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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2016, RV/3100766/2015

Kosten einer Hangsicherung (Hangvernetzung) als außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100766/2015-RS1
Die Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes stellt eine Vermögensumschichtung und keine Aufwendung nach § 34 EStG 1988 dar. Dabei ist es unmaßgebend, ob die Errichtung des Eigenheimes mit Rücksicht auf den gewählten Bauplatz überdurchschnittlich aufwendige Bodenbefestigungen erforderlich macht oder nicht. Ebenso spielt es keine Rolle, ob solche zusätzliche Kosten für eine Hangbefestigung bereits im Zuge der Errichtung des Eigenheimes oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erwachsen. Von Bedeutung ist bloß, dass die erforderlichen baulichen Maßnahmen in ursächlichem Zusammenhang mit der Errichtung des betreffenden Gebäudes stehen (vgl. , zum EStG 1972).
RV/3100766/2015-RS2
Die Errichtungskosten einer Hangvernetzung zur Hangsicherung eines steil ansteigenden Grundstückes zum Schutze des Wohnhauses, welches unmittelbar an das steil ansteigende Grundstück angrenzend errichtet wurde, die dem Abgabepflichtigen in seiner Eigenschaft als Eigenheimerrichter erwachsen, stellen eine Vermögensumschichtung dar (ebenso wie die Errichtungskosten des Eigenheimes selbst) und können daher nicht als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift, gegen den Bescheid des Finanzamt Kufstein Schwaz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und begehrte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 unter anderem unter der KZ für  „Katastrophenschäden“ die Berücksichtigung eines Betrages in Höhe von 12.222 € als außergewöhnliche Belastung.

Dabei handelt es sich um Kosten, die dadurch entstanden sind, dass das an das private Wohnhaus des Abgabepflichtigen unmittelbar angrenzende, steil ansteigende und felsige Gelände durch eine Felsvernetzung abgesichert wurde. Diese bauliche Maßnahme ist nach den Angaben des Abgabepflichtigen notwendig gewesen, weil durch herabfallende Steine Gefahr in Verzug bestanden habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid betreffend Einkommensteuer 2014 vom wurde diesen Ausgaben die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung versagt, mit der Begründung, dass der Begriff Katastrophe gemäß dem Einkommensteuergesetz ein Schadensereignis sei und Vermögenseinbußen zur Minimierung des Risikos einer Abwendung einer Katastrophe kein Schadensereignis in diesem Sinne darstelle.

In der am gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Abgabepflichtige vor, dass er den Betrag versehentlich unter der Kennzahl für Katastrophenschäden eingetragen habe und diese Kosten eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, da ihm die Kosten zwangsläufig erwachsen seien, weil ständig die Gefahr bestanden habe, dass Steine vom Fels abbrechen und ins Haus fallen würden. Da vom Land Tirol keine Förderung gewährt worden sei, habe er die nicht unbeträchtlichen Kosten selber tragen müssen.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde von der Abgabenbehörde ausgeführt, dass die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten, da es durch das Anbringen der Felsvernetzung zu einer Vermögensumschichtung gekommen sei, weil dadurch ein Gegenwert erlangt worden sei und das gegenständliche Grundstück eine Werterhöhung erfahren habe und die Aufwendungen daher im Sinne des § 34 EStG keine vermögensmindernden Ausgaben darstellen, weil kein endgültiger Verbrauch, Verschleiß oder Wertverzehr vorliege.

Dazu wurde in dem mit Schreiben vom eingebrachten Vorlageantrag darauf verwiesen, dass im Streitfall nicht von einer Vermögenumschichtung gesprochen werden könne, da es hiebei um die Sicherheit von Gebäude und Menschen gegangen sei und deshalb die Hangbefestigung vorgenommen werden hätte müssen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist, ob die Kosten für eine Hangvernetzung zur Felssicherung unter die Bestimmung des § 34 EStG 1988 subsumierbar sind.

I. Rechtslage:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, wobei die Belastung folgende Voraussetzungen erfüllen muss:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst gem. § 34 Abs. 3 leg. cit. dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können neben anderen auch Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden.

II. Rechtliche Würdigung:

Der Gesetzesbegriff Katastrophenschaden umfasst dem Grunde nach außergewöhnliche Schadensereignisse, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen.

Als Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden sind die Kosten der Aufräumungsarbeiten, die Kosten von Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen und die Wiederbeschaffungskosten der zerstörten Sachen absetzbar. Nicht der Schaden als solcher führt zu einer außergewöhnlichen Belastung, sondern erst die Kosten seiner Beseitigung (Wiesner-Grabner-Wanke, EStG, § 34 Anm. 43).

