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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2016, RV/7100669/2015

Pensionspfändung als außergewöhnliche Belastung, Behindertenfreibetrag, Pauschale wegen Diätverpflegung, Höhe des Pensionistenabsetzbetrages, Rückzahlung der Lohnsteuer, Krankenversicherungsbeitrag für ausländische Rente

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende V und die weiteren Senatsmitglieder R., B1 und B2 über die Beschwerden des Bf. vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom  und vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2012 und 2013 in der Sitzung am zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012 wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom  zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Die Beschwerde betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2013 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2013 bleibt unverändert.

III. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Einkommensteuer für das Jahr 2012

Der Beschwerdeführer (Bf) bezieht ausschließlich Pensionseinkünfte. Mit seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung vom übermittelte der Bf an das Finanzamt eine Aufstellung „Pfändungsabzugsnachweis“ über Pfändungen der Republik Österreich zu fünf Geschäftszahlen über insgesamt 5.925,49 €, zwei Kontoauszüge über die Pensionsbezüge für 1/2012 und 12/2012 und einen Parkausweis gemäß § 29b StVO.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom ergab eine Gutschrift von 542 €. Bei der Veranlagung wurden berücksichtigt:

  • Sonderausgaben

  • Eine außergewöhnliche Belastung wegen Pfändung von 2.768,08 € (unter Abzug des Selbstbehaltes von 1.526,02 €)

  • Ein Freibetrag wegen eigener Behinderung von 243 €

  • Ein Pensionistenabsetzbetrag von 271,87 €

Die Berufung vom (Postaufgabe am ) richtete sich gegen

  • Die Berechnung des Selbstbehaltes für außergewöhnliche Belastungen

  • Die Nichtberücksichtigung der Diätverpflegung wegen Diabetes

  • Die Nichtberücksichtigung des Kfz-Freibetrages infolge der Gehbehinderung

  • Die Berücksichtigung des Pensionistenfreibetrages mit 271,87 € statt mit 400 €

Der Bf beantragte daher die Gutschrift des gesamten Betrages an einbehaltener Lohnsteuer, somit nicht nur die Rückzahlung des Betrages von 542 €, sondern auch des Differenzbetrages von 81,68 €.

Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom :

Das Finanzamt ersuchte um Übersendung des Bescheides vom Bundessozialamt über die Behinderung (Grad der Behinderung, erforderliche Diätverpflegung) und Belege über die außergewöhnliche Belastung.

Der Bf verwies daraufhin auf sein Schreiben vom , mit dem er bereits alle Unterlagen übermittelt habe.

Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom :

Das Finanzamt forderte den Bf nochmals zur Vorlage des Bescheides des Bundessozialamtes auf. Ergänzt wurde, dass der durch Pfändung einbehaltene Betrag nur dann als außer­gewöhnliche Belastung anzuerkennen sei, wenn die nicht bezahlten Aufwendungen, die zur Pfändung geführt haben, eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Erforderlich sei die Vorlage von Belegen über den Gläubiger und der Art der unbeglichenen Forderungen.

Der Bf entgegnete mit Schreiben vom (beim Finanzamt eingelangt am ), es sei rechtswidrig, nicht beeinspruchte und somit rechtskräftige Punkte des Bescheides zu überprüfen. Gläubiger der eingetriebenen Forderungen sei die Republik Österreich wegen Gerichtsgebühren, Kosten und Zinsen. Die schwere Gehbehinderung ergebe sich aus dem § 29b Ausweis, welcher als Nachweis einer mindestens 50% schweren Körperbehinderung gelte. Die Bestätigung über die Zucker­krankheit lege er nochmals – wie bereits in den vorangegangenen Perioden - bei.

Mit Schreiben vom machte der Bf geltend, das Finanzamt habe über die Berufung nicht innerhalb der 6-Monatsfrist entschieden.

Das Finanzamt nahm mit Beschwerdevorentscheidung vom eine Änderung des Einkommensteuer­bescheides für 2012 vor. Es wurden nunmehr folgende Abzüge angesetzt:

  • Sonderausgaben

  • Ein Freibetrag für Diätverpflegung wegen Diabetes von 840 €, der allerdings ohne steuerliche Auswirkungen blieb, da ein Selbstbehalt in der gleichen Höhe abgezogen wurde.

