Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2016, RV/3100541/2011

Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen bei einer Agendenverteilung zwischen zwei GmbH-Geschäftsführern, späterer Erkrankung (und Tod) des für die Abgabenentrichtung zuständigen Geschäftsführers, Rücktritt des anderen Geschäftsführers und nachfolgender Übernahme des Liquidatorenamtes bis zur Insolvenz der Gesellschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache des Bf. gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck vom  zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Haftungsbescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) ist Rechtsanwalt.  Ab dem waren der Bf. und C. als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der X-GmbH in Liquidation (kurz: GmbH) im Firmenbuch eingetragen.

Geschäftsgegenstand der GmbH war das Buchhaltungsgewerbe; ihre Leistungen wurden von C. und einer weiteren Mitarbeiterin erbracht.

Mit Gesellschafterbeschluss vom wurde eine schriftliche Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern beschlossen, der zufolge der Bf. für die rechtliche Beratung der Gesellschaft und die Regelung ihrer Bankangelegenheiten zuständig war, während alle anderen Geschäftsführungsagenden C. oblagen.

Mit Schreiben vom teilte der Bf. dem Finanzamt mit, dass C. einen Schlaganfall erlitten habe und sich nach seiner Genesung unverzüglich mit dem Finanzamt in Verbindung setzen werde. Weiters beantragte er einen "Zahlungsaufschub von drei Monaten“.

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt eine Stundung betreffend den damaligen Rückstand an Körperschaftsteuer 7-9/2008, 10-12/2008 und 1-3/2009 (insgesamt 1.313 €) bis zum

Am verstarb C..

Mit Schreiben vom erklärte der Bf. gegenüber der Alleingesellschafterin (Y-GmbH) der erstschuldnerischen GmbH seinen Rücktritt als Geschäftsführer unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen. Am wurde die Vertretungsfunktion des Bf. im Firmenbuch gelöscht.

Am fand eine außerordentliche Generalversammlung der erstschuldnerischen GmbH statt, bei der die Liquidation der Gesellschaft beschlossen und der Bf. zum Liquidator bestellt wurde.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom .....2009 (...S...) wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Nach Verteilung des Massevermögens wurde der Konkurs am .....2010 gemäß § 139 KO aufgehoben. Auf die Konkursgläubiger entfiel eine Quote von 19,856884 Prozent. 

Nachdem der Bf. mit Schreiben vom  seinen Rücktritt als Liquidator erklärt hatte, erfolgte am die Löschung seiner Funktion im Firmenbuch. 

II. Verfahrensgang

1. Mit Schreiben vom hielt das Finanzamt dem Bf. vor, es erwäge, seine Haftung für näher aufgegliederte Abgabenschuldigkeiten der GmbH im Gesamtbetrag von 13.577,06 € geltend zu machen, weil diese Abgaben während der Funktionsperiode des Bf. fällig geworden und uneinbringlich seien. Der Bf. werde ersucht, Beweise vorzulegen, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen. Gegebenenfalls sei auch die Beachtung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung (durch Vorlage entsprechender Unterlagen über die finanziellen Mittel der GmbH im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der betreffenden Abgabenschuldigkeiten und deren Verwendung) nachzuweisen.

2. In einer Stellungnahme vom verwies der Bf. auf den oben angeführten Gesellschafterbeschluss vom , wonach er für die Abgabenentrichtung nicht zuständig gewesen sei.   

Nach Eröffnung eines Bankkontos für die GmbH sei der Bf. für die Gesellschaft nicht mehr operativ tätig gewesen und habe er auch keine Kunden- oder sonstigen Kontakte gehabt. Der Bf. habe weder eine Entlohnung als Geschäftsführer erhalten noch sei er zu einer Generalversammlung eingeladen oder in andere Angelegenheiten eingebunden worden. Der Bf. habe keine Kenntnis von der Geschäftsgebarung des C. gehabt, zumal an ihn keine Probleme (auch nicht von dritter Seite) herangetragen worden seien.

Nach dem Tod von C. sei die Alleingesellschafterin der GmbH an den Bf. zwecks Liquidation der Gesellschaft herangetreten. Dabei habe sich herausgestellt,  dass C. zuletzt keine Zahlungen geleistet habe. Auch der Bf. habe keine Zahlungen mehr vorgenommen, weil offene Verbindlichkeiten in Höhe von 24.942,24 € bestanden hätten. Hingegen habe der Bf. offene Forderungen der GmbH einbringlich gemacht. Aufgrund der Überschuldung der GmbH sei am der Konkursantrag gestellt worden, zu welchem Zeitpunkt auf dem Bankkonto der GmbH ein Guthaben in Höhe von 10.166,82 € bestanden habe. Dass Schulden bei der GmbH vorhanden waren, sei dem Bf. erst im Zuge der Liquidation bekannt geworden.

