Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2016, RV/7100288/2012

Diverse Werbungskosten einer Lehrerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache der Bf., Adr., vertreten durch Helmut Zethofer, Neulerchenfelder Straße 65, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Einkommensteuer  2005 und 2006 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind den angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist als Lehrerin für textiles und technisches Werken sowie Bildnerische Erziehung an einem Gymnasium in 1000 Wien tätig und hat ihrer Ansicht nach notwendige Schulmittel aus dem privaten Einkommen gekauft.

Das Finanzamt richtete am folgenden Vorhalt an die Bf.:

" Um Vorlage folgender Unterlagen (geordnet nach Jahren) wird ersucht:
Arbeitsmittel - eine detaillierte Aufstellung unter Angabe der beruflichen Nutzung (Rechnungsdatum, Betrag)
Fachliteratur - Literaturliste (Rechnungsdatum, Betrag, Titel, Zusammenhang mit
der beruflichen Tätigkeit) -
Reisekosten - eine Erklärung über den Zweck der Reise, eine Aufstellung der Kilometer (Fahrtenbuch), Datum, Beginn und Ende der Reise (Tagesabläufe), Kostenersatz durch den Dienstgeber
Bildungskosten - Bekanntgabe über die Begründung und Art der Fortbildung (Darstellung der beruflichen Tätigkeit), Dauer der Fortbildung, Aufstellung (Re.
Datum, Betrag) über die unmittelbaren Kosten der Fortbildung Kostenersätze durch den Dienstgeber
Sonstige Werbungskosten — eine genaue Aufstellung (Re. Datum, Betrag) sowie die
berufliche Veranlassung der sonstigen Werbungskosten."

Bei den beantragten Werbungskosten der Bf. handelt es sich laut Schreiben des steuerlichen Vertreters vom um Folgendes:

" Fr. Bf. unterrichtet am Gymnasium in Wien textiles und technisches Werken, sowie Bildnerische Erziehung.
2005: Bei den Arbeitsmitteln handelt es sich um Materialien, die größtenteils für die Herstellung von Mustern und Modellen dienen, die dann im Unterricht verwendet werden. Der Rest wird auch im Unterricht gebraucht. Bei der Fachliteratur handelt es sich um Fachbücher, die bei den diversen Verlagen gekauft wurden und ausschließlich dem Unterricht dienen.
Bei den Reisekosten handelt es sich um eine Jahreskarte der Wiener Linien, die für den Besuch von diversen Ausstellungen und Besorgungen benötigt wird. Die Bildungskosten sind u.a. Eintritte ins Kunstforum, Kunstmeile Krems, Kaiserliches Hofimobiliendepot. Weiters wurde ein Kurs der BOEKWE, der für die Bildnerische Erziehung sehr förderlich ist, besucht.
Dieser Kurs wurde auch der gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildung für die Lehrer angerechnet. Die sonstigen Werbungskosten setzen sich aus Bürobedarf und Geringwertige Wirtschaftsgüter zusammen, die jederzeit belegt werden können.
2006: Arbeitsmittel siehe 2005. Bei den Fahrtspesen handelt es sich wieder um eine Jahreskarte der Wr. Linien. Für die Berufsfortbildung wurde eine Sommerakademie für
„Grafik, Tiefdruck und Malerei“ besucht (Kosten € 580,- + Nächtigung) und ein Kurs bei einem Familien-Lebens- und Sozialtherapeuten in Höhe von € 200,-- sowie die dazugehörige Nächtigung und Fahrtspesen. Der Besuch der Sommerakademie wurde wieder der gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildung für Lehrer angerechnet. Bei den sonstigen Werbungskosten handelt es sich um eine Reparatur der Nähmaschine Höhe von € 320,00 sowie Bürobedarf.
Bezüglich Fachliteratur siehe 2005."

Das Finanzamt hat bei der Einkommensteuerveranlagung einen Teil der Aufwendungen berücksichtigt. Jene Aufwendungen welche auch im privaten Bereich Verwendung finden könnten, wurden den nicht abzugsfähigen Aufwendungen des § 20 EStG 1988 zugerechnet.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 wurde wie folgt begründet:

" Die Aufwendungen betreffend "Jahreskarte der Wiener Linien" sind mit dem
Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.
Aufwendungen für Fachliteratur sind absetzbar. Die Fachliteratur muss jedoch im
Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stehen. Aufwendungen für Bücher zur
Erweiterung der Allgemeinbildung sowie Werke deren Titel (und Inhalt) nicht
angeführt wurden, sind den Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und
daher gem. § 20 EStG nicht abzugsfähig.
Aufgrund der vorgelegten Unterlagen konnte das Finanzamt die berufliche
Veranlassung der Aufwendungen für "Arbeitsmittel" nicht konkret nachvollziehen,
es wurde daher von Amts wegen ein 30 %iger Privatanteil im Schätzungswege. ausgeschieden."

