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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2016, RV/7100339/2016

Ermittlung Einkommensteuerbemessungsgrundlagen und der darauf entfallenden Einkommensteuer, wenn der Beschwerdeführer neben Bezügen von seinem in Insolvenz geratenen Arbeitgeber Nachzahlungen im Insolvenzverfahren und für einen Teil des Kalenderjahres Arbeitslosengeld bezogen hat.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Maria Radschek in der Beschwerdesache Bf., W, gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


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Einkommen
24.780,99 EUR
Einkommensteuer
5.132,14 EUR
Anrechenbare Lohnsteuer
- 4.967,89 EUR
Festgesetzte Einkommensteuer (gerundet)
164,00 EUR

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) war im Streitjahr Arbeitnehmer eines Unternehmens, welches während des Jahres insolvent wurde.

Nachdem dem zuständigen Finanzamt vom Insolvenz-Entgelt-Fonds ein Lohnzettel über das für 2014 ausbezahlte Insolvenz-Entgelt übermittelt wurde, verfügte dieses die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 und berücksichtigte in dem neu erlassenen Einkommensteuerbescheid die dort ausgewiesenen Zahlungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde machte der Bf. geltend, dass es sich bei den nunmehr berücksichtigten Zahlungen des Insolvenz-Ausfall-Fonds um jene Gehälter für August bis November 2014 samt Urlaubszuschuss handle, die von seinem ehemaligen Arbeitgeber nicht mehr ausbezahlt worden seien.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlage wurde entsprechend des korrigierten Lohnzettels des ehemaligen Arbeitgebers des Bf. und des vom Insolvenz-Ausfall-Fonds übermittelten Lohnzettels abgeändert.

Der Bf. wandte sich in seinem fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag gegen die Berechnung der Bemessungsgrundlage mit der Begründung, der vom Betriebsstättenfinanzamt korrigierte Lohnzettel seines ehemaligen Arbeitgebers entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen, seine steuerpflichtigen Bezüge hätten lediglich 15.812,77 EUR und nicht wie in der Beschwerdevorentscheidung angeführt 16.289,68 EUR betragen. Die anrechenbare Lohnsteuer betrage hingegen tatsächlich 3.264,59 EUR und nicht nur 2.582,73 EUR.
Aufgrund der vorliegenden monatlichen Abrechnungen und der tatsächlich ausbezahlten Bezüge ergebe sich für den Jahreslohnzettel seines ehemaligen Arbeitgebers im Jahr 2014 folgendes Bild (die monatlichen Abrechnungen und die Bescheide vom IEF würden in Kopie beigelegt)

L16 „ehemaliger Arbeitgeber" 2014


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Bruttobezüge (210)
24.524,24 EUR
Steuerfreie Bezüge (215)
2.717,60 EUR
Sonstige Bezüge (220)
1.870,98 EUR
SV Beiträge Ifd. (230)
4.122,89 EUR
Steuerpflichtige Bezüge (245)
15.812,77 EUR
 
 
Einbehaltene Lohnsteuer
3.264,59 EUR
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
3.264,59 EUR

Die belangte Behörde verwies im Vorlagebericht darauf, dass die Ausführungen des Bf. aufgrund der vorgelegten Unterlagen zutreffend erschienen, und schloss sich dem Vorlageantrag des Bf. an.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Einsicht genommen wurde in die vom Bf. vorgelegten Lohnabrechnungen seines ehemaligen Arbeitgebers für die Monate Jänner bis Juli 2014 sowie die Unterlagen des Insolvenz-Entgelt-Fonds und die Meldung des AMS.

Folgender Sachverhalt wurde festgestellt:

Der Bf. erhielt 2014 Bezüge von seinem ehemaligen Arbeitgeber (AG) für die Monate Jänner bis Juli 2014, und für die Zeit vom bis Bezüge vom Insolvenz-Entgelt-Fonds. Darüber hinaus erhielt er aus der Mitarbeitervorsorgeversicherung einen mit fixem Steuersatz zu versteuernden Betrag. Im Dezember bezog er vom AMS für 30 Tage Arbeitslosengeld in Höhe von 1.232,10 EUR.

Die Bezüge und die davon in Abzug gebrachten Beiträge der einzelnen Bezug auszahlenden Stellen stellen sich folgendermaßen dar (Beträge in EUR):

1.) AG: 


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Bruttobezüge
Steuerfreie Bezüge
SV-Beiträge auf laufende Bezüge
sonstige Bezüge (Urlaubszuschuss)
SV-Beitrag auf sonstige Bezüge
23.588,75
2.718,40
4.122,89
935,49
  
132,84
Steuerpflichtige Bezüge
15.811,97
Einbehaltene Lohnsteuer
Anrechenbare Lohnsteuer
3.273,12
3.273,12

2.) Insolvenz-Entgelt-Fonds:


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Bruttobezüge
SV-Beiträge auf laufende Bezüge
Mit festen Sätzen versteuerte Bezüge
SV-Beitrag auf mit festen Sätzen versteuerte Bezüge
17.101,57
2.374,24
3.420,31
  
593,56
 
Steuerpflichtige Bezüge
11.307,02
Einbehaltene Lohnsteuer
Anrechenbare Lohnsteuer 
1.694,77
1.694,77

3.) V:


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Bruttobezüge
93,70
Mit festen Sätzen versteuerte Bezüge
93,70
Einbehaltene Lohnsteuer
Lohnsteuer mit festen Sätzen
5,62
5,62

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den oben genannten Unterlagen, denen u.a. auch zu entnehmen ist, dass vom ursprünglich ausbezahlten Arbeitslosengeld für 31 Tage der Tagsatz für einen Tag dem AMS vom Insolvenz-Entgelt-Fonds rückerstattet wurde. Der festgestellte Sachverhalt ist nicht strittig.

