Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.05.2016, RV/7101739/2014

1. Besuch der AHS für Berufstätige 2. Kurse beim AMS

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101739/2014-RS1
Die Kurse "Projekt Büro Plus", "European Business Competence Licence" - EBC*L und "Zertifikat Personalwesen" stellen keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RICP in der Beschwerdesache Bf., W, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juli 2012 bis September 2013, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Akteninhalt:

Der Beschwerdeführer (Bf.), geb. Datum, bezog auf Grund seines Eigenantrages im Streitzeitraum (Juli 2012 - September 2013) Familienbeihilfe. Er besuchte ab dem Wintersemester 2011/12 die AHS für Berufstätige in 1150 Wien, Henriettenplatz 6.

Die Ausbildung wurde in Form eines Fernstudiums betrieben.

Als Folge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen forderte das Finanzamt die für den Zeitraum Juli 2012 bis September 2013 bezogenen Beträge mit Rückforderungsbescheid vom mit der Begründung zurück, dass Familienbeihilfenanspruch nur dann bestehe, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete.

Der Bf. brachte gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Berufung (nunmehr: Beschwerde) ein und führte zur Begründung aus, dass er ordentlicher Studierender an der Abendschule Henriettenplatz sei. Er finde die Begründung des Finanzamtes als nicht gerechtfertigt, da er bemüht sei so rasch wie möglich die Schule zu absolvieren. Seine Leistungen seien dieses Jahr deshalb zurückgegangen, da seine Freundin sein Kind erwartet habe. Es sei eine komplizierte Schwangerschaft gewesen und eine sehr schwere Zeit für seine Freundin und ihn selbst, da sie jede Woche eine Untersuchung gehabt hätten und sie nicht gewusst hätten wie es weiter gehe und ob der Kleine überlebe. Als der Bub dann geboren wurde, musste er gleich operiert werden und sei anschließend für über ein Monat auf die Intensivstation gekommen. Seine Freundin und er seien sooft wie möglich zu ihm gefahren, damit er nicht alleine sei. Nach weiteren Operationen habe seine Freundin endlich stationär aufgenommen werden dürfen. Erst am 7. November (Anm.: 2013) seien sie vorübergehend entlassen worden. Am werde der Bub das nächste Mal operiert. Er sei unter enormen Druck gestanden und stehe noch immer unter enormen Druck, da jede Operation ein gewisses Risiko berge und als ob das nicht genug gewesen wäre, habe er versucht, seine Chancen am Arbeitsmarkt zu steigern, indem er über das AMS vormittags Kurse belegt habe. Diese habe er positiv absolviert. Urkunden und Zertifikate würden beiliegen. Er versuche in diesem und im kommenden Semester seine negativen Noten auszubessern, um die Schule so rasch als möglich zu beenden.

Das Finanzamt wies die Berufung (Beschwerde) mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Familienbeihilfe nur dann zustehe, wenn das Kind in Berufsausbildung stehe. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes seien praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, eine angemessene Unterrichtsdauer sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Die Ausbildung müsse ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu den Prüfungsterminen antrete. Sei das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, so sei bei der Prüfung der Frage, ob die Ausbildung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme, als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen.

Der Bf. sei seit dem Sommersemester 2011 als ordentlicher Studierender an einer Abend-AHS gemeldet. Laut vorliegenden Zeugnissen sei der Bf. im Wintersemester 2012/13 in 6 Gegenständen und im Sommersemester 2013 in 8 Gegenständen nicht beurteilt worden.

Ein nach außen erkennbares, ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg sei somit im Rückforderungszeitraum nicht feststellbar.

