Vom Universitätsrat initiiertes Stipendium für das Verfassen einer Dissertation durch Universitätsassistenten ist einkommensteuerpflichtig
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2016/15/0070. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben, im Übrigen wird sie abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Einkommensteuerbescheid des Herrn Bf. (in der Folge auch Beschwerdeführer / Bf. genannt) für das Jahr 2013 erging am auf Grund der elektronisch eingereichten Steuererklärung, die Arbeitnehmerveranlagung ergab eine Nachforderung von 93 €, da der Bf. von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten habe.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer die Beschwerde mit der Begründung, dass auch Mieteinkünfte bei der Bemessung der Einkommensteuer zu veranlagen seien, weiters sei die Werbungskostenpauschale für politische Mandatare zu berücksichtigen, da er Gemeinderat der Marktgemeinde X sei. Außerdem sei von seinem Gehalt für eine nicht steuerpflichtige Zahlung seines Arbeitgebers zu Unrecht Lohnsteuer abgeführt worden, diese sei auf seinem Lohnzettel unter der Bezeichnung „4974 Nebent. Forsch.Stp. lfd.SZ“ angeführt. Es handle sich dabei um ein Stipendium der Bank, die damit in Zusammenarbeit mit der Universität A seine Dissertation fördere. Der Bf. beziehe dieses Stipendium monatlich seit Oktober 2013. Solange er bei der Universität A beschäftigt sei, erfolge die Auszahlung des Stipendiums gemeinsam mit seinem Gehalt. Das Stipendium unterfalle keiner der sieben Einkunftsarten des EStG.
Seit dem Wintersemester 2010/2011 betreibe der Bf. das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften. Seit Anfang 2011 würde er sich mit seinem Dissertationsprojekt „ Y“ beschäftigen. Seit Juni 2012 sei er als Universitätsassistent an der Universität A beschäftigt (halbtags – 20 Stunden).
Im September 2013 sei ihm auf Grund einer Bewerbung vom März desselben Jahres für sein Dissertationsprojekt das ggst. Stipendium zuerkannt worden (beiliegende Stipendiatenvereinbarung vom ). Die Mittel dafür würden von der Bank stammen, die Auszahlung erfolge über die Universität A. In der Stipendiatenvereinbarung werde ausdrücklich festgehalten, dass durch die Gewährung des Stipendiums kein Dienstverhältnis zur Universität begründet werde. Die Universität behandle allerdings – inkonsequenterweise – das Stipendium solange als Gehaltsbestandteil und führe davon Lohnsteuer ab, solange auf Grund eines anderen Rechtstitels ein Dienstverhältnis zur Universität A besteht.
Bei der Arbeit am Dissertationsprojekt sei er an keine Weisungen gebunden. Er habe durch die Gewährung des Stipendiums keine zusätzlichen Anwesenheitspflichten auf der Universität. Das Stipendium habe auf seine Arbeit als Universitätsassistent keine Auswirkungen, sein Alltag habe sich durch die Gewährung des Stipendiums nicht verändert.
Die Verpflichtung zur Abfassung einer Dissertation ergebe sich bereits aus seinem Arbeitsvertrag; er habe 50% seiner Arbeitszeit seiner Dissertation zu widmen. Auch in seiner Freizeit arbeite er viel an seiner Dissertation. Dies entspreche dem gewöhnlichen Bild eines Halbtagsassistenten. Eine Nebentätigkeit sei unüblich. Das Einkommen als Universitätsassistent übersteige das zur Deckung eines standesgemäßen Unterhalts Erforderliche. Das Stipendium verdränge keine anderen Einkommen.
Aus der Stipendiatenvereinbarung schulde er keinen Erfolg, er habe nur einmalig an einem 15-minütigen Forschungskolloquium teil zu nehmen. Dass im Falle der Fertigstellung der Dissertation ein Exemplar der Universität zu überlassen sei, ergebe sich bereits aus der Studienordnung. Würde das Dissertationsprojekt scheitern, müsse er das Stipendium nicht zurückzahlen.
