Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2016, RV/7104747/2014

Abrechnungsbescheid, rechtmäßige Verbuchung eines Aufhebungsbescheides

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch ÖBUG Dr Nikolaus Wirtschaftstreuhand KG , St.-Veit-Gasse 8, 1130 Wien, über die Beschwerde gegen den Abrechnungsbescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , zu Recht erkannt: 

Aufgrund des Antrages vom wird festgestellt, dass eine Verbuchung des Aufhebungsbescheides vom mangels Verbuchung der Gutschrift des Betrages von € 34.130,55 rechtswidrig nicht erfolgte.

Mangel Wirksamkeit des zugrunde liegenden Abgabenbescheides ist auch die Verbuchung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom rechtswidrig.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom stelle die Beschwerdeführerin (Bf) den Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides dahingehend, dass die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom mit Bescheid vom auf dem Abgabenkonto durch Verbuchung eines Gutschriftsbetrages von € 34.130,55 zu erfassen sei.

Zur Begründung des Antrages führte die Bf aus, dass der Aufhebungsbescheid vom bis dato nicht auf dem Abgabenkonto der Abgabepflichtigen entsprechend verbucht worden sei.

Mit Abrechnungsbescheid vom 5.  Mai  2014 entschied die Abgabenbeh ö rde, dass die Verrechnung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 vom rechtmäßig erfolgt sei.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit dem aufhebenden Bescheid gemäß § 299 BAO für die Einkommensteuer 2003 vom keine Buchung erforderlich gewesen sei. Diese hätte im Spruch des Bescheides enthalten sein müssen. Dieser Bescheid sei jedoch nicht angefochten worden, sodass dessen Rechtmäßigkeit bestehen bleibe. Im ersetzenden Bescheid für die Einkommensteuer des Jahres 2003 vom habe der Spruchbestandteil keine Änderung des Vorsollbetrages ergeben. Da der ersetzende Einkommensteuerbescheid 2003 keine Änderung des Vorsollbetrages bewirkt habe, sei auch die Einkommensteuernachforderung lt. Einkommensteuerbescheid vom über € 34.130,55 nicht als Gutschrift mit der Buchung dieses Einkommensteuerbescheides zu erfassen gewesen. Auch dieser Bescheid sei nicht angefochten worden.

Mit Beschwerde vom beantrage die Bf, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ausgesprochen werden möge, dass im Sinne des Antrages vom die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom mit Bescheid vom auf dem Abgabenkonto durch Verbuchung eines Gutschriftsbetrages von € 34.130,55 zu erfassen sei.

Zur Begründung der Beschwerde führte die Bf aus, dass der angefochtene Bescheid im Wesentlichen damit begründet werde, dass sich in einem angeblichen ersetzenden Bescheid für die Einkommensteuer des Jahres 2003 vom keine Änderung des Vorsollbetrages als Spruchbestandteil ergeben habe.

Ein derartiger ersetzender Bescheid sei aber der Bf zu Handen der vertretenden Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt zugestellt worden, weshalb entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides die Einkommensteuernachforderung laut Einkommensteuerbescheid vom in Höhe von € 34.130,55 in Ansehung der am erfolgten Aufhebung dieses Bescheides wieder als Gutschrift auf dem Abgabenkonto der Bf zu erfassen wäre.

Bei einer dem Beschwerdebegehren Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung würden Anspruchszinsen 2003 in Höhe von € 5.013,03, Einkommensteuer 2003 in Höhe von € 34.130,55 und Aussetzungszinsen 2014 in Höhe von € 127,78, somit insgesamt € 39.271,36, wieder gutzuschreiben sein.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbeh ö rde die Beschwerde vom al s unbegründet ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Bf ihre Beschwerde damit begründe, dass der ändernde Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 in der Kanzlei nicht eingelangt sei.

