Anspruchszinsen bei entrichteten Anzahlungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf, AdresseBf, vertreten durch Stolitzka & Partner Rechtsanwälte OG, Kärntner Ring 12, 1010 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid des FA Wien 1/23 vom , betreffend Anspruchszinsen zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Anspruchszinsen für das Jahr 2011 in Höhe von € 1.780,03 fest.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer (Bf) aus, die Einkommensteuervorauszahlungen und die Anzahlung auf die Einkommensteuerbelastung seien fristgerecht entrichtet worden. Da die Erklärungen abzugeben waren, seien diese mit dem Hinweis, dass die Gewinntangenten noch nicht bekannt wären, eingereicht worden.
Die Veranlagung sei durchgeführt worden, der Bescheid hierüber jedoch nicht zugegangen. Das aus der Veranlagung resultierende Guthaben sei jedoch bis zur Abänderung des Bescheides verblieben, sobald die Gewinntangenten festgestellt wurden.
Das Guthaben sei daher immer auf dem Abgabenkonto vorhanden gewesen und dort bis zur endgültigen Veranlagung verblieben.
Es werde daher beantragt, den Bescheid aufzuheben und von der Festsetzung von Anspruchszinsen abzusehen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.
Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:
„ Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus
Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den
Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Nach Abs. 3 kann der Abgabepflichtige, auch wiederholt, auf die Einkommensteuer
Anzahlungen dem Finanzamt bekanntgeben.
Jede Nachforderung oder Gutschrift löst (gegebenenfalls) einen neuen
Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor. Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung bzw. Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden.
Der erste Satz des § 205 Abs. 3 BAO sieht vor, dass Anzahlungen auf zu erwartende
Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuldigkeiten wiederholt bekannt gegeben werden
können. Eine neuerliche Anzahlung kann auch dann noch bekannt gegeben bzw. entrichtet werden, wenn bereits eine frühere Anzahlung nach den Regeln des § 205 Abs. 3 vierter und fünfter Satz BAO verrechnet und/oder gutgeschrieben wurde (vgl. Ritz, BAO-Handbuch, S. 127).
Im vorliegenden Fall wäre es dem Berufungswerber freigestanden, dem Finanzamt nach
Erlassung des Einkommensteuerbescheides eine neuerliche Anzahlung bekannt zu geben.
Im Berufungsfall ist aber keine derartige Verfügung über das durch die Gutschrift der
ursprünglichen Anzahlung entstandene Guthaben getroffen worden und damit auch keine Bekanntgabe einer neuerlichen Anzahlung erfolgt.
Da der Anspruchszinsenbescheid an die im Spruch des zur Nachforderung führenden
Bescheides ausgewiesene Nachforderung gebunden ist, kommt eine Anderung des
angefochtenen Bescheides nicht in Betracht und es war wie im Spruch zu entscheiden."
Mit Eingabe vom beantragte der Bf die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus:
Der Bf habe durch seine steuerliche Vertretung fristgerecht die Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2011 gelegt, dabei jedoch darauf hingewiesen, dass noch die Tangente für die Personengesellschaften, an denen der Bf beteiligt sei, fehle. Für das Finanzamt sei sohin klar ersichtlich gewesen, dass es sich letztlich um eine vorläufige Erklärung handeln müsse.
Das Finanzamt habe in weiterer Folge jedoch das Ergehen der Feststellungsbescheide für diese Tangenten nicht abgewartet, sondern am einen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2011 erlassen, mittels welchem die Einkommenssteuer mit EUR 0,00 festgesetzt worden sei. Gleichzeitig sei eine Abgabengutschrift in Höhe von EUR 140.000,00 erteilt worden.
Nur fünf Tage später, am , sei ein weiterer Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 ergangen, mittels welchem die Einkommenssteuer nunmehr mit EUR 12.350,00 festgesetzt worden sei.
Am sei schließlich der (endgültige) Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2011, welcher die Einkommenssteuer mit EUR 135.082,00 festsetzte, ergangen. Dieser festgesetzte Einkommenssteuerbetrag sei in der Folge vom Finanzamt von dem nach wie vor - durch die oben erwähnte Abgabengutschrift - bestehenden Guthaben des Bf in Abzug gebracht worden.