  • Ein Kfz-Pauschbetrag wegen Gehbehinderung von 2.280 €

Bei einem Einkommen von 10.949,92 € betrug die Einkommensteuer nach Tarif Null Euro, weshalb kein Pensionistenabsetzbetrag mehr in Abzug gebracht werden konnte. Nach Besteuerung der sonstigen Bezüge mit 82 € und nach Anrechnung der Lohnsteuer von 623,68 € wurde die Einkommensteuer wiederum (wie im Erstbescheid) in Höhe einer Gutschrift von 542 € festgesetzt.

In einer ausführlichen gesonderten Bescheidbegründung erläuterte das Finanzamt sämtliche vorgenommenen Änderungen sowie die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen und stellte abschließend fest, dass bereits im Einkommensteuerbescheid vom die volle Steuer rückerstattet worden sei und sich somit bezüglich der Gutschrift keine Änderung ergebe.

Der Bf beantragte am die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, da das Finanzamt von unrichtigen Ziffern und falschen Tatsachen ausgegangen sei. Folgende Punkte wurden geltend gemacht:

  • Die Berücksichtigung der Pensionspfändung von 197,72 € monatlich, wobei die PVA unter Beachtung des Existenzminimums nur 73,92 € hätte einbehalten dürfen.

  • Die Berechnung der Höhe des Selbstbehaltes

  • Die Versäumung der Entscheidungsfrist durch das Finanzamt

  • Die Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen von 19,32 € für eine ausländische Rente

In einem ergänzenden Schreiben an das Bundesfinanzgericht vom wiederholte der Bf sein bisheriges Vorbringen und führte aus:

Es sei unzulässig, über unbekämpft gebliebene Teile des Bescheides neuerlich zu entscheiden, da diese Teile bereits in Rechtskraft erwachsen seien.

Bei der Berechnung des Selbstbehaltes sei das Einkommen statt mit 13.639,92 € in Höhe von 15.260,24 € angesetzt worden, es seien also fehlerhaft die sonstigen Bezüge hinzugerechnet worden.

Einkommensteuer für das Jahr 2013

Auf ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes gab der Bf hinsichtlich der beantragten außergewöhnlichen Belastungen bekannt, dass es sich wie im Jahr 2012 um Exekutionstitel von insgesamt 5.925,49 € s.A. handle. In diesem Zusammenhang seien im Jahr 2013 von der PVA 2.618,14 € einbehalten worden. Die Belastung durch die Exekutionen sei außergewöhnlich, zwangsläufig und beeinträchtige die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, da laut Zahlscheinkopien monatlich 187,01 €, statt wie gesetzlich zulässig 60,51 € einbehalten worden seien.

Vorgelegt wurden Computerausdrucke mit dem Text des § 34 EStG und einer Tabelle betreffend das Existenzminimum.

Bei der Veranlagung 2013 wurden im Einkommensteuerbescheid vom berücksichtigt:

  • Sonderausgaben

  • Freibetrag wegen Diätverpflegung von 840 €, der allerdings wegen Abzug des Selbstbehaltes ohne steuerliche Auswirkungen blieb

  • Kfz-Pauschale von 2.280 €

  • Pensionistenabsetzbetrag 53,13 €

Die Einkommensteuer nach Tarif betrug nach Abzug des Pensionistenabsetzbetrages Null. Die Besteuerung der sonstigen Bezüge erfolgte mit 94,28 €. Es  ergab sich unter Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuer von 725,60 € eine Abgabengutschrift von 631 €.

In der Begründung verwies das Finanzamt hinsichtlich der Pfändung, des Freibetrages für eine 50%ige Behinderung und die Pauschale für die Diätverpflegung auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung 2012. Im Übrigen bekomme der Bf ohnehin die volle Steuer rückerstattet.

In der Beschwerde vom machte der Bf folgende Punkte geltend:

  • Die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages mit 53,13 € statt mit 400 €.

