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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.09.2016, RV/7104424/2016

Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache XY , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend die Abweisung auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für das Kind LK zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I.Sachverhalt

1.Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihren Sohn LK Familienbeihilfe (FB) bis Februar 2014 bezogen. Am stellte die Bf einen Antrag auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für ihren Sohn. In diesem Antrag wurde hinsichtlich der Datumsangabe „beantragt ab“ seitens der Bf keine Angabe gemacht.Dem Antrag angeschlossen war ein neurologischer Befundbericht des Spitals, aus dem erkennbar war, dass der Sohn der Bf seit September 2011 unter einer deutlichen Gangstörung litt und sich ab Juli 2012 dessen Gesundheitszustand verschlechterte, wobei eine chronische deutliche Gangstörung mit intermittierenden hochgradig gestörtem Gangbild diagnostiziert wurde. Mit Juli 2013 folgten ambulante und stationäre Aufnahmen sowie medikamentöse Therapien im Spital, die sich über 1 ½ Jahre von Juli 2014 bis Dezember 2014 hinzog. Über Antrag der Finanzbehörde wurde das Kind der Bf am durch Fachärzte des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservicestelle) untersucht. Dabei wurde eine leichte ataktische Gangstörung und ein Grad der Behinderung von 40%, voraussichtlich für mehr als drei Jahre andauernd, festgestellt. Eine Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen wurde dabei nicht diagnostiziert (ärztliches Sachverständigengutachten der Sozialministeriumservicestelle vom ).
Das Finanzamt wies daraufhin den Antrag der Bf vom auf Gewährung der erhöhten FB ab April 2014 (Datum der Antragstellung) mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Am erhob die Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom .

Gleichzeitig mit der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend die Zuerkennung erhöhter Familienbeihilfe ab 04/2014 stellte die Bf das Begehren  auf rückwirkende Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe ab Juli 2012 bis März 2014.
Das Ersuchen der Bf um rückwirkende Zuerkennung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wurde vom Finanzamt als neuerlicher Antrag gewertet,- über den nun verfahrensgegenständlich abzusprechen sein wird:

Über Antrag des Finanzamtes wurde ein weiteres Gutachten durch die Fachärzte des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservicestelle) erstellt. Das Ergebnis der Begutachtung (rezivierende Gangstörung unklare Genese bei chron. ZNS- Schrankenstörung, Zn. Guillain-Barre-Syndrom 09/2011, keine Änderung gegenüber dem Vorgutachten vom September 2014) wurde mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40% eingeschätzt. Der festgestellte Grad der Behinderung würde mehr als drei Jahre andauern. Eine voraussichtliche Unfähigkeit des Kindes, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde nicht diagnostiziert (Sachverständigengutachten vom ).
Da der Grad der Behinderung des Kindes unter 50% lag, wurde der Antrag der Bf auf rückwirkende Zuerkennung der erhöhten FB ab Juli 2012 bis März 2014 mit Bescheid vom abgewiesen.

Die Bf erhob daraufhin am das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG).
Erklärend führte die Bf aus, dass das Gutachten vom in sich insofern unschlüssig wäre, als die begutachtende Ärztin einerseits für den gesamten Verlauf der Erkrankung einen gleichbleibenden Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 40% diagnostiziert hätte, während sie andererseits selbst beschrieben hätte, es wäre nach 06/2012 zu zusätzlichen Problemen gekommen und auch die Gangstörung hätte sich weiter verschlechtert. Nach 12/2014 hätte eine bleibende Besserung eingesetzt und seit Sommer 2015 wäre der Zustand des Kindes stabil. In diesem stabilen Zustand wäre die Untersuchung im Jänner 2016 erfolgt, bei welcher die Einstufung unter PosNr (sensible und motorische Ausfälle leichten Grades) vorgenommen und aufgrund einer noch immer vorliegenden leichtgradigen Gangstörung ein GdB von 40% festgestellt worden wäre. Daher wäre schlüssig, dass- wenn im stabilen Zustand im Jänner 2016 nur noch eine leichtgradige Gangstörung bestanden und aufgrund dieser noch immer ein GdB von 40% vorlag, der GdB im Antragszeitraum, also vor dem Eintritt der deutlichen Besserung nach 12/2014 höher gewesen sein musste und aufgrund der Diagnostik für diese Zeit eine Einstufung unter der PosNr. (sensible und motorische Ausfälle mittleren Grades) gerechtfertigt.

2.entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Das Kind der Bf, LK leidet seit September 2011 (erstmaliges Auftreten der Symptome) an einer chronischen deutlichen Gangstörung mit intermittierend hochgradig gestörtem Gangbild (Guillain-Barre-Syndrom). Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihren Sohn Familienbeihilfe (FB) bis Februar 2014 bezogen.