Wie sich schon aus dem Wortlaut "Beseitigung" ergibt, sind Aufwendungen zwecks Abwehr künftiger Schäden nicht absetzbar (Jakom/Baldauf EStG 2015, § 34 Rz 60). Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Begünstigungsbestimmung des § 34 Abs 6 EStG 1972 die Auffassung, dass diese nur die für die Beseitigung von Katastrophenschäden aufgewendeten Kosten, nicht aber Kosten von Arbeiten, die nur der Vorbeugung gegen den künftigen Eintritt solcher Schäden gedient haben, erfasst ().

Durch die vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebene Hangvernetzung zur Felssicherung wurde eine Maßnahme gesetzt, die künftige Schadensereignisse verhindern soll und damit der Vorbeugung eines Schadenseintrittes dient, weshalb im Streitfall die Anwendung des § 34 Abs. 6 EStG 1988 ausgeschlossen ist.

In der Beschwerde wird nunmehr ohnehin nicht mehr auf § 34 Abs. 6 erster Teilstrich EStG 1988 ("Katastrophenschäden") rekurriert. Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Ansicht, es seien die Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 des § 34 EStG erfüllt, weshalb es im Hinblick darauf zur Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung mit Selbstbehalt hätte kommen müssen. Insbesondere seien die Aufwendungen „zwangsläufig" erwachsen, weil ständig die Gefahr bestanden habe, dass Steine „abbrechen und ins Haus fallen“ würden.

Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Sachverhaltsbezogen ist dazu vorweg fest zu halten, dass das Wohngebäude des Beschwerdeführers, von diesem im Jahr 1985 errichtet wurde. Weiters ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass dieses Wohngebäude unmittelbar angrenzend an ein steil ansteigendes Grundstück errichtet wurde, weshalb im Streitjahr zum Schutze des Gebäudes die Hangvernetzung angebracht wurde.

Nun kommt eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung nur dann in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen.

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nach § 34 EStG 1988 ist dabei ua., dass die Belastung zwangsläufig erwachsen ist.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Aus dieser Formulierung ergibt sich nach herrschender Ansicht, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 EStG 1988 ebenso wenig Berücksichtigung finden können, wie Aufwendungen, die auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (; sowie vom , 99/14/0294, mwN).

Aus rechtlicher Sicht sind unter Aufwendungen im Sinne des § 34 EStG nur vermögensmindernde Ausgaben zu verstehen, also solche, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr zu verstehen sind. Ihnen stehen Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes eine Vermögensumschichtung dar (). Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass es unmaßgebend ist, ob die Errichtung des Eigenheimes mit Rücksicht auf den gewählten Bauplatz eine überdurchschnittlich aufwendige Bodenbefestigung erforderlich macht oder nicht. Ebenso spielt es keine Rolle, ob solche zusätzliche Kosten bereits im Zuge der Anschaffung (Errichtung) des Eigenheimes oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erwachsen. Von Bedeutung ist bloß, dass die erforderlichen baulichen Maßnahmen in ursächlichem Zusammenhang mit der Errichtung des betreffenden Gebäudes stehen ().

Im Beschwerdefall ist somit entscheidend, dass das ursprüngliche Bauvorhaben – nämlich die Errichtung des Wohngebäudes durch den Beschwerdeführer unmittelbarer angrenzend an ein steil ansteigendes Gelände - freiwillig in Angriff genommen wurde und dass sich die nunmehr gegenständlichen Aufwendungen letztlich nur als Folge der Situierung des Wohngebäudes unmittelbarer angrenzend an ein steil ansteigendes Gelände darstellen und somit als weitere „Errichtungskosten" des Wohngebäudes zu beurteilen sind ().

"Zwangsläufigkeit" im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 ist daher nach den voranstehenden Ausführungen nicht gegeben, weshalb die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für die Hangvernetzung zur Felssicherung als außergewöhnliche Belastung schon deshalb nicht in Betracht kommt.

Ergänzend ist zu beachten, dass es sich - wie voranstehend ausgeführt - bei den in Rede stehenden Aufwendungen um solche im Zusammenhang mit der Errichtung des Eigenheimes handelt und diese daher zu eine Vermögensumschichtung führen, weshalb sie von der belangten Behörde zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wurden.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Veraltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Da durch die Rechtsprechung geklärt ist, dass für die Errichtungskosten eines Eigenheimes und damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen (im Streitfall für ein Hangsicherung) keine außergewöhnliche Belastung darstellen, ist eine ordentliche Revision ausgeschlossen.  

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100766.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at