  • Die Berücksichtigung der Pensionspfändung von 2.678,14 € unter Abzug des Selbstbehaltes von 1.076,79 €.

  • Die Anerkennung des Behindertenfreibetrages. Die 50% Gehbehinderung sei durch die übermittelte Ausweiskopie gemäß § 29b StVO nachgewiesen.

  • Anerkennung des Freibetrages für Diätverpflegung ohne Selbstbehalt. Er habe das Erfordernis einer Diätverpflegung bereits durch eine ärztliche Bestätigung nachgewiesen.

  • Der Verweis auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung 2012 sei verfehlt, da dieser Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

  • Rückerstattung der Steuer von den sonstigen Bezügen in Höhe von 94,60 €.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In einer gesonderten Bescheidbegründung setzte sich das Finanzamt mit den einzelnen Beschwerdepunkten im Detail auseinander.

Der Bf beantragte am unter Bezugnahme auf den bisherigen Schriftverkehr die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und beantragte die Entscheidung durch den Senat.

Mit einem ergänzenden Schreiben vom übermittelte der Bf betreffend die Arbeitnehmerveranlagungen für 2012 und 2013 Kopien seiner Eingaben an das Finanzamt samt Beilagen. Damit solle die Unrichtigkeit der Behördenbehauptungen belegt werden. Beigelegt ist auch ein Auszug aus einer Entscheidung des UFS (RV/1210-W/05), Hinweise des Sozialministeriumservice zum Parkausweis gemäß § 29b StVO und ein Auszug aus den Lohnsteuerrichtlinien zum Kfz-Pauschale und zum Pauschale für Diätverpflegung.

Mit Schreiben vom erläuterte das Bundesfinanzgericht, warum in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Pensionistenabsetzbetrag nicht bzw nur mit einem verringerten Betrag in Abzug gebracht wurde, dass die Steuer von den sonstigen Bezügen nicht rückerstatten werden kann und der Bf die höchstmögliche Gutschrift bereits erhalten hat.

Der Bf nahm dazu mit E-Mail vom insofern Stellung, als es ihm nicht um einen Geldbetrag gehe, sondern um die gesetzwidrige und schikanöse Vorgangsweise der Abgabenbehörde.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Der Bf  hat betreffend Einkommensteuer 2013 gemäß § 272 Abs. 2 BAO die Entscheidung durch den Senat beantragt. Betreffend Einkommensteuer 2012 (über diese Beschwerde hätte ansonsten der Einzelrichter zu entscheiden) entscheidet gemäß § 272 Abs. 3 BAO über Verlangen der Berichterstatterin ebenfalls der Senat, da die Verbindung zu einem gemeinsamen Verfahren zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zweckmäßig ist.

1. Pensionspfändung

Der Bf machte eine Pfändung durch die Republik Österreich wegen Gerichtsgebühren, Kosten und Zinsen als außergewöhnliche Belastung geltend.

Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Voraussetzung der Abzugsfähigkeit einer Belastung ist die Außergewöhnlichkeit, die Zwangsläufigkeit und die wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Daraus ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass freiwillig getätigte Aufwendungen oder vorsätzlich herbeigeführte Aufwendungen oder Aufwendungen, die sonst Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, keine Berücksichtigung finden können (Hofstätter/Reichel, EStG-Kommentar, § 34 Abs. 2 bis 5 EStG 1988, Tz 8).

Erwächst eine Belastung aus der Erfüllung einer Rechtspflicht, muss grundsätzlich bereits die Übernahme der Rechtspflicht das Merkmal der Zwangläufigkeit aufweisen (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 34 Anm 28).

Nach der Verwaltungspraxis, Lehre und Rechtsprechung sind etwa Prozesskosten in einem Zivilrechtsstreit nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn sie Folge eines vom Steuerpflichtigen gesetzten Verhaltens sind. Kosten eines Strafverfahrens sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich gemäß § 20 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 nicht abziehbar, ebenso die Kosten eines Verwaltungsverfahrens (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 34 Anm 78 unter „Prozesskosten“).