Der Bf. habe bis zu seiner Bestellung als Liquidator keine Verfügungsmacht über das Vermögen der GmbH gehabt und die Gesellschaft im Zuge der Liquidation in den Konkurs geführt. Während dieses Zeitraumes entstandene Abgabenschuldigkeiten habe der Bf. ordnungsgemäß entrichtet. Sämtliche Gläubiger seien gleich behandelt worden.

Da den Bf. unter diesen Umständen kein Verschulden am Abgabenausfall treffe, möge von seiner Haftung abgesehen werden. Sollte das Finanzamt Urkunden oder Unterlagen benötigen, wolle der Bf. verständigt werden, weil sich diese beim Masseverwalter befänden.

Dieser Stellungnahme waren der eingangs angeführte Gesellschafterbeschluss betreffend die Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern sowie eine detaillierte Gläubigerliste der GmbH (mit Forderungen im Gesamtbetrag von 24.942,24 €) angeschlossen.

Als weitere Beweise wurden die Konkursakten der GmbH angeboten und die Einvernahme von zwei Zeugen (G., B.) sowie des Bf. beantragt.

3. N achdem das Finanzamt einen Haftungsbescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben hatte, zog es den Bf. mit Bescheid vom  neuerlich zur Haftung für folgende Abgabenschulden der GmbH im Gesamtbetrag von 13.810,10 € heran:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer
2007
3.573,40 €
Umsatzsteuer
2008
7.198,21 €
Umsatzsteuer
1/2009
39,77 €
Umsatzsteuer
4/2009
303,38 €
Körperschafsteuer
7-9/2008
437,00 €
Körperschaftsteuer
10-12//2008
439,00 €
Körperschaftsteuer
1-3/2009
437,00 €
Körperschaftsteuer
10-12/2009
439,00 €
Dienstgeberbeitrag
2008
108,20 €
Dienstgeberzuschlag
2008
10,58 €
Verspätungszuschlag
2007
704,56 €
Säumniszuschlag 1
2008
120,00 €

Im Begründungsteil wurde nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 9 und 80 BAO sowie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die obige Vereinbarung vom ausgeführt, der Bf. habe eine Aufgabenverteilung behauptet, der zufolge C. die Geschäfte der GmbH alleine geführt und der Bf. nur als rechtlicher Berater ohne Zuständigkeit für die kaufmännischen und abgabenrechtlichen Belange der Gesellschaft fungiert habe. 

Eine Arbeitsaufteilung zwischen mehreren gleichzeitig bestellten Geschäftsführern wirke sich auf die Verantwortlichkeit der einzelnen Geschäftsführer aus, weshalb jeder Vertreter zunächst nur für sein ihm zugewiesenes Arbeitsgebiet die volle Verantwortung trage. Eine derartige Aufteilung bewirke jedoch nicht, dass ein Geschäftsführer sich nur noch auf sein eigenes Arbeitsgebiet beschränken dürfe und sich um die Tätigkeit des anderen Geschäftsführers nicht mehr kümmern müsse.

Die Tatsache, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren und auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, ändere an der Stellung als Organwalter und den damit verbundenen Pflichten nichts. Demnach sei es für ein Verschulden im Sinn des § 9 BAO nicht maßgeblich, ob der Bf. seine Funktion tatsächlich ausgeübt habe. Entscheidend sei vielmehr, dass er als Geschäftsführer bestellt gewesen sei und ihm die Ausübung dieser Funktion oblegen wäre. Ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sehe, müsse entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion erzwingen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden. Ein für die Haftung relevantes Verschulden liege auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer vor der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erkläre bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nehme, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich mache. Das Einverständnis, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, stelle die oben umschriebene Beschränkung der Befugnisse eines Geschäftsführers dar.

Das Finanzamt habe den Bf. auch zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert, um die Beachtung des Gebotes der Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen. Da der Bf. das Fehlen liquider Mittel nicht nachgewiesen habe, hafte er für die offenen Abgabenschulden der GmbH zur Gänze.

4. In der gegen den später aufgehobenen Haftungsbescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht wie in der oben erwähnten Stellungnahme und ergänzend ausgeführt, dass der Bf. bis Geschäftsführer und vom bis zum Liquidator der GmbH gewesen sei. Da an den Bf. als für die steuerlichen Angelegenheiten unzuständigen Geschäftsführer „bis zum Schluss“ keine Probleme betreffend die Geschäftsgebarung des C. herangetragen worden seien, habe er von der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung ausgehen können. Dies umso mehr als C. als gewerblicher Buchhalter zur Geschäftsführung der mit der Erstellung von Buchhaltungen befassten GmbH absolut qualifiziert gewesen sei.

Nachdem der Bf. am zum Liquidator bestellt worden sei, habe sich die Überschuldung der GmbH herausgestellt, weshalb der Bf. schließlich einen Konkursantrag gestellt habe.

