Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2016, RV/7103496/2011

Keine Werbungskosten für Ausbildungskredit (Abflussprinzip)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache des Bf., Adr., vertreten durch Mag. Oliver Lindermaier, Roman-Felleis-G. 10/Haus 3, 1210 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Einkommensteuer 2009 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben:

Der angefochtene Bescheid (Einkommensteuerbescheid 2009 vom ) wird abgeändert. Hinsichtlich der Höhe der Abgabe und der Berechnungsgrundlagen wird auf die Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) machte im Jahr 2009 unter anderem Kosten für Aus-und Fortbildung in Höhe von insgesamt € 3.670,71 geltend.

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens des Finanzamts vom , in welchem um Stellungnahme und Nachweise betreffend die beantragten Aufwendungen ersucht wurde,  führte der Bf. zu den Aufwendungen für Aus-/Fortbildung aus:

" In der Arbeitnehmerveranlagung unserer obigen Mandantschaft wurden für das Kalenderjahr 2009 unter der Position Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten € 3.670,71 angesetzt.
In obiger Position sind zwei Fehler passiert:
1) wurde für den Ausbildungskredit irrtümlicherweise der Zahlungsbetrag für das Jahr
2010 mit € 2.915,71 angesetzt. Dieser Betrag ist allerdings jener für das Jahr 2010. Für
2009 gehören richtigerweise 3 x 317,-- (Beleg mit den drei Überweisungen liegt bei) —
insgesamt also € 951,--.
2) Wurde ein Beleg in Höhe von € 1.800,-- irrtümlicherweise vergessen.
Somit ergeben sich richtigerweise Fortbildungskosten in Höhe von € 3.506,--.
Zu diesen Fortbildungskosten möchten wir festhalten, dass sämtliche Fortbildungen im Jahr 2009 stattgefiunden haben und auch in diesem Jahr bezahlt wurden. Bei den beiden Belegen über € 755,-- und € 1.800,-- handelt es sich um Businesscoaching; bei den Zahlungen über insgesamt € 951,-- handelt es sich um Rückzahlungen für ein Darlehen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (welches in 2010 zur Gänze zurückbezahlt wurde)."

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 eingebrachten Berufung führte der steuerliche Vertreter des Bf. Folgendes aus:

"Insgesamt wurden für obgenannten Mandanten für das Kalenderjahr 2009 Fortbildungskosten in Höhe von € 3.506,- geltend gemacht. Diese betreffen mit € 951,- den Ausbildungskredit sowie mit € 2.555,- die Business-Coaching Ausbildung.
Der Ausbildungskredit in Höhe von € 951,- wurde mit der Begründung abgewiesen, dass
dieser Betrag nur im Jahr der Zahlung absetzbar ist. Diese Abweisung ist insofern unrichtig, als dass sämtliche Zahlungen (3 x € 317,-) sehr wohl im Kalenderjahr 2009 bezahlt wurden.
Die Belege haben wir bereits bei der Beantwortung des Ergänzungsansuchens am 30.
November 2010 übermittelt.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass der direkte Bezug der Ausbildungskosten in Deutschland zu der in Österreich ausgeübten Tätigkeit fehlt. Auch dieser Punkt ist insofern unrichtig, da unmittelbar nach Abschluss der Ausbildung in Deutschland ein adäquater Einstieg in einer Managementfunktion (Bereichsleitung Interne Revision/Internes Audit) in einem österreichischen Unternehmen erfolgte. Nachdem diese höheren Einkünfte in Österreich der (höheren) Lohnsteuer unterworfen wurden, stehen die damit angefallenen Ausbildungskosten sehr wohl in direktem Zusammenhang mit der Berufsausübung.
Außerdem sind Aufwendungen im Zusammenhang mit Bildungsmaßnahmen, die
allgemeinbildenden Charakter haben oder Aufwendungen in Zusammenhang mit einem
ordentlichen Universitätsstudium grundsätzlich abzugsfähig (Vgl. Doralt, Kommentar zum
EStG, 516 Rz 203/5).

Hinsichtlich der Fortbildungs-Ausbildungen aus dem Titel "Coaching" ("€ 1.800,-- und € 755) halten wir fest, dass diese ausschließlich beruflich veranlasst sind. diese berufliche Veranlassung ergibt sich aus der Übertragung des neuen Aufgabengebietes im Jahr 2009 im L Konzern für die von unserer Mandantschaft ausgeübte Position. diese erweiterte Position umfasste zusätzlich die nachfolgend gennannten Tätigkeiten:

a) Projektleiter "Aufspüren von Optimierungs-Potential" bei L

b) Unternehmensinterner Ansprechpartner für die externe Unternehmensberatung für das Sonderprojekt "strategische Betrachtung  Bewertung des Zentraleinkaufs"

Aufgrund dieser neuen beruflichen projektbezogenen Zuständigkeit besteht für dieses Coaching "Projektmanagement" eine ausschließlich berufliche Veranlassung. Besonders ging es hier um die Entwicklung von Strategien. Das erworbene Wissen hinsichtlich des Projektmanagments wurde in der Folge auch tatsächlich ausgeübt. Ohne Absolvierung dieses professionellen Tools wäre das Projekt nicht durchführbar gewesen und auch unsere obgenannte Mandantschaft hätte seine berufliche Position nicht beibehalten können."