Die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten kann daher nicht generell bejaht oder verneint werden, sondern es muss im Einzelfall anhand des konkreten Sachverhaltes beurteilt werden, ob (ausnahmsweise) die Anerkennung von Prozesskosten zulässig ist.

Trotz mehrfacher Anfrage des Finanzamtes hat der Bf keine Auskunft gegeben, auf welche Umstände die eingetriebenen Forderungen zurückzuführen sind. Die Angaben des Bf, die sich auf eine Auflistung von Akten­zahlen der gerichtlichen Exekutionsverfahren beschränken, geben über die zugrunde liegenden Forderungen keinen Aufschluss. Die Zwangsläufigkeit der gegenständlichen Aufwendungen konnte auch durch das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt werden. Schon das Finanz­amt hat dem Bf mitgeteilt, dass nicht allein aufgrund der Tatsache der Pensionspfändung eine außergewöhnliche Belastung anzuerkennen ist.

Die vom Bf getragenen Aufwendungen sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung einzustufen, unabhängig davon, ob die Pfändung allenfalls die zulässige monatliche Höchstgrenze überschritten hat.

2. Berechnung des Selbstbehaltes für außergewöhnliche Belastungen

Hinsichtlich des Selbstbehaltes für außergewöhnliche Belastungen wandte der Bf ein, das Finanzamt habe bei der Berechnung dem Einkommen zu Unrecht die sonstigen Bezüge hinzugerechnet.

Der Selbstbehalt beträgt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 bei einem Einkommen von mehr als 7.300 € bis 14.600 € 8% und von mehr als 14.600 € bis 36.400 € 10%. Weiters sind gemäß § 34 Abs. 5 EStG 1988 für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu erhöhen.

Der in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden ausgewiesene Selbstbehalt wurde so berechnet, dass die sonstigen Bezüge, die auf dem Lohnzettel unter KZ 220 ausgewiesen sind, zum Einkommen hinzugerechnet wurden. In den steuerpflichtigen Bezügen (KZ 245) sind die sonstigen Bezüge nämlich rechnerisch nicht enthalten.

Der in den Bescheiden jeweils angeführte Selbstbehalt (1.057,86 € bzw 1.076,79 €) entspricht daher dem Gesetz.

3. Behindertenfreibetrag

Der Bf hat in seinen Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung eine Behinderung im Ausmaß von 50% angegeben. Einen Nachweis über den Grad der Behinderung, etwa durch einen Behindertenpass des Bundessozialamts, hat der Bf trotz Aufforderung durch die Abgabenbehörde nicht erbracht.

Strittig ist, ob der vom Bf übermittelte Parkausweis gemäß § 29b StVO als Nachweis einer zumindest 50%igen Behinderung ausreicht.

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung und erhält er keine pflegebedingte Geldleistung, so steht ihm gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988 ein Freibetrag zu. Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich gemäß § 35 Abs. 2 EStG 1988 nach dem Grad der Behinderung. Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente,
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses zu bescheinigen.

Eine Bescheinigung gemäß § 29b StVO ist in § 35 Abs. 2 EStG 1988 nicht aufgezählt. Der Nachweis kann nur durch ein Gutachten der im Gesetz genannten zuständigen Stellen geführt werden. Da der Bf eine amtliche Bescheinigung einer dieser Stellen nicht vorweisen konnte, hat das Finanzamt die Gewährung des Behindertenfreibetrages zu Recht verweigert.

Die dem Schreiben des Bf vom beigelegten Unterlagen - ein Auszug aus einer Entscheidung des UFS (RV/1210-W/05), Hinweise des Sozialministeriumservice zum Parkausweis gemäß § 29b StVO und ein Auszug aus den Lohnsteuerrichtlinien – betreffen nicht den Behindertenfreibetrag gemäß § 35 EStG 1988 und sind daher für diesen Punkt nicht von Bedeutung.

Aufgrund der eindeutigen Bestimmung des § 35 Abs. 2 EStG 1988 war die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.

