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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2016, RV/7100396/2014

"res iudicata", wenn nach Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides für den neuerlichen Wiederaufnahmebescheid die im vorangegangenen Verfahren herangezogenen Wiederaufnahmegründe herangezogen werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache  des Herrn Bf., X., vertreten durch WP, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erf.Nr. x/x, betreffend
1) Wiederaufnahme einer Grunderwerbsteuer und
2) Grunderwerbsteuer
zu Recht erkannt: 

1) Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens der Grunderwerbsteuer vom wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2) Die Beschwerde gegen die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Kaufvertrag vom haben die Ehegatten Herr Bf. und Frau W.K. von der VK je 184/1678 Anteile an der Liegenschaft EZ 1 Grundbuch Z., mit welchen das Wohnungseigentum an der im Dachgeschoß von den Käufern zu errichtenden Wohnung W9 (laut Punkt VII. des Vertrages ca. 330 m² Nutzfläche) untrennbar verbunden werden wird und je drei Mal 5/3356 Anteile dieser Liegenschaft, an denen untrennbar Wohnungseigentum an den PKW-Stellplätzen Nr. 2, 11 und 13 verbunden werden wird, erworben. Der vereinbarte Kaufpreis für den Kaufgegenstand beträgt € 300.000,00.

Am wurde ein Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen.

Mit dem Bescheid vom wurde Herrn Bf. vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien die Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom zunächst mit € 5.250,00 vorgeschrieben.

Auf Grund mehrerer Vorhalte des Finanzamtes wurden Baupläne, Bescheide des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 – Baupolizei und weitere Unterlagen vorgelegt.

Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel das Verfahren wieder aufgenommen und die Grunderwerbsteuer gegenüber Herrn Bf. mit € 52.435,29 festgesetzt. Im Spruch dieses Bescheides wurde ausgeführt:

„In der Grunderwerbsteuersache, betreffend Kaufvertrag EZ 1 KG Z. vom mit VK wird das Verfahren von Amts wegen gem. § 303 (4) im Sinne des § 303 (1) lit.a und c BAO wieder aufgenommen und der Grunderwerbsteuerbescheid vom StNr x/y aufgehoben. Nachstehend ergeht eine neuerliche Sachentscheidung.“

Der Bescheid enthält folgende Begründung zur Wiederaufnahme:

„Die Feststellungen der Außenprüfung stellen für das Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel dar, die bisher nicht geltend gemacht worden sind. Die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, hätten einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt.

Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung.

Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden. Daher war dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.

Der Bemessung wurde das Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung zugrunde gelegt. Begründung und genaue Berechnung sind dem Prüfbericht zu entnehmen, welcher insoweit einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides bildet.“

Für die Wiederaufnahme enthält der Prüfbericht, der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildet, folgende Begründung:

„Gemäß § 303 Abs.4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amtswegen unter den Voraussetzungen des § 303 Abs.1lit.a und c BAO und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens hat den Zweck, ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren, dem besondere Mängel anhaften, aus dem im Gesetz erschöpfend aufgezählten Gründen aus der Welt zu schaffen und die Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Es kann sein, dass die Abgabenbehörde abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen nicht oder nicht vollständig ermittelt hat, weil sie den erhobenen Sachverhalt für ausreichend und weitere Tatsachenfeststellungen für unmaßgebend oder bedeutungslos hält. Diesfalls kann das spätere Hervorkommen neuer entscheidungsbedeutsamer Tatsachen oder Beweismittel in Bezug auf diesen Sachverhalt einen Wiederaufnahmegrund bilden, und zwar dann, wenn bisher unbekannt gebliebene Sachverhalte überhaupt oder in ihrem vollen Ausmaß erst später bewusst und bekannt werden.

Die vom Finanzamt nachträglich durchgeführten Ermittlungen (Vorhaltsbeantwortungen, vorgelegte Mails, Baubesprechungen, Ausschreibungen etc.) führten dazu, dass im Blickfeld der Erwerber eine zu errichtende Wohnung war. Dieser spätere Nachweis bedeutet eine Neuerung im Sinne des § 303 Abs.4 BAO. Damit ist die Frage des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes bejaht.

Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Bei der im Sinne des § 20 Bao vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen. Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden. Daher war dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Steuerbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.“

Begründet wurde die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer auch von den Sanierungskosten im Prüfbericht damit:

„Mit Kaufvertrag vom haben die Ehegatten Herr Bf. und Frau W.K. Liegenschaftsanteile erworben, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung im Dachgeschoß verbunden werden wird, daher war im Blickfeld der Erwerber eine zu errichtende Wohnung.

Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll (UFS RV/1418-W/11 vom )

Mit Bescheid vom wurde die Bewilligung für die baulichen Maßnahmen laut den zugrunde liegenden Plänen an die VK als Bauwerberin erteilt. Sämtliche weitere Veränderungen erfolgten mit Zustimmung der VK im Rahmen dieser Baubewilligung.

Im Zuge des Dachbodenausbaus wird laut Punkt 5 des Kaufvertrages auch eine Generalsanierung des auf der Liegenschaft befindlichen Gebäudes auf Kosten der Verkäuferin vorgenommen. Die Kosten des Dachausbaus haben die Erwerber zu tragen. Laut Kaufvertrag verpflichten sich die Käufer, den Dachboden ausschließlich durch qualifizierte Professionisten bzw. konzessionierte Unternehmen durchführen zu lassen.

Nach den allgemeinen Grundsätzen über die Bauherreneigenschaft ist Bauherr, wer auf die bauliche Gestaltung Einfluss nehmen kann, das Baurisiko zu tragen hat, das heißt, den bauausführenden Unternehmungen gegenüber unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist. Es wurde zwar eine Errichtergesellschaft (P.G.) aus umsatzsteuerliehen Gründen gegründet, jedoch ohne schriftliche Vereinbarung über die Durchführung des Bauvorhabens bzw. über die Kostentragung.
Es ist kein gemeinsames Tätigwerden erkennbar und auch nicht die Risikotragung durch die Errichtergesellschaft. Das ergibt sich auch daraus, dass bei den vorgelegten Auftragserteilungen immer die Zustimmung /Freigabe der
VK erforderlich war.

Das Revitalisierungs- und Ausbauprojekt wurde aufgrund der vorgelegten Unterlagen bereits vor Erwerb von der VK geplant und durfte nur mit Zustimmung von der VK verändert und durchgeführt werden. Alle Abänderungen der vorgelegten Baubewilligung erfolgten nur mit Zustimmung von VK und im Rahmen der vorliegenden Baubewilligung.

Die Bemessungsgrundlage setzt sich somit aus den Grundkosten und den aufgrund der Revitalisierung übernommenen Baukosten samt Nebenkosten.“

Gegen diesen Bescheid wurde am eine Berufung (nunmehr Beschwerde) eingebracht. In einer Ergänzung wurde ausgeführt, dass es dem Bescheid an der Begründung mangelt, welche konkreten Umstände nach Ansicht der Finanzbehörde einen Wiederaufnahmegrund nach § 303 Abs. 1 lit. a und c BAO darstellen.

Dieser Bescheide wurde mit Aufhebungsbescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. Diese Aufhebung wurde wie folgt begründet:

„Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen.

Da im Spruch ein unrichtiger Tatbestand der Wiederaufnahme angeführt ist, war der Bescheid aufzuheben.

Es ergeht ein neuerlicher Bescheid.“

Im Spruch des neu ergangenen Bescheides vom wurde ausgeführt:

„In der Grunderwerbsteuersache, betreffend Kaufvertrag EZ 1 KG Z. vom mit VK wird das Verfahren von Amts wegen gem. § 303 (4) im Sinne des § 303 (1) lit.b BAO wieder aufgenommen und der Grunderwerbsteuerbescheid vom StNr x/y aufgehoben. Nachstehend ergeht eine neuerliche Sachentscheidung.“

In der Höhe der Vorschreibung trat keine Änderung ein. Der Bescheid enthält folgende Begründung zur Wiederaufnahme:

„Die Feststellungen der Außenprüfung stellen für das Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel dar, die bisher nicht geltend gemacht worden sind - siehe BP-Bericht vom , der in Kopie beiliegt. Die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, hätten einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt.

Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung.

Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden. Daher war dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.

Der Bemessung wurde das Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung zugrunde gelegt. Begründung und genaue Berechnung sind dem Prüfbericht zu entnehmen, welcher insoweit einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides bildet.“

Diesem Bescheid beigelegt wurde wieder der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildende Prüfbericht vom .

In der dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mit dem Schriftsatz vom vorgelegten Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer auch von den Sanierungskosten wurde ausgeführt (ohne Hervorhebungen):

„Wir haben am gegen die Bescheide vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die neue Sachentscheidung (Vorschreibung Grunderwerbsteuer) gem. § 243 BAO das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Diese Berufung wurde von der Abgabenbehörde weder zurückgewiesen (§ 273 BAO) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2; § 86 Abs. 1 BAO) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) erklärt. Ebenso wurde von der Abgabenbehörde keine Berufungsvorentscheidung (§ 276 Abs. 1) erlassen und auch nicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz (§ 276 Abs. 6 BAO) vorgelegt.