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 wurde wie folgt begründet:

" Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften können höchstens im Ausmaß von 100 € als Sonderausgabe berücksichtigt werden (§ 18 Abs.1 Z.5 EStG 1988).
Hinsichtlich der Abweichung(en) von der Steuererklärung wird auf die Begründung des Vorjahresbescheides/der Berufungsvorentscheidung verwiesen.

Die Aufwendungen für die Reparatur der Nähmaschine stellen Kosten der privaten
Lebensführung dar, und konnten daher gemäß § 20 EStG steuerlich nicht anerkannt
werden."


Dagegen brachte der steuerliche Vertreter der Bf. eine Berufung (nunmehr Beschwerde) ein, die wie folgt begründet wurde:

"Die Bescheide werden bei folgenden Punkten angefochten und es werden folgende
Änderungen beantragt:
Fachliteratur: Die Rechnungen für die Bücher sind teilweise mit Autoren und Titeln
versehen, und auch schriftliche Bemerkungen von Frau Bf. sind vorhanden (Kopien liegen bei). Aus diesem Grund ist ein völliges Ausscheiden der Kosten nicht richtig und ich
beantrage daher 80% als Werbungskosten anzuerkennen.
Material: Das ganze Material ist für den Privatgebrauch nicht geeignet, denn ich kann mir
nicht vorstellen was man privat mit 39 Bögen Packpapier, 400 Bögen A3 und 400 Bögen A4 Papier, 9kg Speckstein, 10kg Tonmasse privat anfängt. Außerdem ist z.B. auf der Rechnung vom der Fa. C auf der Seite genau beschrieben für welchen Gegenstand das Material verwendet wird. Da die unterrichtenden Fächer ineinander greifen, ist teilweise das Material für alle drei Gegenstände zu verwenden.
Bezüglich 2006 der Nähmaschine wird diese ausschließlich für den Unterricht verwendet, da Frau Bf. die ganzen Arbeitsschritte für Näharbeiten zu Hause vorbereiten muss um es den Schülern verständlich aufzubereiten. Aus diesem Grund ist die Reparatur von den Werbungskosten nicht auszuscheiden und nicht der privaten Lebensordnung zuzuordnen.
Ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Belege einfach nicht angesehen
wurden. Dass Sie es abgelehnt haben, mit mir darüber zu sprechen, finde ich schade, da die Berufung vermieden hätte werden können."

Über die Beschwerde wurde erwogen:


Rechtliche Würdigung:

Gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gem. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Aus der genannten Norm ergibt sich das sogenannte Aufteilungsverbot, welches darin besteht, dass Aufwendungen mit einer privaten und betrieblichen Veranlassungsmöglichkeit nicht abzugsfähig sind (vgl. ).

In diesem Spannungsfeld befinden sich Aufwendungen welche also grundsätzlich der privaten Lebensführung zugerechnet werden könnten, aber in weiterer Folge auch dem Beruf des Steuerpflichtigen dienen können.

Durch dieses Abzugsverbot solle vermieden werden, dass Steuerpflichtige auf Grund der Eigenschaft ihres Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen können (vgl. ; ). Eine Regelung der zufolge Aufwendungen der Lebensführung nur bei jenen Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könnten, bei denen die Möglichkeit einer Veranlassung durch die Einkünfteerzielung gegeben ist, würde gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Bei Aufwendungen, die in den Kreis der privaten Lebensführung fallen, muss ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. ).

Aus Gründen der Steuergerechtigkeit gilt hier ein allgemeines Aufteilungsverbot. Soweit sich also Aufwendungen nicht einwandfrei (vgl. ) trennen lassen, ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig.

Durch diese strenge Bestimmung soll vermieden werden, dass Aufwendungen (z.B. Bücher) durch eine bestimmte Berufsgruppe als steuermindernd geltend gemacht werden können, nur weil allenfalls eine berufliche Verwendungsmöglichkeit besteht, eine andere Berufsgruppe diesen Zusammenhang allerdings nicht herstellen kann.

Aufgrund der teilweise mangelnden Angaben auf den vorgelegten Belegen und der Nichtbekanntgabe des beruflichen Zusammenhangs (trotz Aufforderung durch das Finanzamt) ist nicht erwiesen, dass die hier strittigen Aufwendungen für Bücher sich nur auf Fachliteratur beziehen. Ein derartiger zweifelsfreier Ausschluss wäre aber die Grundvoraussetzung für eine unzweifelhafte Zuordnung zur ausschließlich beruflichen Verwendung.