4. Pauschbetrag wegen Diätverpflegung

Aus der vorliegenden ärztlichen Bestätigung ergibt sich, dass der Bf eine Diätverpflegung wegen Diabetes einhalten muss. Das Finanzamt hat einen Freibetrag von 820 € als außergewöhnliche Belastung anerkannt, der allerdings nach Abzug des Selbstbehaltes ohne steuerliche Auswirkungen blieb. Nach Ansicht des Bf ist der Freibetrag ohne Anwendung des Selbstbehaltes zu berücksichtigen.

Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010, liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt.

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung sind als Mehraufwendungen wegen Krankendiät­verpflegung ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten ua. bei Zuckerkrankheit 70 € pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% ist gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung dieser Betrag ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes zu berücksichtigen.

Aufgrund dieser Regelungen der Verordnung wird die Rechtsmeinung vertreten, dass bei mehreren Behinderungen (wie im vorliegenden Fall) zu prüfen ist, ob diese jeweils die 25%-Grenze überschreiten. Wenn das die Diät erfordernde Leiden zu einem Behinderungsgrad von mindestens 25% führt, ist die Pauschale ohne Kürzung um den Selbstbehalt zu gewähren. Verursacht die Diabeteserkrankung eine Behinderung im Ausmaß von unter 25%, ist der Selbstbehalt abzuziehen (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 35 Anm 30; -G/10).

Es ist daher die Feststellung des Grades der Behinderung durch eine amtliche Bescheinigung gemäß § 35 Abs. 2 EStG 1988 (siehe oben, Punkt 3.) von besonderer Bedeutung. Im Behindertenpass wird der Grad der Behinderung bzw welcher Grad der Behinderung von der Diabeteserkrankung hervorgerufen wird, eingetragen. In einem Parkaus­weis gemäß § 29b StVO erfolgen solche Eintragungen hingegen nicht. Der Parkausweis des Bf kann aus diesem Grund den Behindertenpass nicht ersetzen, selbst wenn die Gehbehinderung des Bf einen Grad von 50% erreicht.

Im vorliegenden Fall kann mangels eines geeigneten Nachweises der Grad der Behinderung in Zusammenhang mit Diabetes nicht ermittelt werden, sodass nicht davon auszugehen ist, dass der durch die Diabetes-Erkrankung hervorgerufene Behinderungsgrad die 25%-Grenze erreicht. Aufgrund der ärztlichen Bescheinigung war daher die Pauschale für die Diätverpflegung zu gewähren, gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung ist aber der Freibetrag zwingend um den Selbstbehalt zu kürzen.

Zu den vom Bf an das BFG übermittelten Unterlagen ist festzuhalten, dass die Entscheidung UFS RV/1210-W/05, die Informationen des Sozialministeriumservice zum Parkausweis sowie die LStR, Rz 847, das Kfz-Pauschale betrifft. Lediglich die LStR, Rz 839h, beziehen sich auf die Krankendiätverpflegung, die auch durch eine Bescheinigung eines Arztes nachgewiesen werden kann. Zu beachten ist aber der 2. Absatz der Rz 839h, der wie folgt lautet:

„Liegt bei einer Einstufung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen eine mindestens 25%ige Behinderung vor und beträgt davon der Anteil der Behinderung wegen des die Diät erfordernden Leidens mindestens 20% …, entfällt der Abzug des Selbstbehaltes im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG 1988. In allen anderen Fällen ist ein Selbstbehalt im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG 1988 abzuziehen.“

Abgesehen davon, dass die Lohnsteuerrichtlinien (LStR) von einer 20%-Grenze ausgehen – wobei die Regelungen der LStR grundsätzlich für das Bundesfinanzgericht nicht bindend sind - folgt auch aus den LStR, dass jedenfalls bei Fehlen einer Bescheinigung des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen ein Selbstbehalt abzuziehen ist.

Dem Begehren des Bf auf Berücksichtigung des Pauschbetrages ohne Abzug des Selbstbehaltes konnte daher in diesem Punkt nicht Folge gegeben werden.

5. Kfz-Freibetrag

Der Bf hat einen Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 vorgewiesen und die Berücksichtigung des Kfz-Freibetrages wegen Gehbehinderung beantragt.

