Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.07.2016, RV/7103156/2016

Familienbeihilfe - ausländischer Sprachaufenthalt mit weniger als 10 Wochenstunden als Berufsausbildung

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2232/2016 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf., W., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab September 2014, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) stellte mit Schreiben vom einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter T., geb. 1995, ab Antragszeitpunkt und gab dazu an, dass ihre Tochter im Rahmen ihrer Sprachausbildung über keine eigenen Einkünfte verfüge. Eine Bestätigung über den Besuch der Sprachschule in Spanien vom bis sowie eine Zahlungsbestätigung des Kostenbeitrages wurde beigelegt.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass eine Berufsausbildung nur dann einen Beihilfenanspruch vermittle, wenn innerhalb einer angemessenen Dauer am praktischen und theoretischen Unterricht teilgenommen werde, eine Abschlussprüfung abgelegt werde und der Kurs nicht auf die Vermittlung von Allgemeinwissen ausgerichtet sei. Ein Sprachkurs alleine stelle daher keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) dar.

In der gegen den Abweisungsbescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde führte die Bf aus, dass die Tochter im Zeitraum September 2014 bis Juni 2015 an einem angemessenen praktischen und theoretischen Unterricht teilnehme. Eine Abschlussprüfung werde abgelegt. Die Ausbildung erfolge aufgrund einer Zusage des zukünftigen Arbeitgebers, dass zur Erbringung der Arbeitsleistung nicht nur Deutsch und Englisch vorgeschrieben sei. Das Beherrschen jeder weiteren lebenden Fremdsprache werde finanziell honoriert (Sprachzulage). Mitarbeiter, die eine Fremdsprachenzulage erhalten, würden sprachadäquat eingesetzt.

Es sei vorgesehen, dass T. ab September 2015 bei der Flugges. als Angehörige des fliegenden Personals (Flugbegleiterin) auch im internationalen Langstreckenverkehr arbeite. Der aktuelle Zeitraum bis zur Einstellung werde eben deshalb zur Erlernung einer weiteren Fremdsprache genutzt.

Das Anrecht auf Sprachzulage sei im Manteltarifvertrag (MTV) geregelt, der auszugsweise beigelegt werde.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass ein Sprachkurs allein keine Berufsausbildung darstelle, selbst wenn die Sprachkenntnisse in einer zukünftigen Beschäftigung von Vorteil seien. Laut Angaben der Bf werde die Tochter ab September 2015 als Flugbegleiterin bei der Flugges. arbeiten.

Die Bf brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein, den sie wie folgt begründete:

"… Am wurden zusätzliche Informationen über das 2. Studiensemester von T. und über den Termin zum international anerkannten Dele-Diplom B1 nachgereicht. Wobei fraglich ist, ob diese Informationen berücksichtigt wurden, denn in der Vorentscheidung fanden diese keine Erwähnung. Die uns zugestellte, ablehnende Vorentscheidung ist mit datiert.

Hiermit geben wir bekannt, dass T. … ab dem Studienjahr – Wintersemester 2015/2016 am Institut für Romanistik, der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Wien, das Studium zum Bachelor in Spanisch studieren wird.

T. Entscheidung für dieses Studium basiert darin, dass die ursprünglich favorisierte Anstellung als Flugbegleiterin bei der …. in dieser Form aktuell und in absehbarer Zeit nicht verfügbar ist (Einstellungsstopp).

Für die Aufnahme zu diesem Studium findet zu Semesterbeginn ein Einstufungstest statt, bei dem festgestellt wird, ob Studienbeginner das vorgesehene Einstiegsniveau (gemäß Europäischem Referenzrahmen) in der gewählten Sprache des jeweiligen Studiums mitbringen.

Das Einstiegsniveau für Spanisch ist A2. Der Einstufungstest ist für BA-Studierende verpflichtend, um in die Sprachübung 1 (erste curriculare Sprachübung) aufgenommen zu werden (Quelle: Uni Wien, https://romanistik.univie.ac.at/studium/informationen-fuer-erstsemestrige/einstufungstests/).

Wie bereits im Einspruch vorgebracht und dokumentiert, wird T. Abschlussprüfung in Spanisch durch das Institut Cervantes durchgeführt. Diese Prüfung zum Dele-Zertifikat im Niveau B1 wird am in den Räumlichkeiten des Instituts Cervantes in Wien durchgeführt. Das Institut Cervantes mit den Dele-Qualifikationen ist die weltweit offiziell höchste anerkannte und vom Spanischem Staat geförderte Einrichtung. Die Qualifikation B1 umfasst auch die für das Studium geforderte Niveau A2.

