Rechtzeitigkeit einer Beschwerde
Rechtssätze
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RV/5101655/2014-RS1 | Die Verlängerung der Beschwerdefrist setzt einen diesbezüglichen Antrag und das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe voraus. Die Beweislast für das Einlangen des Fristverlängerungsantrages bei der Behörde trifft den Absender (vgl. ). Dafür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (vgl. ; , 2008/13/0149; , 2010/17/0067; , 2002/13/0165). Für die Übermittlung im Wege des Telefax gilt nichts anderes (vgl. ). |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Gerhard Peither, Sandgasse 16, 4020 Linz, gegen den Sicherstellungsauftrag des Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr zu Steuernummer 123/4567 vom , in der Sitzung am beschlossen:
Die Beschwerde (Berufung) vom wird als verspätet zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Im Rahmen einer Betriebsprüfung der Firma Bf. (damals X-) erging am durch das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr ein Sicherstellungsauftrag, welcher am der damaligen gesetzlichen Vertreterin der Gemeinschuldnerin, Frau I.W. (Geschäftsführerin), zugestellt wurde.
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde per Telefax die Berufung vom 21. Dezember
2012 beim Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr eingebracht. Das Telefax ist am 21. Dezember
2012, 17:08 Uhr, vom Büro des steuerlichen Vertreters abgesandt worden.
In der Folge erging am ein Mängelbehebungsauftrag, da die Berufung
inhaltlichen Erfordernissen nicht entsprach. Dem Auftrag wurde mit Schreiben vom
per Telefax nachgekommen.
Die belangte Behörde wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die
Beschwerde als unbegründet ab.
Am stellte die Bf. einen Vorlageantrag beim Bundesfinanzgericht und
beantragte die Entscheidung durch den Senat.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung
vorgelegt.
Der Bf. wurde der bisher festgestellte Sachverhalt mit Beschluss vom zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses
Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben und allfällige Beweise vorzulegen. In der Begründung wies das Gericht darauf hin, dass vor Zurückweisung einer Beschwerde als verspätet entweder von Amts wegen zu prüfen ist, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, wenn Umstände auf einen solchen hinweisen, oder der Bf. die offenbare Verspätung des Rechtsmittels vorzuhalten ist (vgl. ). Da kein Hinweis auf einen Zustellmangel bestehe, sei der Bf. Gelegenheit zu geben, durch geeignete Unterlagen zu beweisen, dass das Rechtsmittel dennoch nicht verspätet ist.
Dazu führte die Bf. in der Stellungnahme vom aus, dass am ein Ansuchen um Fristverlängerung bis mittels Telefax bei der belangten Behörde eingebracht worden wäre. Am 17. Dezember sei neuerlich ein Fristverlängerungsansuchen bis mittels Telefax eingebracht worden. Zumal keine ablehnende Erledigung erfolgt sei, sei das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht worden. Die Bf. legte Kopien der Schriftstücke vor. Gleichzeitig wurde ersucht, die belangte Behörde aufzufordern, die Originale vorzulegen.
Rechtslage:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
§ 245 der Bundesabgabenordnung (BAO) in der Fassung BGBl. I 2013/14 lautet:
"(1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.
(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
(3) Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.
(5) Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß für Anträge auf Verlängerung der Frist des § 85 Abs. 2 bei Mängeln von Beschwerden."
§ 260 BAO in der Fassung BGBl. I 2013/14 lautet:
"(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde."
§ 278 BAO in der Fassung BGBl. I 2013/14 lautet:
"(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86 a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Erwägungen
Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat. Bei schriftlichen Bescheiden beginnt die Frist am Tag von dessen Zustellung. Die Verlängerung der Beschwerdefrist setzt einen diesbezüglichen Antrag und das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe voraus. Die Beweislast für das Einlangen des Fristverlängerungsantrages bei der Behörde trifft den Absender (vgl. ). Dafür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (vgl. ; , 2008/13/0149; , 2010/17/0067; , 2002/13/0165). Für die Übermittlung im Wege des Telefax gilt nichts anderes (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall behauptet die Bf. die Einbringung von Fristverlängerungsansuchen bei der belangten Behörde durch Telefax, ohne - trotz ausdrücklicher Aufforderung - den Beweis zu erbringen, dass diese Fristverlängerungsansuchen vom und tatsächlich auch bei der belangten Behörde rechtzeitig eingelangt sind. Die Vorlage von Kopien der Fristverlängerungsansuchen ist nicht geeignet, die Rechtzeitigkeit der Einbringung dieser Ansuchen sowie der gegenständlichen Beschwerde dartun.
Die Bf. verkennt die Sach- und Rechtslage, wenn sie nun meint, das Gericht sollte die belangte Behörde auffordern, die "Originale" der Fristverlängerungsansuchen vorzulegen. Die "Originale" können sich nicht bei der belangten Behörde befinden, da diese Schriftstücke angeblich per Telefax übermittelt worden sind. Demnach könnten sich allenfalls nur Fernkopien bei der belangten Behörde befinden. Die belangte Behörde hat jedoch ihrer Verpflichtung nach § 266 Abs. 1 BAO folgend die Akten des Verfahrens dem Gericht vorgelegt. Ob die Aktenvorlage vollständig war, konnte sich die Bf. anhand des ihr übermittelten Aktenverzeichnisses überzeugen. Ein Hinweis, dass die Aktenübermittlung in diesem Punkt unvollständig war, ergibt sich jedoch nicht. Da die Bf. die Beweislast für das Einlangen des Schriftstücks bei der Behörde trifft, hätte sie dafür vorsorgen müssen, dass sie die Rechtzeitigkeit der Beschwerde vor Gericht beweisen kann. Da dieser Beweis von der Bf. nicht erbracht wurde, geht das Gericht davon aus, dass die von der Bf. vorgelegten Fristverlängerungsansuchen vom und tatsächlich nicht (rechtzeitig) bei der belangten Behörde eingelangt sind. Demnach ist die Rechtsmittelfrist am ungenützt verstrichen. Die Erhebung der Berufung (Beschwerde) am per Telefax durch die Bf. erfolgte jedenfalls außerhalb der Beschwerdefrist, weshalb die Beschwerde (Berufung) gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als verspätet zurückzuweisen ist.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO abgesehen, zumal die Bf. ausreichend Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte hatte.
Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 266 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5101655.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at