Ebenfalls am sei der hier gegenständliche Anspruchszinsen-Festsetzungsbescheid, welcher nicht nur inhaltlich unrichtig, sondern auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar sei, ergangen. Die in diesem Bescheid enthaltene Berechnung der Anspruchszinsen gliedere sich in drei Zeiträume:
1. Zeitraum bis :
Hier seien Anspruchszinsen ausgehend von einem „Differenzbetrag“ von EUR 122.732,00 (offensichtlich die Differenz zwischen dem Einkommenssteuerbetrag laut Bescheid vom und dem Einkommenssteuerbetrag laut Bescheid vom ) unter Abzug einer „entrichteten Anzahlung“ von EUR 47.650,00 (dieser Betrag sei für den Bf überhaupt nicht nachvollziehbar) berechnet und mit EUR 219,61 festgesetzt worden.
Dieser Zinsenbetrag sei in jedem Fall zu Unrecht festgesetzt worden, da, wie oben erwähnt, richtig gewidmete Anzahlungen in Gesamthöhe von EUR 140.000,00 fristgerecht geleistet worden seien. Selbst wenn man einberechne, dass diese Anzahlungen durch den Einkommenssteuerbescheid vom in eine Abgabengutschrift „umgewandelt“ worden seien, könne dies nicht rückwirkend geschehen - für den Zeitraum 01.10. bis seien sohin jedenfalls richtig gewidmete Anzahlungen vorgelegen, Anspruchszinsen wären für diesen Zeitraum daher keinesfalls festzusetzen gewesen.
2. Zeitraum bis :
Hier seien die Anspruchszinsen offensichtlich wieder von einem „Differenzbetrag“ von EUR 122.732,00 berechnet worden und das Finanzamt zu einem Zinsenbetrag für diesen Zeitraum von EUR 1.388,10 gelangt.
3. Zeitraum bis :
Auch hier gehe das Finanzamt von dem „Differenzbetrag“ von EUR 122.732,00 aus und gelange - unter Heranziehung eines nunmehr bereits niedrigeren Tages-Zinssatzes - zu einem Zinsenbetrag von EUR 172,32.
Für den Zeitraum 01.10. bis seien jedenfalls keine Anspruchszinsen festzusetzen gewesen, da ja bis zum in jedem Fall richtig gewidmete Anzahlungen vorlagen.
Auch für die danach liegenden Zeiträume hätte das Finanzamt allerdings, bei richtiger Rechtsanwendung, keine Anspruchszinsen festsetzen dürfen.
Nach den Gesetzesmaterialien zu § 205 BAO (Ritz, Kommentar zur BAO, 4. Auflage, RZ 2 zu § 205) soll die Verzinsung von Nachforderungen
- Anträge auf Herabsetzung von Einkommenssteuer- und Körperschaftssteuervorauszahlungen unattraktiver machen sowie der
- Tendenz entgegenwirken, zu Nachforderungen führende Abgabenerklärungen möglichst spät und zu Gutschriften führende Erklärungen möglichst früh einzureichen.
Diese Intentionen seien nachvollziehbar und legitim - im vorliegenden Fall - allerdings nicht zutreffend.
Gegenständlich habe der Bf rechtzeitig richtig gewidmete Anzahlungen geleistet und darüber hinaus bei Legung der Einkommenssteuererklärung bekannt gegeben, dass noch die Tangenten-Bescheide für die Personengesellschaften, an denen der Bf beteiligt sei, fehlten. Wenn das Finanzamt das Ergehen dieser Tangenten-Bescheide nicht abgewartet, sondern bereits am 14.11. und (vorläufige) Einkommenssteuer-Bescheide erlassen habe, so könne dies - solange der Bf nicht das aufgrund dieser vorläufigen Bescheide ausgewiesene Guthaben von seinem Steuerkonto abgezogen habe - nicht dazu führen, dass die richtig gewidmeten Anzahlungen quasi „neutralisiert“ werden.
