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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.10.2016, RV/2100092/2014

Keine Kontoführungsgebühren geschuldet: Vorteil aus dem Dienstverhältnis?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter AAA in der Beschwerdesache der Bfin, über die Berufung (jetzt: Beschwerde) vom , gerichtet gegen die Bescheide des Finanzamts Graz Stadt vom , betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG sowie die Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag (DZ), jeweils für die Jahre 2006 bis 2008, samt Säumniszuschlägen, zu Recht erkannt: 

Der Berufung (jetzt: Beschwerde) wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Anlässlich der bei der Beschwerdeführerin, einem Bankinstitut, stattgefundenen Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Beschwerdeführerin ihren Mitarbeitern keine Kontoführungsgebühren und andere Gebühren (z.B. für Kreditkarten) in Rechnung stellte.
Der Prüfer wertete dies als steuerpflichtigen Vorteil aus dem Dienstverhältnis und berechnete die dafür einzubehaltende Lohnsteuer sowie DB und DZ
Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Prüfers an und nahm die Beschwerdeführerin mit Haftungsbescheiden für die errechnete Lohnsteuer in Anspruch und setzte DB und DZ fest.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wurde auf ein beim Verwaltungsgerichtshof anhängiges Verfahren hingewiesen und im Wesentlichen die in jenem Verfahren vorgetragenen Argumente der dortigen Beschwerdeführerin wiederholt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die erwähnte Rechtssache mit Erkenntnis vom , Zl. VwGH 2010/13/0196 entschieden.

In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof auszugsweise wörtlich ausgeführt:
„Die Beschwerdeführerin erhob gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Haftungs- und Abgabenbescheide … Berufung. …
Der Ansatz eines steuerpflichtigen Sachbezuges für die unentgeltliche Kontoführung sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu Unrecht erfolgt. Nach der Rechtsprechung führten Personalrabatte zu keinem Vorteil aus dem Dienstverhältnis, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit bestehe, dieselben Waren oder Dienstleistungen zu einem niedrigeren bzw. gleichen Preis im Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs zu kaufen. Von einer ´Reihe von Banken´ würden ´schon seit einigen Jahren Kunden kostenlose bzw. erheblich preisreduzierte Gehaltskonten" angeboten. Auch im "Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs´ wäre es somit für die Mitarbeiter möglich, bei anderen Banken ´am Verbrauchsort´ ein kostenloses Gehaltskonto zu bekommen (wie dies anhand von zwei ´klassischen´ Gehaltskonten anderer Banken vergleichsweise dargestellt werde). Weiters gehe aus den internen Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin hervor, dass im Prüfungszeitraum auch zahlreiche Privatpersonen, die in keinem Dienstverhältnis zu ihr gestanden seien, ebenfalls über kostenfreie Gehaltskonten verfügt hätten (ca. 24 % der Kunden). Schon ´allein aus diesem Umstand´ liege kein geldwerter Vorteil vor. …
Weiters seien ´Kleinstmengen´ bei der Besteuerung zu vernachlässigen, sodass kein ausreichender Geldeswert vorliege, um von Arbeitslohn zu sprechen. Überdies habe die Beschwerdeführerin ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse daran, dass ihre Arbeitnehmer die Konten bei ihr und nicht bei einer Konkurrenzbank führten. Die Beschwerdeführerin gewinne dadurch zusätzliche Kunden, deren Privatvermögen sie nutzen könne. Die Personalverwaltung werde dadurch auch kosteneffizienter und im Unterschied zu Fremdkunden verursachten die Mitarbeiter keinen Beratungsaufwand. Außerdem seien die Mitarbeiter angehalten, alle Transaktionen selbst über das kostengünstige Internet-Banking durchzuführen. Die Beschwerdeführerin gewähre ihren Mitarbeitern die Kontenführung spesenfrei, weil sie einerseits einen Anreiz schaffen wolle, dass die Mitarbeiter ihr die Kontenführung anvertrauten, andererseits sollten den Mitarbeitern damit die ´Unannehmlichkeiten´ abgegolten werden, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber dem Arbeitgeber (und auch anderen Mitarbeitern) offen zu legen. Diese Unannehmlichkeiten bestünden bei der Kontenführung durch eine andere Bank nicht und reduzierten einen allenfalls bestehenden Vorteil zusätzlich, sodass im Ergebnis bestenfalls eine nicht zu versteuernde ´Aufmerksamkeit´ verbleibe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die  … Beschwerde … erwogen:

Nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) u.a. Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen.

Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 (der sich im Übrigen vom Wortlaut her von dem im angefochtenen Bescheid angesprochenen § 8 Abs. 2 Satz 1 des deutschen EStG unterscheidet, vgl. z.B. Doralt, EStG14, § 15 Tz 38) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Mit dem Ansatz eines Sachbezugswertes im Sinne des § 15 EStG 1988 wird der Vorteil erfasst, der darin besteht, dass sich der Dienstnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten einer vergleichbaren Leistung aus eigenem aufkommen müsste (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , VwGH 2008/15/0078).

Für den Fall eines (erheblichen) betrieblichen Interesses an einer Vorteilsgewährung liegt nach der ständigen ertragsteuerrechtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann kein geldwerter Vorteil im Sinne des § 15 EStG 1988 vor, wenn die Inanspruchnahme im "ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers" liegt (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , VwGH 2009/13/0157, mwN). Die Beurteilung der strittigen kostenlosen Kontoführung als nicht steuerbar setzte damit die Ausschließlichkeit des Interesses des Arbeitgebers an dieser Kontenführung derart voraus, dass nach der Lage des konkreten Einzelfalles für den Arbeitnehmer ein aus der kostenfreien Führung des Mitarbeiterkontos resultierender Vorteil schlechthin nicht bestand (vgl. in diesem Sinne z.B. die hg. Erkenntnisse vom , VwGH 97/13/0100, und vom , VwGH 99/15/0101, VwSlg 7821/F).

Das Bestehen eines "(ganz) überwiegenden", somit offenkundig auch eines erheblichen betrieblichen Interesses an der entgeltfreien Führung der Mitarbeiterkonten bei der Beschwerdeführerin wird von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht in Abrede gestellt (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom , 2012/08/0164, RdW 2014/240, 212, zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der kostenlosen Konten von Bankmitarbeitern). Die belangte Behörde räumt in der Gegenschrift zum Beschwerdevorbringen, wonach "eine große Zahl von Banken Kunden schon seit Jahren kostenlose bzw. erheblich preisreduzierte Gehaltskonten anbieten, die unseren Mitarbeiterkonditionen entsprechen", ein, dass sie diesen Umstand keineswegs übersehen habe. Wäre damit den Mitarbeitern aber auch (alternativ) bei anderen Geldinstituten eine vergleichbare entgeltfreie Kontenführung ohne weiteres möglich gewesen, kann damit schon deshalb nicht mehr gesagt werden, dass die (verpflichtende) entgeltfreie Kontenführung bei der Beschwerdeführerin für die Mitarbeiter einen Vorteil schlechthin bedeutet hat. Es kann damit im Sinne der zuvor erwähnten Erkenntnisse von einem ausschließlichen Interesse der Beschwerdeführerin an der Führung der kostenfreien Mitarbeiterkonten ausgegangen werden, sodass keine steuerbaren Einnahmen (geldwerten Vorteile) im Sinne des § 15 EStG 1988 vorlagen.“

Da der vorliegende Sachverhalt dem der zitierten Entscheidung zu Grunde liegendem völlig gleicht, war der Berufung (jetzt: Beschwerde), wie im Spruch geschehen, Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide waren aufzuheben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at