Im Zeitraum von bis seien als AMS-Maßnahme mehrere Kurse im Rahmen des Projekts "Büro Plus - modulare Ausbildung im betriebswirtschaftlichen Bereich" absolviert worden. Vorgelegt worden sei ein Zertifikat über den Abschluss des Kurses Personalwesen vom bis und "Das internationale Zertifikat für Wirtschaftskompetenz" vom , das den Abschluss der EBCL Prüfung Stufe A bestätige. Sowohl der modulare Kurs "Büro Plus" (9 Module aus u.a. Personalwesen, Buchhaltung, Aktive Arbeitssuche, Büro Basic und Clearing) als auch "Das internationale Zertifikat für Wirtschaftskompetenz" (Stufe A umfasst u.a. Grundwissen in Bilanzierung, Kostenrechnung und Wirtschaftsrecht) mögen nützlich für den Einstieg ins Berufsleben sein, allerdings mangle es diesen Kursen in seiner Gesamtheit an dem von der Rechtsprechung geforderten qualitativen Element einer Berufsausbildung. Es würden entsprechende Lerninhalte fehlen, um der fachlichen Qualifikation in einem konkreten Beruf gerecht werden zu können. Der Besuch von im Allgemeinen nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen und Kursen könnte daher für sich alleine nicht als eine Ausbildung in einem konkreten Beruf gewertet werden.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde weiters ausgeführt, dass seine Leistungen im Rückforderungszeitraum auf Grund der komplizierten Schwangerschaft seiner Freundin und stationärer Krankenhausaufenthalte seines Kindes nach der Geburt () abgenommen hätten.

Es möge zwar im gegenständlichen Fall durchaus zutreffen, dass die Leistungsfähigkeit auf Grund der psychischen Belastung eingeschränkt gewesen sei, eine vollständige krankheitsbedingte Ausbildungsbehinderung sei vom Bf. aber weder behauptet noch nachgewiesen worden.

Der Bf. brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Darin wies er noch einmal darauf hin, dass er seine Ausbildung sehr ernst nehme. Die Ausbildung nehme auch seine volle Zeit in Anspruch. Auch wenn er im Sommersemester 2013 in Gegenständen nicht beurteilt worden sei, heiße das nicht, dass er sich nicht erkennbar, ernsthaft und zielstrebig um einen Ausbildungserfolg bemühe.
Was die Kurse vom AMS anbelange, habe er sie sich selber in der Hoffnung ausgesucht, später, mit abgeschlossener Matura schneller ins Berufsleben eingegliedert werden zu können. Er könne nicht nachvollziehen, dass diesen Kursen die entsprechenden Lerninhalte fehlten, um der fachlichen Qualifikation in einem konkreten Beruf gerecht zu werden. Ihm persönlich hätten die Kurse ein großes Wissen vermittelt.
Seine Leistungsfähigkeit habe - hervorgerufen durch die komplizierte Schwangerschaft der Freundin und den Krankenhausaufenthalten und Operationen seines Sohnes E. - abgenommen und er habe zu dieser Zeit auch sozialpädagogische Hilfe in Anspruch genommen. Trotz der Hürden und Probleme, die er zu bewältigen habe, tue er alles, um die Matura im vorgegebenen Zeitplan zu absolvieren.
Er ersuche höflichst bzw. auf kulante Weise, ihm die Familienbeihilfe wieder zu gewähren und den offenen Rückstand nicht von ihm einzufordern. Die Rückforderung der Familienbeihilfe würde seine Ausbildung zusätzlich erschweren. 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

2. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) idgF haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl ).

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ist § 26 des FLAG 1967 auch auf zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

Nach § 167 Abs. 2 BAO zufolge hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Beweisverfahren wird vor allem vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) beherrscht. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO-Kommentar, § 166 Tz 2, § 167 Tz 6 u 8).

3. Als erwiesen angenommener Sachverhalt:

AHS für Berufstätige:

  • Der Bf. besuchte ab Februar 2011 die AHS für Berufstätige in 1150 Wien, Henriettenplatz 6, in Form eines Fernstudiums. 
     