Laut Unabhängiger Finanzsenat/Aussenstelle Linz vom :
'Sprachkurse können nur in Verbindung mit einem anschließenden Sprachstudium als Berufsausbildung anerkannt werden.'

Sogar ein Sprachkurs kann als Berufsausbildung im Sinne des FLAG qualifiziert werden, wenn für die nachfolgende Ausbildung, obwohl formal nicht Voraussetzung, in der Praxis besondere Sprachkenntnisse erforderlich sind bzw. der Besuch eines (zeit-)intensiven Sprachkurses im In- oder Ausland (mit Abschlussprüfungen in qualifizierten Institutionen) vor dem Ausbildungsbeginn dringend angeraten wird. Dann kann bei einer Gesamtbetrachtung der erfolgten Ausbildungsmaßnahmen auch für die Dauer der Sprachkurse Berufsausbildung vorliegen. (Quelle: Bundesministerium für Finanzen, Entscheidung UFS Salzburg , RV/0333-S/12).

Daher beantragen wir hiemit T. Studium in Spanien/Sevilla im Zeitraum von September 2014 bis Juni 2015 als berufs- und ausbildungsrelevant anzuerkennen und Familienbeihilfe für diesen Zeitraum zu zahlen. Entsprechende Nachweise werden selbstverständlich stets erbracht oder nachgereicht.

Zur eigentlichen negativen Vorentscheidung des Nicht-Anerkennen von Sprachausbildung als Berufsausbildung – im Zusammenhang mit der zukünftigen, ursprünglich geplanten Tätigkeit als Flugbegleiterin – auch folgendes Statement:

Eine Sprachqualifikation eines Flugbegleiters hat aus Sicht des Arbeitgebers (hier …) die höchste Anforderung und ist oberstes Interesse. Die ca. 18.000 Flugbegleiter werden bei … sogar anhand dieser Qualifikation in sog. "Kompetenzteams" eingestellt, wo nur entsprechend sprachlich ausgebildete Flugbegleiter primär für Flüge in die jeweilige Destination eingesetzt werden – z.B. Spanisch Sprechende für Südamerika. Die zusätzliche, finanzielle Honorierung (Sprachzulage und Arbeitsvertrag) wurde bereits beim 1. Einspruch dokumentiert.

Als zusätzliche, weiterführende Informationen, können wir Ihnen mitteilen, dass eine Weiterentwicklung und Förderung eines/r Flugbegleiterin bei … (dies gilt unseres Wissens aber auch generell branchenintern für die meisten Airlines – jedenfalls auch bei …), nur dann möglich ist, wenn der/die einzelne über zusätzliche Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache verfügt. Dh. Purser/Chef de Cabin, oder weitere Management- od. Führungsaufgaben sind in diesem Bereich ausschliesslich nur mit mehrsprachlicher Qualifikation (mind. 2., oder 3. Fremdsprache) möglich. Zitat: "Voraussetzungen (…): Sehr gute deutsche und englische Sprachkenntnisse in Wort und Schrift und Beherrschen einer weiteren Fremdsprache" (Quelle: Flugges., https://www.be-Flugges..com/...)

Weiters ist es auch Tatsache, dass in den meisten deutschen Bundesländern … es sogar gesetzlich ermöglicht wird, einmal jährlich, im Zeitraum von 1 Woche bezahlten Weiterbildungsurlaub zu konsumieren. Für Flugbegleiter wird nach geltendem Recht und gängiger Praxis Sprachurlaub ausdrücklich anerkannt und sogar gewünscht.

Uns ist bewusst, dass in Österreich eigene Gesetze herrschen. Diese Informationen sollen nur aufzeigen, wie ein anderer Staat, der über ein sehr ähnliches Sozial- und Wertesystem verfügt, den Zusammenhang mit und Wertschätzung von (Weiter)Bildung handhabt.

Somit steht insgesamt außer Frage, dass es schon für angehende Flugbegleiter das Ziel der Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist, eine fachliche Sprachqualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen.

Auch das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg ist mit gegenständlichem Sprachkurs selbstverständlich gegeben (vergl. ).