In der BAO sei keine Bestimmung enthalten, die verlange, es müsste in einem solchen Fall eine neuerliche Widmung der ausgewiesenen Guthaben als Anzahlung erfolgen. Wenn § 205 Abs. 3 BAO davon spreche, dass der Abgabenpflichtige „auch wiederholt“ Anzahlungen bekannt geben könne, so sei dies eindeutig darauf gemünzt, dass der Abgabenpflichtige von ihm beabsichtigte Anzahlungen auch in mehreren Raten leisten könne - nicht jedoch darauf, dass der Abgabenpflichtige verpflichtet wäre, bereits einmal richtig gewidmete Anzahlungen nach jedem Bescheid des Finanzamtes (hier seien Bescheide im Abstand von nur fünf Tagen ergangen) neuerlich zu widmen.
Dazu komme, dass eine solche neuerliche Widmung ja stets erst ab Zugang derselben an das Finanzamt wirken könnte, nicht jedoch rückwirkend auf den ursprünglichen Zahlungszeitpunkt für den Zeitraum zwischen dem 01.10. und der, auf einen Bescheid folgenden, neuerlichen Widmung. Somit hätte der Abgabenpflichtige - folge man der Vorgangsweise der erstinstanzlichen Behörde - keinerlei Möglichkeit, trotz rechtzeitig erfolgter Anzahlungen die Festsetzung von Anspruchszinsen zu vermeiden. Das Finanzamt müsste dann nur - wenige Tage vor dem endgültigen Bescheid - einen vorläufigen Bescheid erlassen, der die ESt mit € 0,00 festsetze, damit würden die rechtzeitig geleisteten Anzahlungen zu Gutschriften und es könnten Anspruchszinsen über den gesamten Zeitraum (ab 1.10. des auf die Abgabenperiode foIgenden Jahres) verrechnet werden. Eine derartige Auslegung des Gesetzes wäre unbillig und wohl auch verfassungswidrig.
Tatsächlich habe der Bf im vorliegenden Fall die in den Gesetzesmaterialien auch angesprochene „objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen“ nicht gehabt, da die geleisteten Anzahlungen eben bis zur Verrechnung mit dem durch den endgültigen Bescheid vom festgesetzten Einkommenssteuerbetrag durchgängig auf dem Konto des Finanzamtes erlagen.
Selbst wenn man dieser Rechtsansicht des Bf nicht folgen sollte, so hätte zumindest das durch die Bescheide vom entstandene Guthaben bis zur endgültigen Verrechnung zugunsten des Bf i.S. § 205 Abs. 5 BAO verzinst und diese Gutschriftszinsen mit den festgesetzten Anspruchszinsen gegenverrechnet werden müssen.
Aus all den angeführten Gründen stelle der Bf sohin den
ANTRAG
den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2011 vom ersatzlos zu beheben und die festgesetzten und eingehobenen Anspruchszinsen in Höhe von EUR 1.780,03 gutzuschreiben;
in eventu
die mit Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2011 vom festgesetzten Anspruchszinsen § 205 Abs. 6 BAO nicht festzusetzen;
in eventu
den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2011 vom zumindest dahingehend abzuändern, dass Anspruchszinsen für den Zeitraum 01.10. bis nicht festgesetzt werden und hinsichtlich des Restbetrages eine Nachsicht durch Abschreibung i.S. § 236 BAO wegen Unbilligkeit der Einhebung erfolge;
in eventu
die erfolgten Anzahlungen in Höhe von EUR 140.000‚00 für den Zeitraum 01.10. bis bzw. EUR 122.732,00 für den Zeitraum bis i.S. § 205 Abs. 5 BAO zugunsten des Bf zu verzinsen und diese Gutschriftszinsen gegen die hier gegenständlichen festgesetzten Anspruchszinsen zu verrechnen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Bescheides zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen.
Gemäß § 205 Abs. 3 BAO kann der Abgabepflichtige, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.
