Aufwendungen für Präventivmaßnahmen (Errichtung einer Stützmauer und Tiefendrainage) sind keine außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom , betreffend Einkommensteuer 2011, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit elektronisch eingebrachter Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 machte der Beschwerdeführer (Bf.) ua. außergewöhnliche Belastungen für Katastrophenschäden in Höhe von 17.140,15 € geltend.
Das Finanzamt forderte ihn diesbezüglich zur Nachweisleistung auf. Der Bf. legte daraufhin folgende Unterlagen vor:
1.) Fotos
Auf vier Fotos ist der Zustand nach einer Hangrutschung dokumentiert. Daneben finden sich folgende Erläuterungen: "Durch die schweren Regenfälle der letzten Monate ist im Juni 2009 der gesamt Hang (beginnend unterhalb der Straße) abgerutscht, die Gemeindestraße wurde daraufhin gesperrt und wurde von der Katastrophenstelle geprüft. Nach genaueren Prüfbohrungen durch die Fachabteilung F 19 B Bauhof wurde Herr X von der Landesregierung beauftragt die gesamte Baustelle in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Y zu prüfen, weiteres wurden die Planungsaktivitäten gestartet."
Auf vier weiteren Fotos sind die Grabungsarbeiten am Hang zu sehen. Die Erläuterungen besagen: "Im September 2011 wurden die Grabungsarbeiten begonnen, jedoch wurde die Sanierung der Gemeindestraße aus Kostengründen nicht durchgeführt. Es wurde entschieden, dass eine weitere Hangrutschung nur durch eine Tiefendrainage mit einer Steinmauer als Sicherung, vermieden werden kann."
Auf den letzten vier Fotos sind die Arbeit an der aufgeschichteten Steinmauer und die bereits fertiggestellten Teile der Mauer zu sehen.
2.) Eine Baukostenabrechnung vom , wonach das Amt der Steiermärkischen Landesregierung FA 19 B Baukosten für eine Rutschhangsicherung an den zwei dem Bf. gehörigen Parzellen und an der Parzelle seiner Eltern in Höhe von 53.880,30 € anerkennt und woraus hervorgeht, dass nach Abzug eines Selbstbehaltes von 400 € eine Katastrophenbeihilfe von 50% in Höhe von 26.740,15 € für beide Besitzer gewährt wird.
Dazu wurden noch die bezughabenden Rechnungen und ein Lageplan über die drei betroffenen Parzellen mit Ausweis der Rutschung und der Sicherungsmauer vorgelegt.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuergutschrift mit 377 € fest, wobei keine außergewöhnliche Belastung anerkannt wurde. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass Präventivmaßnahmen wie die Errichtung einer Stützmauer oder einer Steinschlichtung keine gesetzlich gedeckte Beseitigung von Katastrophenschäden darstelle und es dadurch auch zu einer Vermögensumschichtung gekommen sei.
Gegen diesen Bescheid wurde Berufung eingelegt und ausgeführt, dass die Planung der Maßnahme ausschließlich durch das Land Steiermark erfolgt sei. Der Bf. finde, dass die Errichtung einer Stützmauer nicht die Schaffung einer Präventivmaßnahme, sondern die Beseitigung von Katastrophenschäden und eine Hangsicherung darstelle. Folgende Punkte seien noch zu berücksichtigen:
"Kredit von 20.000 € für Hangrutschung musste aufgenommen werden
Wasserbrunnen - Kein Trinkwasser mehr durch Grabungsarbeiten vorhanden
Gesamtkosten bestehen nicht nur aus den Steinen der Steinschlichtung
Absprache mit Land Steiermark (Bauaufsicht) wurde nicht in Wege gezogen"
Der Bf. wurde mit Schreiben vom vom Finanzamt aufgefordert, diese Punkte im Detail zu beschreiben, woraufhin eine Bilddokumentation und umfangreiche Unterlagen über den Kredit, die Abrechnung der Gesamtkosten der Jahre 2011 und 2012 (die nunmehr 61.744,16 € als anerkannte Baukosten auswies), das Erhebungsblatt für die Förderungsbeiträge des Landes, der Förderungsantrag, der Privatschadensausweis, die Verpflichtungserklärung für Katastrophenschäden, die Ausweise über die Probebohrungen und Rechnungen der Jahre 2011 und 2012 vorgelegt wurden.
Am erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung seitens des Finanzamtes, wobei wieder die Errichtung der Steinschlichtung als Vorsorgehandlung angesehen wurde.
Gegen diese Entscheidung wurde ein als Vorlageantrag zu wertendes Schriftstück eingebracht, worin das Unverständnis zum Ausdruck kam, dass nicht einmal ein Bruchteil einer Steuerermäßigung anerkannt wurde. Er habe nie mutwillig diese Hangrutschung selber verursacht, sondern sei diese durch eine Katastrophe ausgelöst worden. Weiters führte er aus, dass noch diverse Aufräumungs- und Wiederherstellungsarbeiten nicht berücksichtigt worden seien, wie:
Wasserschäden im Keller - Einsatz d. Feuerwehr und Helfer
Möbel und Sauna wurden zerstört/beschädigt
Renovierungskosten Keller (Trockenlegung, Farben usw.)
Stromkosten d. Trockengerät
Freilegung der Drainage d. Bagger.
Beigelegt wurden 6 undatierte Fotos mit Ansichten von durch Wasser beschädigte Kellerräumlichkeiten und 3 ebenfalls undatierte Fotos von Baggerarbeiten am Grundstück.