Der Bf. habe als Liquidator keine Gläubiger befriedigt, sondern die "Einkünfte" für die Konkursmasse aufbewahrt, um eine ordnungsgemäße Konkursabwicklung zu gewährleisten. Somit sei der Bf. seiner Verpflichtungen zur Gleichbehandlung der Gesellschaftsgläubiger nachgekommen. In der dem Finanzamt überreichten Aufstellung seien sämtliche Gläubiger der GmbH mit ihren Forderungen enthalten. 

Da dem Bf. keine Unregelmäßigkeiten in der Finanzgebarung zur Kenntnis gelangt seien, habe er auch nicht Abhilfe schaffen können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten Geschäftsführers C. durch den Bf. nur dann in Betracht gekommen, wenn ein Anlass zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung bestanden hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, weshalb der Bf. dem anderen Geschäftsführer nicht zuletzt aufgrund seines einschlägigen Berufes als Buchhalter habe vertrauen dürfen.

Nach der Spruchpraxis des Unabhängigen Finanzsenates  sei ein von den steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossener Geschäftsführer bei Verletzung abgabenrechtlicher Vorschriften grundsätzlich nicht in Anspruch zu nehmen ( ).

Als C. im Mai 2009 verstorben sei, habe die GmbH über keine liquiden Mittel verfügt, sodass der Bf. keine abgabenrechtlichen Pflichten habe verletzen können ().

Auch den Gleichbehandlungsgrundsatz habe der Bf. nicht verletzt, weil er den im Zuge der Liquidation angesammelten  Geldbetrag der Masse zur Verfügung gestellt habe. Im Konkurs der GmbH seien sämtliche Gläubiger gleich behandelt worden.

Ein Verschulden des Bf. sei auch unter dem Gesichtspunkt auszuschließen, dass der stets zuverlässige, mit der steuerlichen Gebarung beauftragte andere Geschäftsführer die ihm obliegenden Aufgaben wie ein "Bevollmächtigter" zu erfüllen gehabt habe. Da dies bis zum Jahr 2008 einwandfrei funktioniert habe und dem Bf. niemals eine Vorschreibung des Finanzamtes oder ein Zahlungsrückstand zur Kenntnis gelangt sei, habe er darauf vertrauen dürfen, dass C. seine Agenden ordnungsgemäß wahrnehme.

Dem Bf. seien die jährlichen Bilanzen der GmbH zur Verfügung gestellt worden, woraus die Ordnungsmäßigkeit der Tätigkeit des C. ersichtlich gewesen sei. Bis zur letzten vorliegenden Bilanz sei nicht zu erkennen gewesen, dass abgabenrechtliche Forderungen nicht bedient worden seien.

Weiters sei zu bemängeln, dass das Finanzamt C. nicht zur Haftung herangezogen habe, obwohl es im Verlassenschaftsverfahren eine Forderung anmelden hätte können. Es mangle an einer Begründung, weshalb nur der Bf. zur Gänze haftbar gemacht worden sei.

Schließlich sei auch keine Kausalität zwischen der vom Finanzamt behaupteten Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall gegeben, weil die Abgabenforderungen zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mangels entsprechender Mittel uneinbringlich gewesen seien. Auch dem Finanzamt müsste aufgrund einer nach Konkurseröffnung durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung bekannt sein, dass eine Abgabenentrichtung aufgrund fehlender Mittel nicht möglich gewesen sei.

Erst die Tätigkeit des Bf. als Liquidator habe dazu geführt, dass Mittel gespart worden seien, um einen Konkursantrag erfolgreich stellen zu können. Vor Konkurseröffnung seien keine Gläubiger befriedigt, sondern lediglich Forderungen eingetrieben worden, um die Masse mit ausreichendem Vermögen auszustatten. Somit wären die Abgaben auch ohne schuldhafte Verletzung von Vertreterpflichten uneinbringlich gewesen. Die Abgabenbehörde hätte bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger nicht mehr erlangt, als sie tatsächlich bekommen habe. 

5. Mit Berufungsvorentscheidung gab das Finanzamt der Berufung aus den im Haftungsbescheid angeführten Gründen keine Folge. Der Argumentation des Bf. sei zu entgegnen, dass er das Finanzamt mit Schreiben vom von der schweren Erkrankung des C. informiert und einen Zahlungsaufschub von drei Monaten beantragt habe. Spätestens seit der Erkrankung des anderen Geschäftsführers hätte der Beschwerdeführer die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der GmbH übernehmen oder zumindest für eine Wahrnehmung dieser Pflichten durch einen befähigten Dritten sorgen müssen. Dem Bf. hätte seit Mitte Februar 2009 klar sein müssen, dass C. zur Erfüllung der Vertreterpflichten nicht mehr in der Lage war. Somit hätte der Bf. ungeachtet der Aufgabenverteilung bei der GmbH tätig werden müssen. Aus dem Inhalt des Schreibens vom  folge, dass der Bf. von den zu diesem Zeitpunkt offenen Abgabenerklärungen und Rückständen Kenntnis gehabt habe. Weiters enthält die Berufungsvorentscheidung umfangreiche Ausführungen zur Ermessensübung.

