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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.10.2014, RV/2100409/2009

§§ 34/35 EStG - Verpflegungsmehrkosten auf Fahrten zur Heilbehandlung und Kosten für Betreuungsperson

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache des A.B. als Erbe nach der verstorbenen Beschwerdeführerin,, gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Einkommensteuer 2006 zu Recht erkannt:

Der Berufung, nunmehr Beschwerde, wird teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die daraus resultierende Einkommensteuer 2006 ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen, welches einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisspruches bildet.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im anhängigen Verfahren die steuerliche Abzugsfähigkeit von „Reisediäten“ im Zusammenhang mit Fahrten zu auswärtigen Heilbehandlungen/Therapien der Beschwerdeführerin (Bf) samt Begleitperson sowie von Kosten für eine „externe Betreuung“ als durch die Behinderung der Bf erwachsene Aufwendungen nach § 4 der Verordnung (VO) des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 1996/303 idF 2006.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2006 beantragte die Bf - neben dem Pauschbetrag nach § 35 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) bei 80%iger Erwerbsminderung - unter der Kennzahl 476 die Berücksichtigung eines Betrages von 4.572,09 € als „Heilungskosten“. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterte sie ihr Begehren um einen von ihr getragenen „Selbstbehalt für Betreuung“ in Höhe von 1.748,50 €.

Nach ergänzenden Ermittlungen nahm das Finanzamt X (FA), teils im nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid, teils in einer Berufungsvorentscheidung (BVE) verschiedene Kürzungen vor, von denen die beiden oa. Streitpunkte zur Klärung an den Unabhängigen Finanzsenat herangetragen wurden.

Die Bf begründet die Geltendmachung von „Reisediäten“ damit, dass ihr und ihrer (krankheitsbedingt notwendigen) Begleitperson im Zuge von im Detail angeführten Fahrten zu auswärtigen Heilbehandlungen/Therapien Verpflegungsmehraufwendungen erwachsen seien. Deren Höhe habe sie im Zuge der Erklärungserstellung analog der einkommensteuerlichen Regelungen für berufliche Reisen geschätzt, da sie Belege aus Unwissenheit nicht aufbewahrt habe. Da „auch schwerkranke Menschen verpflegt werden müssen“, sei der Aufwand „nachweislich“ tatsächlich entstanden. Der geschätzte Betrag könne nicht falsch sein, weil der Gesetzgeber für den Verpflegungsmehraufwand bei beruflichen Reisen bereits seit Jahren von derselben Höhe ausgehe.

Das FA lehnt die Berücksichtigung dieser Kosten ab, weil die entsprechenden Bestimmungen (§ 16 Abs. 1 Z 9 bzw. § 26 Z 4 EStG) nur auf – hier eindeutig nicht vorliegende – beruflich veranlasste Reisen anwendbar seien. Zudem habe die Bf tatsächliche Mehraufwendungen für Verpflegung nicht nachgewiesen.

In Bezug auf die geltend gemachten Betreuungskosten verweist das FA darauf, dass diese durch die Pflegebedürftigkeit der Bf verursacht und daher – mangels Vorliegens von Kosten der Heilbehandlung – mit dem Pflegegeldbezug der Bf abgegolten seien.

Nach Ansicht der Bf sind die geltend gemachten Betreuungskosten („XY-“) den Heilbehandlungskosten zuzuordnen, da sie ihrer (im Behindertenausweis bestätigten) notwendigen Begleitung zu Arzt-/Krankenhaus- bzw. Therapiebesuchen gedient hätten. Da die Schulmedizin keine Heilung ihrer Krankheit kenne, stellten „Aufwendungen für die in der Heilkunde vorgesehenen Heil- und Milderungsbehandlungen - Begleitung – Besorgung der einfachsten Handgriffe eine ohnehin sehr eingeschränkte Hilfestellung dar“.

Zudem würde die volle Anrechnung dieser Kosten auf das bezogene Pflegegeld dazu führen, dass dieses zur Gänze für „Dienste von Außen“ verwendet würde und die darüberhinausgehende Betreuung durch die Familie nicht abgegolten werden könne. Dies könne nicht im Sinne des Gesetzes sein, da auch privat gepflegte Personen bzw. die pflegende Familie Anspruch auf Pflegegeld hätten. Für die erforderliche „rundum Betreuung“ reiche das Pflegegeld nicht aus.

