Gehaltszahlungen an einen Kommanditisten gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7102817/2014-RS1 | Von dem gemäß § 188 BAO festgestellten Anteil des Steuerpflichtigen an den Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ihm als Mitunternehmer (Kommanditist) zugewiesen werden, darf bei der Einkommensteuerveranlagung nicht abgewichen werden, auch wenn dieser Anteil offensichtlich falsch ist, weil er das von der KG an den Steuerpflichtigen laut Lohnzettel bezahlte Gehalt nicht enthält. |
RV/7102817/2014-RS2 | Die „Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft … bezogen haben“ iSd § 23 Z 2 EStG sind ein Spezialfall gegenüber dem allgemeinen Fall der „Bezüge … aus einem … Dienstverhältnis“ iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG, wo iVm § 47 Abs. 2 EStG die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit definiert werden. Da die speziellere Vorschrift der allgemeineren Vorschrift vorgeht, ist das von der Gesellschaft (KG) an einen Kommanditisten mit sozialversicherungsrechtlicher Dienstnehmer-Eigenschaft bezahlte Gehalt unter § 23 Z 2 EStG und somit unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu subsumieren. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Vertreterin, gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 des Finanzamt Wien vom , St.Nr. Steuernummer zu Recht erkannt:
I.) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2012 wird folgendermaßen abgeändert: Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Gesamtbetrag der Einkünfte betragen jeweils 153,82 Euro. Das Einkommen beträgt 93,82 Euro.
Ansonsten bleibt der angefochtene Bescheid unverändert.
II.) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist seit Gründung im Jahr 2011 im Firmenbuch mit einer Haftsumme von 100 Euro als Kommanditist der KG, Firmenbuchnummer (mit früherem Sitz/Geschäftsanschrift in Wien und nunmehrigem Sitz/Geschäftsanschrift in X) eingetragen.
Ein Lohnzettel betreffend die Beschäftigung des Bf. (Kennzahl 210: 6.310,25 €; Kennzahl 245: 4.740,53 €; Kennzahl 260 = anrechenbare Lohnsteuer: Null) vom 30.1. bis wurde seitens der KG übermittelt.
Die Einkommensteuererklärung des Bf. für das Jahr 2012 wurde am beim Finanzamt eingebracht, worin (inklusive Beilage E11) die aus der kg stammenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 153,82 € erklärt wurden.
Das Finanzamt Wien (belangte Behörde) erließ den angefochtenen, mit datierten Einkommensteuerbescheid 2012 an den Bf., worin die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Gesamtbetrag der Einkünfte jeweils mit 4.884,35 € ausgewiesen waren; das Einkommen wurde mit 4.824,35 € und die Einkommensteuer mit Null angesetzt. Das Finanzamt Wien begründete den Bescheid wie folgt: „Es ist gesetzlich nicht vorgesehen einem Gesellschafter einer Personengesellschaft einen Lohnzettel auszustellen. Daher wurden die Lohnzettel soweit berichtigt, dass sämtlich Beträge, ausgenommen der einbehaltenen Lohnsteuer, nicht berücksichtigt wurden [Anm. des BFG: Es handelt sich bei letzterer jedoch um 0,00 €]. Die Einkünfte wurden hingegen bei den Tangenteneinkünften (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) hinzugerechnet. [Anm. des BFG: Unter ´Tangente´ ist eine Mitteilung des Betriebsfinanzamtes der Personengesellschaft über die im Einkünftefeststellungsbescheid gemäß § 188 BAO festgestellte Höhe des Einkünfteanteiles eines Beteiligten an dessen Wohnsitzfinanzamt zu verstehen.] In Abzug gebracht wurde die entrichtete Sozialversicherung laut Lohnzettel. Somit ergibt sich keine Sonderbesteuerung des Jahressechstels. Bei Tätigkeitsvergütungen von Gesellschafter sind diese unter dem Punkt Sonderbetriebseinnahmen, außerhalb der Gewinnermittlung der Personengesellschaft, anzuführen und somit beim Kapitalkonto des Gesellschafters zu berücksichtigen.“
Am wurde über FinanzOnline Beschwerde gegen diesen Bescheid erhoben, die Erfassung der Einkünfte aus dem Jahreslohnzettel als solche aus Gewerbebetrieb angefochten und die ursprünglich erklärungsgemäße Veranlagung beantragt. Angehängt waren die ersten Seiten eines Gutachten.
Das Finanzamt Wien erließ an den Bf. einen u.a. als Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO bezeichneten und mit datierten Bescheid, mit welchem die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde, was im Wesentlichen mit § 23 Abs. 2 EStG begründet wurde.