Neben dem Stipendium dürfe gemäß den Ausschreibungsbedingungen ein Erwerbseinkommen bezogen werden, wenn der Arbeitsbereich zum Forschungsbereich des Dissertationsprojektes gehöre und dieses dadurch nicht gefährdet werde. Dies sei typischerweise bei Universitätsassistenten der Fall. Deren gewöhnliche Tätigkeit werde durch den Bezug des ggst. Stipendiums nicht berührt (im Gegensatz zum Stipendium im Fall ).
Umgekehrt sei die Gewährung des Stipendiums aber auch unabhängig vom Bestand des Dienstverhältnisses. Im Ergebnis sei das Stipendium kein durch das Dienstverhältnis veranlasster Bezug, ebensowenig habe das Stipendium Einkommensersatzfunktion.
Der Beschwerdeführer beantragt eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Mieteinkünfte sowie die Werbungskostenpauschale berücksichtigt werden und für das genannte Stipendium keine Einkommensteuer vorgeschrieben wird.
Lt. vorgelegter Stipendiatenvereinbarung vom gewährt die Universität A dem Bf. ein Forschungsstipendium aus dem JungforscherInnenfonds der Bank.
Im Pkt. 3. dieser Stipendiatenvereinbarung ist geregelt, dass das Stipendium der Förderung des von dem Stipendiaten durchgeführten Dissertationsprojektes mit dem Thema „ Y“ dient.
Pkt. 8. lautet: „Für die Dauer eines Dienstverhältnisses zur Universität A und dem gleichzeitigen Bezug eines Stipendiums erhält der Stipendiat das Stipendium unter Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen.“
Laut der Medieninformation der Bank vom werden junge ForscherInnen zum wiederholten Mal von der Bank und vom Universitätsrat finanziell unterstützt, wobei vier namentlich genannte Stipendiaten (darunter der Beschwerdeführer) je 24.000 € von der Bank und eine Doktorandin ebenfalls 24.000 € vom Universitätsrat erhalten.
In einem E-Mail vom teilte der zuständige Jurist im Personalressort der Universität A mit, dass sich die Grundlage für die steuerpflichtige Auszahlung der Stipendien des JungforscherInnenfonds (betreffend insbesondere den Bf.) aus der Rz 33 der Lohnsteuerrichtlinien ergebe. Da der Bf. an der Universität angestellt sei, seine Dissertation Teil seiner arbeitsvertraglichen Pflichten darstelle und er das besagte Stipendium für ebendiese Dissertation erhalte, könne man hier gemäß Pkt. 2.der LStR keine Trennung vornehmen und es könne nicht zu einer steuerfreien Auszahlung des Stipendiums kommen.
Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung beruhe auf einer Auskunft der Sozialversicherung, die auf Basis des Erkenntnisses des VwGH 2001/08/0104 fuße, wonach das Stipendium bei der Bildung der Beitragsgrundlage zu berücksichtigen sei.
Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung teilweise statt und berücksichtigte die Mieteinkünfte in Höhe von 2.932,88 € sowie Werbungskosten von 586,73 €. In der Begründung wird ausgeführt, dass dem Anliegen auf Steuerfreiheit für das Stipendium nicht entsprochen werden könne, es wird auf das mit dem Bf. geführte Telefonat und die schriftliche Stellungnahme vom der bezugsauszahlenden Stelle Uni A verwiesen.
Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der ergänzenden Begründung, dass nunmehr lediglich der Punkt „Steuerfreiheit für das Stipendium“ in Streit stehe.
Das Finanzamt übermittelte dem Bundesfinanzgericht mit dem Vorlagebericht auch eine Information zu Forschungsbeihilfen der TU B, in dem die Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Beihilfen aufgelistet werden.
