Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.07.2016, RV/2100496/2016

Unternehmerische Tätigkeit KöR (Kirche)

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2016/15/0067. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache

Römisch-katholische Pfarrpfründe, vertreten durch K & E Wirtschaftstreuhand GesmbH, Hofgasse 3, 8010 Graz,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer 2008 - 2010

zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde betreffend das Jahr 2008 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid des Jahres 2009 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes abgeändert:

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

beschlossen:

Die Beschwerde betreffend das Jahr 2010 wird als gegenstandslos erklärt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Fortgesetzes Verfahren zu -G/12 nach Aufhebung durch den -6 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes

Sachverhalt (soweit entscheidungswesentlich)

Laut Angaben des steuerlichen Vertreters hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf.), die Pfarrpfründe X, den in ihrem Eigentum stehenden Pfarrhof bereits vor den Streitjahren um insg. 436.666,16 Euro + 20% USt umgebaut.

In weiterer Folge hat die Bf. laut Mietvertrag vom der Pfarrkirche X Kanzlei- Seminar- Besprechungs- und Pastoralräumlichkeiten im Pfarrhof mit einer Nutzflächen von 389 m2 um monatlich 415,- Euro inklusive Betriebskosten vermietet wobei die Betriebskosten lt. Mietvertag 410,12 Euro betragen.

Weiters räumte die Bf. mit Baurechtsvertrag vom der Bauträgergesellschaft bis zum ein Baurecht auf ihrem Grundstück (auf dem das Pfarrhaus steht) ein. Die Bauträgergesellschaft ihrerseits verpflichtete sich, das bestehende Pfarrhaus umzubauen und eine Halle zuzubauen. Nach Ablauf des Baurechts fallen die Gebäude an die Bf.

Laut Punkt 3.1.6. des Baurechtsvertrages ist die Bauträgergesellschaft verpflichtet, einen Mietvertrag mit der Pfarre X sowie der Gemeinde X über die gesamte Baurechtsdauer abzuschließen. Der Mietvertrag wurde am mit der Pfarre X abgeschlossen und bis zur Ermittlung der endgültigen Herstellungskosten wurden Mietzinsvorauszahlungen iHv 154.800,- Euro (inklusive USt) vereinbart. Der Bestandnehmer wurde mit Vereinbarung vom auf „Pfarrpfründe X“ (= die Beschwerdeführerin) geändert. Die nunmehrige Bestandnehmerin, die Bf. vermietete die rund 222 m2 großen Räumlichkeiten daraufhin mittels Untermietvertrag um monatlich 565,33 Euro (inklusive Betriebskosten von 404,08 Euro) an die Pfarre X. Diese Miete liegt lt. Untermietvertrag über den Betriebskosten und der Abschreibungskomponente. Die Abschreibung iHv 161,25 Euro monatlich wurde dabei von 5% der Errichtungskosten (das entspricht dem von der Bf. genutzten Anteil) berechnet.

Verfahrensgang

Nach einer abgabenbehördlichen Überprüfung der Jahre 2008 – 2010 nahm das Finanzamt das Verfahren betr. das Jahr 2008 wieder auf und erließ am die hier bekämpften Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 sowie die ebenfalls bekämpften Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheide 1-3/2010, 4-6/2010, 7-9/2010 sowie 10-12/2010 in denen es Pfarrpfründe und Pfarrkirche wirtschaftlich betrachtet als eine Unternehmenseinheit wertete, die steuerbaren Umsätze verminderte und den Vorsteuerabzug versagte.

Die dagegen eingebrachte Berufung wurde ohne Erlassen einer Berufungsvorentscheidung am dem UFS zur Entscheidung vorgelegt.

Am erfolgte die (erklärungsgemäße) Veranlagung zur Umsatzsteuer 2010.

Die abweisende Berufungsentscheidung, die auf Antrag der Referentin im Senat getroffen wurde, hat der VwGH mit Erkenntnis vom , 2013/15/0225-6 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Für dieses Verfahren steht daher aufgrund des oben erwähnten Erkenntnisses des VwGH fest, dass die Bf. und die Mieterin (die Pfarrkirche X) zwei unterschiedliche Körperschaften öffentlichen Rechts (KöR) sind, die miteinander Geschäfte machen können. Strittig ist ausschließlich, ob die Miethöhe den Anforderungen des VwGH an eine unternehmerische Tätigkeit einer KöR genügt. Im nunmehr fortgesetzten Verfahren ist daher die Befassung des Senates gem. § 272 Abs 2 Z 2 BAO nicht mehr erforderlich (kein neuerlicher Antrag der Referentin), weil das BFG ohnedies an die Rechtsansicht des VwGH gebunden ist.