In der Berufungsvorentscheidung vom anerkannte das Finanzamt Werbungskosten in Höhe von € 2.932,44, wobei die Rückzahlungen für den Ausbildungskredit außer Ansatz blieben.

Dagegen brachte der steuerliche Vertreter des Bf. einen Vorlageantrag mit folgender Begründung ein:

"Der Ausbildungskredit in Höhe von € 951,-- wurde mit der Begründung abgewiwesen, dass dieser Betrag nur im Jahr der Zahlung absetzbar ist. Diese Abweisung ist insofern unrichtig, als dass sämtliche Teilzahlungen (3 x € 317,--) sehr wohl im Kalenderjahr 2009 bezahlt wurden." Beigelegt waren die (bereits vorgelegten) Kopien von Kontoauszügen, welche die Darlehensrückzahlungen des Bf. im Jahr 2009 zeigen.

Das Bundesfinanzgericht richtete am einen Vorhalt mit folgendem Inhalt an den Bf.:

"Bezugnehmend auf Ihre Beschwerde vom werden Sie darauf hingewiesen, dass nach § 19 Abs. 2 EStG erster Satz Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind. Wird eine Ausgabe mit Hilfe eines Darlehens fremdfinanziert, dann ist nicht der Zeitpunkt der Darlehenstilgung, sondern der Zeitpunkt der Ausgabe maßgeblich (vgl. Doralt in Doralt et al, EStG10, § 19 Tz 7, und 31; Jakom/Baldauf, EStG, 2014, § 19 Rz 5 ; ). Da Sie in Ihrer Vorhaltsbeantwortung vom angegeben haben, dass sämtliche Fortbildungen im Jahr 2009 stattgefunden haben und auch in diesem Jahr bezahlt wurden, wird um Vorlage der diesbezüglichen Rechnungen und Zahlungsbelege für die Fortbildungen im Jahr 2009 bis zum ersucht."

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1) Darlehensrückzahlungen:

Strittig ist, ob die vom Bf. im Jahre 2009 geleisteten, Darlehensrückzahlungen Werbungskosten darstellen oder nicht.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen die beruflich veranlasst sind.

Nach § 16 Abs. 1 Z 10 erster Satz EStG kommen auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosteneigenschaft zu.

Nach § 19 Abs. 2 EStG erster Satz sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Wird eine Ausgabe mit Hilfe eines Darlehens fremdfinanziert, dann ist nicht der Zeitpunkt der Darlehenstilgung, sondern der Zeitpunkt der Ausgabe maßgeblich (vgl. Doralt in Doralt et al, EStG10, § 19 Tz 7, und 31; Jakom/Baldauf, EStG, 2014, § 19 Rz 5 ; ).

Der für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben im Gesetz verwendete Begriff "leisten" ist im Sinn von Übertragen der tatsächlichen und rechtlichen (besser wirtschaftlichen) Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen; es kommt nicht darauf an, welches Jahr die Ausgabe wirtschaftlich betrifft. Dabei ist unbeachtlich, aus welchen Mitteln die verausgabten Leistungen bestritten werden; bei fremdfinanzierten Aufwendungen erfolgt daher der Abfluss bereits im Zeitpunkt der Zahlung, nicht erst bei Rückzahlung des Kredites (vgl. Doralt in Doralt et al, EStG10, § 19 Tz 31 mwN).

An dieser Stelle ist anzumerken, dass der Gesetzgeber im § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Begriffe "Ausgaben" und "Aufwendungen" synonym verwendet. Damit ist aber auch klargestellt, dass Aus- und Fortbildungskosten in der Beurteilung ihres zeitlichen Anfallens gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 einzuordnen sind. Es ist daher auch im vorliegenden Fall die steuerliche Beurteilung danach auszurichten, in welchem Kalenderjahr die Aus- und Fortbildungskosten angefallen sind und nicht danach, in welchem Kalenderjahr die Rückzahlung des/der Darlehen/s erfolgte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2010/15/0101, ausgesprochen, dass bei fremdfinanzierten Aufwendungen der Abfluss (geleisteter Beträge) bereits im Zeitpunkt der Zahlung (der Kosten) und nicht erst bei der Rückzahlung des Kredites oder des Darlehens erfolgt (vgl. auch Doralt, Einkommensteuergesetz (10), Kommentar, Tz 7 zu §19).