  • Das Zeugnis für das SS 2012 stellt sich wie folgt dar:


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Gegenstand
 
Beurteilung
Freigegenstand Religion
3 Wochenst.
1
Deutsch 3
3 Wochenst.
nb
Englisch 3
3 Wochenst.
nb
Latein 2
3 Wochenst.
2
Geschichte/Sozk./Pol.Bild. 3
3 Wochenst.
3
Mathematik
3 Wochenst.
4
Biologie u. Umweltkunde 1
4 Wochenst.
3
Informatik 2
2 Wochenst.
nb

  • Das Zeugnis für das Wintersemester 2012/13 stellt sich wie folgt dar:


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 Gegenstand
 
Beurteilung
 Religion
 
--
 Freigegenst. Religion 4
 1 Wochenst.
  1
 Deutsch 4
 3 Wochenst.
  4
 Englisch 4
 3 Wochenst.
 nb
 Latein 3
 3 Wochenst.
 nb
 Mathematik 4
 3 Wochenst.
 nb
 Biologie u. Umweltkunde 2
 4 Wochenst.
 nb
 Physik 1
 2 Wochenst.
 nb
 Chemie
 3 Wochenst.
 nb

  • Das Zeugnis für das Sommersemester 2013 stellt sich wie folgt dar:


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 Gegenstand
 
Beurteilung
 Religion
 
--
 Freigegenst. Religion (evang.) 5
 1 Wochenst.
  1
 Freigegenst. Religion (evang.) 6
 1 Wochenst.
 nb
 Deutsch 3
 3 Wochenst.
 nb
 Englisch 4
 3 Wochenst.
 nb
 Latein 3
 3 Wochenst.
 nb
 Mathematik 4
 3 Wochenst.
 nb
 Physik 1
 2 Wochenst.
 nb
 Chemie 1
 3 Wochenst.
 nb
 Informatik 2
 2 Wochenst.
 nb

  • Am hat der Bf. ein Aufstiegskolloquium aus Englisch Modul 3 (Stufe 2) mit der Beurteilung "Befriedigend" abgelegt.
     

  • Sonstige vom Bf. absolvierte Ausbildungen:
    -AMS-Kurs "Büro Plus":
    Der Bf. absolvierte im Streitzeitraum vom bis den AMS-Kurs "Büro Plus":
    -EBC*L Prüfung (= Internationales Zertifikat für Wirtschaftskompetenz), Stufe A
    Der Bf. unterzog sich am der EBCL Prüfung, Stufe A, und hat diese erfolgreich bestanden.
    -AMS-Kurs "Personalwesen":
    Der Bf. absolvierte vom bis  den genannten Kurs im Ausmaß 150 Unterrichtseinheiten inkl. Abschlussprüfung mit gutem Erfolg. Der Kurs wurde im Auftrag des AMS Wien durchgeführt und aus Mitteln der Arbeitsmarktförderung finanziert.

  • Sohn E. wurde am Datum geboren.

  • Der Patientenbrief für E. vom Krankenhaus vom ist aktenkundig.

  • Der Bf. lebte im Streitzeitraum von der Kindesmutter getrennt.

4. Rechtliche Würdigung:.

Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu in seiner (ständigen) Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt (sh. für viele zB ; ; ):

- Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein.

- Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus.

- Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird.

Nach dieser Judikatur weist jede anzuerkennende Berufsausbildung ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein (Ausnahme: allgemein bildende Schulausbildung; hier besteht zumindest nicht zwingend ein Konnex zu einem späteren konkreten Beruf) und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen.

Der laufende Besuch einer Maturaschule für sich allein reicht nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen erkennbar sein. Es kommt zwar nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt (vgl. ; ; ; ). Der Schüler muss aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (vgl. ).

Ist das Ziel zB die Ablegung der Berufsreifeprüfung, so ist nach der Judikatur des UFS als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden (s zB -F/07; ; ), wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt (sh. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 39 ff). Siehe auch Erkenntnis des u.a.m.).

Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen wird nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Eine Ausbildung jedoch, bei der das Kind entweder während langer Zeit oder gar nicht zu einer Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ; ; ).

Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass einerseits für die Beurteilung des Vorliegens einer Berufsausbildung entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, dass das anspruchsvermittelnde Kind durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versucht, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen, andererseits die nicht erfolgreiche Ablegung der Prüfungen einem Beihilfenanspruch nicht grundsätzlich entgegen steht. Jedenfalls muss aber (in einer Gesamtbetrachtung) das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg erkennbar sein.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder dann, wenn diese für einen Beruf ausgebildet werden. Dabei ist jedoch entscheidend, dass jede anzuerkennende Berufsausbildung sowohl ein qualitatives als auch ein quantitatives Element aufweisen muss, um als solche einen Anspruch auf Familienbeihilfe begründen zu können.