Rechtslage

§ 2 (3) UStG 1994: Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets

- Wasserwerke,

- Schlachthöfe,

- Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie

- die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.

Das BFG hat erwogen

Der VwGH hat im Beschwerdefall am , 2013/15/0225-6 zu Recht erkannt, dass die höchstgerichtliche Rechtsprechung für die Vermietungstätigkeit einer KöR eine Untergrenze für Mietentgelte im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 abgeleitet hat.

Das BFG muss nunmehr im fortgesetzten Verfahren prüfen, ob diese Untergrenze erreicht ist.

Das Höchstgericht hat dazu unter Verweis auf die Erkenntnisse und festgestellt, dass eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszinssatz oder gegen Ersatz der Betriebskosten nicht ausreicht, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 zu begründen (-6).

Bereits mit der im Erkenntnis zitierten Entscheidung hat das Höchstgericht festgestellt, dass die - auch vom Entlehner nach § 981 ABGB zu bestreitenden - "mit dem ordentlichen Gebrauch verbundenen Kosten" (Hinweis Würth in Rummel2, § 1090 ABGB, Rz 3) kein derartiges Entgelt sind. Die Leistung eines gegenüber dem Wert der Nutzung nicht ins Gewicht fallenden Entgelts ist einer Unentgeltlichkeit gleichzusetzen (Hinweis Würth in Rummel2, § 1090 ABGB, Rz 3; s.a ).

Im ebenfalls zitierten Erkenntnis nimmt das Höchstgericht explizit zur Befolgung der Umsatzsteuerrichtlinien (Tragung der Betriebskosten gem. Rz 265 „alt“) Stellung: „Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, mit den vereinbarten Mieten würden die Betriebskosten "überdeckt", ist - ausgehend von der im Zusammenhang mit der Anlegung zivilrechtlicher Maßstäbe auch von der Beschwerdeführerin als "einhellig" bezeichneten Ansicht - daher auch im Anwendungsbereich des UStG 1994 nicht geeignet, im Sinne der in der Beschwerde beschriebenen Verwaltungsmeinung zur Bejahung des Vorliegens eines Betriebes gewerblicher Art und somit zur Berechtigung der Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Kosten der Errichtung der beiden Dorfzentren zu führen“.

Der VwGH hat den Begriff „Anerkennungszins“ nicht näher definiert. Grundsätzlich versteht man unter einem Anerkennungsbetrag eine Zahlung, die im Verhältnis zur empfangenen Leistung so gering ist, dass sie wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt. So einer Zahlung kommt nur „symbolischer Charakter“ und nicht Entgeltscharakter zu.

Aus dem Verweis auf das Zivilrecht leitet die hA im Falle einer Vermietung ab, dass ab Unterschreiten der „10 Prozent-Grenze“ (Zahlung von weniger als 10% der ortsüblichen Miete) jedenfalls von Unentgeltlichkeit auszugehen sein wird (vgl Bachl, ecolex 1997, 461 oder Achatz - Leitner, Die Besteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts, 81).

Im Beschwerdefall sind zwei Mietverhältnisse zu prüfen: Die Vermietung der Kanzlei- Seminar- Besprechungs- und Pastoralräumlichkeiten im Pfarrhof mit einer Nutzflächen von 389 m2 um monatlich 415,- Euro inklusive Betriebskosten (lt. Mietvertag 410,12 Euro) und die Untervermietung der 222 m2 großen Räumlichkeiten im Pfarrhaus um 565,33 Euro (inklusive „AfA-Komponente von 161,25 Euro).

Bei der Vermietung des Pfarrhofs (389 m2) entfallen bei einer monatlichen Brutto-Miete von 415 Euro 410,12 Euro auf die Betriebskosten und 4,88 Euro auf das Mietentgelt. Die Überlassung von fast 400 m2 um knapp 5 Euro ist schon nach dem allgemeinen Verständnis als „Anerkennungszins“ zu verstehen. Der Zuschlag von 1% der Betriebskosten reicht nicht aus, um eine zivilrechtliche Vermietung anzunehmen; dies insbesondere deshalb, weil eine entgeltliche Vermietung vom VwGH auch für den Fall verneint wurde, in dem geringfügige Mehreinnahmen über den Betriebskosten erzielt wurden (vgl. bzw. ).