Erstmalig wurde am für den Sohn der Bf ein Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservicestelle) erstellt. Darin wurde ein Behinderungsgrad von 30% festgestellt. Der Antrag der Bf auf erhöhte FB wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum Jänner 2012 abgewiesen.
Die Bf stellte einen Antrag auf rückwirkende Zuerkennung der erhöhten FB ab Juli 2012 bis März 2014. Die Sachverständigen (Fachärzte) des Sozialministeriumservices stellten im Gutachten vom einen Behinderungsgrad von 40% ab fest.
In einem weiteren Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservicestelle) vom wurde für den Sohn der Bf ein Behinderungsgrad von wiederum 40% festgestellt. Eine Unfähigkeit des Kindes, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen wurde nicht attestiert.

II. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes bzw. der Bf sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.

III. Rechtsausführungen

Gemäß § 2 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG, idgF) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf an einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres (25. Lebensjahr ab ), eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d-i), ab k)…. .

§ 2 Abs. 2 FLAG bestimmt weiters, dass Anspruch auf Familienbeihilfe die Person hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 8 Abs 4 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist.
Nach § 8 Abs 5 gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, idgF, und die VO des BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, idgF, anzuwenden.
§ 8 Abs 6 FLAG bestimmt zur Lösung der Frage, ob das Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung ausschließlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservicestelle). Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs 6 FLAG auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengengutachtens zu erfolgen.

Gemäß § 10 Abs 1 wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt und ist die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4 FLAG) besonders zu beantragen.
§ 10 Abs 2 FLAG wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monates gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit dem Ablauf des Monates, in dem die Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Für einen Monat gebührt die Familienbeihilfe nur einmal.

IV.Erwägungen

Strittig ist, ob dem Antrag der Bf auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur FB für den Sohn wegen erheblicher Behinderung rückwirkend ab Antragstellung mit Juli 2012 bis März 2014 entsprochen werden kann.

Wenn der Anspruch auf den Grundbetrag gegeben ist, steht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs 3-6 FLAG der Erhöhungsbetrag zur FB zu.

Nach § 8 Abs 6 FLAG ist der Nachweis des Grades der Behinderung durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservicestellestelle) aufgrund eines ärztlichen Gutachtens zu erbringen.

Für die Antwort auf die Frage, ob und seit wann der Sohn der Bf erheblich behindert ist, ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an das der Bescheinigung der Sozialministeriumservicestellestelle zugrunde liegende Gutachten gebunden.

In diesem Zusammenhang darf auf das Erkenntnis des und auf jenes des verwiesen werden:

„….Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Norm ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (seit 1994) auch die (damit ja in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt hat, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch an Hand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden kann. Damit kann auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein werden. Der Gesetzgeber hat daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen ist. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen. Ob der zeitweilige Einkommensbezug zum - zeitweiligen - Entfall der Familienbeihilfe führt, ist eine davon zu unterscheidende Frage, die nach den allgemeinen Regeln des FLAG zu lösen ist…“.

Das Sachverständigengutachten, das der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Sozialministeriumservicestelle, zugrunde zu legen ist, stellt dabei die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustandes auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhaltes durch einen oder mehrere Sachverständige dar. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für viele ). Auch die Gutachten der Ärzte des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Sozialministeriumservicestelle, haben den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht widersprechen oder in bloßen Behauptungen erschöpfen. Die Tätigkeit der Behörden aber auch jene des Gerichtes hat sich im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob die Gutachten als schlüssig anzusehen sind (siehe dazu auch ). Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind daher verpflichtet, die Beweiskraft der Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Sozialministeriumservicestelle, zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen (vgl. etwa , m.w.N.).

Ein Gutachten darf sich nicht in einer bloßen Behauptung erschöpfen, sondern muss sich mit den vorliegenden Beweismitteln so auseinandersetzen, dass dies für den Antragsteller, die belangte Behörde und das Gericht auch nachvollziehbar ist. Insbesondere muss eine Auseinandersetzung mit den aktenkundigen Befunden erfolgen und ist vom Sozialministeriumservice in einer Zusammenschau aller Beweismittel zu begründen, warum eine vom Sozialministeriumservice diagnostizierte, einer selbständigen Unterhaltsverschaffung entgegenstehende Behinderung vor oder nach dem im Gesetz genannten Zeitpunkt eingetreten ist oder eine derartige Behinderung nicht besteht (vgl. ; ).

Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung grundsätzlich von diesen durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigungen auszugehen und können von ihr nur nach entsprechender qualifizierter Auseinandersetzung abgehen. Nur dann, wenn nach qualifizierter Auseinandersetzung die Schlüssigkeit und Richtigkeit des Gutachtens in Zweifel zu ziehen sind, kann von diesem Gutachten abgegangen werden (vgl. ). Dies gilt auch für das Bundesfinanzgericht.

