Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.08.2016, RV/2101269/2016

Säumniszuschlag: Objektive Säumnisfolge

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/2101269/2016-RS1
Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtskräftig oder mit Berufung angefochten ist. Sollte sich der Umfang der Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin infolge Erledigung der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 gerichteten Beschwerde ändern, sieht § 217 Abs. 8 BAO eine nachträgliche Herabsetzung des hier in Rede stehenden Säumniszuschlages vor, die nunmehr von Amts wegen zu erfolgen hat (vgl. , unter Hinweis auf Ritz, BAO5, § 217 Tz 58d).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Einzelrichter über die Beschwerde der S-AG, vertreten durch Sedelmayer & Klier Steuerberater und Wirtschaftsprüfer GmbH, Wagramer Straße 19, 1220 Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Für Umsatzsteuer 2015 in Höhe von 8.271,29 Euro wird ein (erster) Säumniszuschlag in Höhe von 165,42 Euro festgesetzt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin ist eine Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in X (Zweck: Vertrieb von selbstklebenden Produkten, von Membranen und weiteren Produkten).

Mit (hier nicht entscheidungsgegenständlichem) Bescheid vom setzte die belangte Behörde bei der Beschwerdeführerin die Umsatzsteuer 2015 mit 9.000 Euro fest (Abgabennachforderung: 19.541,25 Euro).

Mit auf elektronischem Weg eingebrachter Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter die (hier nicht entscheidungsgegenständliche) Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 und begründete dies wie folgt:

"Es liegt noch keine Umsatzsteuererklärung vor. Der angefochtene Bescheid ist nicht richtig, es wurde noch keine Erklärung abgegeben."

In der Folge setzte die belangte Behörde unter Zugrundelegung des nach Verbuchung der oben genannten Abgabennachforderung sich am Abgabenkonto ergebenden Rückstandes von 9.000 Euro mit dem hier angefochtenen Bescheid vom einen ersten Säumniszuschlag von 180 Euro fest.

Mit auf elektronischem Weg eingebrachter Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter die hier entscheidungsgegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages und beantragte dessen Aufhebung. Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Der angefochtene Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages basiert auf dem ebenfalls angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2015, der rechtswidrig (ohne Parteiengehör) erlassen wurde."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den Umsatzsteuerbescheid 2015 ab, wobei sie die Umsatzsteuer mit 8.271,29 Euro festsetzte (Abgabengutschrift: 728,71 Euro).

Mit (händischem) Bescheid  vom fällte die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages, wobei der Spruch folgenden Wortlaut hat:

"Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird laut Beilage abgeändert.

SZA 2016 bisher € 180,00 neu € 165,42"

Zur Begründung führt die Beschwerdevorentscheidung aus:

"Ein Säumniszuschlag entsteht kraft Gesetzes und stellt sich als objektive Säumnisfolge dar. Die Verwirkung eines Säumniszuschlages setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus sondern richtet sich ausschließlich nach der Fälligkeit der Abgaben. Da die Beschwerde gegen den Grundlagenbescheid nur geringfügig abgeändert und der am 15.2. fällige Betrag aus der Umsatzsteuer 2015 bis dato nicht zur Gänze entrichtet wurde, kann der Säumniszuschlag nur abgeändert werden."

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter sowohl für die Umsatzsteuer 2015 als auch für den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht. Der Begründung ist zu entnehmen:

"Am hat das Finanzamt Graz-Stadt an die [Beschwerdeführerin] den Umsatzsteuerbescheid 2015 erlassen und darin die Umsatzsteuer mit EUR 9.000,-- festgesetzt. Dieser Bescheid wurde erlassen, ohne dass eine Steuererklärung für dieses Veranlagungsjahr abgegeben oder sonst in irgendeiner Form ein Parteiengehör gewahrt wurde. Mit diesem Bescheid verletzt das Finanzamt daher wesentliche verfahrensrechtiiche Grundsätze wie z.B. das Parteigehör gemäß § 115 der Bundesabgabenordnung. Gegen diesen rechtswidrigen Umsatzsteuerbescheid 2015 wurde am Bescheidbeschwerde erhoben und auf das rechtswidrige Vorgehen des Finanzamtes hingewiesen. Weiters wurde dem Finanzamt am die Umsatzsteuererklärung 2015 übermittelt und darin einerseits Umsatzsteuer in Höhe von EUR 8.271,29 und andererseits Vorsteuern in Höhe von EUR 45.086,44 deklariert. Daraufhin hat das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2015 derart abgeändert, dass die Umsatzsteuer anstatt mit EUR 9.000,-- nunmehr mit EUR 8.271,29 festgesetzt wurden. Die Vorsteuern in Höhe von EUR 45.086,44 sind aber unberücksichtigt geblieben. Da diese Beschwerdevorentscheidung damit begründet wurde, dass der Beschwerde stattzugeben war, kann nur von einem neuerlichen Fehler des Finanzamtes ausgegangen werden.

Unser Beschwerdebegehren lautet daher, den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2015 entsprechend der diesem Antrag nochmals angefügten Umsatzsteuererklärung 2015 abzuändern und somit einen erklärungsgemäßen Steuerbescheid zu erlassen, in dem die Vorsteuern mit EUR 45.086,44 berücksichtigt sind. Weiters lautet unser Beschwerdebegehren, den Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages betreffend die Umsatzsteuer 2015 vom ersatzlos aufzuheben, weil aus der Umsatzsteuerveranlagung keine Zahllast resultiert."

Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages am zur Entscheidung vor. Der Stellungnahme der belangten Behörde im Vorlagebericht ist zu entnehmen:

"Mit der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Umsatzsteuer 2015 wurde der Nachforderungsbetrag dieses Grundlagenbescheides um € 728,71 verringert und konnte daher der Säumniszuschlag auch nur geringfügig um € 14,58 abgeändert werden ."

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

§ 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet auszugsweise:

"(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

...

(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a. ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

...

(8) Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; ..."

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtskräftig oder mit Berufung angefochten ist. Sollte sich der Umfang der Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin infolge Erledigung der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 gerichteten Beschwerde ändern, sieht § 217 Abs. 8 BAO eine nachträgliche Herabsetzung des hier in Rede stehenden Säumniszuschlages vor, die nunmehr von Amts wegen zu erfolgen hat (vgl. , unter Hinweis auf Ritz, BAO5, § 217 Tz 58d).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund war der angefochtene Bescheid unter Zugrundelegung der Beschwerdevorentscheidung zur Umsatzsteuer ( deren Wirksamkeit durch den die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid betreffenden Vorlageantrag nicht berührt wurde) spruchgemäß abzuändern.

Die Aussetzung der Einhebung des strittigen ersten Säumniszuschl ages ist gemäß § 212a Abs. 1 BAO ("mittelbar ... abhängt") bis zur Erledigung der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 weiter möglich.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf das oben wiedergegebene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.2101269.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at