Das Bundesfinanzgericht führte folgende weitere Ermittlungen durch:
Auf der Internetseite https://unirat.uni-A.at/de/jungforscherinnenfonds ist folgender Eintrag zu finden:
„Der Fonds geht auf eine Initiative von Mitgliedern des Universitätsrates im Jahr 2004 zurück, die ihre Vergütungen für die Forschungsförderung zur Verfügung stellen. Als Förderpartner konnte im Jahr 2005 die Bank. gewonnen werden. Zweck des Fonds ist die gezielte Förderung junger Forscher und Forscherinnen, die in Zusammenarbeit mit einer Forschungseinrichtung der Universität A ein wissenschaftliches Projekt planen. ………… „
Der Universitätsrat gehört neben dem Rektorat und dem Senat zu den obersten Leitungsorganen der Universität (siehe https://unirat.uni-A.at ).
Weiters beantwortete der Bf. die in einem Vorhalteverfahren, vom Bundesfinanzgericht gestellten Fragen wie folgt:
„1. a) Weder die mit der Verwaltung des streitgegenständlichen Stipendiums befasste Stelle der Uni A (Universitätsrat) noch die Subventionsgeberin, die Bank., übten inhaltlich oder organisatorisch Einfluss auf die Erstellung der Dissertation aus.
b) Mein Vorgesetzter, Herr Univ.-Prof. Dr. C D, übte inhaltlichen Einfluss aus dem Grund aus, da er Erstbetreuer der Dissertation ist. Gespräche über meine Dissertation fanden alle sechs bis neun Monate, jeweils durchschnittlich eine Stunde, und nur auf meine Initiative hin statt. Der Einfluss des Zweitbetreuers, Herrn Univ.-Prof. Dr. E F von der Universität B, war stärker als der Einfluss des Erstbetreuers, da der Zweitbetreuer selbst zu dem Thema der Dissertation forscht und sich zeigte, dass sein Interesse am Thema erheblich stärker ist.
Prof. D übte auf die Erstellung meiner Dissertation keinen organisatorischen Einfluss aus. Er war nur in der Lage, mich zu meinen Arbeitszeiten (Mittwoch bis Freitag) von der Arbeit an der Dissertation abzuhalten – und zwar, indem er mir (entsprechend meiner Hauptaufgabe gemäß Arbeitsvertrag) der Lehr-, Verwaltungs- und Forschungstätigkeit des Instituts dienende Arbeitsaufträge erteilte. Soweit die Arbeitszeit von derartigen Aufträgen freiblieb, arbeitete ich an meiner eigenen Forschung (siehe Frage 3). Hauptsächlich arbeitete ich an meiner Dissertation außerhalb meiner Arbeitszeiten (also Montag, Dienstag und fallweise am Wochenende, dann in der Regel zuhause).