Der entsprechende Pauschbetrag von 2.280 € (190 € x 12) wurde für das Jahr 2013 antragsgemäß in Abzug gebracht, für das Jahr 2012 erfolgte der Abzug erst mittels Beschwerdevorentscheidung.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010, ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körper¬behinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßen­verkehrs­ordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeug­steuer gemäß § 2 Abs 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs 1 Z 12 des Kraftfahr­zeug¬steuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs 3 Z 9 des Versicherungs¬steuergesetzes 1953 nachzuweisen.

Da der Bf aufgrund seines Parkausweises den Kfz-Freibetrag zu Recht ohnehin vom Finanzamt zugesprochen erhalten hat (betreffend 2012 erst mit Beschwerdevorentscheidung), gehen die diesbezüglichen Einwendungen des Bf ins Leere.

6. Rechtskraft von Bescheidteilen 2012

Der Bf machte geltend, es sei seitens des Finanzamtes rechtswidrig, nicht beeinspruchte und somit rechtskräftige Punkte des Einkommensteuerbescheides zu überprüfen und im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

Dazu ist auf § 263 Abs. 1 BAO zu verweisen, wonach ein angefochtener Bescheid mittels Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes nach jeder Richtung abgeändert werden kann.

Die Abänderung des angefochtenen Bescheides „in jeder Richtung“ umfasst auch eine „Verböserung“ (vgl zB ). Wird gegen einen Einkommen­steuerbescheid eine Beschwerde erhoben, wird der Bescheid insgesamt nicht rechtskräftig. Es besteht keine „Teilrechtskraft“ hinsichtlich nicht bekämpfter Punkte.

Die Überprüfung bzw Abänderung von vorerst anerkannten, nicht bekämpften Teilen des Einkommensteuerbescheides 2012 durch die Abgabenbehörde erfolgte daher gesetzeskonform.

7. Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Berufung 2012

Der Bf wendete ein, die Abgabenbehörde habe über die Berufung gegen den Einkommen­steuerbescheid 2012 nicht innerhalb der 6-Monatsfrist entschieden.

Dazu ist festzustellen, dass der Bf die Berufung (datiert mit ) am bei der Post eingeschrieben aufgegeben hat. Am erging die Beschwerdevorentscheidung, die laut Bf am zugestellt wurde. Die 6-Monatsfrist, nach deren Ablauf die Partei gemäß § 284 BAO bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgericht erheben kann, endete erst am .

Darüber hinaus verschickte das Finanzamt am und am Ergänzungs­ersuchen an den Bf und blieb daher nach Eingang der Berufung keineswegs untätig. Eine Verletzung der Entscheidungs­pflicht durch das Finanzamt liegt daher nicht vor.

8. Pensionistenabsetzbetrag

Der Bf beantragte die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages in Höhe von 400 €.

In § 33 Abs. 1 EStG 1988 in der für die Streitjahre gültigen Fassung ist die Steuerberechnung nach Tarif geregelt. Von dieser Tarifsteuer ist gemäß § 33 Abs. 2 EStG 1988 u.a. der in Abs. 6 geregelte Pensionistenabsetzbetrag abzuziehen. Der Pensionistenabsetzbetrag ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf die zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünfte entfällt. Gemäß § 33 Abs. 6 Z 3 EStG 1988 beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 400 €.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass der Pensionistenabsetzbetrag bei der Ein­kommensteuerberechnung nach Tarif nur soweit abgezogen werden kann, bis genau Null erreicht ist. Eine negative Einkommensteuer ist im Zusammenhang mit dem Pensionisten­absetzbetrag nicht vorgesehen.

In den Einkommensteuerbescheiden des Bf wurde der Pensionistenabsetzbetrag gesetzes­konform nicht (Beschwerdevorentscheidung 2012) bzw nur mit 271,87 € (Erstbescheid 2012) und 53,13 € (2013) in Abzug gebracht, weil damit die Tarifsteuer jeweils bereits auf Null vermindert wurde.

