Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2016, RV/3100046/2014

Die Geltendmachung einer Absetzung für Abnutzung vor dem Anschaffungszeitpunkt des betreffend Wirtschaftsgutes ist unzulässig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. A in der Beschwerdesache B-Bergbahnen-Gesellschaft m.b.H. & C OHG, M x, E, vertreten durch F Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG, XX gegen den Bescheid des Finanzamtes G mit Ausfertigungsdatum betreffend die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Wirtschaftsjahr 2004/2005

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis

Das Erkenntnis wirkt gegen alle, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO).

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Bei der Beschwerdeführerin (kurz: Bf.) wurde eine die Jahre 2005 bis 2009 umfassende Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte zu Tz. 2 "Inbetriebnahme Anlage" des Berichtes vom , ABNr. GBP 11xx, im Wesentlichen fest:

"In der Zeit vom bis und am wurde die BahnI, deren Einrichtungen und die dazugehörenden Ausrüstungen von dem Amtssachverständigen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) für Elektrotechnik und von dem seilbahntechnischen Sachverständigen einer eingehenden Besichtigung, Überprüfung und Erprobung unterzogen. Die Verhandlung über die Erteilung der Betriebsbewilligung durch das BMVIT wurde am durchgeführt. Dabei wurde festgehalten, dass der öffentliche Verkehr mit der gegenständlichen Seilbahn erst aufgenommen werden darf, wenn sich der verantwortliche Betriebsleiter von der ordnungsgemäßen Erfüllung der noch ausstehenden Arbeiten (lt. aufscheinenden Vorschreibungen und Forderungen der Sachverständigengutachter bzw. Behördenvertreter) überzeugt hat und dem BMVIT einen diesbezüglichen Erfüllungsbericht zugeleitet hat. Der Tag der Aufnahme des öffentlichen Betriebes ist schriftlich bekannt zu geben. Laut dem Betriebstagebuch, in dem die Fahrten aufgezeichnet und dokumentiert werden müssen, sind nach der Abnahme durch die Behörde vom bis zum keine Fahrten mehr gemacht worden. Am wurden unter anderem Messungen von der Herstellerfirma J durchgeführt. Personen wurden laut Aufzeichnungen keine befördert. Vom 3.12. bis erfolgten keine Fahrten. Am nahm die Fa. J nochmals Einstellungen an der Bahn vor. Am wurden keine Fahrten durchgeführt. Am begann laut Aufzeichnungen im Betriebstagebuch der Fahrbetrieb. ... Die endgültige Fertigstellung der Anlage lag somit auch im WJ 05/06, womit die Abschreibung auch erst in diesem Zeitraum erfolgen kann." Die Absetzung für Abnutzung beginne mit der betrieblichen Verwendung des Wirtschaftsgutes.
Die steuerliche Auswirkung dieser Feststellung in Höhe von € 109.281,02 werde in der Tz. 1 Anlagenabschreibung (Anlagenkonto 410, Bahn AfA 2005) mitberücksichtigt.

2. Diesen Prüfungsfeststellungen folgend verfügte das Finanzamt unter anderem mit dem am ausgefertigten Bescheid die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 und erließ gleichzeitig einen neuen Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden in Höhe von € -337.235,75 festgesetzt. Begründend wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und der darüber aufgenommenen Niederschrift verwiesen.

3. Gegen diesen Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 wurde mit Schreiben vom Berufung erhoben und die Feststellung von Einkünften im Betrag von € -446.516,77 beantragt.
Die steuerliche Vertretung brachte zum Sachverhalt Folgendes vor:

"Die Bahn wurde im Wirtschaftsjahr 2004/2005 errichtet und im Oktober 2005 fertiggestellt. Mit   erfolgte die elektrische Inbetriebnahme und am erfolgten interne Bremsproben, unter maximaler Beladung bzw. maximaler Geschwindigkeit, seitens der Firma J. Im Zeitraum bis fand der Probebetrieb, welcher 125 Betriebsstunden umfasste, statt. Mit erfolgte die Aufnahme des "normalen" Fahrbetriebes. Die seilbahnrechtliche Betriebsbewilligung wurde vom zuständigen Ministerium am erteilt. Die Grundlage dafür bildete obiger Probebetrieb unter maximaler Belastung. Daneben erfolgten Material- und Personaltransporte. Im Wirtschaftsjahr 2004/2005 wurde die Halbjahres-AfA gewinnmindernd geltend gemacht.
Im Rahmen des Probebetriebes der 
Bahn wurde die Bahn den zur Erlangung der seilbahnrechtlichen Betriebsbewilligung erforderlichen hohen Belastungen ausgesetzt (zB Belastung durch unterschiedliche bzw. maximale Beladungen, unterschiedliche bzw. maximale Geschwindigkeit sowie Bremsverhalten). Bei derartigen Probeläufen werden Belastungen herbeigeführt, die bei herkömmlichem Betrieb der Bahn nicht auftreten."

In rechtlicher Hinsicht wurde auf die Entscheidung des -I/08 verwiesen. Demnach sprächen folgende Gründe für einen Beginn der AfA im Wirtschaftsjahr 2004/2005:
"- Für die Bahn wurde die seilbahnrechtliche Betriebsbewilligung vor dem Bilanzstichtag erteilt, im vom UFS entschiedenen Fall erst nach dem Bilanzstichtag (), nämlich mit .
- Darüber hinaus konnten im der UFS Entscheidung zugrundeliegenden Fall lediglich 22 Betriebsstunden im Rahmen des Probebetriebes bis zum Bilanzstichtag nachgewiesen werden, bei der 
Bahn 125 Betriebsstunden. Im Falle der Bahn war daher der gesamte Probebetrieb vor dem Bilanzstichtag abgeschlossen und die Genehmigung erteilt.
- Der Schibetrieb der 
Bahn wurde am aufgenommen und damit unmittelbar nach dem Bilanzstichtag und nach Abschluss des Probebetriebes. In dem der UFS Entscheidung zugrundeliegenden Fall erfolgte die Aufnahme des Schibetriebes erst mit , also rund eineinhalb Monate nach Bilanzstichtag."

4. Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung mit Vorlagebericht am zur Entscheidung vorgelegt.

5. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht (BFG) als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

II. Rechtslage

1. Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung. Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als sechs Monate genutzt, dann ist der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte dieses Betrages (gemäß Abs. 2).

2. Beim Anschaffungsvorgang wird ein Wirtschaftsgut entgeltlich von einer fremden Verfügungsmacht in die Verfügungsmacht des Erwerbers überführt. Die Anschaffung zielt auf den Erwerb bestehender Wirtschaftsgüter, während die Herstellung auf die Schaffung bisher nicht in dieser Form vorhandener Wirtschaftsgüter gerichtet ist. Bei einem neu herzustellenden Wirtschaftsgut liegt Anschaffung vor, wenn der Beauftragte (Werkunternehmer) das Herstellerrisiko trägt. Trägt dieser das Risiko für die Kosten und die Funktionsfähigkeit, dann liegt beim Auftraggeber (Besteller) eine Anschaffung vor (Erwerb eines bereits hergestellten Wirtschaftsgutes). Trägt der Auftraggeber das Risiko, dann liegt Herstellung vor (vgl. Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 67, unter Bezugnahme auf ; vgl. auch ).

3. Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Erwerbes des wirtschaftlichen Eigentums, also der Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit im Sinn der faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut (vgl. ). Unter wirtschaftlichem Eigentum (§ 24 Abs. 1 lit. d BAO) ist die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut gleich einem (zivilrechtlichen) Eigentümer zu verstehen (Stoll, BAO-Kommentar, 285). Die wirtschaftliche Verfügungsmacht über einen Gegenstand wird regelmäßig mit der Lieferung (insbesondere durch den Übergang von Besitz, Nutzung und Lasten) erlangt; vor diesem Hintergrund kann im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse auch der Übergang der Preisgefahr in die Beurteilung miteinbezogen werden (vgl. , sowie das Urteil des BFH vom , III R 17/05).

Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung in Form der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums (vgl. ), es kommt auf die Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit im Sinne der faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut an (vgl. ; ; ).

Die Abgrenzung der Herstellung von der Anschaffung bestimmt sich - wie schon ausgeführt - nach der Risikotragung, nicht danach, in welcher Form nach Zivilrecht der Eigentumserwerb an dem neu herzustellenden Wirtschaftsgut erfolgt ().