Es wurde erwogen:

Auf Basis des Verfahrensergebnisses geht das BFG von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Die im März 1962 geborene Bf litt im Verfahrenszeitraum an Amyotropher Lateralsklerose ( ALS), einer unheilbaren Muskelerkrankung, an der sie im Mai 2008 verstarb.

Aufgrund der vorliegenden Unterlagen über einen Krankenhausaufenthalt vom Jänner 2006 und einen Pflegegeldbezug ab März 2006 (Pflegegeld des Landes Oberösterreich von März bis Juli 2006) hält es das BFG für erwiesen, dass die mit Behindertenpass des Bundessozialamtes vom bescheinigte Gehbehinderung (verbunden mit der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und der Notwendigkeit einer Begleitperson), die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 80% bewirkte, im gesamten Verfahrenszeitraum vorgelegen ist.

Ab August 2006 bezog die Bf neben einer ASVG-Pension auch Bundespflegegeld der Pflegestufe 3 (mtl. 421,80 €). Insgesamt erhielt sie von März bis Dezember 2006 Pflegegeld in Höhe von 2.845,60 €.

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2006 begehrte die Bf, soweit verfahrensrelevant, neben Aufwendungen für eine ärztliche Abklärung im Klinikum Charite´ Berlin, Kosten für homäopathische Behandlungen und – soweit ersichtlich – für Massagen.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in welchem nach der Aktenlage neben den (im vorgelegten Verfahrensakt aufliegenden) Rechnungen auch die zugehörigen ärztlichen Verordnungen angefordert und überprüft worden waren (Letztere allerdings nicht im Akt abgelegt), anerkannte das FA die geltend gemachten „Behandlungskosten“ samt der zugehörigen Fahrtkosten (km-Geld) als außergewöhnliche Belastungen (Kosten der Behinderung), nicht aber den lt. Bf im Zuge dieser Fahrten angefallenen und in Form von „Reisediäten“ analog der Regelung des § 26 Abs 4 lit.b EStG geschätzten Verpflegungsmehraufwand für die Bf und ihre Begleitperson.

Die strittigen „Reisediäten“ betrafen einerseits zwei eintägige Fahrten zu einer „Energetikerin“ (lt. Internet-Abfrage) nach Niederösterreich (Entfernung vom Wohnort der Bf rd. 170 km) sowie insgesamt 11 Fahrten zu einem chinesischen Masseur (u.a.) nach Linz (Entfernung vom Wohnort der Bf knapp 50 km), deren Dauer von der Bf mit je 4 Stunden angegeben wurde. Anderseits begehrte die Bf für die 5tägige Reise nach Berlin Verpflegungsmehraufwand in Höhe des höchsten Auslandsreisegebühren-Tagessatzes für Deutschland.

Während sich die Sozialversicherung lt. Aktenlage an den Kosten der Reise nach Berlin beteiligte, wurden im Fall der Energetikerin eine Kosten(teil)erstattung explizit verweigert und auch keine Kosten des chinesischen Masseurs übernommen.

In Hinblick auf die erstinstanzliche Überprüfung sieht das BFG keine Veranlassung, an der Abzugsfähigkeit der vom FA anerkannten Aufwendungen als Kosten der Behinderung iSd §§ 34/35 EStG bzw. der dazu ergangenen Verordnung, BGBl 1996/303 idF 2006 zu zweifeln und legt diese Beurteilung der Sachverhaltsfeststellung im anhängigen Verfahren zu Grunde.

Von April bis Oktober 2006 nahm die Bf Leistungen der XY- GmbH aus Linz in Anspruch. Nach den durchgeführten Ermittlungen erbringt dieses Unternehmen u.a. Assistenzleistungen nach dem Oö. ChancengleichheitsG 2008 (bzw. im Verfahrenszeitraum nach dem Oö. Behindertengesetz 1991), deren Kosten grundsätzlich von der öffentlichen Hand getragen werden (Sozialhilferechtsträger des Landes). Mit den vorliegenden Rechnungen wurde der Bf der von den betreuten Personen zu leistende, einkommensabhängige Selbstbehalt in Rechnung gestellt.

Nach dem Inhalt dieser Rechnungen war der Bf von der Bezirksverwaltungsbehörde die Kostenübernahme für monatlich 80 Betreuungsstunden (d.s. durchschnittlich 2,66 Stunden tgl.) bewilligt worden. Tatsächlich erreichte die in den betreffenden Monaten in Anspruch genommene, stundenweise Tages- und tw. auch Nacht-/bzw. Wochenendbetreuung durch eine „Assistentin“ in keinem Monat die bewilligte Höchstgrenze.