Unabhängig von der Steuerberechnung nach Tarif erfolgt die Steuerberechnung von den sonstigen Bezügen (Lohnzettel Kennzahl 220) gemäß § 41 Abs. 4 EStG 1988. Da gemäß § 33 Abs. 2 EStG 1988 der Pensionistenabsetzbetrag nur von der Steuer nach Tarif abzuziehen ist, kann durch den Pensionistenabsetzbetrag keine Kürzung der Steuer von den sonstigen Bezügen erfolgen.

Ergänzend wird dazu auf das Schreiben des Bundesfinanzgerichts an den Bf vom verwiesen.

Dem Begehren des Bf auf Abzug des Pensionistenabsetzbetrages in voller Höhe von 400 € kann somit nicht Folge gegeben werden.

9. Rückzahlung der Steuer von den sonstigen Bezügen

In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden wurde die einbehaltene Lohnsteuer jeweils von der Einkommensteuer (von den sonstigen Bezügen) in Abzug gebracht und wurde die Differenz dem Bf gutgeschrieben. Der Bf strebt nun eine Rückzahlung der gesamten einbehaltenen Lohnsteuer - auch der auf die sonstigen Bezüge entfallenden - an.

Bei der Veranlagung von nichtselbständigen Einkünften ist die Einkommensteuer für die sonstigen Bezüge gemäß § 41 Abs. 4 EStG 1988 gesondert zu berechnen (zur konkreten Berechnung für 2012 und 2013 siehe Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom ). Die einbehaltene Lohnsteuer ist bei der Einkommensteuerveranlagung gemäß § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 anzurechnen.

Rechnerisch kann nur die Differenz zwischen der Einkommensteuer und der anzurechnenden Lohnsteuer rückgezahlt werden. Wie bereits unter Punkt 8. erwähnt, ist eine Kürzung der Einkommensteuer von den sonstigen Bezügen etwa durch den Pensionistenabsetzbetrag (oder andere Abzugsposten) gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Steuer von den sonstigen Bezügen von 82 € im Jahr 2012 und 94,28 € im Jahr 2013 ist daher nicht rückzahlbar.

10. Krankenversicherungsbeitrag für eine ausländische Rente

Der Bf bezieht eine jährliche deutsche Rente in Höhe von 365,16 €. Laut einer vom Bf übermittelten Bestätigung der PVA hat diese im Jahr 2013 einen Betrag von 19,32 € als Krankenversicherungsbeitrag für die deutsche Rente einbehalten. Dieser Betrag ist im Lohnzettel nicht auszuweisen.

Gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 sind neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften andere Einkünfte zu veranlagen, wenn deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 von den anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag bis zu 730 Euro abzuziehen.

Zu den „anderen Einkünften“ gehören u.a. ausländische Pensionen, die in Österreich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu erfassen sind (Baldauf in JAKOM, EStG, § 41 Tz 5).

Die deutsche Rente erreicht nicht den Veranlagungsfreibetrag von 730  € und wurde daher in die Einkommensteuerveranlagung nicht - auch nicht im Rahmen des Progressionsvorbehaltes - einbezogen.

Was den Krankenversicherungsbeitrag für die deutsche Rente betrifft, so sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. 

Der Betrag von 19,32 € ist somit nicht von den inländischen Pensionseinkünften in Abzug zu bringen. Der Krankenversicherungsbeitrag steht mit der steuerfreien deutschen Rente in Zusammenhang und entfaltet wie diese in Österreich keine steuerlichen Auswirkungen.

Dem Begehren des Bf. auf steuerliche Berücksichtigung des Betrages von 19,32 € kann daher nicht gefolgt werden.

Abschließend ist festzuhalten, dass der Abgabenbehörde in allen beanstandeten Punkten eine korrekte, gesetzmäßige Vorgangsweise zu bescheinigen ist. Positiv hervorzuheben sind insbesondere die Beschwerdevorentscheidungen, in denen sich die Abgabenbehörde ausführlich und detailliert mit den Einwendungen des Bf  auseinandergesetzt hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall waren keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, da sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz ergeben bzw das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur d es Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100669.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at