III. Sachverhalt

1. Die Bf. erstellt den Jahresabschluss zum Stichtag 30.11. eines jeden Wirtschaftsjahres.

2. Unbestritten ist, dass die Bf. die Bahn I angeschafft hat. 

3. Mit Leistungsvertrag vom erteilte die Bf. als Auftraggeberin der Firma J als Auftragnehmerin den Auftrag über die
- Lieferung und Montage der seilbahnrechtlichen und elektrotechnischen Anlage
- Lieferung Förderseil
- Lieferung Kabinen
des Bauvorhabens xxx Bahn I aufgrund von Ausschreibungen, Angeboten und Vergabegesprächen.

4. Außer Streit steht, dass der öffentliche Fahrbetrieb der Bahn I am aufgenommen wurde.

5. Die Herstellerin und Lieferantin J fertigte am die Schlussrechnung zum Auftrag AAA0001382 betreffend die xxx "Bahn I" über € 2.100.000 (€ 1.750.000 plus MwSt € 350.000) aus. Danach waren EUR 875.000,00 nach Kollaudierung und Behebung aller wesentlichen Mängel und EUR 875.000,00 am  zahlbar. Die anfallende Mehrwertsteuer war so zeitgerecht zur Zahlung zu bringen, dass dem Verkäufer noch eine termingerechte Weiterleitung an das Finanzamt möglich war.

6. Die Bf. bezahlte den Teilbetrag von € 1.050.000 (€ 875.000 plus MwSt € 175.000) am Tag der Inbetriebnahme der Seilbahnanlage, dem (laut Kontoblatt Lieferanten 30351).

7. Der Anschaffungszeitpunkt betreffend die Bahn I lag im ersten Halbjahr des Wirtschaftsjahres 2005/2006.

IV. Beweiswürdigung

Während zwischen den Parteien Streit darüber besteht, in welchem Wirtschaftsjahr die Bf. zur Geltendmachung der Absetzung für Abnutzung für die angeschaffte Bahn I durch Inbetriebnahme berechtigt war, ist vorrangig deren Anschaffungszeitpunkt festzustellen.

Die getroffenen Feststellungen zu den Punkten III. 1 bis 6. ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage und den angezogenen Urkunden.
Die Feststellungen zum Punkt III.7. hingegen basieren auf folgende Überlegungen zur Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO):

1. Während das Finanzamt die endgültige Fertigstellung der Anlage nach den letzten Arbeiten der Lieferfirma J am erblickte und die Absetzung für Abnutzung ab der betrieblichen Verwendung, dem Beginn des öffentlichen Seilbahnbetriebes am  und somit im Wirtschaftsjahr 2005/2006 zuerkannte, ging die Bf. (siehe ausführlich Punkt I.2.) von einer Fertigstellung der Seilbahnanlage im Oktober 2005 aus und machte die Absetzung für Abnutzung aufgrund des im Oktober 2005 durchgeführten Probebetriebes bereits im Wirtschaftsjahr 2004/2005 geltend.

2. Außer Streit steht im gegenständlichen Beschwerdefall, dass die Seilbahnanlage von der Bf. angeschafft worden ist. Die Bf. bestellte entgeltlich die Lieferung und Montage der xxx Bahn xxx und hat damit ein bereits hergestelltes Wirtschaftsgut erworben. Sie hat die Seilbahnanlage nicht auf ihr Risiko herstellen lassen.

3. Weder das Finanzamt noch die Bf. haben Feststellungen dahingehend getroffen, zu welchem Zeitpunkt die Verfügungsmacht an dieser Seilbahnanlage von der Herstellerin und Lieferantin an die Bf. übergegangen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beginnt die AfA keinesfalls vor der Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsgutes (vgl. ).

4. Diesen Vorgaben folgend, ersuchte das BFG die Bf. mit Vorhalt vom um Vorlage des Übernahmeprotokolls im Zuge der Übergabe der Seilbahnanlage in ihre Verfügungsmacht sowie um Übermittlung des Leistungsvertrages mit der Firma J betreffend Bahn. Ebenso sollten die erste und zweite Teilrechnung und die Schlussrechnung übermittelt werden. Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2010/15/0143, betreffend die in der Beschwerde zitierte UFS-Entscheidung, wurde hingewiesen.

