Kleinunternehmerregelung, Sitz in Österreich?
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/6100542/2015-RS1 | Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit ist jener Ort, von dem aus die Vermietungstätigkeit verwaltet und die gemeinsame „Unternehmensstruktur“ der Personenvereinigung bestimmt wird, der Ort, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt und die Bücher geführt und aufbewahrt, die Bankgeschäfte wahrgenommen und die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung getroffen werden (siehe dazu auch , Planzer Luxembourg Sàrl). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache S.undMitbes, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , betreffend Umsatzsteuer 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I.Sachverhalt
Verfahrensgang und entscheidungsrelevanter Sachverhalt
C.S. und F.B. haben am eine 2-Zimmerwohnung in A., gekauft, die von der Personengemeinschaft „S.undMitbes“ (Beschwerdeführerin, Bf) seit vermietet wird (Mietvertrag vom , € 550,00 + BK). C.S. verfügt seit ihrer Geburt über einen Nebenwohnsitz in B. (Auszug aus dem Zentralen Melderegister).
In Beantwortung des Ergänzungsauftrages (Fragebogen anlässlich des Beginnes der Vermietungstätigkeit, Verf 16, ) gab die Bf unter anderem an, dass der Ort der Geschäftsleitung in A., die Zustelladresse gemäß § 81 Bundesabgabenordnung in C.inDeutschland gelegen und der voraussichtliche Jahresumsatz 2014 mit € 6.600,00 zu beziffern wäre.
In der Niederschrift über die Erhebung/Nachschau anlässlich der Neuaufnahme vom gab die Bf unter anderem an, dass die Buchhaltungsarbeiten von den Mitbeteiligten selbst vorgenommen und am Wohnsitz der Beteiligten in Bayern aufbewahrt werden würden. Weiters gab die Bf den gemeinsamen Wohnsitz der Mitbeteiligten in C.inDeutschland, bekannt.
Mit der Erklärung zur Umsatzsteuer 2014 (Formular U-1-2014, ) führte die Bf ihre Umsätze mit „O“ an.
Mit dem Bescheid 2014 des zuständigen Finanzamtes vom folgte das Finanzamt dem Begehren der Bf nicht und wurde die Umsatzsteuer gemäß mit € 600,00 festgesetzt.
Die Bf erhob am Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2014 und führte dazu aus:
Vor Kauf und Vermietung des gegenständlichen Wohneigentums hätten sie sich beim Finanzamt über die steuerlichen Gegebenheiten erkundigt. In einem Telefonat vom und später bei der Aufnahme durch einen Mitarbeiter des Finanzamtes vor Ort am wäre ihnen erläutert worden, dass Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bis zu einem Umsatz von € 30.000,00 nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegen würden. Insofern wären sie davon ausgegangen, dass bei einer jährlichen Mieteinnahme von € 6.000,00 keine Umsatzsteuer zu entrichten wäre. In der Niederschrift über die Erhebung/Nachschau wäre weder eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragt noch eine Inrechnungstellung von Umsatzsteuer angekreuzt worden. Die Identifikationsprüfung wäre durch einen Mitarbeiter des Finanzamtes erfolgt, womit bereits bei der Erhebung bekannt gewesen wäre, dass beide Mitbesitzer ihren Wohnsitz nicht im Inland, sondern in Deutschland hätten.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Behörde die Beschwerde mit der Begründung ab, dass die Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs 1 Z 27 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG) nur für Unternehmer gälte, die in Österreich einen Wohnsitz bzw. Sitz hätten.
Mit stellte die Bf den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen, und führte begründend aus, dass die Mitbesitzerin C.S. seit ihrer Geburt einen (Neben)Wohnsitz in B./Österreich hätte.
Die Beschwerdevorlage an das BFG erfolgte am (Vorlagebericht).
II.Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes bzw. der Bf sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.
III.Rechtliche Ausführungen
Nach § 27 Bundesabgabenordnung (BAO) haben Körperschaften Personenvereinigungen sowie Vermögensmassen ihren Sitz im Sinn der Abgabenvorschriften an dem Ort, der durch Gesetz, Vertrag, Satzung Stiftungsbrief und dergleichen bestimmt ist. Fehlt es an einer solchen Bestimmung, so gilt der Ort der Geschäftsleitung.
Abs 2 bestimmt, dass als Ort der Geschäftsleitung der Ort anzunehmen ist, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet.
§ 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung lautet:
"(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;"
§ 2 Abs 1 UStG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung lautet:
"(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird."
§ 6 Abs 1 UStG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung lautet (auszugsweise):
"Von den unter § 1 Abs 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
1.-15…
16. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden, und von staatlichen Hoheitsrechten, die sich auf die Nutzungen von Grund und Boden beziehen; die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen ist als Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken anzusehen. Nicht befreit sind:
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke;
- die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind;
- die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Campingzwecke;
... .“
Gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG sind auch die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei.