6.Im Vorlageantrag wurde im Wesentlichen eingewendet, der Bf. sei Mitte Februar 2009 von der einzigen Mitarbeiterin der GmbH (B.) von der Einlieferung des C. in das Krankenhaus informiert worden. Diese Mitarbeiterin habe dem Bf. vier Zahlungsaufforderungen (betreffend K., T., W., Finanzamt) übergeben und ihn gebeten, den betreffenden Gläubigern die Erkrankung des C. mitzuteilen und um Zahlungsaufschub anzusuchen.

Beim damaligen Abgabenrückstand habe es sich um den im Vollstreckungsauftrag vom   angeführten Betrag (876 €) gehandelt. Da dem Bf. zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Rückstände bekannt gewesen seien, sei die Feststellung in der Berufungsvorentscheidung, der Bf. habe am "die offenen Abgabenerklärungen und Rückstände“ gekannt, falsch.

Der Bf. habe in den folgenden Wochen intensive Gespräche mit B. über die wirtschaftliche Lage der GmbH geführt. Diese Dienstnehmerin sei aber nicht über sämtliche Vorgänge im Bilde gewesen. Weiters sei B. vom Bf. mit dem Abschluss der offenen Aufträge und der Vorbereitung der Rechnungslegung beauftragt worden.

Wie aus den diesbezüglichen Kontoauszügen ersichtlich sei, habe das einzige Konto der GmbH am ein Guthaben in Höhe von 1.215,39 € aufgewiesen .

In der Folge habe sich der Bf. bemüht, die abgabenrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Aus dem Steuerakt der GmbH müsse hervorgehen, dass in der Folge die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen fristgerecht entrichtet worden seien.

Im Juni 2009 habe der Bf. einen Buchhalter mit der Nachholung der Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 beauftragt, woraus sich gegenüber der im Mai 2009 durchgeführten Schätzung eine höhere Steuerschuld von 7.045,64 € ergeben habe. Hätte der Bf. Misswirtschaft betrieben, hätte er keine Steuererklärung abgegeben.

Nach dem Tod des C. habe der Bf. mit der Alleingesellschafterin der GmbH die weitere Vorgangsweise besprochen. Aufgrund des Todesfalles und der drohenden Zahlungsunfähigkeit sei in der außerordentlichen Generalversammlung vom die Liquidation der GmbH beschlossen worden. Aufgrund der Ortsabwesenheit der Geschäftsführerin der Alleingesellschafterin der erstschuldnerischen GmbH sei eine frühere Beschlussfassung nicht möglich gewesen.

Bis zum sei bei der GmbH ein Kontoguthaben in Höhe von 10.322,47 € erwirtschaftet worden. Im Zuge der Liquidation habe sich aus Rückmeldungen der Gläubiger ein Schuldenstand der GmbH in Höhe von 20.942,24 € ergeben, sodass am die Konkurseröffnung beantragt worden sei.

Aufgrund des Konkursantrages habe auch die am fällige Körperschaftssteuervorauszahlung für 10-12/2009 nicht mehr bezahlt werden können, weil dies den Straftatbestand der Gläubigerbevorzugung erfüllt hätte.

Ab Kenntnis der Überschuldung der GmbH seien überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet worden. Zahlungen vor diesem Zeitpunkt hätten sich auf ein Mindestmaß beschränkt, um die laufenden Aufträge abschließen zu können.

Die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschulden hätte den Tatbestand der Gläubigerbegünstigung (§ 158 StGB) erfüllt. Abgesehen davon sei ein Betrag in Höhe der Haftsumme (13.810,10 €) ab dem Zeitpunkt, als der Bf. von den Abgabenverbindlichkeiten Kenntnis erlangte, am Konto der GmbH nie verfügbar gewesen.

Die vor Konkurseröffnung vorhanden gewesenen Mittel seien vom Masseverwalter der GmbH übernommen und nach Abzug der Massekosten an die Gläubiger verteilt worden. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass der Masseverwalters kurz vor Erlassung des neuerlichen Haftungsbescheides eine weitere – im Haftungsbescheid unberücksichtigt gebliebene – Ausschüttung vorgenommen habe. Um welchen Betrag es sich dabei gehandelt habe, wisse der Bf. nicht.

Der Bf. habe alles unternommen, um die Interessen der Gläubiger so gut wie möglich zu wahren. Insbesondere sei während der Tätigkeit des Bf. als Liquidator das Bankguthaben der GmbH (von ursprünglich 1.215,39 € auf über 10.200 €) angewachsen. Erst später habe sich herausgestellt, dass die Gläubiger nicht zur Gänze befriedigt werden konnten, weil deren Forderungen mehr als doppelt so hoch gewesen seien.