Er ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 25 Abs 1 Zif 1 lit a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Einkommensteuer unterliegt bei diesen gemäß § 2 Abs 4 Zif 2 EStG 1988 der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 zählt das Insolvenz-Entgelt, das durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgezahlt wird, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Gemäß § 15 Abs 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile zufließen.

Gemäß § 19 Abs 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Der Zufluss muss sich wirtschaftlich in der Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirken. Das bedeutet, dass von einem steuerlich beachtlichen Zufluss nur dann gesprochen werden kann, wenn der Steuerpflichtige rechtlich und wirtschaftlich über Einnahmen verfügen kann. Dazu reicht eine Gutschrift auf einem Konto, über das der Steuerpflichtige verfügen kann (vgl. Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 19 Tz 6).

Abweichend davon gelten gemäß § 19 Abs 1 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 Nachzahlungen im Insolvenzverfahren in dem Kalenderjahr   als zugeflossen, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden.

Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt gemäß § 67 Abs 1 EStG 1988 die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 nach Abzug der in § 67  Abs. 12  EStG 1988 genannten Beträge

1. für die ersten 620 Euro 0%,
2. für die nächsten 24 380 Euro 6%,
3. für die nächsten 25 000 Euro 27%,
4. für die nächsten 33 333 Euro 35,75%.

Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 höchstens 2 100 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2 100 Euro sind bei Bezügen gemäß § 67 Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 erster Teilstrich, Abs. 6 bis 8 und Abs. 10 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 67 Abs. 8 lit g EStG 1988 sind Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren, soweit sie Bezüge gemäß § 67 Abs. 3, 6 oder 8 lit e oder f EStG 1988 betreffen, mit einem festen Steuersatz zu versteuern. Von den übrigen Nachzahlungen ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 leg. cit. ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Der verbleibende Betrag ist als laufender Bezug mit einer vorläufigen laufenden Lohnsteuer in Höhe von 15 % zu versteuern.

Gemäß § 41 Abs 4 EStG 1988 bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Bezüge, die nach § 67 Abs 1 oder 68 EStG 1988 steuerfrei bleiben oder mit den festen Sätzen des § 67 EStG 1988 oder mit den Pauschsätzen des § 69 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuern waren, außer Ansatz. Die Steuer, die auf sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 und auf Bezüge gemäß § 67 Abs. 5 zweiter Teilstrich EStG 1988, die gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuern sind, entfällt, ist aber gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 neu zu berechnen, wenn diese sonstigen Bezüge 2 100 Euro übersteigen.

Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4 EStG 1988) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10 EStG 1988) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde.

Bei den steuerfreien Bezügen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 handelt es sich um das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen.

Gemäß § 46 Abs 1 Zif 3 EStG 1988 werden auf die Einkommensteuerschuld die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf die veranlagte Einkommensteuer entfallen, angerechnet. Dementsprechend ist auch die vom ehemaligen Arbeitgeber des Bf. einbehaltene Lohnsteuer in Höhe von 3.273,12 EUR bei der Ermittlung der Einkommensteuerschuld in Abzug zu bringen.

Dem Bf. wurden 2014 von seinem ehemaligen Arbeitgeber lediglich Monatsgehälter für Jänner bis Juli 2014 in der oben wiedergegebenen Höhe ausbezahlt. Er hat daher aus diesem Dienstverhältnis nur steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 15.811,97 EUR zu versteuern.

Die laut Lohnzettel mit festen Steuersätzen gemäß § 67 Abs 1 EStG 1988 zu versteuernden Beträge finden keinen Eingang in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einkommensteuer. Eine Neuberechnung der darauf entfallenden Lohnsteuer im Sinne des § 41 Abs 4 EStG 1988 unterbleibt, da der in Form des Urlaubszuschusses gewährte sonstige Bezug lediglich 802,65 EUR (= 935,49 EUR - 132,84 EUR) betrug.

§ 67 Abs. 8 lit g EStG 1988 kann entnommen werden, dass die nicht mit festen Steuersätzen versteuerten Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren zu einem Fünftel steuerfrei bleiben. Diese steuerfreien Beträge wurden bereits von der Insolvenz-Entgelt-Service GmbH berücksichtigt. Der Rest wurde als laufender Bezug vorläufig besteuert. Dem kann in Verbindung mit der Verpflichtung zur Veranlagung der Einkommensteuer entnommen werden, dass der Gesetzgeber die endgültige Festsetzung der Einkommensteuer auf laufende Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt Fonds der Veranlagung durch das Finanzamt überlassen hat.

Der Bf. hat im Dezember 2014 Arbeitslosengeld erhalten, weswegen die für das restliche Kalenderjahr bezogenen zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf einen Jahresbetrag umzurechnen und das Einkommen mit dem so errechneten Steuersatz zu besteuern ist. Da sich im Fall der Besteuerung auch des Arbeitslosengeldes ein höherer Betrag errechnen würde, war der Steuersatz unter Umrechnung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf einen Jahresbetrag zu ermitteln.

Bei der Umrechnung war von einem Arbeitslosengeldbezug von 30 Tagen auszugehen. In die Hochrechnung sind sowohl die zum laufenden Tarif zu versteuernden Bezüge des Bf. von seinem ehemaligen Arbeitgeber als auch die Nachzahlung im Insolvenzverfahren, soweit sie gemäß § 67 Abs 8 lit g EStG 1988 zum laufenden Tarif zu versteuern ist, einzubeziehen (vgl. ).

Die Höhe des im Jahr 2014 zu versteuernden Einkommens sowie der darauf entfallenden Einkommensteuer waren daher wie in der Beilage zu berechnen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall ausschließlich Sachverhaltsfeststellungen zu treffen waren, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100339.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at