Die Richtlinien des Studiums vor Ort in Sevilla entsprechen nämlich und vor allem den Vorgaben für das Kindergeld in der Bundesrepublik Deutschland. Dh. regelmäßiger, täglicher Unterricht mit insgesamt mindestens 10 Wochenstunden und entsprechende Abschlussprüfung mit international anerkanntem Diplom Dele B1.

Vergleich – Zitat: "Sprachaufenthalte im Ausland sind dann als Berufsausbildung anzuerkennen, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem Kind alleine überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und –ziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden.

Es werden verschiedene Arten des Sprachaufenthalts als Ausbildung anerkannt: (…)
Sprachaufenthalt in anderen Fällen:
In diesem Fall setzt die Anerkennung als Berufsausbildung voraus, dass der Aufenthalt von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet wird. Dabei ist auch die Anzahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden relevant. Mindestens 10 Unterrichtseinheiten (ohne Vor- und Nachbereitungszeit) wöchentlich: Die Sprachausbildung ist als Maßnahme der Berufsausbildung anzuerkennen, es besteht ein Anspruch auf Kindergeld".

Aus Buch "Kindergeld, Schul- und Berufsausbildungsende 2015" Lange u.a., Seite 91 – Hüthig Jehle Rehm, …)

So ist eine Berufsausbildung auch im Sinne des FLAG bei allgemeinbildenden Lehrinhalten vor allem auch dann gegeben, wenn die Ausbildung die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nimmt, ein geregeltes Ausbildungsverfahren vorgesehen ist und die Ablegung von Prüfungen erforderlich ist, was in unserem gegenständlichem Fall unbestritten ist – s Website "Maus-School" …

… Ebenso bezieht sich der Ausdruck "semi-intensiv" des Kurses nicht darauf, dass die Ausbildung nur "halbherzig" oder "halb-intensiv" ist. Sondern es ist damit gemeint, dass die komplette intensive Ausbildung jeweils täglich an einem Halbtag stattfindet …

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter dem Begriff 'Berufsausbildung' jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen sogar ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderlich Wissen vermittelt wird...

Konkret: was hindert einen Östereichischen Entscheidungsträger daran, gemäß FLAG wo der Betriff "Berufsausbildung" nicht näher beschrieben ist, es anzuerkennen, dass ein Studium in Form eines Sprachkurses mit 10 Wochenstunden, Praxis, Hausübungen und Diplomabschluss – für das zukünftige Berufsleben anzuerkennen?

Warum eine Sprachausbildung auch nicht generell anerkannt wird, ist insofern fraglich, wenn sich ein junger Mensch vielleicht auch bei der Berufswahl umentscheidet. Es ist mitunter denkbar (und durchaus üblich), dass ein Mensch in all seinen Lebens- und Arbeitsjahren den Beruf und/oder Arbeitgeber wechselt. Wie kann dann durch einen zuvor negativen Bescheid über die generelle Nicht-Anerkennung einer Berufsausbildung, eine spätere eventuell doch für diese (andere) Arbeitstätigkeit notwendige Ausbildung anerkannt werden? Dh. eine einmalige Ablehnung wäre für das ganze Arbeitsleben gültig. Anders, die richtige Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland, wo Sprachkurse grundsätzlich anerkannt werden. …

Oder andersrum argumentiert: Auch wenn jemand seine Berufsausbildung, die einen Anspruch auf Kinderbeihilfe begründet, in Österreich erfolgreich beendet, ist dies noch keine Garantie, dass derjenige auch in seinem erlernten Beruf letztendlich arbeitet. Trotzdem besteht während der Ausbildung Anspruch auf Kinderbeihilfe und diese muss auch nicht zurückbezahlt werden, selbst wenn der erlernte Beruf nicht ausgeübt wird..."

Über die Beschwerde wurde erwogen

Folgender unstrittige Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Tochter der Bf absolvierte von September 2014 bis Juni 2015 in Sevilla einen Semi-Intensive-Course in Spanisch.

Das zeitliche Ausmaß des Sprachunterrichts betrug 1,5 Stunden pro Tag (5 Tage in der Woche), am Wochenende gab es außerdem ein Kultur- und Unterhaltungsprogramm.

Sie wurde nicht als Flugbegleiterin bei der Flugges. aufgenommen.