Da auch das Finanzamt den Bf. vor dem Tod des C. nie über Unzulänglichkeiten oder Zahlungsrückstände informiert habe, treffe den Bf. kein Verschulden am Abgabenausfall. Vielmehr habe der Bf. die im Zeitraum der Liquidation bis zur Konkurseröffnung fällig gewordenen Abgaben ordnungsgemäß entrichtet, weshalb auch diesbezüglich kein Fehlverhalten vorliege. Weiters habe der Bf. die Liquidation der GmbH ordnungsgemäß betrieben und einen Konkursantrag gestellt. Durch die Heranziehung des Bf. zur Haftung habe das Finanzamt seine Sorgfaltspflichten überspannt.

Soweit dem Bf. eine Vernachlässigung seiner Mitwirkungspflicht im Haftungsverfahren vorgeworfen werde, weil er keine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit den zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen vorgelegt habe, sei darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Stellungnahme mit Schreiben des Finanzamtes vom das Konkursverfahren noch nicht rechtskräftig beendet gewesen sei. Sämtliche Unterlagen seien beim Masseverwalter verblieben, der diese 7 Jahre aufbewahren müsse. Mangels Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Buchhaltungsuntertagen der GmbH habe der Bf. lediglich die dem Konkursantrag angeschlossene Gläubigerliste vorlegen können.

Da der Bf. die beim ehemaligen Masseverwalter Dr. S. befindlichen Buchhaltungsunterlagen nicht vorlegen könne, werde dessen Einvernahme  beantragt.  Auch der Beweisantrag, G. und B. als Zeugen einzuvernehmen, bleibe aufrecht.

III. Rechtslage

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden i. S. d. Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Aufgrund der Aufhebung des Haftungsbescheides vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO mit Bescheid vom in Verbindung mit der Erlassung des den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Haftungsbescheides vom gilt die gegen den aufgehobenen Bescheid gerichtete Beschwerde als gegen den Haftungsbescheid vom gerichtet (§ 253 BAO).

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

IV. Erwägungen

1. Voraussetzung für die Vertreterhaftung nach § 9 Abs. 1 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, die Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl. , ).

2. Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallhaftung, welche die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraussetzt. Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben, weil nach Abschluss des Konkurses der GmbH davon ausgehen ist, dass der in der Konkursquote nicht gedeckte Teil der Abgabenforderungen uneinbringlich sein wird (vgl. z. B. ).

3. Der vorliegende Beschwerdefall wird dadurch charakterisiert, dass die erstschuldnerische GmbH ab dem durch C. und den Bf. als jeweils selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer vertreten wurde. Aufgrund der Agendenverteilung vom  oblag die Abgabenentrichtung C. allein und beschränkte sich der Zuständigkeitsbereich des Bf. im Wesentlichen auf die rechtliche Beratung der GmbH. 

Nach dem Tod des C. am war der Bf. bis zu seinem Rücktritt als Geschäftsführer am , der gemäß § 16a Abs. 1 GmbHG am  wirksam wurde, der einzige Vertreter der GmbH.

Ab der Wirksamkeit der Niederlegung der Geschäftsführungsfunktion durch den Bf. war die GmbH vertretungslos.

Nach der Bestellung des Bf. als Liquidator in der Generalversammlung vom wurde die GmbH bis zur Eröffnung des Konkurses am .....2009 wiederum durch den Bf. vertreten.

4. Soweit der Haftungsbescheid auf jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt wurde, der zufolge das Einverständnis eines „Geschäftsführers auf dem Papier“, die Geschäftsführungsfunktion nur formell auszuüben und auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, ein haftungsrelevantes Verschulden darstelle (vgl. z. B. ), sieht das Finanzamt an der Tatsache vorbei, dass im vorliegenden Fall eine Kompetenzabgrenzung bestand, wonach mit der Abgabenentrichtung nicht der Bf., sondern C. befasst war. Solange der für die steuerlichen Angelegenheiten zuständige Geschäftsführer handlungsfähig war, kann daher die Haftung des Bf. nicht auf den Vorwurf seiner Untätigkeit gegenüber der GmbH gestützt werden. 

5. Offenbar hilfsweise geht das Finanzamt von einer haftungsrechtlich beachtlichen Verteilung der Geschäftsführeragenden aus. Im Fall mehrerer potenziell Haftender richtet sich die haftungsrechtliche Veranwortung aber danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer ist in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen. Verletzt jedoch der mit abgabenrechtlichen Angelegenheiten nicht befasste Vertreter seine eigenen Pflichten dadurch grob, dass er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternimmt, um Abhilfe zu schaffen, so ist auch er haftbar, es sei denn, dass ihm triftige Gründe die Erfüllung dieser wechselseitigen Überwachungspflicht unmöglich machen. Allerdings kommt eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten oder hiefür verantwortlichen Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer nur dann in Betracht, wenn ein Anlass vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln (; ; ).