Vielmehr hat die Abgabenbehörde die angefochtenen Bescheide vom mit Aufhebungsbescheid gem. § 299 Abs. 1 BAO vom aufgehoben.

Durch den neu erlassenen Aufhebungsbescheid vom hat die Behörde kund getan, dass unserer Berufung vom gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens datiert vom insofern stattgegeben wurde, als die darin angeführten Hinweise auf den Wiederaufnahmsgrund und damit im Zusammenhang stehenden zitierten Gesetzesparagraphen (nämlich gem. § 303 (4) im Sinne des § 303 (1) Iit. a und c BAO) abgeändert wurde.

Die Behörde ist jedoch nicht auf die bereits in unserer Berufung vom aufgeführten Mängel betreffend die Wiederaufnahme eingegangen. Die gleichen Mängel behaften auch die, aufgrund des Aufhebungsbescheides neu erlassenen Bescheide vom :

1. Bei den neu erlassenen Bescheiden für die Berechnung der Grunderwerbsteuer, wurde als einzige Änderung das Datum des Bescheides auf den „“ geändert.

2. Wir können nur wiederholen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens und der damit zusammenhängende Bescheid keinen Wiederaufnahmsgrund anführen, aus der eine ausreichende Begründung für die Wiederaufnahme abgeleitet werden kann. Wie in Kommentaren zu § 303 (1) BAO angeführt wird, bedarf es bei der Begründung für eine Wiederaufnahme nicht nur allgemeiner Darlegungen, sondern es ist zu präzisieren, welche neuen Tatsachen sich ergeben haben um eine Wiederaufnahme durchzuführen.

a. Die Behörde verzichtet nach wie vor auf die Benennung der neu hervorkommenden Tatsachen und Beweismittel.

b. Die Behörde verzichtet auf die Begründung der steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie.

c. Die Behörde verzichtet auf die Begründung was ihr vor der Durchführung der Betriebsprüfung bekannt war und zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens hätte Anlass geben können.

Aus den neuerlich ergangenen Bescheid geht wieder nicht hervor, welche konkreten Umstände nach Ansicht der Finanzbehörde als Wiederaufnahmegrund herangezogenen worden sind, nach Judikatur des VwGHs ist aber ein Wiederaufnahmbescheid aufzuheben, wenn in der Begründung des Bescheides ein solcher konkreter Umstand nicht angegeben ist.

3. Der neue Bescheid vom und die darin angeführte „Begründung zur Wiederaufnahme“ bezieht sich wieder auf „.....das Ergebnis der durchgeführten abgabenrechtlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkungen“. Es wird ebenso darauf hingewiesen, dass „…..die Feststellungen der Außenprüfung stellen für das Steuerverfahren neuhervorgekommene Tatsachen dar, die bisher nicht geltend gemacht worden sind - siehe BBP Bericht vom “.

Diese Begründung ist gemäß Entscheidungen des UFS, sowie des VwGH zu allgemein gehalten und es wird nicht dargelegt, welche tatsächlichen Gründe die Behörde vermeint für eine Wiederaufnahme geltend machen zu können.

Der Hinweis auf die Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts ist insofern schon interessant, als in diesem unter TZ 5 ebenfalls der Wiederaufnahmsgrund genannt wird, aber erneut der § 303 (1) lit. a und c. Die Behörde hat sich daher bei der Abfassung der neuen Bescheide vom nicht einmal die Mühe gemacht zu überprüfen, dass in dem darin angeschlossenen Betriebsprüfungsbericht unter TZ 5 ebenfalls wieder dieser Wiederaufnahmsgrund angeführt wurde, der bereits zu dem Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO geführt hat.

Aus all dem vorangeführten ergibt sich nunmehr als Schlussfolgerung:

Die Behörde hat zwar die Aufhebung gem. § 299 (1) BAO des Wiederaufnahmebescheides vom erlassen, hat es aber unterlassen bei den aufgrund der Aufhebung gem. § 299 (2) BAO neu erlassenen Bescheide vom diese gesetzeskonform zu begründen. Außerdem hätte sie ein Verfahren betreffend dieselbe Abgabenart und desselben Jahres und damit zusammenhängende Neuvorschreibung der Steuern nur dann vornehmen dürfen, wenn andere Gründe genannt worden wären, wie diese ursprünglich angeführt worden sind. Es handelt sich daher in diesem Fall um eine „res iudicata“ die ein Ausfluss des Grundsatzes „ ne bis in idem", eine der grundlegenden Säulen der österreichischen Verfahrensordnung ist (siehe dazu ; Stoll, BAO Kommentar, S. 2954).