Anders verhält es sich bei der Untervermietung des Pfarrhauses. Dabei wird für 222 m2 ein Nettomietentgelt von 161,25 Euro angesetzt. Für die Beurteilung, ob dieser Betrag einen Anerkennungszins übersteigt, ist nach der hier dargestellten Literaturansicht ein Vergleich mit der ortsüblichen Miete anzustellen. Da eine genaue Vergleichsmiete naturgemäß nicht einfach zu ermitteln ist, kann nach Ansicht des BFG näherungsweise der Mietpreisspiegel des Fachverbandes der Immobilen- und Vermögenstreuhänder der WKO herangezogen werden. Für das Jahr 2007 liegt dabei die Büroraummiete im Raum Graz-Umgebung mit einem einfachen Nutzwert bei 4,5 Euro pro m2. Tatsächlich handelt es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um ein neu errichtetes Gebäude, das wahrscheinlich einen guten (6,1 Euro) bzw. sehr guten (7,7 Euro) Nutzwert hat. Die Räumlichkeiten werden allerdings auch als Seminarräume und Pastoralräume genutzt, was wiederum einen Abschlag rechtfertigt. Aus diesem Grund kann für die hier angestrebten Vergleichswerte der einfache Nutzwert herangezogen werden.

Vergleicht man das Mietentgelt von 161,25 Euro mit den Mieten laut Mietpreisspiegel von 4,5 Euro/m2 für Büroräume so wären für das Objekt zumindest 999 Euro zu entrichten. Im Sinne der zivilrechtlichen Rechtsprechung ist im Beschwerdefall ein Mietentgelt anzunehmen, weil die gezahlte Miete den von der Rechtsprechung geforderten zehnten Anteil (99,9 Euro) übersteigt.

Die Beschwerdeführerin übt durch die Nutzungsüberlassung der Räumlichkeiten an die Pfarrkirche X nur insoweit eine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs 3 UStG 1994 aus, als sie ihr das Pfarrhaus untervermietet. Die Vorsteuern, die im Zusammenhang mit der Anmietung des Pfarrhauses angefallen sind, sind abzugsfähig, weil die Bf. hinsichtlich der Vermietung gem. § 6 Abs 2 UStG 1994 auf Umsatzsteuerpflicht optiert hat.

Im Jahr 2008 hat das Finanzamt die Vermietung des Pfarrheims nicht als unternehmerische Tätigkeit beurteilt und so die Mieteinnahmen um 4.980 Euro und die entsprechenden Vorsteuern um 1.374,80 Euro gekürzt. Das entspricht auch der hier vertretenen Rechtsauffassung. Die Beschwerde betreffend das Jahr 2008 ist daher abzuweisen.

Im Jahr 2009 wurde vom Finanzamt nicht nur die Vermietung des Pfarrhofes als nichtunternehmerische Tätigkeit angesehen (Ausmaß lt Akt: 4.983 Euro), sondern auch die Untervermietung der von der Bauträgergesellschaft ab Oktober 2009 angemieteten Räumlichkeiten im Ausmaß von 3 mal 565,33 Euro (Oktober, November und Dezember; insg. 1.695,99 Euro). Da durch die Untervermietung eine unternehmerische Tätigkeit entfaltet wird, sind die diesbezüglichen Umsätze iHv 1.695,99 Euro zusätzlich zu den sich nach der BP ergebenden Umsätzen von 4.015 Euro der Umsatzsteuer zu unterwerfen (steuerbare Umsätze 2009: 5.710,99 Euro). Dementsprechend sind auch die damit zusammenhängenden Vorsteuern im Ausmaß von 25.800 Euro für die Anmietung von der Bauträgergesellschaft, 271 Euro für Küchengeräte, 294 Euro für eine Teeküche, und drei mal Betriebskosten von 118,28 Euro (354,84 Euro), somit insgesamt 26.719,84 Euro zusätzlich abzugsfähig. Der Bescheid 2009 war daher abzuändern.

Da die Bf. mit Eingabe vom ihre Beschwerde(n) betr. das Jahr 2010 zurück gezogen hat, weil ihrem Begehr bereits vom Finanzamt gefolgt wurde, war die Beschwerde diesbezüglich als gegenstandslos zu erklären.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Für den Beschwerdefall wurde die Rechtsfrage vom VwGH bereits gelöst weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100496.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at