Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach Klaglosstellung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterdesBFG hinsichtlich der Säumnisbeschwerde der Bf, Straße_1, Ort_1, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt betreffend den Antrag vom auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 44 Familienlastenausgleichsgesetz beschlossen:
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 284 Abs 2 letzter Satz BAO, BGBl. Nr. 194/1961 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 105/2014, eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahren vor dem Finanzamt (FA)
1 Mit Anbringen vom per FA-Online wandte sich die Beschwerdeführerin (Bf) gegen die Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen nach österreichischen Rechtsvorschriften gemäß § 44 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) und stellte den Antrag auf Gutschrift der zu Unrecht vorgeschriebenen und einbehaltenen Beträge sowie auf entsprechende Wiederaufnahme des Verfahrens, in eventu Wiedereinsetzung des Verfahrens mit folgender Begründung:
"Ich war gemäß beiliegender Bestätigung der SV der Bauern (separates Schreiben vom ) vom bis trotz Führen eines L+F—Betriebes mit einem Einheitswert über der Pflichtversicherungsgrenze nach dem BSVG auf Grund der meiner unselbständigen Beschäftigung in der BRD nach den deutschen Rechtsvorschriften sozialversichert. Gemäß VwGH Erkenntnis vom , 2001/15/0033 zu FLAG § 44 Abs 1 lit a unterlag ich gemäß VO Nr 1408/71 bzw der Rechtsnachfolge-VO Art 13 Abs 3 VO (EG) 883/04 und die Vorschreibung von SV-Beiträgen nach österreichischen Rechtsvorschriften (hier nach § 44 FLAG) erfolgte rechtswidrig. Ich ersuche um entsprechende Wiederaufnahme bzw in eventu Wiedereinsetzung des Verfahrens und Gutschrift der zu Unrecht vorgeschriebenen und einbehaltenen Beträgen und Gutschrift derselben in eventu inclusive der vorgesehenen Verzinsung auf mein Konto bei der Bank. Kontonummer."
1.1 Mit Eingaben vom (adressiert an das FA) und (adressiert an das Finanzgericht, Außenstelle Linz; dort eingelangt am ) erhob die Bf Säumnisbeschwerde, mit der Begründung, das FA habe ihren Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener SV-Beiträge trotz mehrerer Urgenzen nicht behandelt. Außerdem habe das FA ihre Säumnisbeschwerde nicht an das zuständige Finanzgericht weitergeleitet.
2 Mit Vorlagebericht vom , beim FG eingelangt am , übermittelte das FA die Säumnisbeschwerde dem BFG mit dem Hinweis, das ursprüngliche Anbringen sei beim FA in Verstoß geraten, weshalb auch keine zeitgerechte Erledigung erfolgen konnte.
II. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
1 Mit Beschluss vom hat das BFG dem FA gemäß § 284 Abs 2 BAO aufgetragen, bis längstens zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Dieser Beschluss wurde wie folgt begründet:
"Am ist die Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführerin beim Bundesfinanzgericht zur Zahl RS/5100007/2016 eingelangt. Die Bf behauptet, deren Gatte habe am über FA-Online unter ihrer Steuernummer für sie einen Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener SV-Beiträge durch das FA Braunau gestellt.
Den seitens des FA vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass dieser Antrag als „Anfrage 1.720.051“ (Typ Anbringen) in der ADB am um 00.03.11 Uhr eingelangt ist. Dieser Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Vorschreibung von SV-Beiträgen - unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH () - rechtswidrig erfolgt sei und daher um Wiederaufnahme bzw in eventu Wiedereinsetzung des Verfahrens und Gutschrift der zu Unrecht entrichteten Beträge ersucht werde.
Im Anschreiben des FA vom betreffend Übermittlung der Säumnisbeschwerde an das BFG wird eingeräumt, dass das ursprüngliche Anbringen beim FA in Verstoß geraten und aus diesem Grund keine zeitgerechte Erledigung erfolgt sei. Die Vertreterin des FA hat am telefonisch die fristgerechte Erledigung des Anbringens der Bf zugesagt."
1. 2 Am hat der Gatte der Bf dem BFG telefonisch mitgeteilt, dass das FA den Antrag seiner Gattin vom mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen hat.
1. 3 Am hat das FA mitgeteilt, dass es den mit Säumnisbeschwerde urgierten Bescheid am erlassen hat. Gleichzeitig wurde eine Ausfertigung dieses Bescheides, mit welchem der Antrag der Bf vom auf Rückerstattung der Beiträge gemäß § 44 FLAG abgewiesen wird, dem BFG übermittelt.
1. 4 Auf Grund der bescheidmäßigen Erledigung vom wurde dem Begehren der Bf auf Erledigung ihres Anbringens Rechnung getragen und sie somit klaglos gestellt. Wie dem Telefonat vom zu entnehmen ist, hat die Bf von der Erledigung des FA Kenntnis erlangt.
2 Entscheidungswesentlicher Sachverhalt
Das FA hat nicht bestritten, dass es hinsichtlich der Erledigung des Antrages der Bf vom säumig geworden ist. Auf Grund der Säumnisbeschwerde an das wurde dem FA mit aufgetragen, zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen. Diesem Auftrag ist das FA fristgerecht nachgekommen und hat den urgierten Bescheid erlassen. Die Bf hat von der Erledigung des FA Kenntnis erlangt. Sie wurde somit klaglos gestellt.
III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung
1 Rechtsgrundlagen
§ 85a BAO lautet:
Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
§§ 284 BAO lautet:
§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.
(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.
……………….
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.
(7) Sinngemäß sind anzuwenden:
a) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),
b) § 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit),
c) § 265 Abs. 6 (Verständigungspflichten),
d) § 266 (Vorlage der Akten),
e) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),
f) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),
g) §§ 272 bis 277 (Verfahren),
h) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses).
2 Rechtliche Würdigung
Wird der Bescheid, dessen Erlassung mit Säumnisbeschwerde begehrt wird, erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist die Bf insoweit klaglos gestellt, weshalb das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 einzustellen ist.
Auch ein Abweisungsbescheid beendet die Säumnis der Behörde. Der Abweisungsbescheid des FA vom ist der Bf zur Kenntnis gelangt.
Das Beschwerdeverfahren war somit als Rechtsfolge des § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 einzustellen.
IV. Zur Zulässigkeit einer Revision
Die Revision ist nicht zulässig. Die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG sind nicht gegeben.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichts ist die Revision zulässig, wenn der Beschluss von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge, dass das Säumnisverfahren einzustellen ist, wenn das FA den Bescheid erlässt, ergibt sich zwingend aus dem Gesetz (§ 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014) und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 284 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RS.5100007.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at