5. Zum Nachweis des Übergangs der Verfügungsmacht wurde auf das - mit den anderen Unterlagen - übermittelte "Übernahme Protokoll/Abnahmeschrift" vom verwiesen. Diese Abnahmeschrift vom des BMVIT, ZL. x2005, über die Vorerhebung an der xxx Bahn xxx AAA0001383, gab keinen Aufschluss darüber, zu welchem Zeitpunkt die Bf. das wirtschaftliche Eigentum an dieser Anlage erworben hat.

6. Aus der im Prüfungsarbeitsbogen erliegenden Verhandlungsschrift vom des BMVIT, GZ. y2005, betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung für die Bahn I, war ersichtlich, dass am Ende dieser von 9:00 bis 20:45 Uhr währenden Verhandlung, der Bescheid über die Betriebsbewilligung gemäß § 48 Abs. 2 Seilbahngesetz 2003 nach Maßgabe folgender Bestimmungen erteilt wurde:

"1. Die in dieser Verhandlungsschrift unter Abschnitt F, lit. c) Punkt 1, lit. d) Punkte 1,2,4 und 5, lit. e) Punkte 3,4, und 5 und lit. g) Punkte 1,2,3,5 und 6 und unter Abschnitt G lit. g) Punkte e,5,6,12,13 und 16 aufscheinenden Vorschreibungen und Forderungen sind vor Aufnahme des öffentlichen Verkehrs zu erfüllen. Der öffentliche Verkehr mit der gegenständlichen Seilbahn darf erst aufgenommen werden, wenn sich der verantwortliche Betriebsleiter von der ordnungsgemäßen Erfüllung dieser Maßnahmen überzeugt hat und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie einen diesbezüglichen Erfüllungsbericht, unter Angabe der Art und Weise der Erfüllung, zugeleitet hat.
2. Die übrigen in der Verhandlungsschrift unter Abschnitt F lit. a) bis lit. g) sowie unter Abschnitt G lit. b) und lit. e) aufscheinenden Vorschreibungen und Forderungen sind ordnungsgemäß und termingerecht zu erfüllen und einzuhalten.
Über den Vollzug dieser angeführten Vorschreibungen und Forderungen ist dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie jeweils schriftlich, unter Angabe der Art und Weise der Erfüllung spätestens zu den angeführten Terminen zu berichten.
Der Tag der Aufnahme des öffentlichen Betriebes ist schriftlich bekannt zu geben."

7. Mit Vorhalt vom ersuchte das BFG die Bf. den an das BMVIT übermittelten Erfüllungsbericht betreffend Behebung der im Punkt 1. aufgelisteten Mängel zu übermitteln. Erneut wurde die Bf. aufgefordert, durch Vorlage geeigneter Unterlagen den Zeitpunkt des Erwerbs (= Übergang der Verfügungsgewalt = Anschaffungszeitpunkt) der Seilbahnanlage nachzuweisen.

8. Nachgereicht wurden die bereits vorliegende Verhandlungsschrift zu GZ. y2005, vom , und ein Schreiben der Firma J vom mit folgendem Inhalt:

"xxxBahn
Sehr geehrte Frau K,
gemäß Ihrer Anfrage vom , bestätigen wir Ihnen gerne, dass die Anlage
xxx Bahn (AAA0001382) am durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie abgenommen wurde und seitens J an die B Bergbahnen GmbH & C OHG übergeben wurde."

8.1. Der mit Vorhalt vom explizit angeforderte Erfüllungsbericht wurde dem BFG jedoch nicht vorgelegt. Übermittelt wurden einige für das Beschwerdeverfahren nicht relevante Meldungen an das BMVIT über Mängelbehebungen im Zeitraum vom März bis Oktober 2006.  

