Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.06.2016, RV/1100356/2016

Bachelorstudium und Masterstudium als einheitliches Studium zu beurteilen?

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/1100356/2016-RS1
Mit der erfolgreichen Beendigung eines Bachelorstudiums ist eine Berufsausbildung abgeschlossen, auch wenn daran anschließend ein Masterstudium betrieben wird. Dieses stellt eine weitere Berufsausbildung dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner

in der Beschwerdesache des Adr1,

betreffend den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom ,

hinsichtlich Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für A für September 2013 sowie ab November 2013

zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Familienbeihilfe für A steht für den Monat September 2013 zu.

Darüber hinausgehend war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer wandte sich gegen den Bescheid, mit dem die Familienbeihilfe für seine Tochter A abgewiesen worden war. Er führte aus, seine Tochter studiere in der gesetzlich vorgesehenen Studienzeit von 10 Semestern. Dies sei ein Verlängerungstatbestand. Er ersuche daher, die Familienbeihilfe für A bis zu deren Studienabschluss im September 2014 zu gewähren.

In einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung äußerte sich dazu das Finanzamt nach allgemeinen Ausführungen wie folgt: Mit dem Abschluss des Bachelorstudiums sei eine Berufsausbildung beendet. Bei A sei der Abschluss des Bachelorstudiums (Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft) am BCD E in den September 2012 gefallen. Mit Beginn des WS 2013/14 habe sie das Masterstudium „Entrepreneurship & Tourismus“ begonnen. Am habe sie das 24. Lebensjahr beendet.

Aus dem Studienablauf – A hat das Masterstudium erst ein Jahr nach Abschluss des Bachelorstudiums aufgenommen – sei ersichtlich, dass es sich um zwei unterschiedliche Studiengänge handle.

Das Bachelorstudium umfasse eine gesetzliche Studiendauer von 6 Semestern, das Masterstudium eine solche von 4 Semestern. Diese Semesterzahlen könnten nicht zusammengerechnet werden, um ein 10-semestriges Studium „von langer Dauer“ zu ergeben.

Der Beschwerdeführer reichte daraufhin einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das BFG ein. Er erläuterte, der Masterabschluss sei nur möglich, wenn zuvor schon ein Abschluss in Form eines Bachelors vorliege. Nach alter Studienordnung habe es sich um ein einheitliches, mit dem Titel Magister abschließendes,  Studium gehandelt. Seine Tochter A habe das Erststudium „Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“ abschließen müssen, um zum Masterabschluss zugelassen zu werden.

Es handle sich um ein einheitliches, in zwei Stufen aufgebautes Studium, A sei bei Studienbeginn im September 2009 19 Jahre alt gewesen.

Studienkollegen und –kolleginnen seiner Tochter hätten bei gleichen Voraussetzungen die Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr erhalten.

Der Beschwerdeführer zog die strenge Auslegung des § 2 Abs. 2 lit. j FLAG in Zweifel und ersuchte, den Ermessensspielraum zugunsten seines Falles zu nutzen. A sei aufgrund ihres Geburtsdatums bei der Aufnahme in die Pflichtschule „überworfen“ worden und dadurch in eine benachteiligte Situation geraten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Das BFG legt seinem Erkenntnis nachstehenden Sachverhalt als feststehend zugrunde:

  • AF wurde am gghh.1989 geboren. Sie vollendete daher am gghh.2013 ihr 24 Lebensjahr.

  • Am nahm sie an der Fachhochschule K (BCDE) das Bachelorstudium "Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft" auf.

  • Der Beginn des Studienjahres am K liegt jeweils im September.

  • Sie beendete das Bachelorstudium erfolgreich am , dh, in der vorgesehenen Studiendauer.

  • Von nnkk.2012 bis oopp.2012 arbeitete sie als vollbeschäftigte Angestellte bei Q Hotel R in S.

  • Im Jahr 2013 war sie im Rahmen eines Werkvertrages für die U GmbH, E, tätig. Darüber hinaus arbeitete sie von uuvv.2013 bis sstt.2013 in Teilbeschäftigung für die Café Y GmbH, E.

  • Am kk.9.2013 inskribierte AF am K das Masterstudium "Strategisches Management & Tourismus".

  • Dieses Masterstudium ist viersemestrig.

Obenstehende Feststellungen gehen auf ein Bestätigungsschreiben des K vom llmm.2015, eine Diplomurkunde vom und Auszüge aus dem elektronischen Abgabeninformationssystem AIS zurück.

Gesetzliche Grundlagen:

Auf den bereits seitens des Finanzamtes zitierten § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wird - um Wiederholungen zu vermeiden - verwiesen. 

§ 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 lautet: (1) "Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

j) für volljährige Kinder,

die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird."

Nicht behauptet wurden gegenständlich allfällige Verlängerungstatbestände bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gemäß lit. g) Präsenz-, Ausbildungs,- Zivildienst, h) erhebliche Behinderung, i) Schwangerschaft oder Geburt eines Kindes, oder k) freiwillige Hilfstätigkeit von acht bis zwölf Monaten. Auf sie ist daher im vorliegenden Erkenntnis nicht einzugehen.

Rechtliche Würdigung:

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 BGBl. I 111/2010 wurde die Altersgrenze bei Berufsausbildung von zuvor 26 auf 24 Jahre herabgesetzt.