2. Der Subventionsgeber enthält keinerlei Rechte an der Dissertation.
3. Meine Tätigkeit an der Universität A gestaltete sich wie folgt: Ich war als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt und dem Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft zugeteilt, mein Vorgesetzter war Univ.-Prof. Dr. C D. Ich war teilzeitbeschäftigt (20 Stunden / Woche; kurzzeitig, nämlich Mai bis September 2013, war ich auf 27 Stunden aufgestockt), und meine Arbeitstage waren Mittwoch, Donnerstag und Freitag (Gleitzeit). Meine Aufgabe bestand in der Mitarbeit an der Lehr-, Verwaltungs- und Forschungstätigkeit des Instituts. Die Mitwirkung an der Lehre bestand zum einen Teil in der Prüfungsaufsicht und im Vorkorrigieren der Fachprüfungen von Prof. D, zum anderen Teil im Halten eigener Lehrveranstaltungen (nämlich zwei Semesterstunden pro Jahr). Die Forschung von Prof. D unterstützte ich durch Recherchieren, Entwerfen von Texten, Diskussion und Korrekturlesen. Außerdem konnte ich gem. Pkt. 4.2 meines Arbeitsvertrages, der auf § 49 Universitäten-KV verweist, einen Teil meiner Arbeitszeit für selbständige Forschung verwenden (also für die Dissertation und für einige Aufsätze; ich schrieb zwei Aufsätze für Fachzeitschriften und zwei für Sammelbände; insgesamt habe ich wohl ca. drei Viertel der für eigene Forschung zur Verfügung stehenden Zeit für die Dissertation und den Rest für Aufsätze aufgewendet). Dieser Anteil an meiner Arbeitszeit schwankte je nach sonstiger Belastung stark. Im Durchschnitt werden von den 20 Stunden wohl zwischen 5 und 7 Stunden für eigene Forschung übrig geblieben sein, wobei festzuhalten ist, dass mein Vorgesetzter hier überdurchschnittlich großzügig war (bei anderen Professoren bleibt den wissenschaftlichen Mitarbeitern häufig gar keine Arbeitszeit für die Dissertation übrig). Den weitaus größten Teil der für die Dissertation notwendigen Zeit musste auch ich außerhalb meiner Arbeitszeit, und somit in meiner Freizeit, aufbringen.
4. Mein Doktoratsstudium verlief wie folgt:
September 2010 – Abschluss des Diplomstudiums
Wintersemester 2010/11 – Inskription für das Doktoratsstudium
Juni 2010 bis März 2011 – Zivildienst, Studium ruhte faktisch
April 2011 – Festlegung des Dissertationsthemas
April - Mai 2011 – Marktgemeinde X, Praktikum (Teilzeit)
Juni 2011 bis Mai 2012 – Konzentration auf Dissertation, – vereinzelte geringfügige Erwerbstätigkeiten
November 2011 – Defensio des Dissertationsthemas
Juni 2012 – Beginn meines Dienstverhältnisse an der Uni A
September 2013 – August 2015 – Gewährung des streitgegenständlichen Stipendiums
April 2016 – Einreichung meiner Dissertation, Beurteilung folgt
Mai 2016 – Ende meines Dienstverhältnisses an der Uni A (Ablauf des 4-Jahres-Vertrags).
Ergänzendes Vorbringen:
a) Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom , 2011/13/0060 ausgesprochen, dass der Bezug eines APART-Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften keine Teilnahme am Wirtschaftsleben in der Form eines Güter- oder Leistungsaustausches bedeute, weshalb es nicht der Einkommensteuer unterliege. Dasselbe gilt für das hier streitgegenständliche Stipendium: Die Arbeit an der Dissertation und der darüber zu erstattende, kurze mündliche Bericht lassen sich nicht als Leistungserbringung zur Befriedigung einer Nachfrage deuten.
b) Irrelevant ist, wer im vorliegenden Fall tatsächlich als Subventionsgeber anzusehen ist; der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Bank. das Stipendium finanziert und in jeder Hinsicht als Subventionsgeber auftritt (vgl. die Überschrift der Stipendiatenvereinbarung, die beiliegende Ausschreibung sowie die im Akt erliegende Medienmitteilung vom ). Die Bezeichnung der Universität A in der Stipendiatenvereinbarung sowie die Abwicklung der Auszahlung durch dieselbe dient nur der Entlastung der Bank von der entsprechenden Bürokratie.
c) Nochmals sei auf die völlige Unabhängigkeit des Stipendiums vom Arbeitsvertrag hingewiesen:
i. Der aufrechte Arbeitsvertrag auf der Universität war bei der Bewerbung um das Stipendium eher ein Nachteil (inzwischen wurden Universitätsbedienstete vom Bezug des Stipendiums sogar ausdrücklich ausgeschlossen), da erstens der Zweck des Stipendiums darin besteht, Begabten das Doktoratsstudium finanziell zu erleichtern (während bei Universitätsbediensteten angenommen wird, dass sie bereits aufgrund ihres Dienstbezugs ihr Auskommen haben), und zweitens angenommen wird, dass bei einem aufrechten Dienstverhältnis zu wenig Zeit für die Dissertation bleibt. Hätte ich eine Vollzeitstelle auf der Universität gehabt, wäre mir das Stipendium keinesfalls gewährt worden.