In den Monaten April und September 2006 machte die Bf zudem von der Möglichkeit Gebrauch, sich von der beigestellten Assistentin mit deren Kfz chauffieren zu lassen, wofür sie einen zusätzlichen Selbstbehalt von 0,2 €/km zu bezahlen hatte (April 334 km, September 638 km).

Der von der Bf für die Leistungen von April bis Oktober 2006 zu tragende Selbstbehalt belief sich insgesamt auf 1.748,15 €. Davon entfielen 792,63 € auf den Zeitraum 4-7/2006, in dem die Bf 736,60 € Pflegegeld nach den landesgesetzlichen Bestimmungen erhalten hatte. Ab August lag der monatliche Selbstbehalt jeweils unter dem bezogenen Bundespflegegeld.

Das EStG sieht bei der Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen vor (§ 34 Abs.1 EStG).

Die in Abs. 6 der Bestimmung genannten Aufwendungen können ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes nach § 34 Abs. 4 EStG abgezogen werden. Dazu gehören u.a. Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung. Erhält der Steuerpflichtige pflegebedingte Geldleistungen (z.B. Pflegegeld oder Pflegezulage) gilt dies, soweit die Aufwendungen die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht einem Steuerpflichtige, dem außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung erwachsen, ein Freibetrag nach Abs. 3 der Bestimmung zu, wenn er keine pflegebedingte Geldleistung erhält.

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Bei einer bescheinigten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 75% bis 84% wird ein Freibetrag von 435,- € jährlich gewährt.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Nach § 35 Abs.5 EStG können „anstelle des Freibetrages nach Abs. 3 auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6)“.

§ 34 Abs.6 EStG normiert somit die Behandlung von Mehrkosten wegen Behinderung bei Menschen mit Bezug von pflegebedingten Geldleistungen, § 35 EStG enthält die entsprechenden Bestimmungen für Behinderte ohne Bezug von pflegebedingten Geldleistungen.

Sowohl § 34 als auch § 35 EStG enthalten eine Verordnungsermächtigung, aufgrund welcher der Bundesminister für Finanzen einerseits festlegen kann, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind (§ 34 Abs.6 EStG) und anderseits nach den Erfahrungen der Praxis Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen kann, die zu Behinderungen im Sinne des § 35 Abs. 3 führen (§ 35 Abs.7 EStG).

Nach der auf Grund dieser Ermächtigungen erlassenen Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 1996/303 idF 2006 (mit Wirkung sowohl für Behinderte mit als auch ohne Bezug von Pflegegeldleistungen), sind Mehraufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung im behördlich bescheinigten Ausmaß von mindestens 25% insoweit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, als sich dies aus den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung ergibt, wobei diese Mehraufwendungen nicht um eine pflegebedingte Geldleistung oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG zu kürzen sind.

§ 4 der VO legt fest, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.

Für das anhängige Verfahren bewirkt die dargestellte Rechtslage, dass Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß ohne Gegenverrechnung mit dem bezogenen Pflegegeld als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Dagegen wirken sich durch die Behinderung bedingte Pflegekosten nur insoweit aus, als sie den Pflegegeldbezug übersteigen (§ 34 Abs. 6, Ts 6 EStG). Der Freibetrag des § 35 Abs. 3 EStG kommt aufgrund des Pflegegeldbezuges nicht zum Tragen (§ 35 Abs.1 EStG).

Nach Lehre und Rechtsprechung gehören zu den Kosten der Heilbehandlung nicht nur die reinen Behandlungs- und Therapiekosten sondern etwa auch damit im Zusammenhang stehende Fahrtkosten. Keine Kosten der Heilbehandlung bilden Aufwendungen, die regelmäßig durch die Pflegebedürftigkeit verursacht werden. Dazu gehören etwa Kosten für Pflegepersonal, wie z.B. für Hauskrankenpflege (vgl. z.B. ; , 2271/75 und JAKOM EStG Kommentar, § 35 Rz 27 mit Verweis auf ).