Dem Kommentarwerk Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2, Rz 33 ist hinsichtlich der Rechtslage ab zu entnehmen:

"Die Altersgrenze bei Berufsausbildung wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2011 BGBl. I 111/2010, auf 24 Jahre herabgesetzt. Nach den EB XXIV. GP RV 981 soll die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss der Berufsausbildung gewährt werden. Durch Änderungen des Studienrechts in den letzten Jahren, zu denen nicht zuletzt die Einführung des Bachelor-Studiums an Fachhochschulen und in den meisten der an österreichischen Ubiversitäten angebotenen Studienrichtungen zählt, werde die Selbsterhaltungsfähigkeit nunmehr idR bereits nach sechs Semestern (Mindeststudiendauer) erreicht. "

Die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass im Gleichklang mit diesen studienrechtlichen Änderungen die Herabsetzung der Altersobergrenze für den Bezug der Familienbeihilfe vom abgeschlossenen 26. Lebensjahr auf das abgeschlossene 24. Lebensjahr nicht zu einer Verschlechterung der Möglichkeit der Studierenden führt, ein Studium in jenem Zeitraum, für den Familienbeihilfe gewährt wird, erfolgreich abzuschließen.

Eine Berufsausbildung ist mit erfolgreicher Beendigung des Bachelorstudiums abgeschlossen. Ein anschließend begonnenes Masterstudium stellt ein davon getrenntes neues Studium und eine weitere Berufsausbildung dar. Die Einführung des Bachelorstudiums als eigenständiges Studium, das bereits nach sechs Semestern abgeschlossen werden kann, war ein (Mit-)Grund für die Herabsetzung der Altersgrenze.

Das früher übliche, in Studienabschnitte gegliederte (Diplom-)Studium an einer Universität, entzieht sich einem Vergleich mit der studienmäßigen Neuordnung in Bachelor- und Masterstudien.

Die Absolvierung des Bachelorstudiums oder eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges steht dabei - wenngleich es bereits den Abschluss einer Berufsausbildung darstellt - einem Anspruch auf Familienbeihilfe dann nicht entgegen, wenn sich die/der Studierende bei einer anschließenden Zeit eines Masterstudiums oder Masterstudienganges  noch unter der Altersgrenze von 24 Jahren gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 befindet (vgl. BFG RV/7104714/2014 vom mit Verweisen auf die höchstgerichtliche Judikatur).

Umgelegt auf den Beschwerdefall ist aus dem Ausgeführten abzuleiten:

A, die Tochter des Beschwerdeführers, schloss ihr Bachelorstudium am ab und erreichte damit den erstmöglichen Abschluss einer eigenständigen Berufsausbildung. Dass sie im Anschluss (November 2012 bis Oktober 2013) Beschäftigungen in der Hotellerie/Gastronomie/Urlaubsportal nachging, beweist, dass bereits ihr abgeschlossenes Bachelorstudium sie zur Betätigung in studieneinschlägigen Branchen qualifizierte.

Hätte A schon im Wintersemester 2012/13, also unmittelbar im Anschluss an das Bachelorstudium,  ihr Masterstudium begonnen, wäre der Familienbeihilfenanspruch, da sie die Altersgrenze von 24 Jahren gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 noch nicht erreicht hatte, bis Oktober 2013 (24. Geburtstag) aufrecht geblieben.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf den Verlängerungstatbestand gemäß § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 berufen hat, greift dieser im Streitfall nicht. Die in den sublit. aa) bis cc) leg. cit. normierten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Wenn im Streitfall auch die sublit. aa) und cc) gegeben sind, trifft - wie oben hinlänglich ausgeführt - die sublit. bb) nicht zu. Unter einem längerdauernden Studium iSd sublit. bb) ist etwa das bis zum erstmöglichen Studienabschluss eine gesetzliche Studiendauer von 12 Semestern umfassende Medizinstudium zu verstehen.

Soweit der Beschwerdeführer an das Gericht appelliert hat, es möge von seinem "Ermessensspielraum" Gebrauch machen, ist er darauf hinzuweisen, dass ein solcher nicht besteht. Die Altersgrenze, bis zu der maximal Familienbeihilfe gewährt wird, liegt, von den erläuterten, im Gesetz umschriebenen und gegenständlich nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, bei 24 Jahren. Das bedeutet, dass höchstens bis zum Ende des Monats, in den der 24. Geburtstag fällt, Familienbeihilfe zusteht (§ 10 Abs. 2 FLAG 1967).

Da A ihr Masterstudium laut Bestätigung des K bereits im September 2013 aufgenommen hat, steht die Familienbeihilfe für September 2013 - sie war noch nicht 24 Jahre alt - zu, zumal auch ihre auf September 2013 umzulegenden Einkünfte die Grenze gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 nicht übersteigen.

Soweit der Beschwerdeführer angemerkt hat, Studienkolleginnen und -kollegen seiner Tochter hätten bei vollkommen gleichgelagertem Sachverhalt sehr wohl die Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres erhalten, ist er dahingehend zu belehren, dass die einem Rechtsstaat innewohnende Gesetzesbindung Verwaltungsbehörden wie auch Verwaltungsgerichte verpflichtet, von einer als unrichtig erkannten Verwaltungsübung unverzüglich abzugehen.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert im Übrigen, dass, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat.

Aus den genannten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit /Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Streitfall relevanten Rechtsfragen sind einerseits bereits durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung (, und , 2011/16/0066) geklärt: " Mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums (§ 51 Abs. 2 Z 4 des Universitätsgesetzes 2002 - UG) ist eine Berufsausbildung abgeschlossen, auch wenn daran anschließend oder später ein Masterstudium (§ 51 Abs. 2 Z 5 UG) betrieben wird und der Studierende sich mit dem Masterstudium einer weiteren Berufsausbildung unterzieht."

Soweit andererseits die Frage der Altersgrenze für den Anspruch auf Familienbeihilfe in Streit stand, ist diese im Gesetz so eindeutig gelöst, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht zu ziehen ist und daran keine Zweifel bestehen können.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100356.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at