ii. Auch bleiben das Ende des Stipendiums auf den Arbeitsvertrag und das Ende des Arbeitsvertrages (und sei es auch ein Ende durch Entlassung!) auf das Stipendium ohne Einfluss.“
Als Beilagen zur Vorhaltsbeantwortung wurden die Ausschreibung des Stipendiums 2013/2016 und der Arbeitsvertrag des Bf. mit der Universität A vom vorgelegt.
Die Ausschreibung 2013/2016 enthält auszugsweise folgenden Inhalt:
„Gefördert werden junge Forscherinnen und Forscher, die im Zusammenhang mit einer Forschungseinrichtung der Universität A ein wissenschaftliches Projekt planen (z. B. Dissertation oder Post Doc). Ein Anstellungsverhältnis der Bewerberinnen und Bewerber während der Laufzeit der Förderung ist kein Hindernis, sofern der Arbeitsbereich zum Forschungsbereich des Projektes gehört und die Arbeitszeit die Erreichung der vereinbarten Ziele nicht behindert. Zu beachten ist daher, dass das Stipendium ebenso wie das Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis der Einkommensteuer und Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die für die Forschung zuständigen Dekane erstellen aus den eingereichten Unterlagen in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Fachbereich eine Vorschlagsliste (Kriterienerfüllung und Förderwürdigkeit) und benennen je einen externen Gutachter zur Evaluation der drei erstgereihten Projekte.
Der Förderbeirat, dem ein Mitglied des Universitätsrates, ein/e Vertreter/in der Bank und der Vizerektor für Forschung angehören, entscheidet über die Vergabe der Fördermittel.
Die Fördermittel werden im Auftrag des für Forschung zuständigen Vizerektors durch das Forschungsmanagement und –service der Universität A verwaltet.
Im Arbeitsvertrag ist die Tätigkeit des Bf. wie folgt angeführt:
„Der Arbeitnehmer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter gem. § 100 UG 2002.
Der Arbeitnehmer wird als Universitätsassistent aufgenommen und hat sich im Rahmen der Tätigkeit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend an Lehre, Forschung und Administration der Organisationseinheit ausgewogen zu beteiligen. Sein Aufgabenbereich umfasst somit insbesondere:
- Mitarbeit bei Forschungs-, Lehr- und Verwaltungsaufgaben der Organisationseinheit (zB Mitarbeit bei Prüfungen, Betreuung von Studierenden; Mitarbeit an Evaluierungsmaßnahmen);
- Selbstständige Forschungstätigkeit sowie selbstständige Durchführung von Lehrveranstaltungen im durch § 49 Universitäten-KV vorgegebenen Ausmaß.
……………..
Dem Arbeitnehmer ist im Rahmen der Normalarbeitszeit seiner Qualifikation entsprechend Zeit zur Erbringung eigener wissenschaftlicher Leistungen, insbes. Verfassen einer Dissertation, einzuräumen. ……………..“
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am führte der Beschwerdeführer nach Befragen durch die Richterin ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen aus, dass er plane, gegen die bezahlten Sozialversicherungsbeiträge erst nach Abschluss des ggst. Verfahrens Beschwerde einzubringen, dass er auch in Hinsicht des Inhaltes der Homepage des Universitätsrates zum JungforscherInnenfonds seine Beschwerde aufrecht halte, da sein Stipendium von der Bank finanziert worden sei und der Universitätsrat ein anderes Stipendium zur Verfügung stelle, dass das Thema seiner Dissertation nicht im Rahmen eines Forschungsprojektes seines Institutes ausgewählt worden sei und dass trotz Hinweis in der Ausschreibung für das Stipendium und in der Stipendiatenvereinbarung der Abzug der Einkommensteuer und der Sozialversicherungsbeiträge auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Universität begründet gewesen sei, da sich die Universität auf die Lohnsteuerrichtlinien bezogen habe und mittlerweile der VwGH diesen Passus der LStR als rechtswidrig erklärt habe.
