Kein Vertreterpauschale für Pharmareferenten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom , betreffend Einkommensteuer 2013 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im betragsmäßigen Umfang der Beschwerdevorentscheidung abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe/Gutschrift sind der Beschwerdevorentscheidung zu entnehmen, wobei die Feststellungen einen Spruchbestandteil dieses Erkenntnisses bilden.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer, im Folgenden kurz Bf. genannt, beantragte am die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 und machte Sonderausgaben, Werbungskosten und das Vertreterpauschale, den Kinderfreibetrag für 3 Kinder und Kinderbetreuungskosten in Höhe von 919,46 € geltend. Als seine Berufsbezeichnung gab er "Pharmareferent" an.
Der Bescheid des Finanzamtes vom berücksichtigte - mit Ausnahme des Vertreterpauschales und der Kinderfreibeträge - die Ausgaben (im höchstzulässigen Ausmaß) antragsgemäß und begründete die Ablehnung des Werbungskostenpauschales damit, dass Vertreter Personen seien, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig seien. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen sei, zähle nicht als Vertretertätigkeit.
Mit Beschwerde vom beantragte der Bf. nunmehr - unter Vorlage neuer Erklärungen - den Alleinverdienerabsetzbetrag, Sonderausgaben unter Berücksichtigung des Erhöhungsbetrages, das Vertreterpauschale, Kinderfreibeträge für 3 Kinder und Kinderbetreuungskosten in Höhe von 1.835,12 €. Daneben beantragte er den Mehrkindzuschlag für 2014. Vorgelegt wurde auch eine Bestätigung des Arbeitgebers, wonach der Bf. in Vollzeit als Pharmareferent seit im Unternehmen beschäftigt sei. Aufgrund seiner Tätigkeit sei er im Jahr ausschließlich im Außendienst tätig gewesen. Seine Tätigkeit im Außendienst beinhalte die Beratung und Betreuung von Ärztinnen und trage zur Gewährleistung des Geschäftserfolges bei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde dem Begehren hinsichtlich des Alleinverdienerabsetzbetrages, der Sonderausgaben, der Kinderfreibeträge und der Kinderbetreuungskosten vollinhaltlich stattgegeben und eine Abgabengutschrift von 2.542 € errechnet. In Bezug auf die Versagung des Vertreterpauschales erging folgende Begründung: "In der aktuellen Rechtsprechung wurde festgestellt, dass der Pharmareferent den Arzt über die Produkte (Arzneimittel) nur informieren, diese aber nicht verkaufen darf. Somit steht die Werbung, die Information, etc. im Vordergrund und nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen und ist das Vertreterpauschale für Pharmareferenten daher nicht zulässig."
Gegen diese Entscheidung wurde der Vorlageantrag gestellt und die Versagung der Werbungskostenpauschale für Vertreter bekämpft. Der Begriff des Vertreters sei in der Werbungskostenpauschalierungsverordnung zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 nicht definiert. Maßgeblich sei, dass der Dienstnehmer Vertretertätigkeit ausüben müsse und der Außendienst den Innendienst gesamtarbeitszeitlich überwiegen müsse. Dies sei beim Pharmareferenten der Fall, der überwiegend Außendienst verrichte. Laut LStR 2002 seien Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig seien. Dazu gehörten auch umgangssprachlich gebraucht Pharmavertreter oder wie die richtige Berufsbezeichnung lautet Pharmareferenten.
Auf Basis der LStR 2002 müsse das Herbeiführen von Geschäftsabschlüssen somit Zweck dieser Außendiensttätigkeit sein. Wie diese Geschäftsabschlüsse zustande kämen, dh. ob diese durch den Pharmareferenten selbst direkt zustande kämen oder aufgrund seines Kundengespräches und seiner Kundenbetreuung im Außendienst das Pharmaunternehmen den Umsatz lukriere, werde in den LStR 2002 nicht konkretisiert. Daraus sei abzuleiten, dass dies auch nicht das maßgebliche Kriterium sein könne, sondern es müsse der Zweck der Tätigkeit auf den Abschluss von Geschäften gerichtet sein.