Nach Ansicht des Gerichtes bestand ein solcher Anlass für den Bf. bis zur Erkrankung des C. im Februar 2009 nicht. Denn zum einen entrichtete C. die Abgaben in den ersten Jahren seiner Funktionsperiode korrekt, sodass für den Bf. kein Anlass zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung bestand. Zum anderen wurde die erstschuldnerische GmbH gegenüber dem Finanzamt durch C. vertreten, der auf allen aktenkundigen Schriftstücken (Bescheide etc.) als deren Vertreter aufscheint. Da sämtliche Zustellungen zuhanden des C. erfolgten, konnte der Bf. vor der Erkrankung dieses Geschäftsführers auch keine Kenntnis von etwaigen Abgabenrückständen haben. Auch der Vollstreckungsauftrag vom , der einen Rückstand an Körperschafteuer für 10-12/2008 und 1-3/2009 im Gesamtbetrag von 879 € betrifft, wurde (ebenso wie spätere Schriftstücke) an die GmbH zu Handen des C. adressiert. 

Da somit für den Bf. im Zeitraum bis zur Erkrankung des anderen Geschäftsführers keine Anhaltspunkte für abgabenrechtliche Pflichtverstöße bestanden, hatte er auch keinen Anlass, in die Geschäftsführung einzugreifen, um Abhilfe zu schaffen. Eine haftungsrechtlich relevante Verletzung der Überwachungspflicht im oben beschriebenen Sinn ist dem Bf. somit nicht anzulasten. Für eine gegenteilige Beurteilung verwertbare Feststellungen wurden vom Finanzamt nicht getroffen.

6. Wie bereits erwähnt, reagierte der Bf. auf die krankheitsbedingte Handlungsunfähigkeit des C. mit einem Stundungsansuchen vom , dessen Bewilligung einen Zahlungsaufschub bis zum bewirkte. Davon betroffen war die in der Haftsumme enthaltene Körperschaftsteuer 7-9/2008, 10-12/2008 und 1-3/2009 im Gesamtbetrag von 1.313 €.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft den Geschäftsführer ein Verschulden am Abgabenausfall, wenn Abgaben unbezahlt bleiben, weil ihre Bezahlung trotz gefährdeter Einbringlichkeit im Wege einer Zahlungserleichterung hinausgeschoben werden konnte, und der Geschäftsführer eine solche Gefährdung in Abrede stellte ().

Dies trifft auf den vorliegenden Beschwerdefall nicht zu, weil kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der durch die Erkrankung und den späteren Tod des C. bedingte wirtschaftliche Niedergang der GmbH  für den Bf. schon im Februar 2009 vorhersehbar war. Vielmehr lässt die Aktenlage den Schluss zu, dass der Bf. zunächst noch von einer Genesung des C. bzw. von einer Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit nach erfolgreicher medizinischer Behandlung ausgehen konnte. Dadurch hätte die erstschuldnerische GmbH wieder laufende Einnahmen erzielt und entsprechende Mittel zur Abgabenentrichtung erwirtschaftet.

Da vom Finanzamt keine Feststellungen zum Krankheitsverlauf bei C. getroffen wurden und auch nicht festgestellt wurde, welche Einschätzung sich daraus für den Bf. ergeben musste,  geht das Gericht davon aus, dass für den Bf. nicht zu erkennen war, dass die gestundete Körperschaftsteuer in weiterer Folge nicht im Sinne seines Stundungsansuchens befriedigt werden könnte. Somit ist ihm auch kein diesbezüglicher Pflichtverstoß anzulasten.

Der Bf. war auch nicht zur sofortigen vollen Entrichtung der Körperschaftsteuer verhalten, weil die Mitte Februar 2009 vorhandenen Geldmittel dazu nicht ausreichten. Laut der vom Bf. vorgelegten Kontoübersicht war auf dem (einzigen) Bankkonto der GmbH bei der X-Bank am zwar ein Guthaben in Höhe von rund 1.200 € vorhanden, dem aber nicht nur Abgabenschulden, sondern neben laufenden Zahlungsverpflichtungen noch weitere Verbindlichkeiten (betreffend die unter Punkt II. 6. angeführten Gläubiger) gegenüberstanden. Unter diesen Umständen ist dem Bf. zuzugestehen, dass er sich als in der Vergangenheit mit den finanziellen Angelegenheiten der GmbH nicht befasster Geschäftsführer  zunächst einmal ein möglichst vollständiges und richtiges Bild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft machen musste, bevor er überhaupt für eine zumindest anteilige Abgabenentrichtung Sorge tragen konnte. Zu einer Bevorzugung des Abgabengläubigers war der Bf. nicht verpflichtet.

7. Der zentrale Vorwurf laut Beschwerdevorentscheidung besteht darin, dass es dem Bf. spätestens seit der Erkrankung des C. oblegen wäre, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der GmbH entweder selbst wahrzunehmen oder durch einen befähigten Dritten wahrnehmen zu lassen. Aus dem Schreiben des Bf. vom sei ersichtlich, dass er „über die zu diesem Zeitpunkt offenen Abgabenerklärungen und Rückstände“ informiert gewesen sei.