Im Fall des Bf. wurde ein Zahlungszeitpunkt der Fortbildungskosten im Jahr 2009 nicht nachgewiesen.

Ein Werbungskostenabzug der vom Bf. im Jahre 2009 geleisteten, Darlehensrückzahlungen kommt in Ansehung der bezughabenden vorstehenden Ausführungen gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG iVm § 19 Abs 2 EStG deshalb nicht in Betracht, weil der Bf. die Aufwendungen für die Fortbildung nicht im Berufungsjahr 2009 bezahlt hat. Das Finanzamt versagte daher den in Rede stehenden Kapitaltilgungen die Anerkennung als Werbungskosten zu Recht.

Der Vollständigkeit halber ist der Bf. in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass es laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu ; , 2543/56; ; ) dem im Einkommensteuerrecht herrschenden Grundsatz der Periodenbesteuerung entspricht, dass der einer bestimmten Periode zuzuordnende Aufwand das steuerliche Ergebnis einer anderen Periode nicht beeinflussen darf.

2) Business-Coaching Ausbildung

Werbungskosten (§ 16 Abs.1 EStG 1988) eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot (§ 20 EStG 1988) fallen.

Für den Werbungskostencharakter ist grundsätzlich weder ein unbedingtes berufliches Erfordernis zur Tätigung der Aufwendungen oder Ausgaben noch deren Zweckmäßigkeit erforderlich. Die Notwendigkeit einer derartigen Aufwendung ist also zwar grundsätzlich keine Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten, aber sehr wohl ein Indiz für die berufliche Veranlassung bzw. für das Fehlen einer privaten Veranlassung (). Auf die Notwendigkeit kommt es indes jedenfalls bei solchen Aufwendungen oder Ausgaben an, die ihrer Art nach die Möglichkeit einer privaten Veranlassung vermuten lassen (), wobei diesfalls die Notwendigkeit dahingehend zu prüfen ist, ob das Tätigen der Aufwendungen objektiv sinnvoll gewesen ist ().

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung hingegen nicht als Werbungskosten abzugsfähig, selbst wenn sie sich aus der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Steuerpflichtigen ergeben und sie zur Förderung des Berufes des Steuerpflichtigen erfolgen. Aufwendungen oder Ausgaben, die sowohl durch die Berufsausübung als auch durch die Lebensführung veranlasst sind, stellen grundsätzlich keine Werbungskosten dar ("Aufteilungsverbot"). Eine Aufspaltung in einen beruflichen und einen privaten Teil ist auch im Schätzungsweg nicht zulässig. Im Interesse der Steuergerechtigkeit soll nämlich vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und somit Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann (, und vom , 94/14/0195).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind nur jene Aufwendungen die die berufsspezifische Bedingtheit einwandfrei erkennen lassen, als Werbungskosten abzugsfähig. Aufwendungen für Weiterbildung in Fertigkeiten, die ganz allgemein für viele Lebens- wie Arbeitssituationen Bedeutung haben, zählen nicht zu den Werbungskosten (vgl. dazu , und die dort zitierte VwGH-Judikatur; ; und vom , RV/0483-K/06).

Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend (s. , Jakom, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 6. Auflage 2013, §16, Rz 49).

Auch für Ausbildungsmaßnahmen ist ein Veranlassungszusammenhang zur konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit für die Anerkennung als Werbungskosten erforderlich. Ein Zusammenhang der Ausbildungsmaßnahme mit der konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit ist dann gegeben, wenn die erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen dieser Tätigkeiten verwertet werden können (vgl. , und vom , 2011/15/0068).

Im beschwerdegegenständlichen Fall war ursprünglich strittig, ob die vom Bf .als Werbungskosten beantragten Aufwendungen für "Coaching"gemäß § 16 Abs. 1 Z. 10 EStG als berufliche Aus- oder Fortbildung abzugsfähig sind oder ob diese Kurse den Ausgaben für die Lebensführung zuzuordnen sind und demnach nicht abzugsfähig sind.

Nachdem der Bf. in der Berufung den Veranlassungszusammenhang zwischen den in Anspruch genommenen Einzelcoaching-Sitzungen und seiner neuen beruflichen projektbezogenen Zuständigkeit glaubhaft dargelegt hat, können die diesbezüglichen Aufwendungen auch vom Bundesfinanzgericht (wie bereits vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung vom ) als Werbungskosten anerkannt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Strittig war die Berufsbezogenheit von geltend gemachten Aus- oder Fortbildungskosten. Dies ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage, welche im Rahmen der Beweiswürdigung zu entscheiden war. Aus diesem Grund war auszuführen, dass eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at