zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2016, RV/4100237/2015

Vertreterbestellung nach § 81 BAO

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/4100237/2015-RS1
Es besteht die gesetzliche Verpflichtung, der Abgabenbehörde gegenüber einen Vertreter namhaft zu machen. Wird dem nicht nachgekommen, kann die Abgabenbehörde ohne erst alle Mitglieder ermitteln und befragen zu müssen, nach freiem Ermessen einen Beteiligten herausgreifen und als Bevollmächtigten behandeln. Sie ist somit nicht verpflichtet, unter den als Vertreter in Frage kommenden Personen einer Miteigentümergemeinschaft eine Eignungsprüfung durchzuführen und diese zu begründen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Ingrid Mainhart in der Beschwerdesache E.F., Adr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom , betreffend Vertreterbestellung nach § 81 Abs. 2 BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom bestellte das Finanzamt gemäß § 81 Abs. 2 BAO mit Wirkung für die Gesamtheit der Miteigentümer E.F. (Beschwerdeführer, in der Folge Bf.) zum Vertreter der Miteigentumsgemeinschaft des Grundstückes X.. Ausdrücklich hingewiesen wurde darauf, dass die Bestellung gilt, solange und soweit nicht eine andere Person der Abgabenbehörde gegenüber als Vertreter namhaft gemacht wird.

In der Begründung dieses Bescheides wurde angeführt wie folgt: "Bei Miteigentumsgemeinschaften (mehrere Eigentümer, z.B. auch Ehegatten oder Partner) sieht das Gesetz – sofern von den Miteigentümern kein gemeinsamer Bevollmächtigter benannt wird – die Bestellung eines Vertreters mit Wirkung für die Gesamtheit der Miteigentümer vor. Da dem Finanzamt gegenüber für Ihre im Betreff angeführte Miteigentumsgemeinschaft bisher keine vertretungsbefugte Person benannt worden ist, werden Sie gemäß § 81 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als Vertreter von Amts wegen bestellt. Feststellungen des Einheitswertes und des Grundsteuermessbetrages ergehen stellvertretend für alle Miteigentümer an Sie."

Weiters wurde in den Erläuterungen ausgeführt, dass die Abgabenbehörde gemäß § 101 Abs. 3 BAO sämtliche Erledigungen, die die Miteigentumsgemeinschaft betreffen, an den genannten Vertreter zustellen kann. Damit gilt die Zustellung an alle Miteigentümer als vollzogen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Eingabe vom eine als Einspruch bezeichnete Beschwerde und führte darin an, dass ein anderer Miteigentümer der in Rede stehenden Liegenschaft zum Vertreter bestellt sei und er selbst sich im pensionsnahen Alter befinde.

Anlässlich eines Telefonates mit dem Bf. hielt das Finanzamt am Folgendes fest: "Es wurde dem Bf. mitgeteilt, dass seine erhobene Beschwerde abgewiesen wird, da seine Begründung, er sei im pensionsnahen Alter, keine ausreichende Begründung darstellt, um der Beschwerde stattzugeben. Weiters wurde ihm die Rechtslage zu Benennung einer vertretungsbefugten Person nach § 81 BAO ausdrücklich erklärt und mitgeteilt, dass die Eigentümer zur Benennung einer vertretungsbefugten Person verpflichtet sind. Kommen die Eigentümer dieser Verpflichtung nicht nach, muss von der Behörde eine vertretungsbefugte Person bestimmt werden. Es wurde ihm angeboten das Formular Bew1 zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten zukommen zu lassen. Dies wurde von ihm abgelehnt. Daraufhin hat er mitgeteilt, dass er auf keinen Fall die Zustellungsbevollmächtigung annehmen wird. Er werde sich noch bei einem Verwaltungsjuristen erkundigen und wieder melden."