Diese Feststellung, die schon für sich genommen unrichtig ist, weil für den Bf. nicht "spätestens" seit der Erkrankung des C. die Verpflichtung bestand, sich als von den abgabenrechtlichen Agenden befreiter Geschäftsführer (sogleich) um die Übernahme eben dieser Agenden zu bemühen, bedarf folgender weiterer Ergänzungen:

a) Zum Zeitpunkt der Einbringung des Stundungsansuchens war auf dem Abgabenkonto der GmbH ein Rückstand in Höhe von 876 € ausgewiesen, der sich nach Belastung einer weiteren Körperschaftsteuervorauszahlung auf 1.313 € erhöhte. Im Mai 2009 veranlasste der Bf. die Entrichtung der Umsatzsteuer 3/2009 zuzüglich der fälligen Körperschaftsteuer 4-6/2009, weshalb bis zum Rücktritt des Bf. als Geschäftsführer nur ein Rückstand in Höhe der gestundeten Körperschaftsteuer (1.313 €) verbucht war.

b) Die Umsatzsteuer 4/2009 wurde nach dem Rücktritt des Bf. als Geschäftsführer (am ) fällig und dem Finanzamt im Juni 2009 gemeldet. Alle anderen in der Haftsumme enthaltenen Selbstbemessungsabgaben (samt Nebengebühren) wurden erst nach dem Rücktritt des Bf. bescheidmäßig festgesetzt. Diesbezügliche Bescheide wurden zum Teil gegenüber dem Masseverwalter im Konkurs der GmbH im Anschluss an zwei abgabenbehördliche Prüfungen erlassen.

Zwar bestimmt sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertreter seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt hat, grundsätzlich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben, wozu auch die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuern und Lohnabgaben zählen, ist daher maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre (, ). Demnach ist der gesetzliche Fälligkeitszeitpunkt der betreffenden Abgabe ( § 21 Abs. 1 UStG, § 43 Abs. 1 FLAG) unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wurde, maßgebend (vgl. ).

Wenn jedoch – wie bereits oben dargelegt – dem mit der Abgabenentrichtung nicht betrauten Bf. zu den Fälligkeitsterminen der involvierten Selbstbemessungsabgaben kein Sorgfaltsverstoß im Sinn einer Verletzung der Überwachungspflicht des anderen Geschäftsführers anzulasten ist, weil kein konkreter Anlass zu einer auf die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten abzielenden Überprüfung der Tätigkeit des anderen Geschäftsführers vorlag, dann kann sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Bf. ein haftungsrelevantes Verschulden am Abgabenausfall trifft, nicht danach bestimmen, wann die betreffende Abgabe bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Im vorliegenden Beschwerdefall ist daher zu prüfen, ob ein anderes, den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten nachgelagertes Fehlverhalten des Bf. vorliegt. 

c) Was den Zeitraum ab der krankheitsbedingten Handlungsunfähigkeit des C. bis zum Rücktritt des Bf. als Geschäftsführer betrifft, so wendet er zu Recht ein, dass es zunächst einmal eingehender Recherchen und etlicher Gespräche mit der einzigen, jedoch nicht vollständig informierten Mitarbeiterin der GmbH (siehe oben) bedurfte, um überhaupt feststellen zu können, in welchem Ausmaß C. Verbindlichkeiten der GmbH unberichtigt gelassen hatte. Dabei hatte sich der Bf. zunächst über den Stand des Abgabenkontos der Gesellschaft bzw. über das Bestehen von Rückständen an sich zu unterrichten. Sobald ihm klar geworden sein musste, dass mit einer Genesung des C. nicht mehr zu rechnen war, hatte sich der Bf. ferner zu vergewissern, ob Steuerklärungen eingereicht oder (bei den Selbstbemessungsabgaben) Selbstberechnungen der zu entrichtenden Abgaben vorgenommen und dem Finanzamt gemeldet worden waren. Wann dieser Zeitpunkt eingetreten ist, wurde vom Finanzamt nicht festgestellt, und lässt sich dieser Zeitpunkt mehr als sieben Jahre nach dem Tod des C. auch nicht mehr genau bestimmen. 

Tatsache ist jedoch, dass der Bf., als er von der Nichteinreichung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen Kenntnis erlangte, einen Buchhalter mit der Erstellung dieser Steuererklärung beauftragte. Aus der Einreichung dieser Steuererklärung resultierte eine höhere als die geschätzte Nachforderung, welche das Finanzamt mit Bescheid vom festsetzte.

Weiters veranlasste der Bf. im Mai 2009 die oben angeführte Zahlung an das Finanzamt, mit welcher laufende Abgaben (U 3/2009, K 4-6/2009) abgedeckt wurden. Weitere Zahlungen erfolgten im Juli und im August 2009, mit welchen sowohl die Umsatzsteuer 5/2009 als auch die Umsatzsteuer 6/2009 und die Körperschaftsteuer 7-9/2009 vollständig entrichtet wurden.