Aufwendungen für die eigene Verpflegung stellen an sich Kosten der Lebensführung dar, deren steuerliche Berücksichtigung durch § 20 Abs.1 Z 2 lit a EStG ausgeschlossen ist. Dies gilt für gesunde und für kranke Menschen in gleicher Weise. Da ein bedeutender Teil der Steuerpflichtigen darauf angewiesen ist, Mahlzeiten außerhalb des Haushaltes einzunehmen, betrifft das Abzugsverbot nach der Judikatur des VwGH grundsätzlich auch Aufwendungen für Gasthausverpflegung. Im Einzelfall sind allerdings Verpflegungsmehrkosten steuerlich anzuerkennen. Den Grund dafür hat der VwGH im Zusammenhang mit auswärtigen Dienstverrichtungen erläutert. Demnach ist eine steuerliche Berücksichtigung von Verpflegungsmehrkosten auf „Dienstreisen“ begründet, weil anzunehmen ist, dass aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie ein höherer Verpflegungsaufwand resultiert. Für Tagesreisen geht der VwGH allerdings davon aus, dass dieser Mehraufwand durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden kann (z.B. ).

Die dargestellten Überlegungen zum Verpflegungsmehraufwand bei auswärtigen Dienstverrichtungen sind grundsätzlich auf die verfahrensgegenständlichen „Reisediäten“ übertragbar, doch ist hier zusätzlich der im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen maßgebliche Aspekt der Zwangsläufigkeit zu beachten.

Der VwGH lehnt eine unmittelbar analoge Anwendung der gesetzlichen Regelungen zum Verpflegungsmehraufwand bei betrieblichen bzw. beruflichen Fahrten („Dienstreisen“) für den Bereich der außergewöhnlichen Belastungen ab, lässt aber bei fehlendem Nachweis eine Ermittlung im Schätzungsweg unter dem Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit zu (vgl. ) .

Im Ergebnis liegt daher jedenfalls in jenem Umfang, in dem die Bf Fahrten zu Behandlungen/Therapien unternommen hat, welche die Dauer eines Tages nicht überschritten, im Sinne der Ausführungen des VwGH in der zitierten Judikatur zum Verpflegungsaufwand bei betrieblichen/beruflichen Tagesreisen, weder für ihre eigenen noch für jene der Begleitperson ein außergewöhnlicher Aufwand iSd §§ 34/35 EStG vor. In Hinblick auf die Art der Behinderung der Bf ist insofern auch nicht von einem durch deren Behinderung verursachten Mehraufwand auszugehen (lt. Aktenlage keine behinderungsbedingte Diätverpflegung).

Im Zusammenhang mit den Fahrten zur Energetikerin nach Baden und umso weniger bei den angeblich vierstündigen Reisebewegungen zu den Massageeinheiten in Linz ist daher von keinem Verpflegungsmehraufwand auszugehen, der im Rahmen der Heilbehandlungskosten zu berücksichtigen wäre.

Dagegen ist für die fünftägige Reise nach Berlin (3 Aufenthaltstage, je ein An-/Abreisetag mit dem Zug) ein Verpflegungsmehraufwand der Bf aufgrund der Unkenntnis über die lokale Gastronomie nicht von der Hand zu weisen. Da die zu Grunde liegende Reise nach dem Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens unstrittig einer durch die Behinderung der Bf verursachten Heilbehandlung diente, ist der dabei angefallene Verpflegungsmehraufwand nicht anders zu behandeln als die ärztlichen Behandlungskosten und die Fahrtkosten. Dies gilt allerdings nur für den Mehraufwand der Bf, da der Aufwand für die Begleitperson, wie in der Folge noch näher aufgezeigt wird, aus dem Pflege- und Betreuungsbedarf der Bf resultiert und nicht deren Heilbehandlungskosten zuzuordnen ist.

Gegen eine Schätzung der Höhe dieses Verpflegungsmehraufwandes mit dem höchsten Tagesgebührensatz für Bundesbedienstete auf Auslandsdienstreisen nach Deutschland bestehen aus Sicht des BFG keine Bedenken, da dieser Betrag der Abgeltung eben jener Verpflegungsmehrkosten dient, wie sie hier in Rede stehen. Es besteht keine Veranlassung für die Annahme eines überhöhten Ansatzes in der zu Grunde liegenden Reisegebührenvorschrift für Bundesbedienstete (RGV). Auch für den konkret zu beurteilenden Fall der Bf werden derartige Umstände durch das Verfahrensergebnis nicht dargetan. Der auf das Inland entfallende Teil der Reise erscheint in zeitlicher Hinsicht vernachlässigbar.