Der Vertreter des Finanzamtes brachte ergänzend zum bisherigen Vorbringen vor, dass der Bf. ein Dienstverhältnis gehabt habe, das „schädlich“ sei und dass die Grenze zur Selbsterhaltungsfähigkeit aus dem Studienbeihilfengesetz von jährlich 7.272 € überschritten worden sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 idgF ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung regelt, dass das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104, 105 und 106a ist.
Nach Abs. 3 Z 4 dieser Gesetzesbestimmung unterliegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) der Einkommensteuer.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer Bezüge oder Beihilfen
a) aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung oder einer unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftung wegen Hilfsbedürftigkeit
b) aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung oder einer Privatstiftung zur unmittelbaren Förderung der Kunst (Abgeltung von Aufwendungen oder Ausgaben)
c) aus öffentlichen Mitteln, aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung oder einer Privatstiftung oder aus Mitteln einer in § 4a Abs. 3 genannten Institution zur unmittelbaren Förderung von Wissenschaft und Forschung (Abgeltung von Aufwendungen oder Ausgaben)
d) aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln eines Fonds im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 2 für eine Tätigkeit im Ausland, die der Kunst, der Wissenschaft oder Forschung dient
e) nach dem Studienförderungsgesetz 1992 und dem Schülerbeihilfengesetz 1983
befreit.
Nach § 25 Abs. 1 Z 1a erster Satz EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Nach Abs. 2 ist es bei den Einkünften im Sinne des Abs. 1 unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.
Nach dem Prinzip der sachlichen Universalität unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich das gesamte - am „Markt“ erworbene - Einkommen des Steuerpflichtigen (vgl. Doralt/Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG17, § 2 Tz 1/1).
Steuerfreie Einkünfte (zB § 3 oder § 27 Abs. 3) gehören nicht zum Einkommen (), obwohl sie grundsätzlich einer Einkunftsart des § 2 Abs. 3 zuzurechnen wären. Sie werden aus bestimmten Gründen (zB sozial- oder kulturpolitische Erwägungen) nicht der sachlichen Einkommensteuerpflicht unterworfen ( und vgl. auch Doralt/Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG17, § 2 Tz 5).
Immer mehr Institutionen (wie etwa die Österreichische Akademie der Wissenschaften, Universitäten, Fonds und Stiftungen) haben zum Ziel, die Wissenschaft durch Unterstützung von Projekten zu fördern. Diese Förderungen sollen näher auf ihre Steuerbarkeit und Steuerpflichtigkeit) untersucht werden. Hiefür ist es zweckdienlich, die für solche Projekte gewährten Stipendien in Gruppen zu untergliedern, und zwar in die der Dissertations- und Diplomarbeits-Stipendien und in die der Forschungs-Stipendien.
Zur Gruppe der Forschungs-Stipendien werden jene Stipendien zu zählen sein, die die postdoktoralen Forschungsvorhaben von (ausgebildeten) Wissenschaftern fördern, zu den Dissertations- und Diplomarbeits-Stipendien gehören - wie ihr Name bereits sagt - die für die Anfertigung von Dissertationen und Diplomarbeiten gewährten Stipendien.