Gemäß § 205 Abs. 4 BAO wird die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.
Gemäß § 205 Abs. 5 BAO sind Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.
Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben. Die Bestimmung berücksichtigt nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus Abgabenbescheiden ergeben, nicht bis 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres entrichtet wurden. Insbesondere kommt es nicht auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen am Entstehen zinsenrelevanter Nachforderungen an. Damit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er die Ursachen, die zur Abgabenentrichtung nach dem dort genannten Zeitpunkt geführt haben, im Anwendungsbereich des § 205 BAO grundsätzlich als unmaßgeblich erachtet hat ().
Die Bekanntgabe von Anzahlungen kann vor allem durch Verrechnungsweisung (§ 214 Abs. 4 lit. e BAO) auf dem Einzahlungsbeleg erfolgen. Sie kann weiters mit gesondertem Schreiben erfolgen. Die Verrechnungsweisung hat die Abgabenart (E bzw. K) sowie das betreffende Jahr (zB "E 01-12/2012") anzugeben (vgl. Ritz, BAO-Kommentar5, § 205 Tz 21).
Laut Aktenlage wurde mit Bescheid vom die Einkommensteuer für das Jahr 2011 mit € 135.082,00 festgesetzt, sodass sich infolge der bisherigen Vorschreibung von € 12.350,00 eine Nachforderung von € 122.732,00 ergab.
Der Berechnung der Anspruchszinsen mit Bescheid vom wurde somit zu Recht ein Differenzbetrag von € 122.732,00 zugrunde gelegt, da Anspruchszinsenbescheide an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden sind ().
Bestritten wurden die Rechtmäßigkeit der Anspruchszinsen aus dem Grunde, dass richtig gewidmete Anzahlungen in Gesamthöhe von € 140.000,00 fristgerecht geleistet worden seien.
Dieses Vorbringen übersieht vorerst, dass diese Anzahlungen anlässlich des Ergehens des Einkommensteuerbescheides 2011 vom gemäß der Bestimmung des § 205 Abs. 3 BAO zu verwenden waren.
Die Verwendung von Anzahlungen erfolgt laut Ritz, BAO5 § 205 Tz 25 durch Verrechnung auf die Abgabenschuld, höchstens im Ausmaß der vor Verrechnung sich ergebenden Nachforderung (nur entrichtete Anzahlungen können verrechnet werden), Gutschrift restlicher Beträge anlässlich der zur Nachforderung bzw Gutschrift führenden Bescheiderlassung (diese Gutschrift erfolgt auch hinsichtlich nicht entrichteter Anzahlungsbeträge), Gutschrift anlässlich des Ablaufes der 48-Monatsfrist des § 205 Abs 2 (betrifft Anzahlungen, die mangels einer Bescheiderlassung weder verrechnet noch gutgeschrieben wurden).
Demgemäß wurde am am Abgabenkonto ein Betrag von € 140.000,00 gutgeschrieben und mit Anspruchszinsenbescheid vom hinsichtlich des Differenzbetrages von -€ 80.000,00 Gutschriftszinsen von € 265,20 festgesetzt.
Entgegen dem Vorbringen des Bf, dass richtig gewidmete Anzahlungen in Gesamthöhe von € 140.000,00 fristgerecht geleistet worden seien, ergibt sich laut Einkommensteuerbescheid 2011 vom die Abgabengutschrift von € 140.000,00 aus einer bisher festgesetzten Einkommensteuer von € 80.000,00 und entrichteten Anzahlungen von € 60.000,00.
Die Einkommensteuervorauszahlungen laut Bescheid vom wurden laut Abgabenkonto am (€ 40.000,00 – Ausgleichsviertel), (€ 20.000,00) und (€ 20.000,00) verbucht, die Anzahlungen am (€ 40.000,00) und (€ 20.000,00).
Diesen Lastschriften standen am (€ 18.212,00), (€ 21.647,69), (€ 20.052,83), (€ 21.040,86), (€ 40.000,00) und (€ 20.000,00) verbuchte Gutschriften von insgesamt € 140.553,3 gegenüber.