Ein Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum € 30.000,00 nicht übersteigen. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz. Das einmalige Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15% innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren ist unbeachtlich.
Gemäß § 6 Abs 3 UStG 1994 kann ein Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs 1 Z 27 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass er auf die Anwendung des § 6 Abs 1 Z 27 verzichtet.
Hat der Unternehmer in seiner Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung (§ 11 Abs 12 UStG).
IV.Erwägungen
Strittig ist, ob die Bf im Streitzeitraum 2014 im Inland über einen (Wohn)Sitz im Sinne der Regelung des § 6 Abs 1 Z 27 UStG verfügte.
Im Beschwerdezeitraum erzielte die Bf (S.undMitbes) in Österreich Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung. Aktenkundig ist ein Mietvertrag vom , wonach diese Wohnung in der Zeit vom auf unbestimmte Zeit zu einem wertgesicherten Mietzins von € 550,00 monatlich zuzüglich Betriebskosten vermietet wurde. Eine Umsatzsteuer wurde nicht ausgewiesen.
Die mit datierte Umsatzsteuererklärung 2013 wurde am seitens der Bf beim zuständigen Finanzamt eingereicht. In dieser wurden die Umsätze mit € „O“ angegeben.
Unbestritten ist zunächst, dass die Umsätze aus der Vermietung im Jahr 2014 unter der Umsatzgrenze des § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 (€ 30.000,00) lagen.
Schließlich hat die Bf auch nicht ihrem Mieter gegenüber Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, sodass auch die Rechtsfolge des § 11 Abs 12 UStG 1994 nicht eintritt.
Allerdings erfüllt die Bf nicht die weitere Voraussetzung des § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994, nämlich über einen Sitz im Inland, also im Bundesgebiet der Republik Österreich, zu verfügen. Die Bf hat auch nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 26 Abs 2 BAO in Österreich.
Folgendes ist dazu auszuführen:
Die Bf ist eine Personengesellschaft, deren Sitz unzweifelhaft in Deutschland gelegen ist. Beide beteiligten Personen, C.S. und F.B., benennen ihre Anschrift (Wohnsitzadresse) selbst mit C.inDeutschland, (siehe dazu Niederschrift über die Erhebung/Nachschau anlässlich der Neuaufnahme vom , Angaben zu den Gesellschaftern). Auch die Zustelladresse gemäß § 81 BAO zur Wahrnehmung und Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten der Personenvereinigung (Bf) lautet auf diese Adresse in Deutschland ( C.inDeutschland, siehe dazu Fragebogen Verf 16 vom ).
Dies wird von der Bf auch eingeräumt, als sie in der Beschwerde vom erklärt, dass beide Mitbesitzer ihren Wohnsitz nicht im Inland sondern - unter einer gemeinsamen Wohnadresse - in Deutschland haben.
Auch die Unterlagen bzw. Unterlagen der Buchhaltung werden am Wohnsitz der Mitbeteiligten aufbewahrt (siehe dazu Niederschrift über die Erhebung/Nachschau anlässlich der Neuaufnahme vom ).
Damit ist aber davon auszugehen, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Bf in Deutschland unter der Adresse in C.inDeutschland, in gelegen ist, nämlich der gemeinsame Wohnsitz beider Mitbesitzer und somit jener Ort, von dem aus die Vermietungstätigkeit verwaltet und die gemeinsame „Unternehmensstruktur“ der Personenvereinigung bestimmt wird, der Ort, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt und die Bücher geführt und aufbewahrt, die Bankgeschäfte wahrgenommen und die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung getroffen werden (siehe dazu auch , Planzer Luxembourg Sàrl). Der Einwand der Bf, eine ihrer Mitbesitzer (C.S.) verfüge über einen Nebenwohnsitz in B. /Österreich ist nicht entscheidungsrelevant und muss daher ins Leere gehen.
Mangels eines ausreichenden Inlandsbezugs ist daher die Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs 1 Z 27 UStG auf die Bf im Streitjahr in Österreich nicht anzuwenden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
V.Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nur dann zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Die Revision ist nicht zulässig, weil die zugrunde liegenden Frage, nämlich ob der Sitz der Bf als Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland oder in Deutschland gelegen war, durch das Gesetz, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des EuGH hinreichend geklärt worden ist.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 27 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 1 bis 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Nachweispflicht auch zur subjektiven Tatseite Kleinunternehmer Personenvereinigung Sitz Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit |
Verweise | , Planzer Luxembourg Sàrl |
Zitiert/besprochen in | Hilber in AFS 2016/6, 214 Luketina in ÖStZ 2019/234 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.6100542.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at