Der in der Begründung des Abrechnungsbescheides angeführte ändernde Einkommensteuerbescheid des Jahres 2003 werde i n Kopie beiliegend nachgereicht. Außerdem werde in Kopie der Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO nachgereicht.

Mit Vorlageantrag vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Zur Begründung führte die Bf aus, dass die belangte Behörde in der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung offenbar zugestehe, dass der Einkommensteuerbescheid 2003 vom nicht zugestellt worden sei. Damit sei aber die Verbuchung des (sehr wohl zugestellten) Aufhebungsbescheides vom entgegen der Begründung der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung nicht erfolgt, sodass die angefochtene Beschwerdevorentscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet sei. Die unrichtige Verbuchung des Aufhebungsbescheides vom vermöge -  wie die belangte Behörde verkenne - nicht dadurch saniert zu werden, dass der ändernde Bescheid über die Einkommensteuer des Jahres 2003 vom in Kopie zugleich mit der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung zugestellt worden sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß § 216 BAO darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid). Die Berechtigung, einen Abrechnungsbescheid zu verlangen, geht über den engen Wortlaut dieser Bestimmung hinaus. Es geht nach § 216 BAO nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung. Es kann auch die Prüfung und die Darstellung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid ist über umstrittene abgabenbehördliche Gebarungsakte schlechthin zu entscheiden ().

Laut Aktenlage erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen vom betreffend die St.Nr.: Zl mit Bescheid vom die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003 gemäß § 295 BAO. Dies führte infolge Festsetzung der Einkommensteuer 2003 mit einer Gutschrift von € 877,35 anstatt einer Gutschrift von € 35.007,90 zur Verbuchung einer Nachforderung am Abgabenkonto der Bf in Höhe von € 34.130,55.

Wegen eines Fehlers bei der Bescheidadressierung des (gemäß § 295 BAO abgeänderten) Feststellungsbescheides wurden der Feststellungsbescheid und der Einkommensteuerbescheid 2003 gemäß § 299 Abs 1 BAO aufgehoben. Am wurde ein zahlenmäßig gleichlautender Feststellungsbescheid mit der richtigen Bescheidadressierung erlassen. Die Aufhebung der Einkommensteuer 2003 erfolgte mit Bescheid vom . Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2003 gemäß § 295 Abs 1 BAO erneut mit einer Gutschrift von € 877,35 festgesetzt. Somit ergab sich laut Bericht der Abgabenbehörde auf dem Abgabenkonto keine Änderung. Die Verbuchung der Einkommensteuer 2003 am ergab als Nachforderung 0,00, da als neuer Bescheidbetrag ebenso wie als alter Bescheidbetrag € 877,35 angeführt ist.

Die Rüge der Bf, dass die Verbuchung des (sehr wohl zugestellten) Aufhebungsbescheides vom nicht erfolgt sei, ist berechtigt, da die aus der Aufhebung des Nachforderungsbescheides vom resultierende Gutschrift am Abgabenkonto nicht erfolgt ist. Vielmehr verbuchte die Abgabenbehörde den Einkommensteuerbescheid 2003 gemäß § 295 Abs 1 BAO vom mit einem neuen und alten Bescheidbetrag von € 877,35, sodass die erneute Festsetzung der Einkommensteuer 2003 auch keine Lastschrift zur Folge hatte.