Im streitgegenständlichen Fall lagen dem erkennenden Gericht drei Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Sozialministeriumservicestelle, vor, deren zufolge die erhebliche Behinderung des Kindes zunächst im Februar 2012 mit 30% festgestellt wurde und im September 2014 mit 40% attestiert wurde.
Im dritten Sachverständigengutachten der Sozialministeriumservicestelle vom Jänner 2016 wurde der Gesamtgrad der Behinderung des Kindes wiederum mit 40% eingeschätzt. In allen drei, dem Gericht vorliegenden, Gutachten stellte der/die begutachtende Arzt/Ärztin fest, dass der festgestellte Grad der Behinderung voraussichtlich mehr als drei Jahre andauern wird. Eine Unfähigkeit des Kindes, sich auf Dauer selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde nicht diagnostiziert. Der Sozialministeriumservicestelle lagen bei der Begutachtung des Kindes weitere fachärztliche Unterlagen sowie die Vorgutachten vor. Die Einschätzung der Behinderung des Kindes durch die Sozialministeriumservicestelle erfolgte unter Auseinandersetzung mit den von der Bf im Begutachtungsverfahren vorgelegten Vorbefunden.

In ihren Ausführungen zur Beschwerde vom bzw.im Ergänzungsvorbringen vom hat die Bf die Schlüssigkeit der  Gutachten in Zweifel gezogen. Die Bf bringt vor, dass die Gutachten in sich unschlüssig wären, weil im Gutachten vom September 2014 als auch im Gutachten vom Jänner 2016 der Gesamtgrad der Behinderung des Kindes immer mit 40% festgestellt worden wäre, obwohl die begutachtende Ärztin im letzten Gutachten vom Jänner 2016 eine bleibende Besserung des Gesundheitszustandes des Kindes nach Dezember 2014 bzw eine leichtgradige Gangstörung diagnostiziert und von einem stabilen Zustand seit Sommer 2015 gesprochen hätte. Trotz mehrfacher Verschlechterungen und letztendlich deutlicher Besserung bzw. Stabilität des Gesundheitszustandes wäre von 09/2111-01/2016 ein gleichbleibend durchgängiger GdB von 40% mit einer „leichtgradigen Gangstörung“ begründet worden, wie sie zum Untersuchungszeitpunkt im Jänner 2016, nicht aber im Antragszeitraum vorgelegen wäre.

Dazu ist folgendes auszuführen:
Das Gericht (Behörde) hat ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu prüfen (VwGH 2003/05/0019).

Auch die Gutachten der Ärzte der Sozialministeriumservicestelle haben den an ärztliche Sachverständigen zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht widersprechen. Bei berechtigten Zweifeln ist die Behörde aber auch das Gericht verpflichtet, die Beweiskraft der Gutachten der Sozialministeriumservicestelle zu prüfen und gegebenenfalls für deren Ergänzung zu sorgen.

Aufgrund der zu Recht vorgebrachten Einwände der Bf in Bezug auf die Schlüssigkeit der Gutachten kontaktierte das Gericht jene Ärztin, die das Gutachten vom Jänner 2016 vidierte (Telefonat vom , Dr. Renate Reininger, Sozialministeriumservicestelle) und ersuchte diese um eine diesbezügliche Stellungnahme.
Diese lautet wie folgt: „… Das erste Gutachten wurde im Jahr 2012, das zweite im Jahr 2014 und das dritte Gutachten im Jahr 2016 erstellt. Der Behindertengrad des Kindes wurde im Jahr mit 30% in den Jahren 2014 und 2016 mit jeweils 40% festgestellt. Eine zwischenzeitliche auftretende kurzfristige Verschlechterung ist bei dem vorliegenden Krankheitsbild nicht auszuschließen, allerdings – nachdem im September 2014 eine Nachuntersuchung erfolgte, bei der eine 40%ige Behinderung des Kindes festgestellt wurde – kann für eine zwischenzeitig aufgetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes, die ohne weiteres eine 50%ige Einstufung rechtfertigen würde, keinesfalls eine Dauer von zumindest drei Jahren bestätigt werden.“

Nach § 8 Abs 5 gilt ein Kind aber nur dann als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren.
Damit sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der erhöhten FB nicht gegeben. Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

V.Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Zur Klärung der Frage der Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe wurden die bezugshabenden, jeweils in Geltung stehenden, Gesetzesbestimmungen (§§ 2, 2a FLAG) herangezogen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
erhöhte FB
Sozialministeriumservice
Sachverständigengutachten
Behinderungsgrad
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7104424.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at