Strittig ist im Beschwerdefall die Frage, ob die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum 07/2012 – 09/2013 vom Finanzamt zu Recht zurückgefordert wurden.

Das Finanzamt hat in entgegenkommender Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 die Familienbeihilfe für das SS 2012 gewährt und lt. Rückforderungsbescheid mit , dem Ende des SS 2012, einen "Abbruch" der Berufsausbildung angenommen. Im Beschwerdefall ist das SS 2012 nicht Streitgegenstand und das BFG ist hinsichtlich seiner Änderungsbefugnis durch die "Sache" begrenzt. D.h. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. uam.). Das BFG hatte somit zunächst den Zeitraum Juli und August 2012 zu überprüfen. 
Das BFG ging bei Beurteilung der Frage, ob im Juli und August 2012 eine Berufsausbildung vorlag, retrospektiv von den Ergebnissen des Semesterzeugnis vom aus und gelangte zu dem Ergebnis, dass eine Berufsausbildung iS des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für diese Monate nicht vorlag.  Ein anderer, die Familienbeihilfe vermittelnder Tatbestand, lag im Beschwerdefall nicht vor.

Im WS 2012/13 war der Bf. mit 22 Wochenstunden inskribiert. Er legte aber nur Prüfungen im Ausmaß von 4 Wochenstunden - sowie das Aufstiegskolloquium 3 (Englisch)  im November 2012 - ab; in den restlichen Gegenständen wurde er nicht beurteilt.
Im SS 2013 war der Bf. mit 21 Wochenstunden inskribiert. Er legte eine Prüfung iA von einer Wochenstunde ab. In den restlichen Gegenständen wurde er nicht beurteilt.

Selbst unter Berücksichtigung von Vorbereitungszeiten (Lernzeiten, Hausübungen etc.) gelangt man in quantitativer Hinsicht keinesfalls zu dem von der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (bzw. früher Unabhängigen Finanzsenates) für den Besuch einer AHS oder BHS geforderten Zeitaufwand von rund 30 Wochenstunden. Darüber hinaus kann im Hinblick auf die Nichtbeurteilung von 14 der 17 Unterrichtsgegenstände  in den zwei Semestern kein Zweifel daran bestehen, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges, nach außen erkennbares Bemühen um den Ausbildungserfolg im Sinne des § 2 Abs. 1 FLAG 1967, im WS 2012/13 und SS 2013 nicht vorlag.

Der Bf. ist der Ansicht, dass er trotz Nichtbeurteilungen, ernsthaft und zielstrebig um seinen Ausbildungserfolg bemüht war. Dies mag subjektiv zutreffen, hat er doch u.a. Kurse absolviert. Im Hinblick auf die Ausbildung an der Abend AHS trifft dies - wie oben ausgeführt - nicht zu. Dass der für den Besuch einer AHS geforderte quantitative Vergleichsmaßstab nicht erreicht wurde, mag auch daran liegen, dass der Bf. während der Ausbildungszeit an der AHS für Berufstätige Kurse beim AMS besucht bzw. das EBC*L abgelegt hat.

Der Bf. ist der Ansicht, dass er durch die von ihm ab Jänner 2013 absolvierten Kurse "Projekt Büro Plus", "European Business Competence Licence - EBC*L" und "Zertifikat Personalwesen"  ab für spätere Berufe ausgebildet worden sei und dass ihm somit die Familienbeihilfe zustehe.  Diese Ansicht teilt das BFG nicht.