Zum geltend gemachten Aufwand für die „XY-“ der Bf ist aufgrund der maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Behindertengesetzes 1991, LGBL 63/1997 idF LGBL 10/2005 (Oö. BhG) zweifelsfrei nicht von Kosten einer Heilbehandlung im Sinne des § 4 der zitierten BMF-Verordnung zu §§ 34/35 EStG auszugehen.

Das Oö. BhG sieht Hilfe durch ambulante und mobile Pflege und Betreuung“ für behinderte Menschen, die nicht in der Lage sind, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen vor, sofern nicht eine zumutbare Unterbringung in Einrichtungen für Pflege und Betreuung in Betracht kommt (§ 26 iVm § 28 Oö. BhG ). Die durch derartige Hilfeleistungen Dritter entstehenden Kosten werden grundsätzlich vom Land getragen (§ 42 leg. cit.). Von der betreuten Person sind gemäß § 43 Abs.4 dieses Gesetzes u.a. „für gleichartige und regelmäßig gewährte Maßnahmen“ (z.B. iSd § 28 leg.cit.) „Kostenbeiträge in Höhe von mindestens 10% dieser Maßnahme, höchstens jedoch ein Betrag bis zur Höhe jener Zuwendungen zu leisten, die wegen des besonderen Zustandes des behinderten Menschen von Dritten gewährt werden können (Pflegegelder einschließlich darauf anrechenbarer Leistungen)“.

Dem auf der Homepage der XY- GmbH dargestellten Leitbild des Unternehmens bzw. dem Anforderungsprofil für Personen, die als „persönliche AssistentInnen“ für das Unternehmen arbeiten wollen, ist zu ersehen, dass Laien ohne fachspezifische Ausbildung zur Unterstützung behinderter Menschen bei der Bewältigung ihrer Alltagsanforderungen beigestellt werden. Die medizinische Betreuung gehört nicht zum Aufgabengebiet der AssistentInnen.

Konkret ist auf der Homepage zum Berufsbild der AssistentInnen etwa zu lesen: „Der Persönliche Assistent oder die Persönliche Assistentin unterstützt Menschen mit Beeinträchtigung, wo sie Assistenz brauchen. Das kann bei der persönlichen Körperhygiene sein und/oder bei Alltagsbedürfnissen, Verrichtungen im Haushalt, in der Freizeit und bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Persönliche AssistentInnen nehmen den beeinträchtigten Menschen keine Entscheidungen ab, sondern sie unterstützen sie bei einem selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Leben.“

Vor diesem Hintergrund hegt das BFG keine Zweifel, dass die verfahrensgegenständlichen Leistungen der „persönlichen Assistentin“ der Bf dem Bereich der typischen Pflege- und Betreuungsleistungen zuzuordnen sind. Selbst wenn darunter auch die Begleitung bei Arzt- und Krankenhausbesuchen gefallen ist, war diese durch die (aus der Behinderung resultierende) Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit der Bf veranlasst und nicht der bei diesen Besuchen erhaltenen Heilbehandlung zuzurechnen.

Nach der Judikatur des VwGH sind Kosten im Zusammenhang mit der (eigenen) Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit einer behinderten Person (ohne Pflegegeldbezug) entweder mit dem Pauschbetrag nach § 35 Abs.3 EStG abgegolten oder in tatsächlicher Höhe nach § 35 Abs.5 EStG zu berücksichtigen (vgl. z.B. ; , 2008/13/0145). Bezieht die behinderte Person Pflegegeld, kommt § 34 Abs.6 EStG zur Anwendung, sodass eine Verrechnung mit einer pflegebedingten Geldleistung (Pflegegeld) vorzunehmen ist (§ 34 Abs.6, letzter Teilstrich EStG). Aufgrund des Klammerausdrucks in § 35 Abs.5 EStG (Verweis auf § 34 Abs.6 EStG) kommt in beiden Fällen kein Selbstbehalt nach § 34 Abs.4 EStG zum Tragen.

Die geltend gemachten Kosten der Bf betreffen nach dem Inhalt der vorgelegten Rechnungen der XY- GmbH einen 10% bzw. 15%igen Selbstbehalt der Kosten für eine stundenweise beigestellte Assistentin und, wie erwähnt, in zwei Monaten zusätzlich einen Kostenbeitrag von 0,2 €/km für jede dabei mit dem Kfz der Assistenzkraft durchgeführte Beförderung der Bf.

Ob diese Fahrtkosten im Zusammenhang mit Heilbehandlungen angefallen sind (Begleitung zu Arzt- und Krankenhausbesuchen) ist, wie dargestellt, für deren steuerliche Behandlung ohne Bedeutung.

Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die Bf für derartige Fahrten jeweils das volle Km-Geld als Aufwand geltend gemacht hat (u.a. für 21 Fahrten zum Krankenhaus Linz), woraus zu schließen ist, dass sie nicht von der Assistenzkraft mit deren Kfz chauffiert wurde, sondern von einer dritten Person (etwa einem Familienmitglied) mit deren (dessen) Fahrzeug oder dem Pkw der Bf.

Dass die Assistenzkraft das Fahrzeug der Bf gelenkt hat, ist wegen der dadurch entstehenden Mehrkosten für die Bf nicht anzunehmen (bei Benutzung des Fahrzeugs der Assistenzkraft fielen für die Bf nur Kosten von 0,2 €/km an) und würde der steuerlichen Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zudem aus dem Blickwinkel der Zwangsläufigkeit entgegenstehen.

Entsprechend entfiel auch das Erfordernis einer (weiteren) Begleitperson auf derartigen Fahrten. Eine Entlohnung der/die jeweilige Lenker/in ist den Verfahrensunterlagen nicht zu entnehmen.

Unter diesen Umständen besteht aus Sicht des BFG kein Zweifel, dass die geltend gemachten Kosten nicht dem durch die Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 1996/303 idF 2006 geregelten Bereich zuzuordnen sind, sondern dass Kosten der Behinderung vorliegen, die im Sinne der zitierten VwGH-Rechtsprechung gegen Anrechnung auf das erhaltene Pflegegeld zu berücksichtigen sind (§ 34 Abs.6, Ts 6 EStG).

Daraus ergibt sich eine steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung der Bf in Höhe von 56,03 € (Selbstbehaltüberhang im Zeitraum 4-7/2006). Hinsichtlich der Selbstbehalte für die Monate 8-10/2006 bleibt für eine steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung mangels Überschreitens des zeitgleich erhaltenen Pflegegeldes kein Raum.

Dem Einwand im Vorlageantrag gegen die volle Verrechnung des Selbstbehalts für die Leistungen der XY- GmbH mit dem Pflegegeld ist entgegenzuhalten, dass die Bf  - trotz Aufforderung zur Vorlage sämtlicher Nachweise zu den Krankheitskosten im erstinstanzlichen Verfahren - weitere Pflegekosten (etwa für die Entlohnung von Familienangehörigen oder anderen Pflegekräften) nicht dargetan hat und solche daher auch nicht zu berücksichtigen waren (angemerkt sei, dass etwa von den Kindern der Bf auch keine Einkünfte aus Pflegeentlohnungen versteuert wurden). Im Übrigen erreichten die Zahlungen an die XY- GmbH nur rd. 61,5% des von der Bf im Jahr 2006 bezogenen Pflegegeldes.

Neben der Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwandes der Bf im Zuge der Berlinreise war das erstinstanzliche Verfahrensergebnis im Zuge der Beschwerdeentscheidung wegen des Pflegegeldbezuges auch hinsichtlich des bisher in Abzug gebrachten Pauschbetrages nach § 35 Abs.3 EStG zu korrigieren. Weiters waren unvollständig erfasste GKK-Ersätze für homäopathische Behandlungen (3 x 12,99 € für die Behandlungen vom 8.Mai, 6.Juni und ) zu berücksichtigen.

Rechnerisch ergibt sich somit für den Verfahrenszeitraum aus dem Titel der tatsächlich von der Bf getragenen Kosten ihrer Behinderung folgende außergewöhnliche Belastung:

Kosten nach § 4 der VO lt. BVE:         3.652,16 €

+ „Reisediäten“ Berlin f. 1 Person      +  176,50 €

- 3 x GKK-Ersatz/Homäopathie          -     38,97 €

Kosten nach § 4 der VO lt. BE:            3.410,66 €

+ § 34/6 EStG Selbstbehalt 4-7/06    +    56,03 €

außergewöhnliche Belastung lt. BE:     3.845,72 €

Zur Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a VwGG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Entscheidend für die Klärung der verfahrensgegenständlichen Streitfrage waren im wesentlichen Sachverhaltsfragen (Zuordnung der strittigen Aufwendungen zu den Kosten der Heilbehandlung bzw. zum Pflegeaufwand). Im Übrigen folgt die Entscheidung dem klaren Wortlaut des Gesetzes bzw. der Verordnung und der zitierten, in den verfahrensrelevanten Punkten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur.

Graz, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100409.2009

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