbesondere durch Beitragsprüfungen, wesentlich geändert haben, …“

Mit Mängelbehebungsauftrag vom trug das FA der Bf (zu Handen ihres damaligen Zustellbevollmächtigten Y.) die Verbesserung ihrer Wiederaufnahmeanträge hinsichtlich der Angaben zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit und der Bezeichnung konkreter und schlüssige dargelegter Umstände für die begehrte Wiederaufnahme bis zum auf.

Eine Aufforderung zur Behebung eines Unterfertigungsmangels enthielt die verfahrensleitende Verfügung vom ebenso wenig, wie einen Auftrag zur Darlegung der Umstände zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der verspäteten Geltendmachung der (noch vorzubringenden) Wiederaufnahmegründe.

In Reaktion auf den Mängelbehebungsauftrag vom langte beim FA am eine wiederum Namens der Bf, nun aber gar nicht unterfertigte Eingabe mit folgender Stellungnahme ein:

„Im Zuge der vorweihnachtlichen Putz- und Aufräumarbeiten sind Belege und Personalunterlagen für die Kalenderjahre 2004 und 2007 hervorgekommen. Bei diesen Unterlagen wurde von mir die Ansicht vertreten, dass es sich hierbei um Lieferscheine, Auftragsbücher und Vertragsunterlagen handeln würde. Nach den Weihnachtsfeiertagen habe ich die Unterlagen gesichtet und es hat sich herausgestellt, dass es sich um Geschäftsbuchhaltungsunterlagen aus den Kalenderjahren 2004 und 2007 handelt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass mein Antrag auf Wiederaufnahme von mir unverzüglich getätigt wurde.

In der Beilage übermittle ich Ihnen eine Übersicht der ursprünglich abgegebenen Einkommensteuererklärung samt Erläuterung sowie der berichtigten Einkommensteuererklärung samt Erläuterung für die Kalenderjahr 2004 und 2007. Daraus ist ersichtlich, dass sich die KZ 9360 Personalaufwand und die KZ 9110 beigestelltes Personal (Fremdpersonal und Fremdleistungen) wesentlich verändert haben.

Wie aus meinen oben genannten Ausführungen ersichtlich, wurden nun wiederholt konkretisiert und schlüssig die Veränderungen der Positionen dargelegt. Die Belege dazu wurden dann zum Buchhaltungsakt bei meinem Zustellbevollmächtigen genommen.

Die Auflösung der dazu aufgenommenen Rückstellungen schlagen sich in der Gewinnermittlung 2009 dann nieder.

Der Ordnung halber wird auch beantragt, die Einkommensteuer 2008 wieder aufzunehmen, da sich die KZ 9360 der Beilage E1 um EUR 3.550,00 erhöht hat."

Die angeschlossenen Beilagen enthielten Aufstellungen zu den Einkommensteuererklärungen 2004 und 2007, in welchen die Abweichungen unter Zuordnung zu den Kennzahlen (Kz) der ESt-Erklärungen – 2004 / Kz 9110 (Fremdleistungen) bzw. 2007 / Kz 9120 (Personalaufwand/Fremdpersonal) und Kz 9180 (Miet-/Pacht-/Leasingaufwand) - zahlenmäßig dargestellt waren. Eine weitere Erläuterung unterblieb. Die den Änderungen zu Grunde liegenden Belege waren nicht angeschlossen.

Auf die Umstände zur Darlegung des Verschuldens an der verspäteten Bekanntgabe der nachträglich hervorgekommenen Tatsachen/Beweismittel nahm die Eingabe der Bf vom nicht Bezug.

In den folgenden Monaten führte das FA diverse Erhebungen durch, im Rahmen derer es u.a. die zu den geänderten Erklärungsansätzen gehörenden Unterlagen beischaffte (Vorlage durch den Buchhalter/Zustellungsbevollmächtigten der Bf am ).

In weiterer Folge ergingen am als Bescheid intendierte Erledigungen des FA über eine Abweisung des Wiederaufnahmeantrages zur ESt 2004 bzw. eine Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages zur ESt 2007.

Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des ESt-Bescheides 2004 vom 8.Sept.2005 sah das FA als nicht erfüllt an, weil es jene Betriebsausgaben, auf welche die Wiederaufnahme gestützt wurde, als nicht erwiesen oder glaubhaft gemacht erachtete.

Die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages zum ESt-Bescheid 2007 vom begründete das FA mit einer Kenntnis der Bf über den bekanntgegebenen Wiederaufnahmegrund (unterlassene Bildung einer Urlaubsrückstellung) seit einer GPLA-Prüfung im März 2009 und daraus resultierend, einer verspäteten Einbringung des Wiederaufnahmeantrages vom .