Zunächst gilt es zu diesen Kursen Folgendes festzuhalten:



"Projekt Büro Plus":
Der Bf. besuchte im Zeitraum Jänner bis November 2013 Module dieses Kurses (vgl. http://www.ams.at/_docs/900_LB_Buero_Plus.pdf).
Entsprechend der vorgelegten Teilnahmebestätigung dieses Kurses setzte sich dieser aus vier Modulen "Aktive Arbeitssuche", zwei Modulen "Clearing" und "Büro" (Basic und Advanced) sowie je einem Modul "Personalwesen" und "Buchhaltung" zusammen. Wie sich aus dem Kursinhalt ergibt, beinhaltet zwar der durch das AMS geförderte Kurs "Büro Plus" Module, welche nützlich für den Einstieg ins Berufsleben sind, jedoch mangelt es gegenständlichem Kurs in seiner Gesamtheit an dem von der Rechtsprechung geforderten qualitativen Element einer Berufsausbildung. In diesem Sinne fehlen den betreffenden Kurs "Büro Plus" entsprechende Lerninhalte, um der fachlichen Qualifikation in einem konkreten Beruf gerecht werden zu können. Der Besuch von im allgemeinen nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen sowie Kursen - so wie im vorliegenden Fall der Kurs "Büro Plus" mit seinen angebotenen Lerninhalten - mag zwar in vielen Fällen für eine spätere spezifische Berufsausbildung von Vorteil oder nützlich sein bzw. eine wesentliche Voraussetzung für die Aufnahme einer nachfolgenden Ausbildung darstellen, kann jedoch für sich alleine nicht dazu führen, als eine Ausbildung in einem konkreten Beruf gewertet werden zu können.

"European Business Competence Licence - EBC*L":
Der Bf. legte am die EBC*L Prüfung Stufe A ab.
In der Homepage (http://www.ebcl.at/ebc-I-career) wird ausgeführt:
Zielgruppe:
Sie kennen die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens und die Instrumente zur Messung der Zielerreichung. Damit sind Sie eine kompetente Ansprechperson und verfügen über die notwendige Basis für wirtschaftliches Denken und Handeln.
Ideal für
Mitarbeiter/-innen ohne betriebswirtschaftlichen Bildungsweg, die das Zertifikat zum Wirtschaftsführerschein (EBC*L) erwerben und sich somit eine Schlüsselqualifikation aneignen wollen.
Inhalt

Ziele und Kennzahlen: Wirtschaftlichkeit - Rentabilität, Shareholder und Stakeholder value - Cash flow - Liquidität - Kreditwürdigkeit, Eigenkapitalquote - Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit.
Kostenrechnung: Kostenrechnung als Grundlage für Kostenbewusstsein und unternehmerisches Handeln - variable/fixe Kosten - Einzel-/Gemein-/Overheadkosten - Deckungsbeitrag - Kostenstellen- und Profit Center-Rechnungen.
Bilanzierung: Aufbau und Ziele des Jahresabschlusses - Bilanz, Aktiva/Passiva, Eigen- und Fremdkapital, etc. - Gewinn- und Verlustrechnung, Betriebsergebnis, Jahresergebnis EBIT, EGT, EBT.
Wirtschaftsrecht: Rechtsformen - Vertretungsbefugnisse in Unternehmen - Grundlagen des Kaufvertrags - Risiko und Haftung - Insolvenzrecht.
Intrapreneurship - Nachhaltigkeit - Corporate Social Responsibility Ablauf.
Keine Anwesenheit im WIFI Wien – Sie lernen mit unserer Lernplattform von zu Hause oder vom Arbeitsplatz aus, wobei Sie von einem/-r Trainer/-in per E-Mail bei Ihrem Lernfortschritt begleitet werden. Die eLearning-Inhalte können Sie so oft wiederholen, wie Sie möchten. Ihre Zugangsdaten erhalten Sie per E-Mail.
eLearning-Durcharbeitungszeit: ca. 20 Lehreinheiten.
Prüfung im WIFI Wien: 2 Stunden."

Mit dem Erwerb des EBC*L erhält der Absolvent ein Zertifikat, mit dem er grundlegendes kaufmännisches Wissen nachweisen kann, das zweifellos für viele Arbeitnehmer und für verschiedenste Berufe von Nutzen ist. Die Befähigung für die Ausübung eines bestimmten Berufes wird damit jedoch nicht erlangt, vielmehr werden hier Kenntnisse von allgemeiner Bedeutung erworben.
Es liegt keine Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit.b FLAG 1967 vor und war diese Maßnahme auch nicht Teil einer bestimmten Berufsausbildung. In diesem Zusammenhang sei auf das Erkenntnis des , verwiesen: Demnach vermittelt eine als Berufsausbildung anzusehende Bildungsmaßnahme selbst dann, wenn sie für eine folgende Berufsausbildung Voraussetzung wäre, keinen Beihilfenanspruch (vgl. auch Unabhängiger Finanzsenat vom , RV/0482-I/12). Oder im Erkenntnis vom , 2009/13/0106 führt der VwGH aus, dass ein Sprachkurs, auch wenn dieser für eine spätere Berufsausübung von Vorteil sein mag, für sich allein gesehen keine Berufsausbildung darstellt, weil dadurch keine Ausbildung in einem selbständigen Berufe erfolge.