Mit Schreiben vom wurde eine – als Vorlageantrag gemäß § 264 BAO aufzufassende – Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom erhoben. Die Beschäftigung eines Kommanditisten in derselben Gesellschaft sei nicht abhängig von der Einkunftsart der KG, sondern von der Art und Weise der Beschäftigung des Kommanditisten. Demnach liege gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ein Dienstverhältnis vor, wenn eine Person persönlich und wirtschaftlich abhängig gegen Entgelt beschäftigt werde. Die persönliche/wirtschaftliche Abhängigkeit setze voraus, dass der Kommanditist kein Unternehmerrisiko (über seine Vermögenseinlage hinaus) zu tragen habe oder keine Geschäftsführungsbefugnisse habe oder persönlich weisungsgebunden sei. Dies treffe auf den Bf. zu, denn er habe keinerlei Befugnisse, sei weisungsgebunden und bekomme für seine Tätigkeit als Monteur gemäß § 4 Abs. 2 ASVG als echter Dienstnehmer seine Entlohnung. (Verweis auf ) Dieses Dienstverhältnis sei zwar kein steuerliches Dienstverhältnis wie im Normalfall und der Bf. müsse selbst für die Versteuerung dieses Einkommens sorgen, jedoch sei er Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und der Dienstgeber müsse sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Lohnabgaben bezahlen. Der Lohnzettel werde nochmals übermittelt mit der Bitte um korrekte Veranlagung.
Am erließ das Finanzamt WienY einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2012 an die KG, worin Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt und im Sinne von § 188 Abs. 3 BAO der Einkünfteanteil des Bf. mit 153,82 € festgestellt wurde.
Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes (BFG)
Gemäß § 191 Abs. 3 und § 192 BAO wirkt der genannte Feststellungsbescheid vom gegen den Bf. und die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Bf. aus der KG ist in seiner Einkommensteuerveranlagung für 2012 zwingend mit 153,82 € anzusetzen, selbst wenn dieser gemäß § 188 BAO festgestellte Einkünfteanteil falsch wäre. Diese zwingende Konsequenz entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, wie dessen Entscheidungen zeigen, welche bei Ellinger et al., § 192 BAO E 1, E 8, E 9, E 13, E 14, E 15, E 25, E 29, E 30, E 32 zitiert werden.
Dem Beschwerdebegehren ist daher insoweit zu folgen, als die im angefochtenen Bescheid angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 4.884,35 € auf 153,82 € herabzusetzen sind.
Dem Wunsch nach Veranlagung inklusive des Ansatzes von nichtselbständigen Einkünften aus dem Lohnzettel kann jedoch aus folgenden Gründen nicht nachgekommen werden:
§ 23 EStG bestimmt: „Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind:
1. Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.
2. Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften), sowie die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben.
3. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24.“Der Bf. ist Kommanditist der KG. Somit sind die Vergütungen, die der Bf. von dieser KG für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhalten hat, unter § 23 Z 2 EStG und somit unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu subsumieren. Die „Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft … bezogen haben“ iSd § 23 Z 2 EStG sind ein Spezialfall gegenüber dem allgemeinen Fall der „Bezüge … aus einem … Dienstverhältnis“ iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG, wo iVm § 47 Abs. 2 EStG die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit definiert werden. Da die speziellere Vorschrift der allgemeineren Vorschrift vorgeht, ist die Subsumierung der Bezüge des Bf. unter § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG bzw. unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht möglich.
Die vorgebrachte rechtliche Stellung des Bf. (beschränkte Haftung, keine Geschäftsführungsbefugnisse) entsprechen der regelmäßigen, in § 161 Abs. 1 und § 164 UGB vorgesehenen Stellung eines Kommanditisten. Da gemäß § 164 UGB „die Kommanditisten … von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen“ sind, entspricht es auch dem Regelfall, dass ein für die KG tätiger Kommanditist, der sozialversicherungsrechtlich Dienstnehmer ist, weisungsgebunden ist.
Im vorliegenden Fall wird daher nicht vom Regelstatut des UGB (früher: HGB) für die KG abgewichen, sodass iSd Rechtssätze 2 und 3 zu davon auszugehen ist, dass die strittigen Einkünfte des Bf., die im Lohnzettel enthalten sind, keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind. Zum selben Ergebnis kommt man im Umkehrschluss aus : die mangelnde Betriebsausgabeneigenschaft der Gehaltszahlungen an den Kommanditisten bedeutet, dass die Gehaltszahlungen ein Teil des Gewinnes aus Gewerbebetrieb sind.Abweichende Beurteilungen in anderen Rechtsbereichen, hier insbesondere im Sozialversicherungsrecht, verändern nicht die für steuerliche Zwecke gebotene Beurteilung nach dem Einkommensteuergesetz. Das seitens des Bf. angesprochene VwGH-Erkenntnis vom , 2007/08/0142 ist in einer sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheit ergangen (Bescheid des Landeshauptmannes von Wien … betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse)). Ebenso betrifft das seitens des Bf. teilweise eingereichte Gutachten schon vom Titel her das Sozialversicherungsrecht. Auch der Inhalt des Gutachtens, soweit eingereicht, betrifft die Sozialversicherung und nicht das Steuerrecht.
Zur (Nicht)Zulässigkeit einer Revision
Die für das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu lösenden Rechtsfragen wurden im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH gelöst. Somit ist die Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 23 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102817.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at