T. studiert seit Oktober 2015 an der Universität Wien Romanistik (A 033 646 352).
 

Gesetzliche Bestimmungen und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 2 Abs 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 enthält keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter den Begriff aber jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (ua VwGH 87/13/0135, 87/14/003, 93/14/0100, 2000/14/0192).

Ziel einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Zudem muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (VwGH 2000/14/0093).

Der Besuch von allgemeinen - nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten - Veranstaltungen, die dem Sammeln von Erfahrungen und/oder dem Aneignen eines bestimmten Wissensstandes dienen (zB Besuch einer Sprachschule, Fahrschule, eines Schikurses oder dgl), kann nicht als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewertet werden.

Für das Vorliegen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs1 lit b FLAG 1967 ist auch mitentscheidend, ob der Besuch von Veranstaltungen erfolgt, die im allgemeinen auf Berufsausbildung ausgerichtet sind, mag eine Ausbildung auch stufenweise aufgebaut sein und mögen einzelne Stufen davon - aus dem Zusammenhang gelöst und für sich allein betrachtet - keine Berufsausbildung darstellen (VwGH 93/14/0100).

Für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des leg cit ist jedoch nicht allein der Lehrinhalt, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen bestimmend. Andernfalls müsste etwa auch dem Besuch von Schulen mit rein allgemeinbildendem Lehrinhalt die Qualität als Berufsausbildung aberkannt werden. Zur Berufsausbildung gehört aber zweifellos auch die allgemeinbildende Schulausbildung. Bei allgemeinbildenden Lehrinhalten ist eine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 dann gegeben, wenn die Ausbildung die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nimmt, ein geregeltes Ausbildungsverfahren vorgesehen ist (etwa mit Anwesenheitspflicht) und die Ablegung von Prüfungen erforderlich ist.

Ein im In- oder Ausland absolvierter Sprachkurs stellt für sich betrachtet keine Berufsausbildung im oben dargelegten Sinn dar, weil dadurch keine Ausbildung zu einem selbständigen Beruf erfolgt, mag der Sprachkurs auch für eine spätere Berufsausbildung von Vorteil sein (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, Kommentar, § 2, S. 100).

Im vorliegenden Beschwerdefall war der Sprachkurs für die beabsichtige nachfolgende Berufswahl (Flugbegleiterin bei einer deutschen Fluglinie) keine formale Voraussetzung, heißt es doch in dem von der Bf vorgelegten "Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal" der Flugges., § 10 Fremdsprachenzulage, auszugsweise nur:

"Kabinenmitarbeiter erhalten für die dritte und jede weitere gut verwertbare Fremdsprache je eine monatliche Zulage, deren Höhe sich aus § 4 des Vergütungstarifvertrages Kabine ergibt."

Es besteht kein Zweifel daran, dass der von der Tochter der Bf in Sevilla besuchte Spanischkurs für sich allein betrachtet keine Berufsausbildung im oben dargelegten Sinn darstellt, weil dadurch keine Ausbildung in einem selbständigen Beruf erfolgte.

Auch für das im Anschluss an den Spanienaufenthalt begonnene Studium Romanistik (A 033 646 352) stellt ein Sprachkurs keine Einstiegsvoraussetzung dar.

Auf der Internetseite: https://www.studienplattform.at/suchergebnis/651 steht dazu Folgendes:

"Einstiegsvoraussetzung: Hochschulreife (Matura, Studienberechtigungsprüfung, Berufsreifeprüfung)...

Studieninhalt: ... "Unsere BA können ohne Sprachvorkenntnisse begonnen werden, damit allen ein Studium an der Romanistik ermöglicht werden kann. Daher sind auch alle Kurse zu Beginn des Studiums auf Deutsch und erst später mehr und mehr in der studierten Sprache (mit Ausnahme der Sprachkurse und der Landeswissenschaften, welche – nach der STEOP – immer in der jeweiligen Sprache sind). Für jene ohne Sprachkenntnisse gibt es die Basiskurse, welche als alternative Erweiterungen für die Erweiterungscurricula angerechnet werden können. Studierende mit Sprachkenntnissen können den Spracheinstufungstest ablegen und gleich im ersten Semester die Sprachübung 1 besuchen."

Daraus geht klar hervor, dass weder für den vor dem Sprachkurs beabsichtigten Berufswunsch Flugbegleiter noch für das Studium Romanstik ein Sprachlehrgang im Ausland notwendige Voraussetzung war.