Die Meinung der Abgabenbehörde, dass für den aufhebenden Bescheid gemäß § 299 BAO für die Einkommensteuer 2003 vom keine Buchung erforderlich gewesen sei, weil d iese im Spruch des Bescheides hätte enthalten sein müssen, ist unzutreffend, da allein die Aufhebung des Leistungsgebotes mit Bescheid vom zwingend die Gutschrift der aufgrund des aufgehobenen Bescheides verbuchten Lastschrift zur Folge hatte.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass die Einkommensteuernachforderung nicht als Gutschrift mit der Buchung des Einkommensteuerbescheides zu erfassen gewesen wäre, weil der ersetzende Einkommensteuerbescheid 2003 keine Änderung des Vorsollbetrages bewirkt habe, ist zu entgegnen, dass in einem Abgabenbescheid stets die für ein bestimmtes Jahr insgesamt geschuldete Abgabe festgesetzt wird, ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe diese Abgabe  bereits durch Vorauszahlungen entrichtet wurde. Die Berücksichtigung von Vorauszahlungen erfolgt im Wege der Verrechnung auf dem Abgabenkonto und führt dort zu einer entsprechenden Gutschrift. Gleiches gilt, wenn mit einem zweiten oder weiteren Abgabenbescheid für dasselbe Jahr eine höhere oder geringere Abgabe festgesetzt wird. Gegenstand der Festsetzung ist immer die gesamte für ein Jahr geschuldete Abgabe und nicht bloß Differenzbeträge gegenüber bereits festgesetzten Steuerbeträgen (vgl. ,1995, 92/13/0130). Eine Änderung des Vorsollbetrages kann sich somit nicht aus dem Spruch des ersetzenden Einkommensteuerbescheides ergeben.

Die von der Abgabenbehörde am durchgeführte Verbuchung der Einkommensteuer 2003 erweist sich somit ebenfalls als rechtswidrig, sodass die von der Bf begehrte Verbuchung der Gutschrift aufgrund des Aufhebungsbescheides vom somit auch zur Folge hat, dass diese nicht der Rechtslage entsprechende Buchung richtigzustellen ist, zumal der auf dem Abgabenkonto erfolgten Verbuchung der Einkommensteuer 2003 bloß deklarativer Charakter zukommt und keine Änderung der rechtlichen Beurteilung bewirkt (vgl. ).

Da die bei rechtmäßiger Verbuchung des Aufhebungsbescheides vom zu erfolgende Gutschrift von € 34.130,55 auch die Berichtigung der Verbuchung des Einkommensteuerbescheides 2003 durch eine Lastschrift in Höhe von € 34.130,55 zur Folge hätte, hätte die Verbuchung insgesamt mit dem zumindest richtigen Ergebnis ihren kassenmäßig richtigen Ausdruck gefunden, sodass eine Berichtigung nicht erforderlich wäre.

Allerdings wurde von der Bf auch vorgebracht, dass der Einkommensteuerbescheid 2003 vom nicht zugestellt worden sei.

Ob ein Leistungsgebot zugestellt wurde (nur dann wäre die Buchung rechtmäßig gewesen), ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung (und somit der Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/16/0285), sondern ob sie überhaupt (wirksam) erfolgte. Diese Frage sollte daher im Verfahren nach § 216 BAO austragbar sein (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 216 Tz 4). Dass die Frage, ob die strittigen Erledigungen wirksam zugestellt und damit Bescheidqualität erlangt haben, in einem Verfahren nach § 216 BAO ausgetragen werden kann, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2008/15/0266, bestätigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () muss im Fall einer Zustellung ohne Zustellnachweis der Beweis der erfolgten Zustellung gegenüber der Bestreitung eines Empfängers von der Behörde auf eine andere Weise erbracht werden, wobei im Falle eines Misslingens dieses Beweises die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig anzunehmen ist.

Mangels eines Zustellnachweises und Bestreitung dieses Vorbringens durch die Abgabenbehörde kann der Behauptung der Bf über die nicht erfolgte Zustellung somit nicht entgegen getreten werden, zumal auch die Nachreichung des Einkommensteuerbescheides 2003 i n Kopie mit Beschwerdevorentscheidung keine Heilung des Zustellmangels bewirkt (vgl. ).

Die Verbuchung des Einkommensteuerbescheides 2003 erweist sich somit auch mangels wirksamer Zustellung des Bescheides als rechtswidrig.

Die Abgabenbehörde hat die der Rechtslage nicht entsprechenden Buchungen richtigzustellen ( )

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7104747.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at