Das nunmehr zuständige Bundesfinanzgericht sah es als nicht sehr wahrscheinlich an, dass die im Vorlageantrag erstmals behaupteten Schadensbehebungen erst im Jahr 2011 angefallen sein sollten und teilte diese Bedenken dem Bf. mit Schreiben vom mit und lud ihn ein, Nachweise über die getätigten Aufwendungen und ihren Zusammenhang mit dem Schadensereignis im Jahre 2009 zu erbringen. Gleichzeitig wurde dem Bf. mitgeteilt, dass bei Nichtvorlage von Nachweisen davon auszugehen sein wird, dass im Jahre 2011 keine weiteren Rechnungen bezahlt wurden. Eine Vorlage von Nachweisen unterblieb.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Am trat infolge intensiver Regenfälle auf dem Grundstück des Bf. und seiner Eltern eine Hangrutschung ein (Privatschadensausweis vom ). Nach Prüfbohrungen durch die Fachabteilung F 19 B des Landes Steiermark im Juli des Jahres 2010 wurden Planungsaktivitäten gestartet. Dabei wurde entschieden, dass die Sanierung der unterhalb des Grundstücks vorbeiführenden Gemeindestraße aus Kostengründen nicht durchgeführt wird und eine weitere Hangrutschung nur durch eine Tiefendrainage mit einer Steinmauer als Sicherung vermieden werden kann. Im September 2011 wurde sodann mit den Grabungsarbeiten für die Drainagen und die Errichtung der Stützmauer auf den Grundstücken begonnen und wurden diese im folgenden Jahr beendet. Die Aufwendungen für diese Rutschhangsicherung wurde durch die Katastrophenhilfe des Landes Steiermark zu 50% gefördert. Für das strittige Jahr 2011 wurden Baukosten für dieses über zwei Grundstücke gehende Projekt in Höhe von 53.880,30 € vom Land Steiermark anerkannt, für das Jahr 2012 kamen noch weitere 7.863,86 € dazu. Für 2011 hatte der Bf. - nach Abrechnung mit der Förderung des Landes Steiermark - anteilig somit 17.140,15 € zu tragen (die gesamte Soll-Leistung der Interessenten betrug nach der Bauabrechnung 27.140,15 €). Diesen Betrag machte er als außergewöhnliche Belastung geltend.
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Das Wort „Beseitigung“ betrifft nicht nur die Kosten für die unmittelbaren Aufräumungs- und Instandhaltungsarbeiten nach einer Katastrophe, sondern auch die Wiederbeschaffungskosten zerstörter oder verlorener Wirtschaftsgüter (Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar, zu § 34 Abs 6 bis 9 EStG, Tz 8). Vorsorgekosten, somit Aufwendungen, um in Zukunft besorgte Katastrophenschäden möglichst gering zu halten oder gänzlich zu vermeiden, fallen nicht unter § 34 Abs 6 (vgl ; ; ). Vorsorgemaßnahmen dienen nicht der "Beseitigung" von Naturkatastrophen und führen grundsätzlich auch nach den allgemeinen Regeln des § 34 zu keiner Steuerermäßigung, weil sie idR nur zu einer Vermögensumschichtung führen (Hofstätter/Reichel, aaO, Tz 6). Bloße Präventivmaßnahmen (wie zB Versicherungsprämien oder die Errichtung einer Stützmauer, ) sind nicht abzugsfähig.
Die vom Bf. vorgelegten Rechnungen betreffen ausschließlich Aufwendungen für ein Bauprojekt zur Rutschhangsicherung, das die Anlage einer Tiefendrainage und die Errichtung einer Steinmauer beinhaltet, wobei mit den Grabungsarbeiten im September 2011 begonnen wurde. Die vorgenommene Hangbefestigung ist als präventive Sicherungsmaßnahme zu sehen, wie sich dies auch nicht zuletzt aus der Beschreibung des Bf. zu den Bildern ergibt, wenn er davon spricht, dass eine weitere Hangrutschung nur durch eine Tiefendrainage mit einer Steinmauer als Sicherung vermieden werden konnte. Ein Abzug der dafür aufgewendeten Kosten als Beseitigung von Katastrophenschäden kommt daher nicht in Betracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jeweils zu Errichtungskosten für eine Stützmauer das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung mit der Begründung verneint, dass die Vorsorge gegen Katastrophenschäden nicht als Aufwand, sondern als eine Form der Vermögensumschichtung zu qualifizieren sei (; ; ). Unter Aufwendungen im Sinne des § 34 EStG 1988 sind nur vermögensmindernde Ausgaben zu verstehen, also solche, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind. Dh. nur "verlorener Aufwand" ist berücksichtigungsfähig; soweit Aufwendungen ein Gegenwert gegenübersteht, sind sie keine "Belastung". Die Drainage und die Errichtung einer Stützmauer hat zu einer Werterhöhung des Grundstückes geführt und wurde damit auch eine Vermögensumschichtung erzielt (vgl. ; ; ).
Andere Aufwendungen für Aufräumungs- und Wiederherstellungsarbeiten, wie sie im Vorlageantrag ohne nähere Konkretisierung aufgeführt wurden, wurden im Zuge des Beschwerdeverfahrens für das Veranlagungsjahr 2011 - trotz diesbzgl. Einladung durch das BFG - nicht nachgewiesen, weshalb die Beschwerde insgesamt gesehen abzuweisen war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage ist durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinlänglich geklärt und folgt das Bundesfinanzgericht dieser Judikaturlinie.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100795.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at