Es wird nicht verkannt, dass das Beherrschen einer oder mehrerer Sprachen sowohl für den (beabsichtigten) Beruf einer Flugbegleiterin als auch gerade für ein Sprachstudium nützlich und von Vorteil sein kann, wobei allerdings hinzugefügt werden muss, dass profunde Sprachkenntnisse heute in einer Vielzahl von Berufen gefordert werden. Die Nützlichkeit allein vermag einer solchen Schulung aber nicht die Eigenschaft einer Berufsausbildung im Sinne des hier allein anzuwendenden Familienlastenausgleichsgesetzes zu verleihen.

Zu der von der Bf in ihrem Vorlageantrag angezogenen Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates GZ. RV/0333-W/12 vom wird noch Folgendes angemerkt:

In diesem Berufungsfall schloss die Tochter der Berufungswerberin eine Tourismusschule mit Matura ab und besuchte in der Folge eine Sprachschule in Frankreich. Der Antrag auf Familienbeihilfe wurde damit begründet, dass die Tochter über kein eigenes Einkommen zur Finanzierung der Schule verfüge und dass die Perfektionierung mehrerer Fremdsprachen, um in der Branche in Österreich einen qualifizierten Job zu finden, notwendig sei.

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung (Beschwerde) ebenfalls abweisend entschieden und lediglich in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass ein Sprachkurs ausnahmsweise dennoch als Berufsausbildung im Sinne des FLAG qualifiziert werden könne, wenn nämlich für die nachfolgende Ausbildung, obwohl formal nicht Voraussetzung, in der Praxis besondere Sprachkenntnisse erforderlich sind, bzw der Besuch eines zeitintensiven Sprachkurses im Ausland mit Abschlussprüfungen in qualifizierten Institutionen vor dem Ausbildungsbeginn dringend angeraten werde. Nur dann könne bei einer Gesamtbetrachtung der erfolgten Ausbildungsmaßnahmen auch für die Dauer der Sprachkurse Berufsausbildung vorliegen.

Zeitliche Intensität der Berufsausbildung:

Zu dem von der Tochter der Bf besuchten Semi-intensive-Kurs steht auf der Homepage des Sprachinstitut Folgendes:

"The perfect course for steady, continuous progress. You would get 1,5 hours of class a day (5 days a week) + our Culture & Fun Program for the weekends. More than 10 hours per week! – You'd be surprised at how quickly you'd learn!"

Was den zeitlichen Umfang der Ausbildung anlangt, ist dies weder im Gesetz geregelt noch trifft die Judikatur des VwGH diesbezüglich eine klare Aussage. Auch im Fall des Besuches einer Maturaschule führt der VwGH nur allgemein aus, das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg manifestiere sich im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen. Zwar sei nicht (nur) der Prüfungserfolg ausschlaggebend, der Maturaschüler müsse aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (s zB ).

Ist das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, ist nach der Judikatur des UFS als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden (s zB -F/07; ; ), wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt. In , wird der zeitliche Aufwand für ein Vollzeitstudium mit 20 bis 25 Wochenstunden zuzüglich Hausaufgaben beziffert. Bei einer postgradualen Ausbildung zur klinischen Psychologin hat der UFS einen durchschnittlichen Arbeitsaufwand von „mehr als 30 Wochenstunden“ als in zeitlicher Hinsicht genügend zielstrebig angesehen ().

Somit wird regelmäßig ein wöchentlicher Zeitaufwand für Unterricht und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden erforderlich sein (sh. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 40).

Im vorliegenden Beschwerdefall betrug das zeitliche Ausmaß des von T. besuchten Sprachkurses lediglich 1,5 Stunden pro Tag.

Selbst wenn man Vor- und Nachbereitungszeiten dazu rechnet, kann nicht von einem zeitintensiven Kurs gesprochen werden.

Da feststeht, dass einerseits der in Rede stehende Sprachkurs in Sevilla generell nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG anzusehen ist und andererseits auch weder eine Aufnahmevoraussetzung für den Beruf eines Flugbegleiters, ja nicht einmal für das später begonnene Studium Romanistik darstellt, liegen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für den Anspruch der Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht vor.

Der Abweisungsbescheid des Finanzamtes erfolgte zu Recht.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt im gegenständlichen Beschwerdefall der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7103156.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at