Schließlich ergibt sich aus der vom Bf. vorgelegten Übersicht des Bankkontos der GmbH, dass im fraglichen Zeitraum an andere Gesellschaftsgläubiger nur geringfügige Zahlungen jeweils in Höhe eines Bruchteils der Zahlung an das Finanzamt geleistet wurden. Die betreffenden Beträge erreichten eine durchschnittliche Größenordnung von zirka 100 € und wurden aufgrund bestehender Einzugsermächtigungen vom Bankkonto der GmbH eingezogen. Aktenkundig ist auch, dass die GmbH mit Ausnahme von Einnahmen aus laufenden (auf Betreiben des Bf. abgeschlossenen) Aufträgen keine weiteren Umsatzerlöse mehr erzielte.

d) Zusammenfassend lässt sich entgegen den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung sagen, dass der Bf. die abgabenrechtlichen Angelegenheiten der GmbH im Anschluss an die Erkrankung des C. auf die oben beschriebene Weise in die Hand genommen hat. Dabei war dem Bf. mangels ausreichender Mittel keine sofortige volle Entrichtung der bis zu seinem Rücktritt als Geschäftsführer verbuchten Abgabenschulden möglich. Weiters rechtfertigen die vom Bf. vorgelegten Unterlagen, denen sowohl die Höhe der liquiden Mittel als auch deren Verwendung im fraglichen Zeitraum zu entnehmen ist, den Schluss, dass das Gebot, den Abgabengläubiger nicht schlechter als andere Gesellschaftsgläubiger zu behandeln, bis zum Rücktritt des Bf. als Geschäftsführer nicht verletzt wurde.  Soweit die haftungsgegenständlichen Abgaben erst nach dem Rücktritt des Bf. bzw. nach Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH festgesetzt wurden, wird hierauf unten eingegangen.

8. Nachdem Rücktritt bis zur Bestellung als Liquidator hatte der Bf. keine Vertretungsfunktion bei der erstschuldnerischen GmbH inne. Da ihn insoweit keine Vertreterpflichten trafen, hat er solche in diesem Zeitraum nicht verletzt.  DerRücktritt als solcher stellt kein haftungsbegründendes Verhalten dar, auch wenn die GmbH dadurch vertretungslos wurde. Vielmehr hätte auf Antrag eines Beteiligten die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers (gemäß § 15a GmbHG) veranlasst werden können.  In Anbetracht der geringen Mittel hätte jedoch auch ein solcher Vertreter der Abgabenzahlungspflicht nur in eingeschränktem Ausmaß nachkommen können.

9.Nach der Schließung des Unternehmens der erstschuldnerischen GmbH im Juli 2009  führte die im September 2009 beschlossene Liquidation im November 2009 in die Insolvenz der Gesellschaft. Der Bf. brachte vor, er habe, als sich im Zuge des Liquidationsverfahrens herausstellte, dass die Gesellschaft nicht zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger im Stande sei, überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet. Die aus offenen Forderungen vereinnahmten Beträge seien auf dem Bankkonto der GmbH belassen worden und in weiterer Folge in die Konkursmasse gelangt. Bis zur Konkurseröffnung sei das Bankguthaben der GmbH auf zirka 10.200 € angewachsen.

Dieses Vorbringen erscheint glaubhaft und wird durch die vom Bf. vorgelegten Unterlagen erhärtet. Aus der im Akt befindlichen Gläubigerliste und dem Konkursantrag ergibt sich etwa, dass im Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten (rund 20.900 €) auch die im Vorlageantrag angeführten Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern enthalten sind, die schon im Februar 2009 bestanden und nicht bedient wurden, sondern letztlich als Konkursforderungen geltend gemacht werden mussten. Weiters ist aus dem Abgabenkonto in Verbindung mit den Buchungen auf der Kontoübersicht betreffend das Bankkonto der GmbH ersichtlich, dass nach der letzten größeren Zahlung an das Finanzamt am (1.100,86 €) praktisch keine nennenswerten Zahlungen mehr erfolgten.

Wurden somit ab Kenntnis der Überschuldung der GmbH keinerlei Zahlungen an jedweden Gläubiger mehr geleistet, sondern die bis zur Konkurseröffnung erwirtschafteten Mittel angesammelt und in die Konkursmasse überführt, so kann die Haftung des Bf. auch in Ansehung des Liquidationszeitraumes nicht auf den Vorwurf einer Verletzung des Gebotes der Gleichbehandlung des Abgabengläubigers im Verhältnis zu anderen Gläubigern gestützt werden ().

10. Da nach Ansicht des Gerichtes ein für den Abgabenausfall ursächliches Verschulden des Bf. aus den dargelegten Gründen nicht gegeben war, konnte der Beschwerde stattgegeben werden.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision wird nicht zugelassen, weil im Beschwerdefall im Wesentlichen Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung zu beantworten waren und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind.

Innsbruck, am

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