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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.06.2016, RV/7102126/2015

Begünstigung nach § 7 GebG erfordert gemeinschaftliche Urkunde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. 123, betreffend Gebühr und Gebührenerhöhung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Frau S. und der Beschwerdeführer, im Folgenden kurz Bf. genannt, sind Miteigentümer eines Grundstückes, auf welchem sich ein Wohnhaus befindet. Im Zuge eines Verfahrens im Zusammenhang mit einer Anschlussverpflichtung an die Gemeindekanalisationsanlage ordnete die Bezirkshauptmannschaft BH mit Vollstreckungsverfügung vom , Zl. 001 die Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung an. Nach einem Berufungsverfahren wurde diese Anordnung der Ersatzvornahme rechtskräftig und wurde im Mai 2010 ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof angestrengt, der über die Beschwerde abschlägig entschied (). 

Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Anordnung der Ersatzvornahme. Mit inhaltsgleichem Schreiben vom beantragte Frau S. ebenfalls die Wiederaufnahme des Verfahrens. Beide Schriftstücke wurden am persönlich von Frau S. an die BH übergeben.

Nach einer Säumnisbeschwerde erließ das Amt der Kärntner Landesregierung am  an beide Parteien zur Zl. 002 jeweils einen Bescheid, der über die Wiederaufnahme abweislich absprach und eine feste Gebühr von jeweils 14.30 € für die Einbringung der Anträge als Kosten auswies.

Da dieser Betrag hinsichtlich des Bf. nicht vereinnahmt werden konnte, wurde nach § 34 GebG 1957 ein Befund aufgenommen und am an das zuständige Finanzamt übermittelt. Mit Bescheiden vom wurde dem Bf. die Eingabegebühr von 14,30 € und die Gebührenerhöhung von 7,15 €, insgesamt also 21,45 €, zur Zahlung vorgeschrieben.

Gegen diese Vorschreibung wurde Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass nach einem Schreiben des zuständigen Sachbearbeiters der BH vom die Gebühren nicht separat zu bezahlen wären, sondern nach § 7 GebG davon auszugehen sei, dass in der gleichen Rechtssache nur ein "einfacher Betrag" zu entrichten sei. Er habe am daher beim Amt der Kärntner Landesregierung einen Antrag auf Aufhebung der vorgeschriebenen Gebührenschuld gestellt, der unbeantwortet geblieben wäre.

Vorgelegt wurde das Schreiben der BH vom , worin zum Ausdruck kommt, dass auf Grund der Miteigentumsverhältnisse am Anschlussobjekt von einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund nach § 7 GebG auszugehen sei und durch die Entrichtung der Frau S. keine offene Gebührenschuld bestehe.

Das Finanzamt forderte das Amt der Kärntner Landesregierung am auf, zum Beschwerdevorbringen der mehrfachen Gebührenverrechnung Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom antwortete die Behörde dahingehend, dass jeweils ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt worden sei und für die Anträge jeweils eine feste Gebühr von 14,30 € gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG zu überweisen sei. Dazu wurde ausgeführt: "Diese Kostenentscheidung wurde deshalb so getroffen, weil das Gebührengesetz auf den Antrag als Gebühr auslösenden Verfahrensschritt abstellt und nicht auf den das Verfahren erledigenden Bescheid. Daher kann der Argumentation des Bf., dass diese Gebühr von 14,30 € nur einmal zu zahlen sei, auch nicht geteilt werden."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wurde der Vorlageantrag gestellt. Das Bundesfinanzgericht hat mit Schreiben vom das Amt der Kärntner Landesregierung ersucht, die streitgegenständlichen Eingaben vorzulegen, was am erfolgte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Festzustellen ist, dass es sich um zwei Anträge mit unterschiedlichem Ausfertigungsdatum, aber gleichem Inhalt von zwei Personen handelt, die jeweils ein außerordentliches Rechtsmittel ergreifen und damit zu Parteien eines behördlichen Verfahrens werden.

1.) Eingabegebühr

Nach § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 sind Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen mit einer festen Gebühr von 14,30 € zu belegen.

Seit dem AbgÄG 2001, BGBl. I 144/2001, entsteht die Gebührenschuld bei Eingaben nicht mehr im Zeitpunkt der Überreichung, sondern in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in einer Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird (§ 11 Abs. 1 Z 1 GebG 1957).

Nach § 7 ist die Gebühr nur im einfachen Betrage zu entrichten, wenn zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft besteht, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder wenn sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten.

Diese Bestimmung enthält zwei alternative Voraussetzungen für die Anwendung der hier normierten Begünstigung, nämlich den Bestand einer einheitlichen Rechtsgemeinschaft einerseits und die Ableitung eines Anspruchs oder einer Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund andererseits ().

Die Rechtsvorschrift des § 7 GebG ist allerdings nur in den Fällen anzuwenden, in denen aus einer Urkunde zu ersehen ist, dass zwei oder mehrere Personen in einer Rechtsgemeinschaft stehen, derzufolge sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind, oder dass diese mehreren Personen ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten ( Slg. 1474/F zitiert in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 7 Rz 2). Dies entspricht dem Gebührenrecht eigentümlichen "Urkundenprinzip", wonach jede Urkunde für sich nach ihrem Inhalt Gegenstand der Gebühr ist.

Eine gemeinschaftliche Eingabe kann unter den Voraussetzungen des § 7 GebG zu der Begünstigung führen und stellt diese Bestimmung eine Ausnahme dar, weil im Regelfall die Gebühr grundsätzlich so oft zu entrichten ist, als Personen an der Verwirklichung des gebührenpflichtigen Tatbestandes beteiligt sind (). Im gegenständlichen Fall liegt allerdings keine gemeinschaftliche Eingabe vor, sondern hat jede der zwei Parteien des Vollstreckungsverfahrens eine eigene - wenn auch inhaltsgleich auf die Einbringung eines außerordentlichen Rechtsmittels gerichtete - Schrift verfasst und bei der Behörde eingereicht. Auf die Art der Erledigung des Anbringens (zwei inhaltsgleiche Bescheide wurden erlassen) kommt es bei der Entstehung der Gebührenpflicht nicht an.

Da das Gebührengesetz im § 14 TP 6 nur an den äußeren formalen Tatbestand der Einbringung einer Eingabe (; ) anknüpft und keine gemeinschaftlich verfasste Urkunde vorliegt, kann schon aus diesem Grund die Begünstigung nach § 7 GebG 1957 nicht zur Anwendung gelangen. Zu Recht wurde auch vom Bf. die Entrichtung einer Eingabegebühr gefordert und kann der gegenteiligen Rechtsansicht der BH nicht gefolgt werden.

2.) Gebührenerhöhung

Wird eine Gebühr vom Finanzamt mit Bescheid festgesetzt, so hat das Finanzamt gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 zwingend eine Erhöhung im Ausmaß von 50 v. H. der nicht ordnungsgemäß entrichteten Gebühr zu erheben, unabhängig davon, ob die Nichtentrichtung auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen zurückzuführen ist oder nicht, da die Vorschreibung dieser Gebührenerhöhung nicht im Ermessen der Behörde steht (). Es handelt sich dabei um eine objektive Säumnisfolge.

3.) Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ob eine gemeinschaftliche Urkunde vorliegt, ist eine Sachverhaltsfrage und wird hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzung einer gemeinschaftlichen Urkunde der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, weshalb eine (ordentliche) Revisionsmöglichkeit nicht zugelassen wurde. 

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 14 TP 6 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102126.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at