9. Das BFG ersuchte die Bf. mit Vorhalt vom letztmalig, den Anschaffungszeitpunkt betreffend Bahn durch entsprechende Urkunden unter Beweis zu stellen, nachdem im Schreiben vom  der Firma J lediglich auf die Abnahme der Anlage am durch das MMVIT verwiesen, jedoch der Zeitpunkt der Übergabe nicht erwähnt worden sei. Wörtlich wurde der Bf. Folgendes vorgehalten:

"3. Laut dem Betriebstagebuch wurden am weitere Probefahrten durchgeführt und am Einstellungen von der Firma J vorgenommen, was durchaus den Schluss zulässt, dass die Seilbahnanlage bis dahin noch nicht in Ihr Eigentum übertragen worden ist. Auch laut der Schlussrechnung vom war der erste Teilbetrag von EUR 875.000 erst nach Kollaudierung und Behebung aller wesentlichen Mängel zahlbar.

4. Es ist im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblich, dass der Werkhersteller, der bis zur Lieferung des funktionsfähigen Wirtschaftsgutes das Risiko für die Kosten trägt, im Zeitpunkt der Lieferung und der Besteller im Zeitpunkt der Übernahme des fertig hergestellten Werkes schriftlich bestätigt, dass Wag und Gefahr vom Hersteller auf den Besteller übergegangen ist. Gerade bei Lieferaufträgen wie im gegenständlichen Umfang - einer Seilbahnanlage im Werte von über € 3,500.000 zuzüglich Mehrwertsteuer - ist eine schriftliche Fixierung des Zeitpunktes des Übergangs von Wag und Gefahr eine Selbstverständlichkeit. Dass im gegenständlichen Beschwerdefall zwischen der Firma J als Herstellerin und der Beschwerdeführerin als Seilbahneigentümerin und Seilbahnbetreiberin ein derartiges Protokoll im Zuge der Übertragung des Eigentums nicht erstellt worden wäre, ist absolut unglaubwürdig. Dass im gegenständlichen Beschwerdefall Wag und Gefahr am übergegangen sein soll, wurde bisher trotz mehrmaligen Ersuchens nicht mittels geeigneter Unterlagen unter Beweis gestellt. Die Nichtvorlage der angeforderten Beweismittel indiziert einen nach dem Bilanzstichtag gelegenen Anschaffungszeitpunkt."

10. Zu diesen Ausführungen des BFG (laut Punkt 9.) nahm die Bf. nicht Stellung. Mit Mail vom wurde dem BFG eine in wesentlichen Punkten unausgefüllte und nicht unterfertigte Ausschreibung betreffend die xxx Bahn übermittelt.

11. Der steuerliche Vertreter der Bf. wurde am  beim BFG telefonisch vorstellig. Dem Steuerberater wurde mitgeteilt, dass die übermittelten Ausschreibungsunterlagen weder ausgefüllt noch unterfertigt waren und bis jetzt keine Unterlagen vorgelegt worden seien, die Aufschluss über den Anschaffungszeitpunkt zuließen. Per Mail wurden am die von der Bieterin J am unterfertigte und ausgefüllte Ausschreibung und gleichzeitig ein weiteres Schreiben der Firma J datiert mit mit folgendem Inhalt übermittelt:

"xxxBahn
Sehr geehrte Frau K,
hiermit bestätigen wir, dass das Eigentum an der
xxx-Bahn mit , dh mit der Abnahme durch die Seilbahnbehörde, übergegangen ist. Dies leitet sich aus den Ausschreibungsunterlagen, dem Leistungsvertrag sowie der Auftragsbestätigung, welche zwischen der Auftraggeberin unter Einbeziehung des Büros L, sowie der Auftragnehmerin erstellt bzw. abgeschlossen wurde, ab.
Eine separate Übernahmeerklärung wurde nicht erstellt. Eine derartige separate Erklärung wurde erst in der kürzeren Vergangenheit unterzeichnet."

12. Die Bf. verwies im Mail vom auf den Punkt 2.7. der Ausschreibung, wonach der Auftraggeber die Anlage nach erfolgter Betriebsbewilligung übernimmt. Punkt 2.7. lautet:
"Der AG übernimmt die Anlage erst nach erfolgter Betriebsbewilligung, d.h. für alle vorher abzuschließenden Versicherungen hat der AN zu sorgen (Transport-, Montage-, Seilzugs- und Probebetriebsversicherung).
Sämtliche Teile sind frei Baustelle abzuladen. Der Gefahrenübergang erfolgt erst, wenn die Ware vom AG in ordnungsgemäß abgeladenen Zustand übernommen wird.