Weiters findet sich im Akt ein handschriftlicher Vermerk, dass bis kein Rückruf des Bf. erfolgt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil die in der Beschwerde angeführten Gründe nicht geeignet seien, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Darin führte er aus, dass es seiner Auffassung nach wohl die logischste und natürlichste Sache der Welt sei, dass der ursprüngliche Gesamtbesitzer der Wegparzelle und folgend auch der Verkäufer der einzelnen Weganteile sowie angrenzender Grundstücke und jetzt auch noch Mitbesitzer des in Rede stehenden Weges, Herr A.S., als Vertreter bestellt werde.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im diesbezüglichen Bericht ist ua. Folgendes ausgeführt: "Zum Vorbringen des Bf., dass H.G. (in der Folge H.G.) als Vertreter bestellt sei, wird ausgeführt, dass es richtig ist, dass H.G. am von der Abgabenbehörde als Vertreter bestellt worden ist. Diese Vertreterbestellung war jedoch auf Grund dessen Vorbringens (dass ihm der Bescheid über die Vertreterbestellung nie zugestellt wurde) gemäß § 81 Abs. 3 BAO zu widerrufen. H.G. erwies sich als Vertreter ungeeignet, weil er seinen Hauptwohnsitz in Stockerau hat und nur einige wenige Wochen in Kärnten verbringt; aus verwaltungsökonomischen Gründen wurde der Bescheid über die Vertreterbestellung gemäß § 81 Abs. 3 BAO widerrufen (vgl. Ritz, BAO5, § 81 Tz 5 und ). Zur Vertreterbestellung des Bf. wurde durch die Abgabenbehörde Folgendes erwogen: Der Bf. hat mit einem Anteil von 1/6, neben seiner Gattin, die auch 1/6 Eigentum hat, den größten Anteil an der Liegenschaft. Weiters hat der Bf. den größten Nutzen an der Liegenschaft, da sich die Zufahrt zu zwei im Miteigentum von ihm und seiner Frau stehenden Grundstücken auf dieser Wegparzelle befindet. Zu dem in der Beschwerde vorgebrachten Umstand, dass sich der Bf. im pensionsnahen Alter befinde ist auszuführen, dass der Bf. laut Unternehmensregisterauszug und Einkommensteuerakt aufrechter Geschäftsführer des 4-Sterne Hotels S ist. Da der Bf. in seinem Alter in der Lage ist, ein 4-Stern Hotel zu führen, ist ihm auf jeden Fall zumutbar als Vertreter für die Liegenschaft bestellt zu werden. Zur Begründung des Bf. in seinem Vorlageantrag, dass A.S. als Vertreter bestellt werden soll, ist auszuführen, dass dieser nur noch einen Anteil von 2/30 an der Liegenschaft hat und das angrenzende Grundstück im Gegenteil zum Grundstück des Bf. unbebaut ist.

Der Bf. hat sich zu diesen Ausführungen nicht geäußert.
 

An Sachverhalt steht fest:

1. Beim Grundstück X. handelt es sich um ein unbebautes Grundstück, das als Zufahrtsweg zu zahlreichen Grundstücken dient.

2. Zu diesen Grundstücken zählt auch eines, auf dem der Bf. (auf einer Grundfläche von 4.337 m2) ein Hotel betreibt. 

3. An dem unter Punkt 1 genannten Grundstück ist eine Vielzahl von Personen beteiligt, der Bf. und seine Ehefrau halten jeweils einen Anteil von 1/6, der nächsthöhere Anteil beträgt 2/30.

4. Mit Bescheid vom wurde als Vertreter gemäß § 81 Abs. 2 BAO H.G. bestellt; dieser hält einen Anteil von 2/84 an dem unter Punkt 1 genannten Grundstück. 

4. Mit Bescheid vom wurde die Vertretung des H.G. gemäß § 81 Abs. 3 BAO unter Hinweis auf wichtige Gründe widerrufen; dies auf Grund eines aus dem Jahr 2012 verfassten Vermerkes auf ein Schreiben des Genannten vom hin, H.G. sich als Vertreter deshalb als ungeeignet erweist, weil er seinen Hauptwohnsitz in Niederösterreich hat und nur "einige Wochen im Jahr" in Kärnten verbringt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:
Gemäß § 81 Abs. 1 BAO sind abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

Kommen zur Erfüllung der in Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinne des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen (§ 81 Abs. 2 BAO).