"Zertifikat Personalwesen"
Diesen Kurs besuchte der Bf. in der Zeit vom bis . Eine nähere Untersuchung dieses Kurses ist nicht erforderlich, da die Absolvierung des Kurses außerhalb des Streitzeitraumes (Juli 2012 - September 2013) liegt. Was den Monat September anlangt, ist auf § 10 Abs. 2 FLAG 1967 zu verweisen. Demzufolge müssen die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe vom Beginn des Monats an vorliegen.

Das Bundesfinanzgericht kommt nach eingehender Auseinandersetzung mit dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt zu dem Schluss, dass die vom Bf. absolvierten Kurse keine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes darstellen. Aus diesem Grunde steht die Familienbeihilfe nicht zu.

Der Bf. rechtfertigt seinen "Leistungsabfall" mit seiner emotionalen Belastung durch die komplizierte Schwangerschaft seiner Freundin, der Geburt seines Sohnes im September 2013 und den sofort folgenden notwendigen Operationen.

Selbstverständlich erklärt eine derartige "Lebensausnahmesituation" die Lage des Bf. und Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorgangs (etwa durch eine Erkrankung, die die Berufsausbildung nur auf begrenzte Zeit unterbricht) sind für einen vorher erwachsenen und danach fortbestehenden Anspruch auf Familienbeihilfe unschädlich. Im Beschwerdefall weist der Bf. auf die in Anspruch genommene sozialpädagogische Hilfe hin. Dieses Vorbringen rechtfertigt aber nicht von einer Unterbrechung im angeführten Sinne auszugehen. 

Nicht nachvollziehbar ist das Vorbringen des Bf., das - unter Bedachtnahme auf  Schwangerschaft und Geburt des Kindes (Datum) - ein psychischer Druck auf den Bf. bereits ab der zweiten Hälfte des Jahres 2012 (somit vor der Schwangerschaft) bestand. Im Übrigen ergibt sich aus den Angaben des Bf.,  dass der Bf. im Streitzeitraum nicht mit Kindesmutter im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

Die Rückzahlungspflicht iSd § 26 Abs. 1 FLAG 1967 knüpft ausschließlich an die objektive Erstattungspflicht. Subjektive Momente - wie sie im Beschwerdefall vorliegen - haben außer Betracht zu bleiben.

Der Bf. ersucht um Verständnis bzw. kulante Vorgangsweise iZ mit der Rückforderung. Wie dargelegt sind im Rahmen des Rückforderungsverfahrens lediglich objektive Momente maßgebend. In diesem Zusammenhang wird aber auf § 26 Abs. 4 FLAG 1967 verwiesen: Darnach sind die Oberbehörden (Bundesministerium für Familie und Jugend, 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 51) ermächtigt, die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

Allfällige Ansuchen um Ratenzahlung oder Nachsicht sind an das Finanzamt Wien 2/20/21/22, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, zu richten.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Eine derartige Rechtsfrage liege im zu beurteilenden Fall nicht vor, da sich die Rückforderungsverpflichtung direkt aus dem Gesetz ergibt.

Im Streitfall war im Wesentlichen zu klären, ob der Rückforderungsanspruch an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zu bejahen ist, weil der Bf. im Sommersemester 2012, Wintersemester 2012/13 und Sommersemester 2013 in den überwiegenden Unterrichtsgegenständen nicht beurteilt wurde. Es handelt sich hiebei um eine Beweiswürdigungsfrage, die nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Würdigung sein kann. Insgesamt lagen keine über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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