Punkt 2.8.: Die Seilbahnlieferfirma hat darauf zu achten, dass die Bahn vor einer ausdrücklichen Freigabe bzw. einer bestätigten, gefahrlosen Benutzbarkeit von keiner Person benützt wird. Eine entsprechende Hinweistafel ist in den Zustellbereichen aufzustellen."

13. Tatsache ist, dass das BMVIT die Betriebsbewilligung unter der aufschiebenden Bedingung erteilt hat, dass die wesentlichen Mängel (Punkt 1. des Bescheides) vor Inbetriebnahme der Seilbahn zum öffentlichen Verkehr nachweislich behoben werden mussten. Aus dem Betriebstagebuch war ersichtlich, dass die Herstellerfirma J am diverse Messungen bei beladener Bahn durchgeführt und ebenfalls am weitere Einstellungen vorgenommen hat. Dass die Behebung der Mängel im Wirtschaftsjahr 2005/2006 erfolgten, erschließt sich zum einen aus den Eintragungen im Betriebstagebuch, zum anderen aber auch aus der Aufnahme des öffentlichen Fahrbetriebes am sowie aus dem am zur Einzahlung gebrachten Teilbetrag aus der Schlussrechnung, der nach Kollaudierung und nach Behebung aller wesentlichen Mängel fällig gewesen war.

14. Nach den Ausführungen der Firma J sei eine separate Übernahmeerklärung nicht erstellt worden. Während die Bf. selbst trotz mehrfachen Nachfragens keine persönliche Aussage dazu traf, wann die Verfügungsmacht an der Bahn von der Herstellerin an sie übertragen worden war, sondern durch den Steuerberater diverse Unterlagen nachreichen ließ, sei nach dem Schreiben der Firma J vom das Eigentum an der xxx-Bahn mit , also mit der Abnahme durch das BMVIT übergegangen, das sich aus den Ausschreibungsunterlagen, dem Leistungsvertrag sowie der Auftragsbestätigung ableiten ließe.

14.1. In der Ausschreibung vom  wurde unter Punkt 2.7. festgelegt, dass der Auftraggeber die Anlage erst nach erfolgter Betriebsbewilligung übernehme (siehe Punkt IV.11). Bis dahin hafte der Auftragnehmer mit seiner Transport-, Montage-, Seilzugs- und Probebetriebsversicherung. Weiters trage die Seilbahnlieferfirma laut Punkt 2.8. dieser Ausschreibung die Verantwortung, dass vor der ausdrücklichen Freigabe der Bahn bzw. einer bestätigten gefahrlosen Benutzbarkeit der Bahn, diese tatsächlich von keiner Person benützt wird.
Nach Ansicht des BFG sind die Regelungen unter Punkt 2.7. als auch jene unter Punkt 2.8. nur so zu verstehen, dass auf die tatsächlich in Kraft gesetzte Betriebsbewilligung abgestellt wird, die jedenfalls erst nach Behebung aller wesentlicher Mängel eintritt und gleichzeitig die Freigabe der Bahn bzw. die Aufnahme des öffentlichen Seilbahnverkehrs bedeutet.

14.2. Von der Tatsache, dass im Zuge der Abnahme der Bahn durch das BMVIT am wesentliche Mängel festgestellt wurden, die noch vor der Aufnahme des öffentlichen Verkehrs behoben werden mussten, ging auch die Herstellerin J aus. Sie stellte der Bf. laut Schlussrechnung vom den Teilbetrag von € 875.000 zuzüglich Mehrwertsteuer von € 175.000 erst nach Behebung aller wesentlichen Mängel fällig. Somit steht der in der Schlussrechnung ausgewiesene "Liefer- und Leistungszeitraum 08.06. - " auch in Widerspruch zu der Tatsache, dass die Firma J noch am 2.12. und weitere Einstellungsarbeiten an der Bahn I vorzunehmen hatte.
Die Bf. bezahlte diesen Teilbetrag am Tag der Aufnahme des öffentlichen Bahnbetriebes am . In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Bf. den aus diesem Sachverhalt gezogenen Schlussfolgerungen des BFG, die ihr mit Schreiben vom (Punkt IV.9.[Punkt 3. und 4.]) mitgeteilt wurden, nicht entgegengetreten ist.