In den Einkommensteuerbescheiden vom berücksichtigte das Finanzamt bereits für 2005 Werbungskosten in Höhe von 2.294,11 € sowie für 2006 Werbungskosten in Höhe von 2.535,95 €.

Nach § 16 Abs.1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese Aufwendungen sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) und gegebenenfalls mit den Pauschbeträgen nach § 16 Abs.1 Z 6 lit. b und c abgegolten.

1. Fahrtkosten:

Beruflich veranlasste Fahrtaufwendungen sind - ausgenommen die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - stets in ihrer tatsächlichen Höhe gemäß § 16 Abs.1 EStG 1988 als Werbungskosten anzusetzen.

Die Kosten für die Jahresnetzkarte sind jedoch bereits mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Die Kosten für die Vorteilscard Classic sind als privat veranlasst gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig, da hier keine Trennung zwischen beruflicher und privater Verwendung möglich ist. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 enthält als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grund liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (VwGH 2000/13/0156 vom mit weiteren Hinweisen auf VwGH-Judikatur)

2. Fachliteratur:

Aufwendungen für Fachliteratur sind dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie ausschließlich in Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stehen (, , 2010/15/0019). Wesentlich ist, dass die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen, sohin ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lassen ().

Aufwendungen für Literatur, die mit der beruflichen Sphäre im Zusammenhang steht, sind als Werbungskosten absetzbar. Typische Fachbücher sind dadurch charakterisiert, dass sich ihr Inhalt ganz überwiegend auf das spezielle berufliche oder sonstige erwerbsbezogene Fachgebiet des Steuerpflichtigen beschränkt. Der Erwerbscharakter der Aufwendungen muss konkret erkennbar sein und darf nicht etwa als bloße Behauptung im Raum stehen (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL, § 16, Anm. 26).

Aufwendungen für Literatur, die auch bei nicht in der Berufssparte des Steuerpflichtigen tätigen Personen von allgemeinem Interesse oder zumindest für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist (), stellen keine Werbungskosten dar.

Es ist Sache des Abgabepflichtigen, die Berufsbezogenheit für alle Druckwerke im Einzelnen darzutun, andernfalls sind die Aufwendungen zur Gänze nicht abzugsfähig ().

Da die Bf. trotz Aufforderung durch das Finanzamt die Berufsbezogenheit der Bücher teilweise nicht im Einzelnen dargelegt hat, kann nicht von einer gänzlichen nachgewiesenen Berufsbezogenheit der Bücher ausgegangen werden. Außerdem legt der Einkauf am Flughafen München (1 Beleg) aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung eher eine private Veranlassung der Ausgaben nahe. Ausgaben für typische Reiseliteratur sowie für psychologische bzw. esoterische Werke sind privat verlasst.

Bei einigen Werken (in Summe € 19,40 für 2005 und € 97,92 für 2006) konnte die Berufsbezogenheit jedoch glaubhaft gemacht werden. Somit können für 2005 € 19,40 und für 2006 € 97,92 für Fachliteratur als Werbungskosten anerkannt werden.

3. Reparatur Nähmaschine und Arbeitsmittel

Da in der Berufung die berufliche Notwendigkeit der Arbeitsmittel und der Nähmaschine glaubhaft gemacht wurde, werden die diesbezüglichen Reparaturkosten sowie sämtliche Ausgaben für Arbeitsmittel vom Bundesfinanzgericht als Werbungskosten anerkannt.

4. Sonstige Werbungskosten

Die Fortbildungskosten, Kosten für geringwertige Wirtschaftsgüter, Beiträge und Bürobedarf werden als Werbungskosten anerkannt.

Insgesamt werden daher nunmehr folgende Werbungskosten anerkannt:

Werbungskosten 2005 (in Euro):

Arbeitsmittel 1.676,75

Fortbildungskosten 298,60

Geringwertige Wirtschaftsgüter 310,78

Bürobedarf 212,41

Fachliteratur 19,40

Summe Werbungskosten 2005: 2.517,94

Werbungskosten 2006 (in Euro):

Reparatur 320,--

Beiträge 30,--

Bürobedarf 93,36

Fachliteratur 97,92

Berufsfortbildung 818,97

Material 2.276,60

Summe Werbungskosten 1006: 3.636,85

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist mangels einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zulässig und erfolgte das Erkenntnis im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

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