Beide Erledigungen waren - unter Missachtung der von der Bf erteilten Zustellungsvollmacht - an die Bf adressiert und erlangten keine Rechtswirksamkeit.

Am wies das FA die gegen die Erledigungen vom eingebrachten Berufungen der Bf mit Verweis auf den fehlenden Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigungen zurück.

Zugleich ergingen unverändert begründete Ersatzerledigungen über eine Abweisung des Wiederaufnahmeantrages vom zur ESt 2004 bzw. eine Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages vom zur ESt 2007.

Sämtliche Erledigungen vom führten als Zustellungsempfängerin die zu diesem Zeitpunkt in der abgabenbehördlichen Vertreter-Datenbank als zustellungsbevollmächtigte Vertreterin der Bf ausgewiesene Gesellschaft an.

Mit Eingabe vom 27.Sept.2013 begehrte die Bf vom FA u.a. die Aushändigung der bisher nicht ordnungsgemäß zugestellten Erledigungen vom 16.Febr.2011 im Rahmen einer Akteneinsicht und zugleich deren Zustellung an ihre Zustellungsbevollmächtigte.

Der Eingabe beigelegt war u.a. eine mit datierte Zustellungsvollmacht an eine weitere Gesellschaft aus dem Einflussbereich des Y..

Am erging der eingangs dargestellte, verfahrensgegenständliche Mängelbehebungsauftrag zur Verbesserung „Ihrer Eingabe vom “ - unter Androhung der Gegenstandsloserklärung des Anbringens bei Fristversäumung - an die Bf zu Handen der in der am 27.Sept.2013 vorgelegten Zustellungsvollmacht nominierten Empfängerin.

Inhaltlich unterschied sich dieser zweite Mängelbehebungsauftrag von jenem vom einerseits durch die Bezugnahme auf die „Lagermiete“ als gem. § 303 Abs.1 BAO neu hervorgekommenen Wiederaufnahmegrund und anderseits durch die (erstmalige) Anforderung von Angaben „zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren.“

Die am letzten Tag der eingeräumten Frist eingebrachte Antwort der Bf auf den Mängelbehebungsauftrag vom lautete:

Der erwähnte Bescheid vom steht in keinem Zusammenhang mit meinen erwähnten Anträgen.

In den Vorerhebungen seitens des Finanzamtes X, welche zum Bescheid vom führten, wurden die angesprochenen Mängel von mir klar und eindeutig behoben.

Der erwähnte Bescheid vom beantwortet nicht meine Aufträge/Berufung vom und meine Anträge vom .

In Reaktion auf diese Eingabe erließ das FA am unter Verweis auf § 85 Abs.2 BAO den nunmehr angefochtenen Bescheid über die „Zurücknahme/GegenstandsloserklärungIhrer Eingabe vom betreffend Wiederaufnahme der Veranlagungen zur Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2007“, da dem Auftrag zur Mängelbehebung bis nicht vollinhaltlich entsprochen worden sei. Die Bescheidadressierung erfolgte analog dem Mängelbehebungsauftrag vom .

Der Berufung gegen den Bescheid vom schloss die Bf u.a. eine Kopie des Wiederaufnahmeantrages vom betreffend den ESt-Bescheid 2004 an, die nunmehr ihre Unterschrift trug.

II. Gemäß § 303 Abs. 1 BAO idF vor FVwGG 2012 ist „dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens (..) stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach Abs. 2 der Bestimmung ist „der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 (..) binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.“

Nach § 303a BAO in der von bis geltenden Fassung BGBl I 2009/20 hat der Wiederaufnahmeantrag zu enthalten:

„a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (§ 303 Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird;

c) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind;

d) bei einem auf § 303 Abs. 1 lit. b gestützten Antrag weiters Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren notwendig sind.“

Entspricht ein Wiederaufnahmeantrag nicht den in § 303a BAO umschriebenen Erfordernissen, hat die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO idF BGBl. I Nr. 20/2009, dem Antragsteller die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass der Antrag nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

Für die Notwendigkeit und zugleich Zulässigkeit eines Mängelbehebungsauftrages nach § 85 Abs. 2 BAO kommt es nach der Judikatur des VwGH entscheidend darauf an, ob ein Antrag so gestaltet ist, dass er, unabhängig von einem allfälligen weiteren Vorbringen, einer meritorischen Erledigung zugänglich ist.

Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an der Bezug habenden Formvorschrift, hier somit an den Bestimmungen des § 303a BAO – unzureichend entsprochen, gilt der Antrag kraft Gesetzes als zurückgenommen.