Die Forschungs-Stipendien sind für qualifizierte Wissenschafter gedacht, die bereits ihr Doktorat erworben haben und nunmehr ein Forschungsprojekt betreiben möchten, um sich zu habilitieren oder die bislang gewonnenen Erkenntnisse zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Je nach Höhe der finanziellen Unterstützung sind diese Stipendien entweder als Ersatz der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten gedacht, um den Stipendiaten zu ermöglichen, sich ausschließlich (hauptberuflich) dem Forschungsprojekt zu widmen, oder lediglich als finanzielle Unterstützung eines neben einer anderen hauptberuflichen (der Lebenserhaltung dienenden) Tätigkeit betriebenen Forschungsprojektes. Im ersten Fall verpflichten die Stipendiatsstatuten in der Regel den Stipendiaten sogar, keine andere Tätigkeit daneben auszuüben. Allen diesen Forschungs-Stipendien ist gemein, dass durch ihren Erhalt keine Rechte und Pflichten des Subventionsgebers am Forschungsprojekt begründet werden. Üblicherweise ist eine Berichterstattungspflicht des Stipendiaten über den Fortgang des Projektes vorgesehen.
Innerhalb der Gruppe der Dissertations- und Diplomarbeits-Stipendien wird zwischen Stipendien mit Mitwirkungsverpflichtung an eigenen Forschungsprojekten des Subventionsgebers und ohne solcher Verpflichtung zu unterscheiden sein.
…………………….
Auf ihre Erfassung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden nur jene Stipendien zu untersuchen sein, bei denen die Dissertanten/Diplomanden in Forschungsprojekte der Institute einbezogen werden und gleichzeitig die Möglichkeit erhalten, im Rahmen dieser Aufgabenstellung auch für ihre eigene Dissertation/Diplomarbeit tätig zu werden. Ihre hiefür erhaltenen Bezüge stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, und zwar Bezüge aus einem bestehenden Dienstverhältnis (§ 25 Abs. 1 Z 1 lit a EStG), wenn die für ein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG wesentlichen Merkmale tatsächlich gegeben sind. Die förmliche Vereinbarung bzw. der ausdrückliche Ausschluss eines Dienstverhältnisses ist für die einkommensteuerliche Beurteilung der Begründung eines solchen unbeachtlich, vielmehr muss ein solches aus der Sicht eines objektiven Dritten nach den tatsächlichen Gegebenheiten vorliegen.
……………….
Von einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG wird auszugehen sein, wenn der Stipendiat die Forschungstätigkeit unter der Leitung des Institutes zu vollziehen hat, also wenn das Institut ihm vorgibt, wo, wann und in welcher Weise er tätig zu werden hat. Weiters sprechen für ein solches Über- und Unterordnungsverhältnis die Vorgabe von bestimmten Arbeitszeiten (wenn auch als Gleitzeit), das Ausmaß der in der Woche, Monat zu erfüllenden Arbeitszeit, die Verpflichtung der Absprache des Urlaubes mit dem Institut.
Ist dem Stipendiaten hingegen eine weit gehende persönliche Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der organisatorischen Gestaltung des Einsatzes seiner Arbeitskraft eingeräumt, werden Weisungen nur im Rahmen des Projektes und der zu verfolgenden Programme und Ziele der angewendeten Forschungstechniken und Methoden erteilt, ist der Stipendiat nicht persönlich, vor allem nicht hinsichtlich Ort, Art und Zeit der Tätigkeit, hinsichtlich der Disposition über seine persönliche Arbeitskraft, die er schuldet, weisungsgebunden, wird das Entgelt nicht für die Zurverfügungstellung der persönlichen Arbeitskraft, hingegen für die Erbringung bestimmter Leistungsergebnisse gezahlt, so fehlt es an der dienstnehmertypischen Eingliederung, an dem für das Wesen eines Dienstverhältnisses typischen Über- und Unterordnungsverhältnis. Agiert er nämlich dergestalt, so schuldet er dem Institut keinesfalls seine Arbeitskraft, sondern einen bestimmten Arbeitserfolg, der zumindest zum Teil in der Erfüllung seiner sich selbst gesteckten Forschungsziele liegt, wenn sie auch einen Teilausschnitt eines größeren, von dem jeweiligen Institut betriebenen Forschungsprojektes bilden (vgl. Schartel-Hlavenka, ÖStZ 1996, 18 und zitiert in ).
