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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2016, RV/7102617/2015

Säumniszuschlag, grobes Verschulden, Mitarbeiterin einer Steuerberatungskanzlei

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache A.GmbH, (Bf.) vertreten durch Plus Steuerberatungs GmbH, Sternwartestraße 82, 1180 Wien, über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass der Säumniszuschlag auf € 102,79 (2 % von € 5.139,87) herabgesetzt wird.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am erging ein Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von 2 % der nicht fristgerecht entrichteten Umsatzsteuervorauszahlung für 8/2014 von € 83.139,87 mit € 1.662,80. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Vorauszahlung nicht bis entrichtet worden sei.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der vorgebracht wird, dass eine Übertragung vom Steuerkonto 1 beantragt, diese jedoch erst nach Urgenz am durchgeführt worden sei.

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Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass die Umsatzsteuervorauszahlung nicht entsprechend der Vorgabe des § 21 Umsatzsteuergesetz bei Fälligkeit entrichtet worden sei.

Die Umbuchung sei gemäß § 211 Abs. 1 lit. g BAO erst am wirksam geworden. Auf dem Abgabenkonto 03 423/4971 habe zwar am  ein Guthaben bestanden, der Umbuchungsantrag sei jedoch erst am über Finanz-Online eingebracht worden. Der am per Telefax eingebrachte Umbuchungsantrag gelte als nicht eingebracht, da laut Telefaxverordnung unter anderem die Einbringung von Anträgen auf Umbuchung, Überrechnung und Rückzahlung von Steuerguthaben nicht zulässig sei.

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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , mit dem ein Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO eingebracht und das mangelnde Verschulden damit begründet wurde, dass die Bf. darauf habe vertrauen können, dass ihr steuerlicher Vertreter, der auch der Vertreter der Vertragspartnerin sei, einen wirksamen Überrechnungsantrag eingebracht habe, er somit von der zeitgerechten Tilgung der Abgabenschuld ausgehen habe können. Die Unkenntnis der Unzulässigkeit der vom steuerlichen Vertreter gewählten Art der Übermittlung eines Überrechnungsantrages per Fax könne der Bf. nicht vorgeworfen werden. Darüber hinaus weise der Vertreter darauf hin, dass bereits zeitgerecht im September 2014 ein Fax mit dem Antrag auf Vergabe einer Steuernummer der zu überrechnenden Firma gestellt worden sei. Nachdem 6 Wochen nichts passiert sei, sei am über Finanzonline der Antrag gestellt worden. Erst am sei die neue Steuernummer vorgelegen, es habe demnach 2,5 Monate gedauert, diese Steuernummer zu bekommen. Die Buchhalterin habe somit keine elektronische Überrechnung beantragen können, weil dies ohne Steuernummer nicht möglich gewesen sei.

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Am erging seitens des BFG ein Schreiben an die Vertretung der Bf. mit folgender Textierung:

"Zur verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlung für 8/2014 in der Höhe von € 83.139,87 erfolgte erst am eine Buchung einer Gutschrift von € 78.000,00, die von der A.Mitb mit Buchungstag überrechnet wurde und aus der die am gebuchten Gutschrift aus der Umsatzsteuervoranmeldung für 8/2014 resultiert.

Demnach ist zunächst festzustellen, dass auch mittels Überrechnung des Guthabens nur eine teilweise Tilgung der Vorauszahlung der Bf. bewirkt wurde und die Frage verbleibt, wieso der übersteigende Betrag von € 5.139,87 nicht bei Fälligkeit entrichtet wurde. Wer hat die Meldung erstattet und wer hätte die Zahlung vornehmen sollen?

Es gehört zum steuerrechtlichen Grundwissen, dass nur auf Abgabenkonten tatsächlich bestehende Guthaben überrechnet werden können. Ein verrechnungsfähiges Guthaben hat bei Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung für 8/2014 jedoch nicht bestanden.

Im letzten Satz des Vorlageantrages wird dazu ausgeführt, dass "die Buchhalterin" keine elektronische Übertragung habe beantragen können, weil dies ohne StNr. nicht möglich gewesen sei.

Daraus ist ableitbar, dass eine Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei das Fax geschickt haben und mit der Überrechnung betraut gewesen sein könnte.

