Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2016, RV/5100350/2014

Familienbeihilfe für Zeiten zwischen einem Studienabbruch und dem Beginn eines neuen Studiums

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf. , gegen den Bescheid des Finanzamt Y vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für K1, für den Zeitraum Juli 2012 bis September 2013 in Höhe von insgesamt Euro 3.336,70 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.
Der Bescheid wird für die Zeit von Juli 2012 bis Juni 2013 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für die volljährige Tochter der Beschwerdeführerin für den Zeitraum Juli 2012 bis September 2013 in Höhe von Euro 3.336,70 (FB: Euro 2.460,70; KG: Euro 876,00) zurückgefordert, weil trotz Anforderung weder die Inskriptionsbestätigungen noch der Studienerfolgsnachweis aus dem Jahr 2012/13 vorgelegt worden sei.

Mit der Berufung vom wurden diese Belege nachgereicht. Aus der Bestätigung der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität vom geht hervor, dass die Tochter der Beschwerdeführerin an dieser Universität immatrikuliert und für das Studienjahr 2012/2013 inskribiert war. Sie hat das Studium am abgebrochen.

Mit Berufungsvorentscheidung hat das Finanzamt der Berufung für die Zeit von Juli 2012 bis Juni 2013 entsprochen.

Der Vorlageantrag vom wird damit begründet, dass die Ausbildung der Tochter ein Studium sei und an der Universität in den Monaten Juli, August und September keine Vorlesungen abgehalten würden.
Da sich die Tochter beruflich anders entschieden hätte, sei die Abmeldung im Juni erfolgt und diese Abmeldung sei sorgfältig an das Finanzamt weitergeleitet worden. Hätte die Beschwerdeführerin dies nicht getan, wäre die Familienbeihilfe normal weitergelaufen. Die Inskriptionsbestätigung und der Studienerfolgsnachweis würden bereits beim Finanzamt aufliegen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Es wird von folgendem Sachverhalt ausgegangen.
Die Tochter der Beschwerdeführerin war im Studienjahr 2012/2013 an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität immatrikuliert und inskribiert. Sie hat unbestritten das Studium am abgebrochen. Mit Wintersemester 2013/2014 begann sie ein anderes Studium.
Das Finanzamt geht davon aus, dass durch den Abbruch des Studiums im Juni 2013 die Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 geendet habe und eine neue erst mit Oktober 2013 begonnen habe. Für die Monate Juli bis September 2013 würde daher kein Anspruch auf die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge vorliegen. 
Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass in diesen Monaten an der Universität keine Vorlesungen stattgefunden hätten und zudem habe sie den Abbruch des Studiums dem Finanzamt gemeldet.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Die Tochter der Beschwerdeführerin hat unbestritten die Berufsausbildung an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität nach Ablegung der Matura im Juni 2012 im Oktober 2012 begonnen und am - also noch vor Beginn der Sommerferien - abgebrochen. Im Wintersemester 2013/2014 begann sie eine neue Berufsausbildung an der Universität Graz.
Der Anspruch auf die Familienbeihilfe lag daher im Zeitraum Juli 2012 bis Juni 2013 nach
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vor. Erneut lebte der Anspruch nach dieser gesetzlichen Bestimmung ab Oktober 2013 wieder auf.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Die Erläuternden Bemerkungen (zu GP XXIV, RV 981, Z 4 und 5 zu §§ 2 Abs.1 lit. d und 6 Abs. 2 lit. b) begründen den Wegfall der Weitergewährung der FB für jeweils drei Monate nach jedem Abschluss einer Berufsausbildung mit Gründen der Budgetkonsolidierung. Damit aber während der Zeit zwischen dem Ende der Schulausbildung und dem Beginn einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfen­rechtlich keine Lücke entsteht, wurde
§ 2 Abs. 1 lit. d in neuer Fassung in das FLAG aufgenommen. Durch diese Regelung sollte insbesondere die Zeit zwischen der Reifeprüfung und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden.
Eine "Schulausbildung" stellt einen besonderen Fall einer "Berufsausbildung" dar. Der Gesetzgeber wollte - dies zeigen auch die Erläuternden Bemerkungen - den bis dahin nach jedem Abschluss einer Berufsausbildung bestehenden Anspruch auf FB für jeweils drei Monate beseitigen und durch einen Anspruch auf FB nur für die Zeit zwischen dem Abschluss der "Schulausbildung" und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung (nicht mehr auf drei Monate beschränkt) ersetzen (siehe auch die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (-G/12). Mit dem Begriff „Abschluss der Schulausbildung“ (und nicht „einer Schulausbildung“) in der lit. d des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 brachte der Gesetzgeber zum Ausdruck dass dieser Verlängerungstatbestand nur einmal im Laufe von verschiedenen Phasen der gesamten Berufsausbildung gewährt werden kann. Damit ist jedoch offensichtlich nicht der Abschluss eines „Studiums“ gemeint, weil sonst etwa zwischen der Ablegung der Reifeprüfung und dem Beginn eines Studiums keine FB zustünde (ebenso Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) , RV/7103029/2014 und im Ergebnis Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, Kommentar zum FLAG, § 2 Rz 130).
Auch nach der Rechtsprechung des UFS und des BFG ist die Absolvierung eines Studiums keine „Schulausbildung“ im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmung (siehe die bereits zitierten Entscheidungen sowie und ).

Somit liegen aber die Voraussetzungen für eine Gewährung der Familienbeihilfe auch nach dieser gesetzlichen Bestimmung in den Monaten Juli, August und September 2013 nicht vor.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 (EStG)  steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbetrag).
Subjektive Momente wie ein allfälliges Verschulden der Behörde, Gutgläubigkeit des FB-Bezuges oder die Verwendung der FB für den Unterhalt des anspruchsvermittelnden Kindes, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat ().

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da dieses Erkenntnis nicht von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, ist eine Revision unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100350.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at