Das maßgebliche Kriterium des Geschäftsabschlusses für den Pharmareferenten sei, dass der Patient die richtige und für ihn vorteilhafteste medizinische Behandlung bekomme und in weiterer Folge, dadurch das Pharmaunternehmen den Umsatz erhalte. Der Umstand, dass der Pharmareferent aufgrund gesetzlicher Bestimmungen keine Bestellungen entgegennehmen dürfe, könne einer Beurteilung als Vertreter nicht schädlich sein. Des Weiteren habe sich die Finanzbehörde auf aktuelle Rechtsprechung berufen ohne diese näher anzuführen und zu erwähnen, dass diese in den letzten Jahren teilweise sehr unterschiedlich gewesen sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Erhöhungsbetrag für Sonderausgaben, die Kinderfreibeträge und Kinderbetreuungskosten sind - wie in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes bereits festgestellt - bei der Veranlagung 2013 zu berücksichtigen, weshalb der Beschwerde in diesen Punkten zu folgen war.
Strittig ist nur mehr, ob das Werbungskostenpauschale für Vertreter in Ansatz zu bringen ist.
§ 17 Abs. 6 EStG 1988 ermächtigt den Bundesminister für Finanzen, zur Ermittlung von Werbungskosten Durchschnittssätze im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festzulegen.
Aufgrund dieser Ermächtigung erging die Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (BGBl. II Nr. 382/2001).
In § 1 wird normiert: "Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
...
9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."
Da eine gesetzliche Definition des Begriffes "Vertreter" fehlt, ist dieser nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach der Verkehrsauffassung auszulegen. Vertreter sind nach Lehre (zB Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 17 Tz 71) und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit, zB eine Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit (vgl. ).
Vertreter ist auch, wer im Rahmen seines Außendienstes untergeordnete Tätigkeiten der Auftragsdurchführung verrichtet oder Waren zustellt, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers eindeutig im Vordergrund steht (). Maßgeblich ist also, ob der Außendienst vom Abschluss von Rechtsgeschäften geprägt ist.
Der Bf. bezeichnet sich selbst als Pharmareferent. Sein Arbeitgeber, ein weltweit tätiges Gesundheitsunternehmen, bestätigt ebenfalls, dass er als Pharmareferent seit in Vollzeit für das Unternehmen tätig ist.
Nach der Definition des § 2 Abs. 13 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983 idgF, sind Pharmareferenten Personen, die Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Dentisten, Hebammen, Apotheker oder näher spezifizierte Gewerbetreibende aufsuchen, um diese über Arzneimittel fachlich zu informieren. Nach § 73 leg. cit. umfasst die Tätigkeit eines Pharmareferenten einerseits die Vermittlung von Angaben, die die Fachinformation gemäß § 15 leg. cit. zu enthalten hat und andererseits die unverzügliche Übermittlung der ihnen zur Kenntnis gelangenden Informationen gemäß § 75a leg. cit. betreffend Pharmakovigilanz.
So beschreibt auch der Berufsverband der Pharmareferenten Österreichs (BVPÖ) auf seiner Homepage (www.bvpoe.at) das Aufgabenfeld eines Pharmareferenten folgendermaßen:
Pharmareferentinnen
- sind laut dem Gesetz die berechtigten Personen für die Arzneimittelwerbung
- stehen zwischen Industrie einerseits und den Ärzten, Apothekern, Pflegepersonal sowie Patientinnen andererseits
- bringen neue Informationen aus der Medizin zu Ärzten, Apotheken, Pflegepersonal sowie Patienten
- organisieren Fortbildungsveranstaltungen, Kongresse und halten selbst Vorträge
- unterrichten Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal und Patienten in Produkt- bzw. Geräteschulungen
- melden Nebenwirkungen/unerwünschte Ereignisse und Ideen zurück an ihre Firmen
So beschrieb auch der Arbeitgeber des Bf. das Aufgabengebiet kurz gefasst folgendermaßen: "Seine Tätigkeit im Außendienst beinhaltet die Beratung und Betreuung von Ärztinnen und trägt zur Gewährleistung des Geschäftserfolges bei."
Eine Verkaufstätigkeit ist dem Pharmareferenten schon aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen im Arzneimittelgesetz (§ 74) untersagt, darf er doch keine Bestellungen von Arzneimitteln entgegennehmen.
Damit steht beim Berufsbild eines Pharmareferenten die Werbung und die Information im Vordergrund und nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen (JAKOM, EStG8, § 16 Rz 66).
Dass die Tätigkeit des Bf. mittelbar auch den kommerziellen Interessen seines Arbeitgebers dient, ändert nichts daran, dass das Berufsbild eines Pharmareferenten nicht den nach Lehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes herausgebildeten Merkmalen einer Vertretertätigkeit im Sinne der Verordnung entspricht und können keine Werbungskosten in pauschalierter Form berücksichtigt werden. Diese Rechtsansicht kommt auch in der jüngsten Spruchpraxis des UFS und des BFG zum Ausdruck (vgl. ; ).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das BFG in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikaturlinie des VwGH folgt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100861.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at