Es wird daher ersucht, bekannt zu geben, welche Person tatsächlich die gegenständlichen Handlungen im Zusammenhang mit der Beantragung einer Überrechnung vorgenommen hat.

Sollte dies eine Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei gewesen sein, wird um Bekanntgabe Ihres Namens, der Anschrift, der Dauer ihrer Beschäftigung in der Kanzlei und ihres üblichen Aufgabengebietes ersucht.

Wurden die Steuerberaterin und das Unternehmen über die Beantragung mittels Fax in Ermangelung eines Finanzonlinezuganges informiert? Um Vorlage des Fax bzw. von Belegen für das Einschreiten einer Mitarbeiterin wird ersucht.

Zur Beantwortung des Schreibens wird eine Frist von 2 Wochen ab dessen Einlangen festgesetzt."

Mit Schreiben vom nahm die Steuerberatungskanzlei dazu Stellung und teilte mit:

"In der Anlage übersende ich Ihnen die Versuche beim Finanzamt noch rechtzeitig eine Steuernummer zu erwirken. Die Meldung der UVA erfolgte durch den Steuerberater, die Zahlung durch die Firma selber. Unsere Beschwerde richtet sich nur auf den Anteil des Säumniszuschlages der auf die € 78.000 entfällt.

Die Mitarbeiterin heißt S.L. und ist 2006 als Lehrling eingetreten und seit 2008 als Buchhalterin beschäftigt.

Ich wurde als Steuerberaterin nicht von der Fax Meldung unterrichtet, da die Mitarbeiterin dachte, alles ihr erdenklich Mögliche unternommen zu haben, die Zahlung durchzuführen und dass die Überrechnung in Ordnung ginge."

Dem Antwortschreiben wurde ein Telefax vom mit Überrechnungsantrag und UVA 8/2014 ohne Finanzamts- und Steuernummer und die Anmeldung einer Personengesellschaft über FINANZONLINE beigelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 217 Abs. 1 BAO gilt: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Abs. 3: Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

Abs. 4: Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

          a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

         b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

          c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

         d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Abs. 5: Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Die verfahrensgegenständliche Umsatzsteuervorauszahlung für 8/2014 wurde am fällig und bei Fälligkeit nicht entrichtet, weswegen nach § 217 Abs. 1 BAO ein erster Säumniszuschlag verwirkt und am ein Säumniszuschlag von € 1.662,80 vorgeschrieben wurde.

Am wurde jedoch am Abgabenkonto auch eine Überrechnung von € 78.000,00 verbucht mit Entrichtungstag .

Dazu wurde im abgabenbehördlichen Verfahren unwidersprochen erhoben, dass die Überrechnung nach einer Antragstellung mittels Finanzonline am also nach Fälligkeit der Vorauszahlung vorgenommen wurde.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, wurde das Säumniszuschlagsrecht dahingehend geändert, dass nicht mehr völlig verschuldensunabhängig auf die objektive Versäumung einer Frist abgestellt wird, sondern nach § 217 Abs. 7 BAO der Abgabepflichtige bei fehlendem oder geringem Verschulden die Herabsetzung bzw. Aufhebung eines bereits festgesetzten Säumniszuschlages begehren kann.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt.

Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (z.B. ).

Grobes Verschulden bedeutet ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidriges Handeln.

Das grobe Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (z.B. -0008).

Hingegen ist grobes Verschulden von Arbeitnehmern einer Partei oder des Parteienvertreters nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst bzw. ihrem Vertreter grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden, anzulasten ist.

Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Wie man den vorgelegten Unterlagen entnehmen kann, hat die Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei die bei der Abgabenbehörde in diesem Fall eingereichten Unterlagen selbst i.A. unterfertigt. Sie war auch nach den Angaben der steuerlichen Vertretung bereits seit Jahren im Unternehmen beschäftigt.

Ein grobes Verschulden hinsichtlich der Nichtentrichtung des Anteiles von € 78.000,00 bei Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung der Bf. für 8/2014 liegt demnach nicht vor.

Es war somit der Beschwerde teilweise stattzugeben und der Säumniszuschlag auf € 102,79 (2 % von € 5.139,87) herabzusetzen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu behandeln.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102617.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
UAAAC-11249