Da nach dem Gutschriftszinsenbescheid vom lediglich eine Gutschrift (Differenzbetrag) von € 80.000,00 berücksichtigt wurde, verblieben für den Zeitraum von bis vom Differenzbetrag von € 122.732,00 abzuziehende entrichtete Anzahlungen, deren - vom Bf nicht nachvollziehbare - Höhe von € 47.650,00 sich wie folgt ergibt:
Bereits wurde ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Bescheid
erlassen, der eine Nachforderung von € 12.350,00 ergab. Eine Festsetzung von Anspruchszinsen unterblieb, da der Zinsenbetrag die Grenze von € 50,00 nicht erreichte.
Mit Bescheid vom wurde schließlich die Einkommensteuer 2011 mit € 135.082,00 festgesetzt. Die Berechnung der Anspruchszinsen bezieht sich auf einen Differenzbetrag von € 122.732,00 (d.i. 135.082,00 abz. bisherige Vorschreibung 12.350,00).
Aus diesem Grund wurde die Anrechnung der Anzahlung nur noch in Höhe von 47.650,00
berücksichtigt, da der Restbetrag von 12.350,00 (Verzinsungszeitraum bis ) auf die bisher vorgeschriebene Einkommensteuer entfällt.
Dem Einwand, dass die geleisteten Anzahlungen bis zur Verrechnung mit dem durch den endgültigen Bescheid vom festgesetzten Einkommenssteuerbetrag durchgängig auf dem Konto des Finanzamtes erlagen, ist zu entgegnen, dass a us der Konzeption des § 205 BAO zwingend folgt, dass das Ausmaß der Nachforderungszinsen durch ein Guthaben auf dem Abgabenkonto nur insoweit beeinflusst werden kann, als dem Finanzamt eine Anzahlung im Sinne des § 205 Abs. 3 BAO bekannt gegeben wird, wodurch das Guthaben entsprechend vermindert und die Anzahlung - soweit im Guthaben gedeckt - entrichtet würde (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/ Sutter/Urtz, BAO3, § 205 Anm. 5).
Ohne Widmung eines bestimmten Betrages als Anzahlung und damit ohne Abgabe einer Willenserklärung hat ein während des zinsenrelevanten Zeitraumes auf dem Abgabenkonto bestehendes Guthaben aber keinen Einfluss auf das Ausmaß der Nachforderungszinsen (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 205 Anm. 30).
Sofern der Bf dem entgegenhält, dass i n der BAO keine Bestimmung enthalten sei, die verlange, es müsste in einem solchen Fall eine neuerliche Widmung der ausgewiesenen Guthaben als Anzahlung erfolgen, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 205 Abs. 3 BAO, soweit keine Verrechnung auf die Einkommensteuerschuld zu erfolgen hat, die Anzahlungen gutzuschreiben sind, wobei die Gutschrift mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam wird und der Abgabepflichtige auch wiederholt auf die Einkommensteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben kann.
Gibt der Abgabepflichtige nach Ergehen eines Abgabenbescheides trotz eines am Abgabenkonto bestehenden Guthabens nicht wiederholt (die bereits bekannt gegebenen) Anzahlungen auf die Einkommensteuer bekannt, können diese - auch wenn i n der BAO keine Bestimmung enthalten ist, die eine neuerliche Widmung des Guthabens verlangt - aufgrund der angeordneten Gutschrift anlässlich des Ergehens des Abgabenbescheides bei einer neuerlichen automationsunterstützten Bescheidausfertigung nicht mehr Berücksichtigung finden.
Dem Einwand, dass eine solche neuerliche Widmung ja stets erst ab Zugang derselben an das Finanzamt wirken könnte, nicht jedoch rückwirkend auf den ursprünglichen Zahlungszeitpunkt für den Zeitraum zwischen dem 01.10. und der, auf einen Bescheid folgenden, neuerlichen Widmung, ist zu erwidern, dass für diesen Zeitraum ohnehin schon die ursprüngliche Widmung vorlag.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt. Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102748.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAC-12095