Die Behörde verfügte über eine Aufhebung gem. § 299 BAO betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens, wobei in der Begründung des neuen Wiederaufnahmebescheides wieder nur auf die Ergebnisse der durchgeführten Abgabenbehördlichen Prüfung hingewiesen wird. Gleichzeitig übermittelte sie uns erneut den Prüfungsbericht, der völlig ident ist, mit dem bereits ergangenen Bescheid vom .

Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid wie dem der Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens von Amts wegen wird die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde ().

In beiden Fällen wurden als Gründe für die Wiederaufnahme die Feststellungen der abgabenrechtlichen Prüfung angeführt. Damit wurden aber in beiden Begründungen der Wiederaufnahmebescheide dieselben Feststellungen und damit der Tatsachenkomplex für die Wiederaufnahme des Verfahrens herangezogen. Fest steht also, dass die von der Betriebsprüfung getroffenen und im Bericht festgehaltenen steuerlichen Feststellungen, auf die die Begründung der Bescheide als Gründe für die Wiederaufnahme verwiesen wurde, jeweils dieselben geblieben waren.

Die Sanierung eines rechtswidrigen Wiederaufnahmebescheides, wie in unserem Fall der Bescheid vom , ist nur dann möglich, wenn sich aus der Begründung des Bescheides der Sanierung wenigstens ansatzweise die qualifizierte Wiederaufnahmsgründe erkennen lassen (vergleiche dazu auch RV/0686-/08).

Einer abermaligen Wiederaufnahme auf Basis von Feststellungen anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung, die schon einmal Gegenstand eines Wiederaufnahmeverfahrens gewesen ist, steht aber das bereits oben erläuterte Rechtsinstitut „res iudicata“ entgegen.

Bezüglich der weiteren Begründungen hinsichtlich der Sachentscheidung verweisen wir auf das Beilagen Konvolut A1 – A21.

Wir beantragen über diese Berufung eine mündliche Verhandlung gem. § 284 Abs. 1 BAO vor dem gesamten Senat gem. § 282 Abs. 1 Z 1 BAO abzuhalten.“

Als Beilage A1 bis A8 wurde die „Begründung unserer Berufung“ vorgelegt, welche sich gegen die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer richtet.

Mit Schriftsatz vom wurden die Anträge auf mündliche Verhandlung sowie Senatsentscheidung zurückgezogen.

Erwägungen

1) Wiederaufnahme des Verfahrens

In Anbetracht der Tatsache, dass die Berufung am unerledigt war, ist anzumerken, dass die Frage nach der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Wiederaufnahmebescheides gemäß § 323 Abs. 37 BAO unter Anwendung folgender für das Verwaltungsgericht maßgeblicher Bestimmung den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet. § 303 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 14/2013 lautet hierbei wie folgt:

„Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.“

Gemäß § 303 BAO ist eine Wiederaufnahme eines Verfahrens nur möglich, wenn einer von drei Wiederaufnahmetatbeständen erfüllt ist. Bei diesen drei Wiederaufnahmetatbeständen handelt es sich um den Erschleichungstatbestand, den Neuerungstatbestand und den Vorfragentatbestand. Im Spruch eines die Wiederaufnahme eines Verfahrens verfügenden Bescheides ist der Wiederaufnahmetatbestand zu nennen, dieser ist sohin Spruchbestandteil.

Die Begründung zur Wiederaufnahme im Bescheid vom , dass die Feststellungen der Außenprüfung für das Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel darstellen, die bisher nicht geltend gemacht worden sind sowie dass die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, lassen nur den Schluss zu, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat.

Bestätigt wird dieses auch im Prüfungsbericht – der einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bildet – wenn in diesem ausgeführt wird:

„Die vom Finanzamt nachträglich durchgeführten Ermittlungen (Vorhaltsbeantwortungen, vorgelegte Mails, Baubesprechungen, Ausschreibungen etc.) führten dazu, dass im Blickfeld der Erwerber eine zu errichtende Wohnung war. Dieser spätere Nachweis bedeutet eine Neuerung im Sinne des § 303 Abs.4 BAO. Damit ist die Frage des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes bejaht.“

Auch wenn das Finanzamt den Neuerungstatbestand nicht expressis verbis als Wiederaufnahmegrund angeführt hat, sondern die lit. a und c des Abs. 1 des § 303 BAO, ist offenkundig, dass die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt wurde, ist doch in der Begründung des Wiederaufnahmebescheides von neu hervorgekommenen Tatsachen und im Prüfungsbericht von einer Neuerung die Rede. Damit ist in unzweifelhafter Weise festgelegt worden, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat.