Die Zurücknahme als Rechtsfolge eines zulässig erteilten, doch nicht ordnungsgemäß erfüllten Mägelbehebungsauftrages ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Durch eine Zurücknahme mittels Bescheid nach § 85 Abs.2 BAO wird die Rechtsfolge lediglich festgestellt. Entsprechend kann der Eintritt der Zurücknahmefiktion durch eine nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebung nicht mehr beseitigt werden (vgl. ; , 2006/15/0157; , 97/13/0037, mwN).

III. Auf Basis der angeführten Rechtslage und des festgestellten Verfahrensablaufes kommt dem Rechtsmittel der Bf gegen den nach § 85 Abs.2 BAO ergangenen Bescheid des FA vom keine Berechtigung zu.

Die beiden unter Berufung auf die erteilte Vertretungsvollmacht eingebrachten Wiederaufnahmeanträge der Bf vom wurden – mangels vorheriger bescheidmäßiger Ablehnung der einbringenden Gesellschaft nach § 84 BAO - wirksam für die Bf eingebracht.

Aufgrund der dargestellten, sehr allgemein gehaltenen Formulierungen waren die beiden Wiederaufnahmeanträge vom einer meritorischen Erledigung ohne Verbesserung nicht zugänglich. Die Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens war daher nicht nur zulässig sondern zwingend geboten.

Die Rechtmäßigkeit der mit dem im angefochtenen Bescheid vom erfolgten Gegenstandsloserklärung der beiden Wiederaufnahmeanträge der Bf vom war daher zunächst am Mängelbehebungsauftrag vom bzw. dessen Erfüllung zu messen.

In der am letzten Tag der eingeräumten Verbesserungsfrist – ohne Fristverlängerungsansuchen - eingereichten Erledigung des Auftrages vom , machte die Bf zwar Angaben zur Kenntniserlangung im Sinne des § 303 Abs.2 BAO, eine für eine meritorische Erledigung hinreichende Bezeichnung der „Umstände, auf die der Antrag gestützt wird“ (§ 303a lit.b BAO), enthielt die Eingabe der Bf vom allerdings nicht.

Die Wiederaufnahmeanträge der Bf vom waren, wie ausgeführt, lediglich mit wesentlich geänderten Bemessungsgrundlagen für die ESt-Veranlagungen 2004 und 2007 begründet. Mit der in Erledigung des abgabenbehördlichen Mängelbehebungsauftrages erfolgten Übermittlung von rechnerischen Darstellungen der von ihren Einkommensteuererklärungen 2004 und 2007 abweichenden Betriebsausgabenansätze in der Eingabe vom blieb weiterhin offen, auf welchen der Wiederaufnahmegründe des § 303 Abs. 1 BAO die Bf ihre Anträge stützte. Auf Basis dieser Eingabe war eine meritorische Erledigung der Wiederaufnahmeanträge vom nach wie vor nicht möglich.

Da die Wiederaufnahmeanträge vom trotz der Eingabe der Bf vom einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich waren, trat die gesetzlich vorgesehene Zurücknahmefiktion mit Ablauf des ex lege ein (§ 85 Abs.2 BAO). Die nach Ablauf der eingeräumten Frist erfolgten ergänzenden Aufklärungen der Bf, vermochten am Eintritt dieser Rechtsfolge nichts mehr zu ändern (vgl. nochmals mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar, 2702 und das Erkenntnis vom , 89/14/0255).

Der angefochtene Bescheid vom , mit dem lediglich der Eintritt der gesetzlichen Zurücknahmefiktion des § 85 Abs.2 BAO festgestellt wurde, erging daher zu Recht.

Aufgrund der dargestellten Umstände kam es auf den weiteren Mängelbehebungsauftrag vom , der mit der Frage nach dem Verschulden erstmals auf den Tatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b BAO abzielte, nicht mehr an. Es kann daher dahingestellt bleiben, dass sich dieser Auftrag aufgrund seiner Formulierung im Singular und der Bezugnahme auf den Wiederaufnahmegrund „Lagermiete“ tatsächlich ausschließlich auf den Wiederaufnahmeantrag der Bf vom zum Jahr 2007 bezog.

Dass diesem Verbesserungsauftrag hinsichtlich des erstmalig angeführten Verschuldensaspekts mit der Eingabe der Bf vom in keiner Weise entsprochen wurde, bedarf im Übrigen keiner weiteren Erörterung.

Dem verfahrensgegenständlichen Rechtsmittel der Bf zum Jahr 2007 konnte daher auch aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. ).

Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen. Die zu Grunde liegenden Rechtsfragen sind durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH einheitlich und ausreichend beantwortet.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 84 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100126.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at