14.3. Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung in Form der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums. Es kommt auf die Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeiten im Sinne der faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut an (vgl. und weitere dort zitierte Erkenntnisse).
Die Erteilung der Betriebsbewilligung durch das BMVIT war aufschiebend bedingt, da die Erfüllung der Auflagen - Behebung der wesentlichen Mängel - die Voraussetzung für die Aufnahme des öffentlichen Seilbahnverkehrs bildeten. Bei einer Rechtsbedingung liegt der Grund, der einer sofortigen Rechtswirksamkeit des Geschäftes entgegensteht, nicht im Willen der Parteien, sondern im Willen des Gesetzes (behördliche Genehmigung), (vgl. Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB37, 2009, § 897, E 4.). Für den gegenständlichen Beschwerdefall bedeutet dies, dass im Zeitpunkt der Behebung aller wesentlicher Mängel das wirtschaftliche Eigentum an die Bf. übertragen worden ist, wodurch sie nunmehr die Möglichkeit hatte, dem BMVIT den (dem BFG nicht vorgelegten) Erfüllungsbericht zu übermitteln und den Tag der Aufnahme des öffentlichen Bahnbetriebes zu bestimmen.

14.4. Was im Konkreten aus der Abnahmeschrift vom über die Vorerhebungen an der xxx Bahn xxx, Zl. x2005, oder aus dem Leistungsvertrag vom zur Feststellung des Anschaffungszeitpunktes gewonnen werden könnte, wurde von der Bf. nicht vorgebracht und lässt sich Diesbezügliches aus diesen Urkunden auch nicht entnehmen.

15. Soweit die Bf. in der Beschwerde vom vorbrachte, die Bahn sei im Oktober 2005 fertiggestellt worden und die elektrische Inbetriebnahme sei am erfolgt, ist klar zu stellen, dass diese Aussage nur einen Teilbereich des Herstellungsprozesses bei der Firma J betreffen konnte. Sämtliche von der Firma J im Oktober und November 2005 durchgeführten Bremsproben bei maximaler Beladung, maximaler Geschwindigkeit, also der gesamte Probebetrieb der Bahn, waren der Herstellerin zuzurechnen, die noch Eigentümerin der Anlage war und Wag und Gefahr zu tragen hatte. Die Auftragnehmerin J hatte der Auftraggeberin und Bf. eine fertiggestellte und funktionsfähige Seilbahnanlage zu liefern und zu montieren. Im Übrigen steht dieses Vorbringen zur Fertigstellung und Inbetriebnahme der Bahn auch im Widerspruch zu der erst am vorgenommenen Abnahme durch das BMVIT und zu der Bestätigung der Firma J vom

16. Die angezogene Entscheidung des UFS ist für den beschwerdegegenständlichen Fall nicht von Bedeutung. Abgesehen davon, dass in jenem Fall eine vom beschwerdegegenständlichen Fall abweichender Sachverhalt vorlag - wie die Bf. in ihrer Beschwerdeschrift auch punktuell aufzeigte - verwies der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2010/15/0143, und auch im Nachfolgeerkenntnis vom , 2012/15/0207, darauf, dass die Ausführungen der Herstellerfirma auf eine erst im Wirtschaftsjahr 2005/2006 erfolgte Anschaffung hindeuteten, sodass eine Absetzung für Abnutzung schon aus diesem Grund im Wirtschaftsjahr 2004/2005 nicht zustehen könnte.

V. Erwägungen

Lag der Anschaffungszeitpunkt nach dem festgestellten Sachverhalt (Punkt III.7.) im Wirtschaftsjahr 2005/2006, konnte die Absetzungen für Abnutzung gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 nicht im Wirtschaftsjahr 2004/2005 geltend gemacht werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

VI. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall handelte es sich um die Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung (Punkte III.7 und IV.), die Frage des Anschaffungszeitpunktes ist durch die ständige Rechtsprechung des VwGH ausreichend beantwortet (Punkte II.2.-3.)

Innsbruck, am

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