Nach Abs. 3 der angeführten Gesetzesbestimmung ist die Bestellung, sobald und soweit die Voraussetzungen für die Bestellung eines Vertreters nachträglich weggefallen sind, zu widerrufen. Ein Widerruf kann auch dann erfolgen, wenn aus wichtigen Gründen eine andere in Betracht kommende Person von der Abgabenbehörde als Vertreter bestellt werden soll.

Das Gesetz lastet die Verpflichtung zur Erfüllung der Pflichten einer Personenvereinigung (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) vorrangig den Personen an, die von der Personenvereinigung hierfür vorgesehen und bestimmt sind, nämlich den von der Personenvereinigung "zur Führung der Geschäfte bestellten Personen" und folgt damit dem Willen der Mitglieder. Nur wenn nach dieser Regel mehrere Personen in Betracht kommen, so ist aus der Mitte der Mitglieder ein gemeinsamer Bevollmächtigter (Drittorgan) der Abgabenbehörde gegenüber als Vertretungsbefugter namhaft zu machen. Es ist aber auch zulässig, dass eine andere Person als der in Betracht kommende Vertreter als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Für die Abgabenbehörde muss jedenfalls die Möglichkeit bestehen, mit der Personenvereinigung wirksam in Verhandlung treten zu können und die Personenvereinigung als solche wirksam verpflichten zu können.

Wurde kein Geschäftsführer (im weiteren Sinn) der Abgabenbehörde gegenüber als Vertreter benannt, so ist die gesetzliche Verpflichtung aufrecht, der Abgabenbehörde gegenüber jedenfalls einen Vertreter namhaft zu machen. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, es bedarf keiner besonderen Aufforderung der Behörde. Sie kann daher unter der Voraussetzung des Absatzes 2, zweiter Satz, ohne erst alle Mitglieder ermitteln und befragen zu müssen, nach freiem Ermessen einen Beteiligten herausgreifen und als Bevollmächtigten behandeln. Im berufungsgegenständlichen Fall handelt es sich um eine Grundstücksgemeinschaft. Die Abgabenbehörde ist nicht verpflichtet, unter den als Vertreter in Frage kommenden Personen einer Miteigentümergemeinschaft eine Eignungsprüfung durchzuführen und diese zu begründen ().

Das Finanzamt hat in seiner Beschwerdevorentscheidung festgehalten, dass die vom Bf. vorgebrachten Gründe gegen seine Bestellung als Vertreter nach § 81 Abs. 2 BAO nicht geeignet sind, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Die dafür maßgebenden Gründe hat das Finanzamt in seinem Vorlagebericht detailliert erläutert.

Den Erwägungen des Finanzamtes kann im gegenständlichen Fall schon deshalb nicht entgegengetreten werden, weil der Bf. - neben seiner Ehefrau - den größten Anteil an der in Rede stehenden Liegenschaft hat; dasselbe gilt für die Argumentation des Finanzamtes, dass der Bf. als Hälfteeigentümer eines an die gegenständliche Liegenschaft angrenzenden Grundstückes (deren zweite Hälfte im Eigentum der Ehefrau des Bf. steht) den größten Nutzen aus der gegenständlichen Liegenschaft hat. Die vom Bf. ins Treffen geführten persönlichen Gründe sind indes schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Bf. im vollen Erwerbsleben steht. Für das Bundesfinanzgericht bestehen somit keine Bedenken gegen die vorgenommene Vertreterbestellung.

Wenn sich der Bf. gegen seine Bestellung (in Form einer Beschwerde) widersetzt, ist auszuführen, dass die mit einer Vertreterbestellung einhergehenden Mühen und Kosten jeden Miteigentümer gleichmaßen treffen würden. Eine persönliche Ungleichbehandlung kann darin nicht erblickt werden, zumal das Finanzamt seine Auswahl (trotz des Umstandes, dass es in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertreter nach § 81 Abs. 1 BAO keinerlei Beschränkungen unterliegt) detailliert begründet hat.

Der Beschwerde war somit der Erfolg zu versagen.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.4100237.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at