Dieser Bescheid vom , mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt wurde, wurde mit dem Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Bundesabgabenordnung vom mit der Begründung, da im Spruch ein unrichtiger Tatbestand der Wiederaufnahme angeführt ist, aufgehoben.

Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Eine Verbindung nach § 299 Abs. 2 BAO setzt voraus, dass ein neuer Sachbescheid zu erlassen ist (Ritz, BAO5, § 299, Tz 49). Im gegenständlichen Fall wurde der aufgehobene Wiederaufnahmebescheid vom durch den Wiederaufnahmebescheid vom ersetzt.

Es ist zwar grundsätzlich zulässig, dass nach der Aufhebung eines Wiederaufnahmebescheides vom Finanzamt neuerlich eine Wiederaufnahme verfügt wird. Allerdings darf die neuerliche Wiederaufnahme des Verfahrens nur aus anderen Gründen verfügt werden als jenen, auf die sich der aufgehobene Bescheid vom gestützt hatte. Diesfalls liegt eine andere, keine entschiedene „Sache“ vor (vgl. ).

Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches gebildet hat. Bei Wiederaufnahmebescheiden stellt die Sache die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen dar. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständige Behörde (vgl. ). Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid wie dem der Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens von Amts wegen wird die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. ).

Auf den gegenständlichen Fall bezogen, bedeuten diese allgemeinen Ausführungen, dass zu prüfen ist, ob die in dem nunmehr angefochtenen Wiederaufnahmebescheid vom angeführten Tatsachen schon einmal als Gründe für einen vorhergehenden Wiederaufnahmebescheid herangezogen wurden.

Der nunmehr angefochtene Wiederaufnahmebescheid vom enthält in der Begründung zur Wiederaufnahme wieder, dass die Feststellungen der Außenprüfung für das Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel darstellen, die bisher nicht geltend gemacht worden sind sowie dass die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Ergänzt wurde diese Begründung nur mit den Worten „siehe BP-Bericht vom , der in Kopie beiliegt“. Es wurde in diesem Bescheid wieder erklärt, dass der Prüfungsbericht vom einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides darstellt.

In beiden Fällen stellen die Feststellungen der Außenprüfung für das Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel dar. Das Ergebnis dieser Außenprüfung wurde in dem Bericht vom festgehalten. Dass in beiden Fällen nur der Bericht vom gemeint sein konnte, ergibt sich einerseits daraus, dass in diesem Verfahren keine weitere Prüfung durchgeführt wurde und andererseits aus dem Umstand, dass in beiden Fällen mit den Bescheiden nur der Bericht vom übersandt werden konnte. Damit wurden in den Begründungen beider Wiederaufnahmebescheide dieselben Feststellungen und damit auch derselbe Tatsachenkomplex für die Wiederaufnahme der Verfahren herangezogen.

Es ist rechtswidrig, bereits im vorangegangenen Verfahren herangezogene Wiederaufnahmegründe neuerlich heranzuziehen. Das kommt einer neuerlichen bescheidmäßigen Absprache in einer bereits entschiedenen Sache (res iudicata) gleich und verstößt gegen den allgemeinen Grundsatz „ne bis in idem“ (vgl. RV/0238-I/09 unter Verweis auf ). Das Finanzamt stützt die neuerliche Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Bescheid vom auf dieselben Tatsachen, die das Finanzamt bereits in dem mit Bescheid vom wiederaufgenommenen Verfahren herangezogen hat. Die Erlassung von sich auf dieselben Wiederaufnahmegründe stützenden Bescheiden ist aber unzulässig. Daher war der Wiederaufnahmebescheid vom aufzuheben.

2) Grunderwerbsteuer

Gemäß § 307 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Der neue Sachbescheid scheidet ex lege aus dem Rechtsbestand. Die Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den Grunderwerbsteuerbescheid war daher als unzulässig (geworden) zurückzuweisen. Diese Zurückweisung ist die zwingende Folge der Aufhebung des zugrunde liegenden Verfahrensbescheides (Wiederaufnahmebescheid).

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt in Anbetracht der in ausreichendem Maß angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100396.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at