Lohnsteuerpflicht besteht dann, wenn der Arbeitgeber die Höhe des Entgelts von dritter Seite bestimmt bzw. die Leistung des Dritten veranlasst ().
Besteht also ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Einkunftsart, so unterliegt Entgelt von Dritten der Einkommensteuer.
Im hier zu beurteilenden Fall besteht zwischen dem vorliegenden, im Streitjahr aufrechten Dienstverhältnis des Bf. zur Universität A nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine finale Verknüpfung zum Stipendienbezug. Der JungforscherInnenfonds wurde ursprünglich durch eine Initiative von Mitgliedern des Universitätsrates, der zu den obersten Leitungsorganen der Universität gehört, ins Leben gerufen, wobei zwar zur besseren Finanzierung eine Bank als Förderpartner gewonnen werden konnte, aber lt. Stipendiatenvereinbarung vom gewährt die Universität A dem Bf. ein Forschungsstipendium aus dem JungforscherInnenfonds der Bank. Der Bf. hat sich vertraglich mit dem Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen einverstanden erklärt, sowohl die Verwaltung der Stipendien, als auch die Auszahlung an den Bf. erfolgte durch seinen Arbeitgeber. Darüber hinaus fiel das Verfassen der Dissertation lt. Arbeitsvertrag zumindest teilweise in die Arbeitszeit und der Bf. erhielt genau für diese Tätigkeit, nämlich für das „Verfassen der Dissertation“ das Stipendium. Das Thema der Dissertation war nach Angaben des Bf. zwar nicht im Zusammenhang eines Forschungsprojektes des Institutes zu sehen, aber durch die Möglichkeit, im Rahmen der Arbeitszeit als Universitätsassistent auch für das Verfassen der eigenen Dissertation Zeit eingeräumt zu erhalten, steht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der Bezug des Stipendiums für das Verfassen derselben Dissertation mit der unselbständigen Haupttätigkeit des Bf. in wirtschaftlichen Zusammenhang, sodass es aus diesem Grund zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG 1988 zu zählen ist und somit der Einkommensteuer unterliegt. Im Übrigen entnimmt man den Ausschreibungsunterlagen des Stipendiums, dass bei einer Tätigkeit des Stipendiaten der Arbeitsbereich zum Forschungsbereich des Projektes gehören muss.
Die Befreiung für die Beihilfe nach § 3 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 kann im hier zu beurteilenden Fall nicht angewendet werden, da die dort genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Zum Vorbringen des Bf., dass der VwGH in seiner Entscheidung vom , 2011/13/0060 ausgesprochen hat, dass der Bezug eines APART-Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften keine Teilnahme am Wirtschaftsleben in der Form eines Güter- oder Leistungsaustausches bedeute, weshalb es nicht der Einkommensteuer unterliege, wird festgestellt, dass der hier vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar ist mit dem des ggst. Falles. In der Begründung des vorhin genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgeführt, dass der Stipendienbezieher in keinem aufrechten Dienstverhältnis stand und das Verfassen einer Dissertation keine Berufsausübung im Sinne des § 22 EStG 1988 (selbständige Tätigkeit) darstellt.
Im Erkenntnis des , wird festgestellt, dass ein dienstfrei gestellter Universitätsassistent, der ein Forschungsstipendium erhielt, nicht Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.
Soweit das Finanzamt auf die Lohnsteuerrichtlinien verweist, wird festgestellt, dass in Erlässen geäußerte Rechtsansichten des BMF mangels Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt rechtlich nicht verbindlich sind, dasselbe gilt für die Information der TU B.
Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis (einen Beschluss) des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Zorn in RdW 2018/610 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.2101382.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at